Bruchhauser Steine – Geotop #5

Im Rothaargebirge liegt der Istenberg in der Nähe der Ortschaft Bruchhausen. Das Bemerkenswerte an dem eigentlich nur 728 m hohen Berg sind vier große Steinformationen, welche dem Berg zu einer Höhe von insgesamt 756 m verhelfen.

Diese vier Steinformationen kann man schon von weitem gut erkennen, wenn man sich dem Istenberg auf dem Rothaarsteig nähert. Die hoch über das Dach des Waldes herausragenden Felsen fallen auf dem sanft gerundeten Bergrücken schnell als außergewöhnlich auf.

Rothaarsteig
Die vier Bruchhauser Steine, wie sie sich vom Rothaarsteig aus präsentieren. Eigenes Foto

Vier Felsen

Der höchste unter den vier Felsen ist der Bornstein im Nordosten, der es auf gut 92 m bringt, womit sein Gipfel sich auf gut 700 m Höhe befindet. Der Name soll auf eine ehemalige Quelle auf dem Gipfel dieses Felsens hindeuten, auch wenn mir persönlich das Ganze etwas schleierhaft ist, wie das hydrogeologisch funktioniert haben soll. Mit einiger Wahrscheinlichkeit handelte es sich hierbei nicht um eine echte Quelle als vielmehr um eine natürliche Zisterne. Heute ist der Bornstein als Brutplatz von Wanderfalken bekannt.

Bornstein
Der Bornstein. Eigenes Foto

Der zweite Stein ist der immer noch gut 45 m hohe im Südwesten gelegene Feldstein. Da er zwar niedriger als der benachbarte Bornstein ist, aber etwas höher am Berg liegt, befindet sich sein Gipfel auf 756 m Höhe. Dies ist auch der einzige der vier Steine, der bestiegen werden darf, bei allen anderen ist das Beklettern verboten. Wenn man ihn über der Thomas-Neiss-Steig erklettert, befindet man sich rund 28 m über dem Gipfel des Istenbergs.

Im Osten liegt der gut 60 m hohe Goldstein, dessen Gipfel es auf 712 m Höhe bringt. Der Name dieses Felsens soll sich von den golden schimmernden Quarzen herleiten. Dieser Felsen ist auch ein Brutfelsen von Uhus. An seiner Ostflanke kann man mit ein wenig Fantasie das Profil des Großen Kurfürsten erkennen.

Im Westen liegt der gut 72 m hohe Ravenstein, dessen Gipfel auf 701 m Höhe liegt. Der Name könnte darauf deuten, dass hier häufig Raben nisteten.

Ravenstein
Der Ravenstein. Eigenes Foto.

Geologie

Das Rothaargebirge wird in der Hauptsache aus tonigen Gesteinen des Devons bis zum Unterkarbon aufgebaut. Die vier Bruchhauser Steine unterscheiden sich davon deutlich, sie bestehen aus Porphyr, einem magmatischen Gestein. Da sie sehr viel härter und vor allem verwitterungsbeständiger sind als die umgebenden Tonschiefer, blieben sie als Härtlinge bei der Erosion zurück. Um ihrer Entstehung näherzukommen, müssen wir zurück in der Zeit. Sehr weit zurück in der Zeit.

Eine Zeitreise

Um die Entstehung der Berge hier im Rothaargebirge sowie der Bruchhauser Steine zu verstehen, muss man ein wenig in der Zeit zurückreisen. Eigentlich sogar mehr als nur ein kleines wenig, sondern rund 390 bis 385 Millionen Jahre in die Vergangenheit, in Stufe des Mitteldevon, das Eifelium und Givetium.

Damals war die Gegend, die heute als Sauerland bezeichnet wird, Teil eines flachen Meeres. Von angrenzenden Landmassen wurden Sedimente eingetragen, deren Mächtigkeit bis zu einigen 100 m betrug. Durch die zunehmende Auflast wurde das Sediment stark zusammengepresst, es entstanden Störungen, an denen Magmen leicht aufsteigen konnten.

Und so kam es, wie es kommen musste. Vor rund 385 Mio. Jahren drang saures Magma entlang der Schwächezonen auf und erreichte schließlich die Oberfläche. Da quarzreiche Magmen relativ zähflüssig sind, bleiben sie oftmals schon in den umgebenden Sedimenten stecken und erstarren als Lavadome und Kuppen aus Rhyolithen.

