Das Erdbeben von Christchurch am 22. Februar 2011

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Am 22. Februar 2011 hat sich in Christchurch, Neuseeland, ein verheerendes Erdbeben der Magnitude 6,3 (USGS) bzw. 6,4 (Geofon) ereignet. Das Erdbeben hat mindestens 64 Todesopfer gefordert. Die Zahl der Todesopfer kann angesichts der Zerstörungen durchaus noch steigen. Dieses Erdbeben kann durchaus als ein stärkeres Nachbeben des Bebens vom 3 / 4. September 2010 (über das ich hier im Blog auch berichtete) gelten, das selber eine Stärke von 7,1 hatte. Wenn man sich die Karte der Erdbeben (Abb. 1) seit dem 3. September 2010 anschaut, so scheinen das Hauptbeben und die Nachbeben (schwarze Kreise) bis zum Beben vom 22. Februar und seinen Nachbeben (rot) entlang einer verborgenen Störung zu verlaufen. Die Kreisgröße steht für die Stärke der Erdbeben, je größer, desto stärker war das Beben. Die dicht besiedelten Gebiete der 400 000 Einwohner zählenden Stadt Christchurch sind gelb eingezeichnet.

Erdbebenvon Christchurch 22. Februar 2011

Abb. 1. Image: NASA

Die Lage der Bebenherde macht auch schon deutlich, warum das aktuelle Beben so viel schlimmere Auswirkungen hatte, als das eigentlich doch stärkere Hauptbeben vom letzten Jahr. Beide Bebenherde lagen sehr flach, in rund 5 Kilometern tiefe. Je flacher der Bebenherd liegt, desto gefährlicher kann es für uns Oberflächenbewohner werden. Das Hauptbeben lag aber rund 50 Kilometer außerhalb der Stadt, während das aktuelle Beben erheblich näher an dem Zentrum der Stadt lag. Die Ebenen der Canterbury Plains bestehen aus pleistozänen Sedimenten und machen die Stadt zusätzlich verwundbar. Bei einem Erdbeben zeigen sie das Phänomen der Bodenverflüssigung. Die Sedimentkörner werden durch die Bewegung während des Bebens zusammengedrückt, der Wassergehalt hingegen lässt sich nicht zusammenpressen. Der Boden verliert seine Scherfestigkeit und verhält sich ähnlich einer Flüssigkeit, mit verheerenden Auswirkungen auf Gebäude. Möglicherweise waren viele der Gebäude, die jetzt nachgaben, auch schon durch das Erdbeben vom 4. September vorgeschädigt. Der Zeitpunkt des Erdbebens hat sicher auch eine Rolle gespielt. Das Erdbeben vom September 2010 ereignete sich in den frühen Morgenstunden, das vom 22. Februar hingegen um die Mittagszeit. Die Straßen waren entsprechend voll mit Leuten, die dort von herab fallenden Trümmerteilen getroffen wurden.

Die Auswirkungen des Erdbebens vom 22. Februar waren bis in mehr als 200 Kilometer Entfernung zu spüren. An der Westküste im Aoraki/Mount Cook National Park brach ein rund 1,2 Kilometer langes, 75 m breites und 30 Millionen Tonnen schweres Eisstück infolge des Erdbebens vom Tasman Gletscher ab und rutschte in den Tasman Lake. Das Ergebnis war ein Tsunami, der eine Wellenhöhe von 3,5 m erreichte.
Problematisch für die Abschätzung der zukünftigen Gefährdung für Christchurch scheint mir zu sein, dass die Störung, die bei der aktuellen Bebenserie aktiv wurde, bislang anscheinend unbekannt war oder nicht beachtet wurde. Zum einen war sie unter den Sedimenten der Canterbury Plains gut verborgen, zum anderen haben sich fast alle paläoseismischen Untersuchungen auf die Alpine Störung konzentriert, an der die Asiatische und die Pazifische Platte zusammenstoßen.

Das Erdbeben hat auch größere Bergstürze ausgelöst

Die Folgen der Bodenverflüssigung durch das Beben kann man auf diesem Video gut erkennen.

 Luftaufnahmen der Schäden durch das Erdbeben

Im letzten Video erläutert Bill Fry vom geologischen Dienst Neuseelands das Erdbeben vom 22. Februar 2011 und seine Nachbeben.

 

Update 25. Februar 2011

Auf Highly Allochthonous kam die Idee auf, dass auch bestimmte geologische Strukturen zu der verheerenden Wirkung des Bebens beigetragen haben könnten.  Die Hügelkette südöstlich von Christchurch, an deren Rand der Bebenherd lag, stellt die übereste zweier rund 10 Millionen Jahre alter basaltischer Schildvulkane dar. Der starke Kontrast in den physikalischen Eigenschaften zwischen dem Basalt auf der einen und der alluvialen Sedimente der Canterbury Palins auf der anderen kann dazu geführt haben, dass die seismischen Wellen dort erneut in Richtung der Stadt reflektiert wurden.

Auf Flickr kann man viele Aufnahmen der Schäden durch das Erdbeben finden

http://blog.flickr.net/en/2011/02/22/earthquake-hits-christchurch-nz/

Auf News.com sind viele zerstörte oder beschädigte Gebäude zu sehen, und wie sie vor dem Erdbeben aussahen.

http://www.news.com.au/world/christchurch-cathedral-before-and-after/story-e6frfl00-1226010081646

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

4 Kommentare

  1. Danke…

    … für den informativen Post. Wie ich auf der Karte sehe, war das Epizentrum fast genau unter dem Haus von Freunden. Sie sind zum Glück alle unverletzt aber das Haus schwer beschädigt.

  2. Nachbeben

    Ich weiß nicht, ob das mal irgendwo definiert wurde. Im Prinzip können Nachbeben auch lange nach einem Erdbeben auftreten, aber meist weerden alle Erdbeben, die in einer Serie (also ohne größere Lücken) nach einem stärkeren Beben auftreten, und die schwächer als dieses Hauptbeben sind.

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