Das Pietzmoor bei Schneverdingen (Geotop #7)

Wer die Lüneburger Heide besucht, sollte bei Schneverdingen einen Abstecher ins Pietzmoor machen. Hier kann man wunderbar auf dem Holzweg sein.
Das Pietzmoor ist mit ca. 2,5 km² das größte zusammenhängende Moor der Lüneburger Heide. Es ist durch Bohlenstege gut erschlossen. Vom Rundweg aus lassen sich viele der hier lebenden Lebewesen sowie die Spuren des Torfabbaus und der anschließenden Renaturierung gut beobachten.


Ein Moor in der Heide

Pietzmoor
Ehemaliger Torabbau im Pietmoor, heute als offene Wasserfläche . Eigenes Foto

Das Pietzmoor ist ein typisches Hochmoor und liegt südöstlich der Stadt Schneverdingen am Südrand des Naturschutzgebietes Lüneburger Heide. Hydrologisch bildet es die Wasserscheide zwischen der Aller im Osten und der Wümme im Westen, denn hier entspringen die Böhme, die in die Aller mündet, und die Veerse, die in die Wümme fließt. Erst in der Weser treffen sie wieder zusammen.

Auf dem gut begehbaren Rundweg kann man Moorfrösche (die Männchen sind im Frühjahr während der Balz für einige Tage blau!), Waldeidechsen und Libellen beobachten. Kraniche haben das Moor als Brutgebiet entdeckt, ebenso viele andere Wasservögel. Mit etwas Glück kann man auch Kreuzottern beim Sonnenbaden beobachten.

Die Wollgräser sind vor allem in der Blütezeit von März bis Mai gut zu erkennen, aber auch der Sonnentau ist hier und da zu finden. Auf trockeneren Standorten kommen natürlich auch die typischen Heidepflanzen wie Glockenheide, Rosmarinheide oder Krähenbeere vor.

Scheiden-Wollgras (Eriophorum vaginatum)
Scheiden-Wollgras (Eriophorum vaginatum), eigenes Foto


Ein Moor entsteht

Wie und wann ist das Moor hier entstanden? Im Prinzip hatten wir eine ähnliche Frage schon einmal, als wir das kleine Heidemoor im Wald besucht hatten. Dort war es viel kleiner, hier ist es viel größer und der Beginn liegt viel weiter zurück.

Aber auch hier finden wir die Moränen der vorletzten Eiszeit, der Saaleeiszeit. Während der letzten Eiszeit, der Weichselvereisung vor mehr als 10.000 Jahren, bildeten sich hier in den Senken mehrere kleine Quellen. Auch heute noch ist das Moor Quellgebiet, mindestens zwei kleine Flüsse, Böhme und Veerse, entspringen hier. Die Böhme entwässert über die Aller, die Veerse über die Wümme in die Weser.

An diesen Quellen bildeten sich zunächst kleine Niedermoore, die unseren kleinen Heidemooren im Wald nicht unähnlich waren. Im Laufe von etwa 5000 Jahren wuchsen die Niedermoore langsam zu und verloren den Kontakt zum Grundwasser. Das heutige Hochmoor war geboren.

Ein Moor vergeht

Dem Pietzmoor erging es nicht anders als den meisten Hochmooren hier in Deutschland. Am Anfang war der Torf vielleicht nur eine lokale Ressource, mit der die Menschen ihre Öfen befeuerten und im Winter ihre Häuser heizten. Solange es nur die Bauern der umliegenden Dörfer waren, war die Gefahr für das Moor wohl nicht allzu groß.

Torfabbau

Der Torf wurde von Hand mit Spaten und Schaufel gestochen und die rechteckigen Soden anschließend zum Trocknen aufgestapelt. Die Torfstiche waren aber überwiegend nur lokal und eng begrenzt, sodass sich dieser Abbau wahrscheinlich nicht auf das Pietzmoor als Ganzes auswirkte. Es gab noch genügend unberührte Flächen und Zeit für das Moor, sich zu erholen.

In den 1930er Jahren fanden große Torfentnahmen für den Bau des Militärflugplatzes Reinsehlen statt.

Nach dem 2. Weltkrieg änderte sich die Situation dramatisch und mit weitreichenden Folgen für das Pietzmoor. Man begann, den Torf maschinell und im großen Stil abzubauen. Die Ausbeutung war so groß, dass sie sich schnell selbst die Lebensgrundlage entzog. Bereits in den 1960er Jahren kam der maschinelle Abbau wieder zum Erliegen, da der Aufwand stark anstieg und sich nicht mehr lohnte. Gleichzeitig endete auch der private Torfabbau. Zu diesem Zeitpunkt bestand die Fläche des Pietzmoors zu gut 20% aus Torfstichen.

