Das 31. Asbestforum vom 10. – 11. November 2022

Achtung, Asbest!

Auch in diesem Jahr fand wieder das Asbestforum im Haus der Technik in Essen statt. Da die Pandemie noch lange nicht vorbei ist, egal was manche so denken, sollte auch in diesem Jahr wieder ein ausgeklügelter Hygieneplan greifen, damit wir uns hier im Haus der Technik alle treffen konnten und uns über die neuesten Entwicklungen in Sachen Asbest, aber auch bei den künstlichen Mineralfasern austauschen konnten. Denn nach wie vor finde zumindest ich es deutlich zwangloser, sich nach den Vorträgen bei einer Tasse Kaffee oder anderem persönlich auszutauschen. Hoffen wir, dass alles auch gut geklappt hat, aber zumindest bislang sind mir keine Klagen gekommen.

Aktuelles aus der Schweiz

Hier in Deutschland neigen wir ja gerne dazu, uns in Sachen Umweltschutz für so etwas wie den Nabel der Welt zu halten. Ohne uns wirklich zu nahe treten zu wollen, das ist, ebenso wie in Sachen Klimaschutz, auch bei Asbest nicht unbedingt der Fall.

Hilfreich ist dann oft der Blick in andere Länder, wie etwa die Schweiz. Auch in diesem Jahr zeigte uns Clemens Jehle von den Jehle Umweltdiensten, welche aktuellen Themen und Entwicklungen sich im letzten Jahr in der Schweiz zugetragen haben.

Verbandsarbeit

Im Zeitraum 2021 bis 2022 wurden in der Schweiz zwei neue Verbände von Asbestsanierungsfirmen gegründet. Zum einen Der Fachverband der Schadstoffsanierer FBS, und zum anderen in der französischsprachigen Schweiz die Groupement Latin des Entreprises de Désamiantage GLED. Ziel ist eine stärkere Präsenz und eine verbesserte Vertretung der Interessen am Markt sowie die Zusammenarbeit mit Behörden und anderen Verbänden. Natürlich sollen die neuen Verbände auch an der Bearbeitung von Richtlinien und Vorschriften angehört werden, hier ist in erster Linie die zur Revision anstehende EKAS Richtlinie 650 zu nennen.

Tagungen und Publikationen

Außerdem wurden 3 Fachtagungen durchgeführt, jeweils eine der Fachverbände ASCA/VABS sowie FAGES und die gemeinsam organisierte PolluConf.

Die Themenschwerpunkte lagen hier auf den Anforderungen für die Schutzmaßnahmen bei Rückbau mit Bagger, Fragen des Rechts und der Haftung für Fachplaner und Bauleiter sowie neuen Anforderungen im Umgang mit PAK-haltigen Baustoffen und Bauabfällen. Ein weiteres Themengebiet waren die neuen Richtlinien für Analyseberichte und Diagnostik, die Fragen zur Implementierung der VDI-Norm 6202 Blatt 3oder der AFNOR-Norm NF X 46-020.

Außerdem ist eine neue FACH-Publikation Nr. 2955 erschienen. Hier sind neben begrifflichen Anpassungen auch die Anforderungen an die Unabhängigkeit von Kontrollen und Raumluftmessungen festgelegt, um Interessenkonflikte zu vermeiden.

Ausbildung

Die Prüfung zum Bauschadstoffdiagnostiker werden seit 2018 durchgeführt. In dem Zeitraum haben 10 Prüfungen mit 370 Teilnehmern stattgefunden. Davon haben 60,5 % bestanden, bei den Wiederholungen haben 43,5 % bestanden. Für 2023 sind bereits 2 Prüfungstermine angesetzt.

Zudem wurde 2022 zum ersten Mal ein Weiterbildungskurs für Asbest-Analytik durchgeführt. Die Schwerpunkte hier sind Die Analytik von Materialproben und die Probenvor- und Aufbereitung. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass so etwas auch in Deutschland hilfreich wäre, gerade hinsichtlich der in den letzten Jahren stark ausgebauten Laborkapazitäten.

Analytik

Vorgestellt wurden auch die Ergebnisse des verdeckten Ringversuchs von 2021. Ich hatte ja schon im letzten Jahr geschrieben, dass ich das Konzept der verdeckten Ringversuche ziemlich interessant finde, da sie im Gegensatz zu den offenen viel deutlicher auf Probleme bei der Aufbereitung und der Analytik hinweisen.

Auch 2021 lag der Schwerpunkt bei den schwierigen Proben (leicht kann ja jeder) mit geringen Asbestgehalten unter 0,1 bis 0,01 Mass% sowie Fasern aus Amphibolasbesten mit unterschiedlicher Ausprägung. Daneben waren aber auch „normale“ Proben zu finden, die in den letzten Jahren jedoch zu Problemen geführt haben, wie etwa Akustikdeckenplatten und Kunststoffbodenbelägen.

m Endergebnis hatten 22 Labore 0 Fehler und 5 Labore immerhin einen Fehler. 1 Labor hatte 2 und 3 Labore hatten 3 Fehler. Damit lag die Anzahl der fehlerfreien Labore und der Labore mit Fehlern im zulässigen Bereich höher als in den vorherigen Jahren.

Einige Entwicklungen in der Schweiz sind jedoch weit weniger beruhigend. Seit einigen Jahren sinken die Preise für Analysen dort massiv, teilweise bekommt man dort Proben bereits für unter 20 € analysiert, auch mit REM und nach ISO Prüfverfahren. Hinzu kommt ein massiver Verdrängungswettbewerb mit einer Tendenz zu Aufkäufen und zur Konzentration durch große Ketten. Das scheint mir keine gesunde und nachhaltige Entwicklung zu sein. Die Situation in Deutschland ist zwar noch nicht ganz so dramatisch, aber auch hier findet ein verstärkter Wettbewerb statt.

Trends

Zuletzt kam noch ein ganz interessanter Punkt, der auch hier in Deutschland immer stärker in den Fokus tritt, meist zusammen mit der Diskussion um die so genannten geogenen Asbeste.

Außerdem haben zum Beispiel die verdeckten Ringversuche auch gezeigt, dass nicht nur unterschiedliche Aufbereitungsmethoden und Analyseverfahren (mit ihren Nachweisgrenzen) einen Einfluss auf das Ergebnis haben können und damit auf die Frage, ob ein Material nun asbesthaltig ist oder nicht.

Eine deutliche Rolle spielt auch die jeweilige Definition, was denn genau eine Asbestfaser ist, und was nicht. Ist dies bei technischen Asbesten noch alles relativ einfach und schnell ein Konsens zu finden, wird es spätestens dann interessant, wenn man auf die sogenannten geogenen Asbeste trifft, die sich von ihren technisch verwendeten Geschwistern morphologisch durchaus deutlich unterscheiden können.