Diese Kuppen wurden von nachfolgenden Sedimenten langsam wieder bedeckt. Mit der variszischen Gebirgsbildung im oberen Karbon vor ca. 300 Mio. Jahren wurden die Sedimente verfaltet und verkippt, es bildete sich so langsam das heraus, was wir heute als das Rheinische Schiefergebirge kennen.

Im Zuge der Faltung und Verkippung zog sich das Meer aus unserem Gebiet immer weiter zurück, das junge Gebirge wurde der Verwitterung und Erosion ausgesetzt. Dieser Vorgang hält bis heute an, und die relativ weichen Ton- und Sandsteine des Mitteldevon zeigen sich hier wesentlich empfindlicher als die harten vulkanischen Gesteine wie etwa Rhyolite oder Quarzporphyre (dieser Begriff ist eigentlich veraltet und sollte durch Rhyolith ersetzt werden).

Im Laufe der Zeit wurde also das damals entstandene Gebirge weitgehend abgetragen. Die weicheren sedimentären Schichten schneller und die härteren und deutlich widerstandsfähigeren Schlote des alten Vulkans blieben als Härtlinge und weithin sichtbare Landmarken stehen. Heute sind die vier Felsen die letzten Zeugnisse der alten Vulkane.

Feldstein
Der Blick vom Feldstein auf den Bornstein und den Goldstein. Eigenes Foto

Alter Siedlungsraum

Derartig prominente Landmarken sind von den Bewohnern oft als wichtige Orte genutzt worden. So auch hier. Davon zeugen einige vorgeschichtliche Funde. Zudem schien sich die Lage der Steine auf dem Istenberg auch gut strategisch nutzen zu lassen. Zwischen den einzelnen Felsen befindet sich die Reste einer Wallburg, sodass die Steine und ein mehr oder weniger viereckiger Platz von rund 0,6 ha. von einer Mauer geschützt wurden. Das Alter der Anlage wird aufgrund mehrerer Funde aus der Späthallstattzeit auf das 6. bzw. 5. bis 3. Jahrhundert vor Chr. datiert.

Welchen Zweck die Anlage hatte, ist noch nicht ganz verstanden. Neben der strategischen Lage auf dem Hügel mit den drei großen Felsen könnte auch eine kultische Bedeutung bestanden haben. Gleichzeitig gab es in der näheren Umgebung zeitgenössische Bergbautätigkeiten auf Eisen und Kupfer, die sicher auch entsprechend geschützt werden mussten.

Ob und wie die Bruchhauser Steine eventuell eine Kultstätte vergleichbar der bei den Externsteinen war, ist noch unklar und bedarf noch eindeutigen Belegen. Eine Verbindung zu dem bei Tacitus erwähnten Heiligtum Tamfana ist spekulativ.

Lebensraum

Die hohen und schroffen Felsen bieten im Wald einen einzigartigen Lebensraum für eine Vielzahl von seltenen Tieren und Pflanzen. So brüten hier nicht nur Wanderfalken und Uhus, die Bruchhauser Steine sind auch das einzige Verbreitungsgebiet der Alpen-Gänsekresse als Relikt aus der Eiszeit. Auch andere seltene Pflanzen kommen im Bereich der Steine vor, so etwa das Lotwurzblättrige Habichtskraut, das Blasse Habichtskraut und der Gefaltete Frauenmantel. Auf den Felsen siedeln auch einige seltene Moosarten.

Aus diesem Grund sind die Bruchhauser Steine auch als Bodendenkmal und Schutzgebiet nach der Flora-Fauna-Habitat Richtlinie ausgewiesen. Zudem sind sie seit 2017 auch Nationales Naturmonument und zählen zu den Nationalen Geotopen.

Darum sind die Felsen, mit Ausnahme des Feldsteins als Klettergebiet gesperrt. Wer die Steine besichtigen will, muss am Informations- und Servicecenter Bruchhauser Steine Eintritt bezahlen und gegebenenfalls eine Parkgebühr entrichten. Wer schlecht zu Fuß ist, kann gegen eine etwas höhere Gebühr auch den oberen Parkplatz am Panoramaplatz benutzen. Der von hier abgehende Fußweg ist als geeignet für Kinderwagen gekennzeichnet. Ob und wie das der Realität entspricht, habe ich allerdings nicht überprüft. Der Rest des Geländes ist aufgrund der Topografie nur sehr bedingt barrierefrei.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

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