Ein kleiner Spaß am Rande war wohl der Plan, das gesamte Pietzmoor abzutorfen, um mit dem Torf in Südafrika die Böden zu verbessern. Soweit ist es zum Glück nie gekommen.

Pietzmoor
Die Spuren des ehemaligen Torfabbaus und der Trockenlegung sind überall zu erkennen. Auch hier ein ehemaliger Torfstich, der heute als offene Wasserfläche erkennbar ist. Vor der Wiedervernässung haben sich Bäume ausgebreitet, die aber nach der Vernässung abgestorben sind. Eigenes Foto

Trockenlegung

Spätestens jetzt hätte man dem Moor wieder Zeit geben können, sich zu erholen. Aber vermutlich hatte man den Wert eines möglichst intakten und nassen Moores noch nicht ausreichend erkannt. Im Gegenteil, man schien das Moor eher als Hindernis für die Landnutzung zu betrachten.

Denn seit dem 19. Jahrhundert drohte dem Moor eine noch viel größere Gefahr. Damals begann man, große Teile systematisch zu entwässern, um Grünland zu gewinnen. Mit einer Verordnung von 1857 wurde das Moor in einzelne Parzellen aufgeteilt, Entwässerungsgräben und Dämme zum Abtransport des Torfes wurden angelegt.

Von der Kohlenstoffsenke zur Kohlenstoffquelle

In einem gesunden Moor liegt der Wasserspiegel dicht unter der Oberfläche. Dadurch gelangen abgestorbene Pflanzenteile schnell unter nahezu sauerstofffreie Bedingungen. Die Zersetzung der organischen Substanz verläuft hier sehr langsam und sammelt sich als sogenannter Torf an. Ein wachsendes Moor ist also eine Kohlenstoffsenke.

Durch die Entwässerung wird dem Moor aber nicht nur Wasser entzogen. Der Boden wird auch besser durchlüftet und die Zersetzung des Torfes beschleunigt. Der im Torf gebundene Kohlenstoff wird nach und nach an die Atmosphäre abgegeben, das Moor wird von einer Kohlenstoffsenke zu einer Kohlenstoffquelle.

Die Entwässerung von Mooren hat also nicht nur dramatische Folgen für die Moore selbst. Denn wenn den Mooren das Wasser entzogen wird, können sie nicht mehr als Kohlenstoffsenke fungieren. So machen entwässerte Moore nur etwa 7 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche aus, sind aber für 37 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Allein in Deutschland emittieren entwässerte und degradierte Moore ca. 53 Mio. t CO₂-Äquivalente, das entspricht ca. 7 % der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen (Stand 2021).

Wiederauferstehung

Glücklicherweise wurde der Torfabbau hier bald unrentabel, sodass große Teile des Moores erhalten blieben. Mitte der 1970er Jahre wurde das Moor wiederentdeckt. Es erfolgten erste Renaturierungsmaßnahmen mit dem Ziel, den natürlichen Wasserhaushalt des Moores wiederherzustellen, seit 1980 werden Teile des Pietzmoors wiedervernässt.

Warum Wiedervernässung?

Wie ich bereits erwähnt habe, sind trockene Moore eine wichtige Quelle für Treibhausgase. Aber warum ist das so? Pflanzen im Allgemeinen nehmen während ihres Wachstums Kohlendioxid aus der Atmosphäre auf. Sie binden es durch den Aufbau von Biomasse. Wenn die Pflanze schließlich abstirbt, gelangt das gebundene CO₂ wieder in die Atmosphäre. In einem gesunden Moor ist das anders.

Um das Klimaziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, zu erreichen, müssten in den nächsten Jahrzehnten vermutlich fast alle ehemals trockengelegten Moore wiedervernässt werden, das entspricht etwa 50.000 Hektar pro Jahr. Davon sind wir aber noch weit entfernt, derzeit liegen wir bei etwa 2000 Hektar Moor, die pro Jahr wiedervernässt werden.

Kreuzotter (Vipera berus)
In der Frühjahrssonne feiern die Kreuzottern manchmal wilde Partys. Ich habe noch nie so viele auf einem Haufen gesehen wie hier im Pietzmoor. Eigenes Foto

Moore sind als geborene Klimaschützer. Sie können uns dabei helfen, unsere Klimaziele zu erreichen. Und das Pietzmoor ist zudem noch vergleichsweise barrierearm zu erwandern. Es lohnt sich, denn man kann hier so viel entdecken.

 

 

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

1 Kommentar

  1. Guck, da war ich neulich sogar! Der Steg ist allerdings etwas nicht mehr ganz so frisch und teilweise reparaturbedürftig. Aber es ist schön zu sehen, dass man es sich erholen lässt. Und auch wenn bei schönem Wetter Wochenends dort viel los ist- ich konnte trotzdem Kreuzottern sehen! 🙂

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