Wir erinnern uns, dass das, was wir gerne als „Asbest“ bezeichnen, doch eigentlich die faserförmige Varietät natürlicher Minerale ist. Und diese Minerale können auch in anderen, mehr oder auch weniger faserförmigen Formen auftreten. Und da beginnen dann die Probleme (das wäre gut und gerne ein Thema für einen eigenen Beitrag). Zudem zeigen zumindest die Amphibolasbeste gerne auch noch eine gewisse Variabilität im Chemismus. All das kann zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen, je nachdem, welche Definition der Prüfer zugrunde legt. Das beginnt schon mit der Definition, was denn nun genau eine Faser ist. Meist wird das Verhältnis Länge zu Durchmesser genommen. Die WHO zum Beispiel setzt hier ein Verhältnis D/L von 3:1 an. Die EPA hingegen eines von > 20:1. Man kann sich unschwer vorstellen, dass alleine hier schon ganz unterschiedliche Ergebnisse begründet sein können.

Unter der Leitung der SUVA wurde ein Konsenspapier erarbeitet, dass hier Kriterien für möglichst einheitliche Analysen schaffen soll. Dazu wurden Vergleichsanalysen in 17 unterschiedlichen Laboren an jeweils 4 Proben durchgeführt. Da auch unser Labor an dem Vergleich teilgenommen hat, interessieren mich die Ergebnisse hierzu auch. Ich denke, wir werden sie spätestens im nächsten Jahr an dieser Stelle erfahren.

Aktuelles aus Europa

Natürlich ist auch hierzulande die Zeit nicht stehengeblieben. Olaf Dünger von der arcadis stellte einige Entwicklungen vor. Es mag in Zeiten der Pandemie und der viel zitierten Übersterblichkeit vielleicht ein klein wenig in Vergessenheit geraten sein, aber Asbest ist immer noch eine signifikante Todesursache. Und auch mehr als 30 Jahre nach dem Verbot scheint es nicht so, als wenn die Todesfälle infolge einer asbestbedingten Berufskrankheit abnehmen würden. Im Jahr 2005 lag die Zahl der Toten durch asbestbedingte Berufskrankheit bei 1695. Diese Zahl stieg 2010 auf 1864, um dann 2015 leicht auf 1793 zu fallen. 2020 waren es 1543 Todesfälle. Im letzten Jahr lag die Anzahl wieder leicht erhöht bei 1646 Toten. Auf die EU bezogen waren es 2019 gut 70 000 Menschen, die in Folge einer Asbestexposition in ihrer Vergangenheit verstarben.

Und das sind nur die Zahlen nach offiziell anerkannter Berufskrankheit. Da dürfte sicher auch noch eine nicht ganz unerhebliche Dunkelziffer verborgen sein, wenn man bedenkt, dass die Hürden für die Anerkennung als Berufskrankheit nicht ganz einfach sind.

Absenkung der Grenzwerte

Aus der EU kommt ein umfassendes Konzept zum Schutz der Menschen und der Umwelt vor dem Gefahrstoff. Damit soll zum einen der Weg hin zu einer asbestfreien Zukunft eingeschlagen werden, zum anderen die Arbeitenden durch eine erhebliche Absenkung der bestehenden Grenzwerte für eine Asbestexposition bei der Arbeit besser geschützt werden.

Dabei sollen die Arbeitsplatzgrenzwerte von derzeit 0,1 Faser / cm³ (entspricht 100 000 Fasern/m³) auf 0,01 Fasern/cm³ (entspricht 10 000 Fasern/m³) gesenkt werden. Das mag auf den ersten Blick wie ein enormer Fortschritt aussehen, aber was hier von der EU-Kommission am 28.09. 2022 in einer Pressemitteilung angekündigt wird, ist gemessen an ihren ursprünglichen Plänen nur ein sanfter Hüpfer. Hatte doch das Europäische Parlament bereits am 20.10.2021 beschlossen, die Grenzwerte auf 0,001 Fasern/cm³ (entspricht 1000 Fasern/m³) abzusenken.

Novellierung der Gefahrstoffverordnung

Die Gefahrstoffverordnung steht schon seit einiger Zeit zur Novellierung an. Andrea Bonner von der BG Bau hat den aktuellen Stand einmal dargelegt.

Zunächst bleiben Arbeit an Asbest nur im Rahmen der sogenannten ASI Arbeiten überhaupt zulässig. Dabei werden einige Begriffe etwas schärfer definiert. ASI steht für Abbruch, Sanierung und Instandhaltung.

Dabei bedeutet Abbruch den vollständigen baulichen Rückbau der Anlagen und dabei das vollständige Entfernen jeglicher asbesthaltiger Materialien.

Bei der Sanierung fällt das Beschichten weg. Als Instandhaltung gilt die Wartung und Inspektion, nicht die Instandsetzung. Diese darf auch nicht im Bereich des hohen Risikos durchgeführt werden und nur solange die Nutzungsdauer des asbesthaltigen Materials nicht erreicht ist und es seine ursprüngliche Funktion erfüllt. Asbesthaltige Materialien dürfen nicht kaschiert werden, um ein späteres Erkennen und Entfernen nicht zu erschweren.

Den Veranlasser in die Pflicht nehmen

Der Veranlasser von baulichen Tätigkeiten hat eine Informations- und Mitwirkungspflicht. Er hat das Gebäude vor Aufnahme der baulichen Tätigkeiten zu erkunden, ob nach Nutzungs- und Baugeschichte Gefahrstoffe, besonders Asbest zu erwarten sind und ob diese durch die Tätigkeiten freigesetzt werden können. Hierbei kann die Leitlinie für die Asbesterkundung zur Vorbereitung von Arbeiten in und an älteren Gebäuden helfen.

Grenzwerte und Abschneidekriterien

Die Gewinnung, Aufbereitung und Wiederverwendung von natürlichen mineralischen Rohstoffen sowie die daraus hergestellten Erzeugnisse mit einem Asbestgehalt von mehr als 0,1 Mass% ist verboten.

Ebenso ist die weitere Verwendung asbesthaltiger Materialien, denen absichtlich Asbest zugesetzt wurde. Diese sind ausschließlich zu entsorgen. Ebenso sind Tätigkeiten an asbesthaltigen Materialien in oder an baulichen oder technischen Anlagen verboten.

Die Tätigkeiten werden gemäß der Expositions-Risiko Matrix in Tätigkeiten mit geringem Risiko, mit mittlerem sowie mit hohem Risiko eingestuft. Die jeweiligen Grenzen liegen bei 10 000 Fasern/m³ sowie 100 000 Fasern/m³ respektive. Unterhalb von 1000 Fasern/m³ gelten keine asbestspezifischen Anforderungen.

Dabei sollen vorrangig Verfahren angewendet werden, welche die Freisetzung von Fasern verhindern oder zumindest minimieren. Auch an die beteiligten Personen werden spezielle Anforderungen gestellt. Die Gefährdungsbeurteilung, Festlegung der Schutzmaßnahmen und die Unterweisung der Arbeitenden hat durch eine sachkundige Person als verantwortliche zu erfolgen.

