Brachiopoden

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Ich kann eigentlich überhaupt nicht zählen, wie vielen fossilen Brachiopoden oder zu deutsch “Armfüßer”  ich während meines Studiums begegnet bin, sei es in Kursen oder beim kartieren. Schließlich gibt es die Vertreter dieses erfolgreichen Stammes schon seit dem Kambrium. Oberflächlich betrachtet mögen sie einen unvoreingenommenen Betrachter an Muscheln erinnern, aber wenn man genau hinschaut, so fallen doch einige Unterschiede auf.

Sie bestehen zwar auch aus zwei Klappen, aber die Klappen der Brachiopoden sind immer ungleich groß und haben eine unterschiedliche Form. Gut, auch bei einigen Muscheln kann man bei manchen Arten eine obere und eine untere Klappe voneinander unterscheiden, aber in den meisten Fällen sind die linken und die rechten Muschelklappen spiegelbildlich.

Bei unseren Brachiopoden wird eine dorsale (also bauchseitige) und eine ventrale (rückseitige) Klappe unterschieden. Die ventrale Klappe ist meist größer. Sie hat eine Stilloch genannte Öffnung, durch welche sich die Brachiopode mit einem fleischigen Stil an ein Substrat anheftet.

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Schematischer Aufbau eines Vertreters der Rhynchonelliformea. Zeichner: Gunthram (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Brac_articulate.png), „Brac articulate“, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode

Im Inneren der Brachiopoden zeigt sich der deutlichste Unterschied zu den Muscheln. Sie sind ebenso wie diese Filtrierer, aber in ihrem Inneren haben sie ein spiralförmiges Gebilde, den Lopophor, mit dessen Hilfe sie Nahrungspartikel aus dem Meerwasser ziehen.

Brachiopoden hatten ihre Blütezeit im Paläozoikum und sind hier wichtige Leitfossilien. Das Massensterben an der Perm-Trias-Grenze dezimierte die Brachiopoden erheblich, und ab der Trias kamen mit den modernen Muscheln zusätzlich noch eine neue und erfolgreiche Konkurrenz auf, welche die flachen Schelfbereiche für sich eroberte.

Natürlich weiß man, dass es auch heute noch Vertreter dieses Tierstammes gibt, aber eine mal in der Hand zu halten, das war mir lange nicht vergönnt. Ein Freund von mir hatte als Seemann das Vergnügen, dieses kleine Kerlchen südöstlich von Grönland aus rund 230 – 295 m Wassertiefe an das Tageslicht zu holen. Denn in die tieferen Meeresbereiche haben sich die meisten Arten der heutigen Brachiopoden zurückgezogen.

Macandrevia cranium kommt von den arktischen Gewässern bis ins Mittelmeer bis in Tiefen um 1262 m vor.

Macandrevia cranium Brachiopod 2

Macandrevia cranium, Fundort: SE Grönland in 230 bis 295 m Tiefe. Eigenes Foto, CC-Lizenz.

 

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

2 Kommentare

  1. Brachiopoden zogen sich nicht zurück

    @ Gunnar Ries schrieb:

    “Brachiopoden hatten ihre Blütezeit im Paläozoikum und sind hier wichtige Leitfossilien. Das Massensterben an der Perm-Trias-Grenze dezimierte die Brachiopoden erheblich, und ab der Trias kamen mit den modernen Muscheln zusätzlich noch eine neue und erfolgreiche Konkurrenz auf, welche die flachen Schelfbereiche für sich eroberte. (…) Denn in die tieferen Meeresbereiche haben sich die meisten Arten der heutigen Brachiopoden zurückgezogen.”

    Gletscher ziehen sich bekanntlich auch nicht zurück, sonden schmelzen dort, wo die klimatischen Bedingungen ihre Existenz nicht zulassen.

    Entsprechend sollte man formulieren, dass die Brachiopoden sich nicht auf tiefere Meeresbereiche zurückzogen, sondern dort überlebten, wo die erdgeschichtlichten Katastrophen sie nicht ausrotteten.

  2. Entsprechend sollte man formulieren, dass die Brachiopoden sich nicht auf tiefere Meeresbereiche zurückzogen, sondern dort überlebten, wo die erdgeschichtlichten Katastrophen sie nicht ausrotteten.

    Sie hätten sich aber durchaus auch von Orten, an denen sie die Faunenschnitte überlebten, wieder in neue Bereiche hinein ausbreiten können. Dafür gibt es genügend Beispiele. Leben ist nicht statisch, und es ähnelt auch keinem Gletscher.

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