Weiterhin müssen die Arbeiten durch entsprechend sachkundige und weisungsbefugte Personen beaufsichtigt werden. Diese müssen während der Tätigkeit ständig vor Ort sein. Die ausführenden Personen müssen über eine entsprechende Fachkunde verfügen.

Bauen im Bestand – Branchenlösungen

Vielleicht ist vielen Menschen überhaupt nicht bewusst, wie groß das Problem beim Bauen im Bestand überhaupt ist. Norbert Kluger von der BG Bau hat uns das einmal exemplarisch aufgezeigt.

Rund 70 % der Baumaßnahmen im Hochbau finden als Bauen im Bestand statt. Ganz besonders gilt dies im Bereich des Wohnungsbaus. Hier sind 84 % aller Wohngebäude vor 1995 erbaut, und damit zu einem Zeitraum, in dem Asbest (bis 1993) verwendet wurde und zumindest bis 1995 noch der Verdacht besteht, dass hier Restbestände asbesthaltiger Materialien verwendet wurden.

Das hat einige Bedeutung besonders für die Betriebe, die hier meist tätig sind, und dabei handelt es sich um rund 572 000 gewerbliche Unternehmen mit rund 2 700 000 Beschäftigten Personen. Man kann also unschwer erkennen, dass dies kein kleines Problem darstellt.

Von den Berufsgenossenschaften wird daher einmal die Broschüre „Asbest beim Bauen im Bestand“ herausgegeben, um den betroffenen Firmen und Personen Handlungsempfehlungen zu geben und mit Mustern z.B. von Betriebsanweisungen zu helfen.

Neben der Information über Asbest, seine Gefahren und seine Vorkommen beim Bauen im Bestand gibt es noch die Unterstützung bei der Prävention. Dazu gehört die Qualifikation der Unternehmen über ein breites Angebot an Schulungen sowie die Förderung von Schutzmaßnahmen. Und da beides zusammen am Besten wirkt, erfolgt die beitragsunabhängige Förderung mit 50% bei maximal 5000 € Kosten für Schutzausrüstung, wenn mindestens 50 % der Mitarbeitenden an den E-Schulungen zu dem Thema teilgenommen haben.

Man kann sicher über Art und Umfang der unterstützten Schutzausrüstung diskutieren, aber das Angebot dürfte für viele der kleineren Handwerksbetriebe sicher interessant sein und das Risiko beim Bauen im Bestand deutlich senken.

Asbest in Regelwerken und in der Praxis

Christoph Hohlweck vom Gesamtverband der Schadstoffsanierung e.V. informierte über die Entwicklung des Schutzes der Arbeitnehmer vor Asbestrisiken. Dabei ging es unter anderem um die Absenkung der Risikogrenzen bei der Exposition mit krebserregenden Stoffen. So sollte das Akzeptanzrisiko von 4 von 10 000 Fällen spätestens 2018 auf 4 von 100 000 Fällen abgesenkt werden. Im Falle von Asbest bedeutet das eine Absenkung von 10 000 Fasern / m³ auf 1000 Fasern / m³ Luft.

Nun, wie unschwer zu bemerken ist, ist dies zumindest im Bereich Asbest bislang so nicht geschehen. Interessant, wenn die zuletzt am 1. 7. 2022 geänderte Version der TRGS 910 „Risikobezogenes Maßnahmenkonzept für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Stoffen“ immer noch von „spätestens 2018“ spricht ….

Zumal ja auch die Empfehlung des Europäischen Parlaments vom 20. Oktober 2021 die Absenkung der Arbeitsplatzgrenzwerte auf 1000 Fasern / m³ fordert.

Damit liegt die von der TRGS 519 geforderte Akzeptanzkonzentration weiterhin bei 10 000 Fasern / m³ und damit beim 10-Fachen des eigentlich seit 2018 geplanten Grenzwertes von 1000 Fasern / m³. Das hat unter anderem zur Folge, dass auch weiterhin „emissionsarme Verfahren“ mit einer Exposition von 10 000 Fasern / m³ anerkannt werden. Das geht eindeutig zulasten des Arbeitsschutzes und lässt zumindest die Vermutung nicht ausschließen, dass dem Regelsetzer der Schutz der Arbeitnehmer vor Asbest vergleichsweise uninteressant erscheint.

Emissionsarme Verfahren

Daneben gab es noch einige Kritik an emissionsarmen Verfahren in der Praxis. Als Beispiel sollten hier die Fräsverfahren mit direkt abgesaugter Walzfräse dienen. Diese sollen der Entfernung asbesthaltiger Wandbekleidungen wie etwa Putzen und Spachtelmassen von Beton dienen.

Das Problem in der Praxis ist, dass diese aber den Beton nicht tiefgründig abtragen und somit in Kiesnestern, Lunkern und Rissen die asbesthaltigen Produkte überdauern können. Damit erfolgt keine von der GefStoffV geforderte vollständige Beseitigung und ein zweiter Bearbeitungsschritt zur Beseitigung dieser verbliebenen Reste wird nötig.

Unterbleibt der zweite Arbeitsschritt, so ist dieses Verfahren nicht geeignet und nach Darstellung des Vortragenden sogar rechtswidrig.

Ein weiteres Problem ist die Erzeugung von Vibrationen. Dabei können vor allem ältere Putze die Haftung zum Untergrund bei der Bearbeitung verlieren und somit die Direktabsaugung des Staubes an der Fräse aushebeln, wenn die Ablösung außerhalb der Absaugung erfolgt und der Putz staubend zu Boden fällt.

Hier sind entsprechend andere Verfahren anzuwenden, da ansonsten sowohl die Arbeitenden als auch unbeteiligte Dritte oder nicht abgeschottete Bereiche dem asbesthaltigen Staub ausgesetzt werden.

Auch das Problem der Messung der Faserbelastung gerade in stark staubenden Bereichen wurde angesprochen. Hier sollte eine verbesserte Messmethode entwickelt werden, um das Problem der durch den Staub überbelegten und damit nicht auswertbaren Filter zu umgehen. Leider hat sich hier seit einiger Zeit nichts mehr getan.

Tätigkeiten an „alter“ Mineralwolle

Norbert Kluger von der BG Bau stellte die Frage, ob wir eine Novellierung der TRGS 521 brauchen. Dabei geht es um die beliebten Mineralwolle-Dämmstoffe, die nicht erst seit der aktuellen Energiekrise für die Gebäudedämmung gefragt sind.

Und nicht nur dort. Mineralwollen finden sich in sehr unterschiedlichen Bereichen, angefangen von jeglichen thermischen oder auch akustischen Isolierungen wieder. Sie zählen zu den sogenannten künstlichen Mineralfasern, kurz auch KMF genannt. Zu den KMF zählen neben den Mineralwollen auch Endlosfasern, Hochtemperaturwollen und Superfeinfasern. Aber bleiben wir zunächst bei den Mineralwollen.

Der überwiegende Anteil an den Mineralwollen wird von Glas- und Steinwollen gestellt, die rund 78 % der Produktion ausmachen. Glasfilament-Fasern zur Verstärkung von Werkstoffen sind mit rund 20 %, Aluminiumsilikatfasern mit immer noch 2 % dabei. Sehr untergeordnet kommen noch einige andere Produkte vor, die aber hier keine Rolle spielen.

Vielfach sind die Mineralwollen in die Rollen geschlüpft, die vorher Asbest eingenommen hat, sei es als Dämmmaterial oder zur Materialverstärkung. Und ebenso wie die ehemalige Wunderfaser Asbest stehen auch sie im Verdacht, beim Menschen Krebs auslösen zu können. Das liegt, auch hier eine parallele zum Asbest, an zwei Eigenschaften. Ihren Abmessungen, Stichwort Lungengängigkeit, und ihrer Biobeständigkeit.

Biolöslichkeit als Kriterium

Bei lungengängigen Fasern spielt die Biolöslichkeit oder Biobeständigkeit eine große Rolle. Ganz grob gesagt ist eine Faser umso gefährlicher, je schlechter sie vom Körper aufzulösen ist. Natürlich könnte man auch Wollen herstellen, die keine lungengängigen fasern enthalten, aber das wäre hinsichtlich der Dämmwirkung kontraproduktiv. Also hat man sich die Biobeständigkeit der Mineralwollen vorgenommen.

Das führte dazu, dass biolösliche Mineralwollen ab 1996 mit dem RAL Gütezeichen ausgezeichnet wurden. Ab Juni 2000 dürfen nur noch Mineralwollen in Verkehr gebracht werden, die auf ihre Biobeständigkeit getestet wurden und dabei eine hohe Biolöslichkeit (< 40 Tage)gezeigt haben. Recht pauschal werden alle vor dem Stichdatum verwendeten Mineralwollen als sogenannte „alte“ Mineralwollen und damit schlecht biolöslich und kanzerogen (Stufe 1B oder 2 nach CLP bzw. EU-VO 1357/2014) eingestuft.

Zum Schutz der Gesundheit sind bei der Bearbeitung dieser „alten“ Mineralwollen vielfältige Vorschriften zu beachten, die in der TRGS 521 zusammengefasst sind. Diese technische Regel für Gefahrstoffe stammt aus dem Jahr 2008.

Bei einer Überarbeitung der TRGS 521 sollte jedoch erst die Novellierung der GefStoffV abgewartet werden. Es sollten die Veranlasser Pflichten berücksichtigt werden sowie eine Überprüfung der Tabellen über die Tätigkeiten erfolgen. Zudem sollte die TRGS 500 „Schutzmaßnahmen“ berücksichtigt werden.

Streichung des Kanzerogenitäzsindexes

Der Kanzerogenitätsindex (KI), über den es auch in einigen folgenden Beiträgen gehen sollte, kann bei einer Überarbeitung gestrichen werden.

Das hat den Hintergrund, dass sich der KI bei der Anwendung als Freizeichnung für Mineralwollen nicht durchgesetzt hat. Er wurde meines Wissens nach auch nur für ein relativ kurzes Zeitfenster ca. 1995 bis 1998 für Glaswollen, jedoch nicht für Steinwollen, seitens der Hersteller eingesetzt.

Seither basiert die Freizeichnung auf der Biopersistenz, also der Halbwertszeit für die intratracheale Instillation von 2 mg Fasersuspension von WHO Fasern, die bei höchstens 40 Tagen liegen sollte.

Exposition mit „alten“ künstlichen Mineralfasern

Die sogenannten „alten“ künstlichen Mineralfasern (KMF), also alle, die vor dem Mai 2000 in Verkehr gebracht wurden, sind ja meist noch irgendwo verbaut. Alexander Berg von der AB – Dr. Alexander Berg GmbH brachte einige interessante Fälle mit diesen alten Fasern.

Dabei wurde deutlich, dass oftmals freigezeichnete Produkte nach 2000 und ältere zumindest unter dem Raster-Elektronenmikroskop und angeschlossener EDX chemisch sehr stark ähnlich aussehen können. Dabei können allerdings gerade bei älteren Produkten oder Fasern, die in eine Matrix eingebettet sind, Staub oder umgebende Matrix die Analysen so weit erschweren, dass eine nachträgliche Freizeichnung durch Analysen und Vergleich der RAL-Gütegemeinschaft nicht mehr möglich ist.

Wenn in solchen Fällen ein Einbaualter und der Hersteller nicht mehr zu ermitteln sind, muss das Bestandsmaterial als „alte“ Mineralwolle gewertet werden.

Kein Gebot der Entfernung alter Dämmwollen

Dabei sind Tätigkeiten an „alter“ KMF grundsätzlich jedem Arbeitnehmer erlaubt. Das Verwendungsverbot der „alten“ KMF nach Anhang IV Nr. 22 der GefStoffV ist kein Gebot, Dämmungen aus alter Mineralwolle zu entfernen.

Es ist (zumindest in dem konkreten Beispiel) also auch zulässig, in Teilflächen die „alten“ KMF zu entfernen und diese anschließend mit neueren KMF wieder zu verschließen. Dabei reichen bis zu einem Grenzwert von 50 000 Fasern/m³ Luft allgemeine Schutzmaßnahmen aus, wie sie zum Schutz gegen mineralische Stäube zu ergreifen sind.

Wird der Wert überschritten, kommen bis zu einem Wert von 250 000 Fasern/m³ spezifische Schutzmaßnahmen hinzu wie etwa Staubsaugern der Kategorie „M“ und entsprechende Schutzmasken, Kennzeichnung und Abgrenzung des Arbeitsbereichs sowie Waschmöglichkeiten auf der Baustelle.

Erst oberhalb der 250 000 Fasern/m³ kommen Masken und Schutzanzüge sowie entsprechende Vorsorgeuntersuchungen der Beschäftigten ins Spiel. Maßgeblich ist dabei die mittlere ermittelte Faserkonzentration bei den Tätigkeiten.

Am konkreten Beispiel, Arbeiten an KMF-haltigen Spritzputzen an einer Hallendecke, wurden die Grenzen der Gefährdungsbeurteilung und der eingesetzten Maßnahmen einmal exemplarisch vorgeführt.

Dabei zeigt sich, dass bedingt durch das Flugverhalten der KMF zwar die unmittelbaren Tätigkeiten deutlich belastet sind, aber die Belastung bereits innerhalb weniger Meter Abstand selbst bei starker Bearbeitung auf das Maß der Akzeptanzkonzentration absinkt.

Schutzmaßnahmen wie etwa Nässen, Absaugen oder Luftwechsel müssen in der TRGS 521 technisch beschrieben werden (wobei wir prinzipiell wieder beim vorherigen Vortrag wären), um in der Umsetzung auch tatsächlich wirksam zu werden.

Exposition künstlicher anorganischer Fasern in Abhängigkeit der Fasergeometrie

Auch in Österreich wird zwischen „alter“ und „neuer“ Mineralwolle unterschieden. Ebenso wie hierzulande ist das Jahr 2000 das Stichdatum, um zwischen den beiden zu unterscheiden. Damit ist in Österreich die „alte Mineralwolle“ ein Schadstoff, die „neue“ hingegen ein Störstoff. Welche Kriterien bei der Einstufung in Schad- bzw. Störstoff eine Rolle spielen, legte Heinz Kropiunik von der aetas Ziviltechniker GmbH aus Wien dar.

Seit 2000 werden alle in Verkehr gebrachten künstlichen Mineralfasern auf ihre Bioabbaubarkeit getestet. Wie ich bereits oben anführte, sollen dabei die Fasern eine gewichtete Halbwertszeit von 40 Tagen nicht überschreiten.

Damit tritt natürlich immer dann ein Problem auf, wenn das Herstellungs- bzw. In-Verkehr-bringungsalter einer gefundenen Mineralwolle nicht eindeutig bestimmbar ist. Hier wurde zumindest in Deutschland ja lange und ausgiebig der Kanzerogenitätsindex (KI) benutzt, auch wenn seine Brauchbarkeit sicher diskussionswürdig ist. Das war wohl auch in Österreich nicht so viel anders.

Wenn jetzt dieser KI bei den anstehenden Novellen der GefStoffV und TRGS 521 wegfällt, besteht der Bedarf, hier ein Kriterium zu finden, nach dem eine Mineralwolle unbekannten Alters eingestuft werden kann. Es sei denn, man möchte einfach alles unbekannten Alters pauschal als Schadstoff einstufen. Das geht vermutlich sehr zulasten der Kosten und des Deponieraumes.

Hier bietet sich in der letzten Zeit immer mehr der längengewichtete mittlere geometrische Durchmesser abzüglich der 2-fachen geometrischen Standardabweichung oder kurz: der LGWMD-2SE (also zumindest als Akronym war der KI hier eindeutig überlegen) dieser sollte kleiner als 6 µm sein (Verordnung (EG) Nr. 761/2009).

Ob und wie hier aber wirklich Zusammenhänge mit personenbezogenen Luftmessungen am Arbeitsplatz gegeben sind, war mir nach dem Vortrag immer noch nicht so ganz klar.

Novellierung des LAGA Merkblattes 23

Falk Fabian vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft in Baden-Württemberg berichtete über die Arbeit an der Novellierung des LAGA Merkblattes 23, Vollzugshilfe zur Entsorgung asbesthaltiger Abfälle.

In der letzten Zeit hat sich hinsichtlich des Schadstoffes Asbest einiges getan. Nicht zuletzt durch den zurückliegenden Asbestdialog, aber auch durch die immer deutlichere Forderung, verstärkt Recyclingbaustoffe zu nutzen, um damit Ressourcen zu schonen, dabei aber gleichzeitig eine wirksame Ausschleusung asbesthaltigen Materials aus dem Stoffkreislauf sicherzustellen.

Aus diesem Grund befindet sich das LAGA M 23 seit 2020 in Überarbeitung. Nur um einmal die Dimension des Begriffs Bauschutt noch einmal darzustellen (ich glaube, vergleichbare Zahlen hatte ich anlässlich anderer Kongressberichte schon mehrfach hier gebracht).

Im Jahr 2018 wurden in Deutschland insgesamt 59,8 Mio. t. Bauschutt erzeugt. Davon gingen rund 77,9 % zurück ins Recycling, 16 % dienten als Verfüllung und nur 6 % mussten als Abfälle beseitigt werden. Das macht aber immer noch 3,6 Mio. t aus.

„Abfalleinstufung – Asbestfreiheit“. Hier wären alle Abfälle mit Asbestgehalten ≥ 0,1 Mass% als gefährlicher Abfall einzustufen und entsprechend zu entsorgen.

Bau- und Abbruchabfälle mit Asbestgehalten < 0,1 Mass% können mit dem Zusatz „enthält geringfügig Asbestbestandteile“ als „nicht-gefährlichere“ Abfall deklariert und entsorgt werden.

Asbestfreiheit

Dazu muss ein geeigneter Wert zur Beurteilung des Begriffs „Asbestfreiheit“ als Abschneidekriterium festgelegt werden. Dabei müssen sowohl die natürliche Hintergrundbelastung von rund 100 bis 150 Fasern pro m³ (Luft) berücksichtigt werden. Ebenso auch die Reproduzierbarkeit von Messergebnissen im Hinblick auf Unsicherheiten bei der Probenahme, sowie den methodenspezifischen Nachweis- und Bestimmungsgrenzen.

Und, last but not least, die Vorkommen des sogenannten „natürlichen“ Asbestes in vielen Rohstoffen, deren Gehalt nach TRGS 517 0,1 Mass% nicht überschreiten darf.

Es sollen nur noch nachgewiesen asbestfreie Bau- und Abbruchabfälle in die Recyclinganlagen gelangen. Diese ist vom Abfallerzeuger als Eingangstestat zu erklären. Der Anlagenbetreiber hat dies zu kontrollieren und gegebenenfalls bei unzureichender Dokumentation oder bei Zweifelsfällen auch zurückzuweisen.

Wann ist bei Abfall einer baulichen Maßnahme von einer Asbestfreiheit auszugehen? Dazu muss

  • belegt sein, dass der Bau des betreffenden Gebäudes nach dem 31.10.1993 begonnen worden sein. Wobei ich das Datum für etwas gewagt halte, wurde doch in dem Diskussionspapier zu den Putzen, Fliesenklebern und Spachtelmassen durchaus realistisch davon ausgegangen, dass mit der Verwendung alter Restbestände bis zum Jahr 1995 zu rechnen ist.
  • Das Gebäude belegbar bereits in der Vergangenheit asbestsaniert wurde und kein weiterer Asbestverdacht besteht.
  • Vor Beginn der Baumaßnahme wurde eine Asbesterkundung nach VDI 6202 Blatt 3 durchgeführt und der angefallene Abfall stammt nachweislich aus Bauteilen ohne Asbestbefund oder es sind keine asbesthaltigen Baustoffe am Ort der Anfallstelle des Abfalls vorhanden
  • Vor Beginn der Baumaßnahme wurde eine Asbesterkundung nach VDI 6202 Blatt 3 durchgeführt, asbesthaltige Baustoffe oder Bauteile wurden selektiv zurückgebaut und getrennt erfasst, der angelieferte Abfall enthält kleine asbesthaltigen Baustoffe oder Bauteile.

Besteht bei Haufwerken ein begründeter Verdacht auf Asbest, so kann dieser durch Beprobung nach LAGA PN 98, DIN19698 und eine anschließende Untersuchung nach VDI 3876 durchgeführt werden. Das Material kann dann als asbestfrei gelten, wenn der Beurteilungswert von 0,01 Mass% unterschritten wird. Dabei darf aber keine Berechnung der Asbestfreiheit stattfinden, wenn asbesthaltige Bauteile vorhanden sind und nicht separiert wurden.

Asbest im Bauschutt – Neue Herausforderungen für die Umsetzung der LAGA PN 98 und die Laborpraxis

Die LAGA PN 98 wurde oben bereits genannt. Einige Einblicke in die Bedeutung der Probenahme für die Praxis im Labor gab uns Bernd Ahlsdorf von der UCL Labor GmbH. Dabei schlug dieser Vortrag in dieselbe Kerbe wie der vorherige von Falk Fabian. Wobei allerdings das Hauptaugenmerk bei den Problemen der Probenahme und der aus den Proben zu herzustellenden Laborprobe lag. Dabei stellte sich heraus, dass die Qualität, mit der ein Haufwerk zu beproben ist, bereits beim Abbruch selber festgelegt wird. Je besser einzelne Materialien hier schon separiert und getrennt gelagert werden, desto einfacher gestaltet sich im Falle eines Falles die Probenahme.

Dagegen ist eine repräsentative Probenahme bei grobem und sehr heterogenem, nicht aufbereitetem Bauschutt nur unter sehr hohem Aufwand möglich. Dagegen sind bei gebrochenem und aufbereitetem Bauschutt gute Ergebnisse zu erzielen.

Gerade bei nicht aufbereitetem Bauschutt kann sich die selektive, sogenannte Hotspot Probenahme als deutlich zielführender zeigen.

Dass dabei Erfahrung kaum zu ersetzen ist, versteht sich von selber. Diese ebenso wie die entsprechende Fachkunde sind für das spätere Ergebnis entscheidend. Da aber allem Anschein nach Asbest kein Inhalt der Schulung für die Probenahme nach LAGA PN 98 ist, sollte hier dringend ein Zusatzmodul Asbest eingefügt werden.

Forschungsvorhaben REC Best – Zwischenbericht

Das Problem, den Stoffstrom aus dem Abbruchmaterial vom Asbest zu befreien, sollte uns gemeinsam interessieren. Um dieses Vorhaben auch umzusetzen, gibt es unter anderem das Forschungsvorhaben REC Best, zu dessen Stand uns Martin Hönig von der Wessling GmbH einen Zwischenstand brachte.

Die Ausgangslage ist ja bereits bekannt: Nahezu jedes Gebäude aus dem Zeitraum 1960 bis 1980 enthält Asbest. Dazu kommen noch alle Gebäude, die zwar älter sind, aber die in diesem Zeitraum renoviert oder ertüchtigt wurden. Natürlich darf man auch die asbesthaltigen Putze, Spachtelmassen und Fliesenkleber nicht vergessen. Auch hier enthält wohl gut jedes 2. mit einem Baujahr vor 1993 asbesthaltiges Material aus diesen Stoffgruppen.

Rund 20 bis 75 % aller Abbruchabfälle stammen aus Gebäuden, die vorher nicht auf Asbest untersucht wurden. Die große Unsicherheit hier dürfte auf die Tatsache zurückzuführen sein, dass viele Abbruchabfälle in Klein- und Kleinstmengen angeliefert werden.

Dazu kommen noch andere, oft sehr verdeckt eingebrachte asbesthaltige Produkte wie etwa Abstandshalter und Mauerstärken in Beton. Hier könnten eventuell bildgebende Verfahren, wie z.B. Röntgen, helfen, aber in Versuchen war die Methode bislang nicht immer erfolgreich. Bei Betonblöcken konnten so nur an der Schmalseite zuverlässig asbesthaltige Hilfsbauteile erkannt werden.

Dagegen zeichneten sich Versuche, die Mauerstärken aus Faserbeton an einer Versuchswand zu entfernen, als durchaus erfolgreich. Der Vorteil hier liegt an dem gekapselten Verfahren, dass nur wenig von dem umliegenden Beton abträgt. Zudem wird die Armierung nicht beschädigt.

Weitere Versuche betreffen KI basierte Trennverfahren, bei denen Fragmente aus dem Bauschutt mittels analytischer Partikelmerkmale als asbesthaltige Betonhilfsbauteile erkannt werden und so aus Aufbereitungsanlagen entfernt werden können.

Das Ziel der Vorhabens besteht darin, abgesichertes Recyclingmaterial zu garantieren, um die Recyclingquoten zu erhöhen. Dazu sollen die Erkenntnisse aus dem Forschungsvorhaben REC Best in neue und überarbeitete Richtlinien einfließen.

Asbest im Bauschutt – Wege zu einem gütegesicherten RC Material

Auch im nächsten Beitrag von Robert Texter von der Buhck Umweltberatung GmbH ging es um das Forschungsvorhaben REC Best und die Frage, wie man hochwertige Rohstoffe aus Bauschutt gewinnen kann.

Auch hier wurden für wieder verschiedene Detektions- und Erkennungsverfahren für asbesthaltige Materialien vorgestellt, mit teilweise ernüchternden Ergebnissen. Da wären im mobilen Bereich als Beispiele die aktive Thermografie und Radar zu nennen. Erstere nutzt das thermische Verhalten, also die Wärmespeicherung und -abgabe der verdeckten asbesthaltigen Bauteile (Abstandshalter etc.) an der Oberfläche des Bauwerks. Hier gab es keine konkreten Ergebnisse.

Per Radar sollten asbesthaltige Bauteile innerhalb des Baukörpers aufgespürt werden, aber auch hier zeigten sich keine verwertbaren Signale, aus denen sich eine eindeutige Signatur asbesthaltiger Bauteile hätte herleiten können.

Desgleichen zeigten sich Nahinfrarot, Röntgen und Optik nur in Kombination als mögliche Detektions- und Erkennungsverfahren.

Leider ist die zuverlässige automatische Erkennung asbesthaltiger Baustoffe im Abbruchmaterial nach dem heutigen Stand der Technik noch nicht möglich.

KI soll helfen

Es wird eine Kombination verschiedener Verfahren in Abhängigkeit der Art und Zusammensetzung des Abbruchmaterials sowie ein sehr hoher technischer, KI-gestützter Aufwand erforderlich, wobei die Wirkungsweise der erforderlichen Trenntechnik noch zu untersuchen ist.

Aus dieser Erkenntnis leiten sich die Forderungen nach klaren und praxistauglichen Regeln ab. Da wäre zum Beispiel die Bauherrenverantwortung, die in der Gefahrstoffverordnung zu platzieren ist, damit zusammenhängend die Erkundungs- und Auskunftspflicht.

Im Abfallrecht muss die Abfallerzeugerverantwortung klar definiert werden. Es muss klargestellt werden, dass der Bauherr als Abfallerzeuger in der Verantwortung ist.

Bei der Anpassung der LAGA M23 muss das Ziel des koordinierten Rückbaus und der Separierung inklusive der Ausschleusung der asbesthaltigen Baustoffe vor dem Anfall in der Recyclinganlage erfolgen.

Ein klar definierter und vollständiger Prozess der Qualitätssicherung soll für Rechtssicherheit bei Produzenten und Abnehmern der Recyclingbaustoffe sorgen.

Das würde wohl auch die Akzeptanz und damit die Nachfrage nach Recyclingbaustoffen steigern. Hier könnte eventuell die öffentliche Hand mit einer Vorbildfunktion im Rahmen ihrer Bautätigkeit beitragen.

Helfen könnten auch verpflichtende Recyclat-Quoten und entsprechende Normen für Recyclate bei der Produktion von Baustoffen wie etwa Gipskarton. Gerade hier gilt es, in Zukunft natürliche Rohstoffe durch verstärktes Recycling zu schützen, wenn die Gipsproduktion aus den Rauchgasentschwefelungsanlagen langsam wegfällt.

Rückbau asbesthaltiger Abstandshalter

Nachdem wir vorhin allerhand neue Ideen zur möglichst automatischen Erkennung asbesthaltiger Abstandshalter im Beton kennengelernt haben, brachte und Alexander Berg die verschiedenen Formen und Vorkommen dieser unangenehmen und auch sehr verdeckt vorkommenden asbesthaltigen Bauteile nahe.

Dabei gestaltet sich die Erkundung nach ihnen oftmals recht schwierig. Wenn man Glück hat, kann man ihre Anwesenheit schemenhaft an Spuren erkennen, aber allzu oft lassen sie sich nicht ohne weiteres erkennen. Daher ja auch der enorme technische Aufwand bei ihrer Suche, der uns in einem der vorherigen Beiträge vorgestellt wurde. Bislang aber stehen viele der technischen Verfahren noch nicht zur Verfügung, da diese das Erprobungsstadium noch lange nicht verlassen haben und ihre Zuverlässigkeit noch nicht fest steht.

Bislang hilft es meist nur, die verdächtigen Flächen nach kleinsten Hinweisen abzusuchen, welche manchmal die Anwesenheit der Abstandshalter verraten oder wenn dies nicht der Fall ist, diese durch Anfräsen der verdächtigen Flächen freizulegen und anschließend auszubohren.

Asbesthaltige Materialien in Altablagerungen

Asbest ist ja nicht nur ein Problem aktueller Haufwerke. Auch in alten, bereits vor Jahren oder Jahrzehnten entstandenen Haufwerken, Vergrabungen, Verkippungen oder als Befestigung unter Wegen und Flächen finden könne sich asbesthaltige Abfälle finden lassen.

Dabei befinden sie sich oft im Verbund mit Boden und Bauschutt. Der Bodenanteil nimmt dabei meist den überwiegenden Anteil ein, wogegen der Anteil asbesthaltigen Materials oftmals deutlich zurücktritt. Andreas Fricke von der Balance Ingenieur- und Sachverständigengesellschaft mbH legte einige spezielle Probleme dieser Altlasten dar.

So stehen nach Auffassung des Vortragenden der Separation der asbesthaltigen Bestandteile in Altablagerungen mindestens zwei Dinge entgegen.

unterschiedliche Auffassungen

Zum einen die LAGA M23, die aussagt:

Asbesthaltige Abfälle dürfen Sortier- und Behandlungsanlagen nicht zugeführt werden, auch wenn […] der Anteil der Fasern unter 0,1 Gew% liegt. […] Erfolgversprechend ist das Entfernen asbesthaltiger Teile lediglich dann, wenn nur einzelne, unbeschädigte, großformatige Bauteile mit festgebundenem Asbest im Abfallgemisch enthalten sind.“

Die Behandlung asbesthaltiger Abfälle bedarf einer Genehmigung nach den Vorschriften des BimSchG.“

§ 326 Strafgesetzbuch

Wer unbefugt Abfälle […], die krebserzeugend […] sind, […] außerhalb einer dafür zugelassenen Anlage […] behandelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe bestraft.“

Diese Sichtweise scheint sich auch in der überarbeiteten Fassung der LAGA M23 nicht wesentlich zu ändern.

Hier gilt für Bodenmaterial mit erkennbarer Asbestkontamination z.B. durch erkennbare Bruchstücke aus Asbestzement, dass das bloße Absammeln größerer Bruchstücke in der Regel nicht für eine Asbestfreiheit ausreicht. Es könnten nicht sichtbare Asbestkontaminationen durch Zerbrechen der Bruchstücke in den Boden gelangt sein. Gleiches gilt für über das Absammeln hinausgehende Dekontaminationsmaßnahme.

Daraus ergibt sich, dass eine Dokumentation der Asbestfreiheit nicht möglich ist und damit eine Regelvermutung „Asbestgehalt >= 0,1 Mass% und damit eine Beseitigung auf der Deponie (AVV 170605*)

Während die allgemeine Auffassung im Vollzug dahin geht, dass die Separation von asbesthaltigen Bestandteilen aus Bodenmaterial verboten ist, hält der Vortragende dieses Verbot über die Gesetze und Verordnungen nicht begründbar. Und die Auffassung, die Separation sei eben auch nicht erfolgreich möglich, für eine unbewiesene Behauptung.

Das Problem besteht darin, dass der verfügbare Deponieraum mit großer Wahrscheinlichkeit nicht ausreichend ist, sollten alle Altablagerungen aus diesem Grund auf den zugelassenen Deponien entsorgt werden müssen.

Einen möglichen Ausweg bietet der §1 der 4. BImSchV, wonach die Behandlung von Abfällen am Entstehungsort keiner Genehmigung bedarf, es sei denn, die Anlagen würden länger als 12 Monate betrieben werden. Sollten die Anlagen also am Entstehungsort betrieben werden und die Arbeiten innerhalb eines Jahres abgeschlossen werden, bedarf ihr Betrieb keiner immissionsrechtlichen Genehmigung.

Hinzu kommt ein Beschluss der Umweltministerkonferenz Nr. 55 / 2021, auf dessen Basis mehrere Versuche zur Separation von Asbestzementbruchstücken aus Bodenablagerungen und Haufwerken genehmigt wurden.

Vierstufiges Verfahren

Bei bisher 3 größeren Versuche wurde immer ein vierstufiges Verfahren verwendet.

Feststellung, dass die Haufwerke über Asbestbestandteile verfügen. Diese Feststellung erfolgte durch Beprobungen zur Deklaration der Bodenabfälle nach LAGA M20.

Feststellung der Sinnhaftigkeit der Separation, etwa durch Vorversuche.

Dazu kommt die Antragstellung bei den zuständigen Behörden, Lösen des Bodens aus dem Haufwerk mittels Trommel-Sieblöffel, wobei der Siebdurchgang auf ein separates Haufwerk fällt. Der Siebrückstand wird separiert und als gefährlicher asbesthaltigen Abfall entsorgt.

Der Siebdurchgang wird über die VDI 3876 unter strenger Einhaltung d PN 98 auf Asbestfreiheit geprüft.

Ist der Siebdurchgang asbestfrei respektive wie hoch ist der Asbestanteil im Siebdurchgang (Effizienz?)

Wie ist das Verhältnis von Siebdurchgang und Siebrückstand und wie sieht der Siebdurchgang pro Zeit aus? Daneben muss auch das Faserfreisetzungspotential beim Sieben beobachtet werden.

Erste Ergebnisse

Anschließend erfolgt der Hauptversuch, hier zeigten sich erste Ergebnisse, nach denen zufolge die Faserfreisetzung beim Siebvorgang bei der überwiegenden Anzahl der Filter ohne Nachweis blieb. Nur eine von 24 Untersuchungen zeigte einen Befund von 99 Fasern (Tremolit) / m³ im Anstrom.

Auch die Ergebnisse der Analysen des Siebdurchganges sind erfolgversprechend. Hier waren 26 Analysen bei einer Nachweisgrenze von 0,001 Mass% ohne Befund, 6 mit weniger als 0,001 % Tremolit, 2 mit mehr als 0,001 % Tremolit.

92 Analysen zeigten sich bei einer Nachweisgrenze von 0,005 Mass% ohne Befund, in 11 Proben fand sich Chrysotil mit einem Gehalt unter 0,005 %, und nur in 3 lag der Chrysotilgehalt über 0,001 %.

Die Funde des eigentlich nicht technisch verwendeten Asbests Tremolit könnten meiner Meinung nach darauf hindeuten, dass hier Asbeste aus kontaminierten Zuschlagsstoffen erwischt wurden. Tremolit hatte eigentlich keine technische Verwendung und wurde schon gar nicht in Form von Asbestzement eingesetzt. Chrysotil hingegen schon. Chrysotil ist nicht nur der technisch am häufigsten Verwendete Asbest, er ist auch in der Produktion von Faserzement dominierend gewesen.

Als Letztes folgt die Entscheidung der Behörden. Die Voraussetzung ist der Nachweis der Verwertbarkeit nach LAGA M20.

Dabei gelten als asbestfrei:

  • alle Haufwerke mit negativem Asbestnachweis
  • alle Haufwerke mit Asbestnachweis unterhalb der Nachweisgrenzen
  • und auch alle Haufwerke mit Tremolit unterhalb 0,1 Mass%.

Dagegen sind alle Haufwerke mit Asbestgehalten von weniger als 0,1 Mass%, aber oberhalb der Nachweisgrenzen als schwach asbesthaltiger Abfall eingestuft

Haufwerke mit Asbestgehalten oberhalb 0,1 Mass% sind hingegen gefährlicher Abfall.

Es wird erwartet, dass mindestens 75 % des ursprünglich zu deponierenden Abfalls verwertet werden kann. Dies sollte zu einer erheblichen Reduzierung der Kosten und des benötigten Deponieraumes führen.

Bestehende Probleme

Allerdings stellen sich auch einige Probleme und Fragen. So lassen sich beispielsweise bindige Böden schlecht sieben, zumal wenn sie gleichzeitig nass sind. Auf der anderen Seite fordern trockene Böden eine effektive Staubniederschlagung. Die relativ monotone Arbeit kann auch den Baggerfahrer stark fordern. Dabei hängt der Erfolg deutlich von dessen Motivation ab.

Asbestzementbruchstücke haben sich ab einer gewissen Mindestgröße als mechanisch relativ robust herausgestellt und halten Beanspruchungen stand, ohne weiter zu zerbrechen. Treten allerdings große Steine zusammen mit großen Asbestzementbruchstücken zusammen auf, können die Asbestzemente innerhalb der Trommel weiter zerkleinert werden. Dennoch dürfte eine signifikante Faserfreisetzung in der unmittelbaren Umgebung nicht zu befürchten sein.

Es gibt noch ein paar Punkte zu bedenken: Zum einen sind die Versuche bislang ausschließlich an Haufwerken in Ostdeutschland durchgeführt worden. Da sich zumindest einige bauchemische asbesthaltige Produkte in Ost und West deutlich unterschieden, ist die Übertragbarkeit nicht ganz geklärt. Man denke nur an die sogenannten verdeckten Asbestprodukte wie Fliesenkleber, Spachtelmassen und Putze, die im Westen stärker verwendet wurden als im Osten. Außerdem kann ein hoher Bauschuttanteil im Haufwerk die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens stark einschränken.

Ungeklärt ist auch die Frage, wie sich Nester aus asbesthaltigen Produkten hier auswirken. Hier besteht noch weiterer Forschungsbedarf. Insgesamt dürften die Ergebnisse aber durchaus vielversprechend sein.

Reiner König

Ein angekündigter Vortrag fehlte. Der Vortragende, Reiner König, war unerwartet am 26. 10. 2022 im Alter von 76 Jahren verstorben.

Reiner König ist vielleicht die Person, welche die Asbestfasermessung zumindest in Deutschland maßgeblich beeinflusst hat. Immerhin hat er sich seit den 1970´er Jahren mit dem Thema beschäftigt. Ausgehend vom Batelle-Institut in Frankfurt legte er die Grundlagen für die Erarbeitung der Asbest-Ersatzstoffkataloge.

Seine langjährige Expertise brachte er auch in langjähriger ehrenamtlicher Arbeit in den Ausschüssen verschiedener VDI-Richtlinien ein, wie etwa der VDI 3492, 3861, 3866,3876 und 3877. Sein Wissen um die Asbestdiagnostik war weltweit in Normungsgremien gefragt.

Wir werden sein Wissen und seine Expertise sicher noch schmerzlich vermissen.

Fazit

Das war wieder eine interessante und lehrreiche Veranstaltung, die mir unheimlich viel Spaß gemacht hat. Mindestens ebenso wie der fachliche und menschliche Austausch mit vielen Kollegen, die man über die Jahre und Kongresse sehr zu schätzen gelernt hat. Ich hoffe, dass können wir nächstes Jahr wiederholen. Auf diesem Weg daher vielen Dank an alle, die durch Organisation und Vortrag diese Veranstaltung möglich gemacht haben.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

1 Kommentar

  1. Ein gut verständlicher und ausführlichr Beitrag zum Thema Asbestgefährdung.
    Man könnte das Thema als Fachbericht nur für Abbruchunternehmen sehen.

    Wenn man in die Nebenstraßen in Großstädten geht findet man immer noch Gartengrundstücke mit Schuppen und Eternitbedachung. Die sind oft mit Moosen so bedeckt, dass nur die Form des Daches verrät, darunter ist Eternit.

    Bei uns wird gerade ein Kaufhaus aus den 50iger Jahren mitten im Stadtzentrum abgerissen ohne jegliche Schutzmaßnahmen. Der Staub fliegt auf einen dicht frequentierten Platz. Ob der Sachbearbeiter für diese Angelegenheiten gerade Corona hat. ?

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