Boden des Jahres 2016 – Grundwasserboden

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Nachdem in diesem Jahr der Stauwasserboden oder Pseudogley der Boden des Jahres war, ist es eigentlich nur folgerichtig, im nächsten Jahr den Grundwasserboden oder Gley zu wählen. Und genau das ist dann auch passiert. Und auch diesmal ist es eigentlich gleich eine ganze Bodenfamilie.

Diese Böden sind durch eben Grundwasser beeinflusst und zählen zu den semiterrestrischen Böden. Sie kommen weltweit in Flusstälern oder Niederungen vor, aber auch in abflussarmen Lagen. Ihr Auftreten ist nicht an bestimmte Landschaften oder ein bestimmtes Klima oder ein bestimmtes Ausgangsgestein gebunden. Sie sind weit verbreitet, kommen aber meist nur in kleinflächiger Ausdehnung an einem Standort vor.

Gley
Gley im Profil. Foto: Solum (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gley.jpg), „Gley“, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode , via Wikimedia Commons

Der mittlere Grundwasserstand reicht zeitweilig höher als 80 bis 100 cm, selten aber höher als 20-40 cm unter die Oberfläche der Böden.

Der Name der Böden, Gley, geht auf das deutsche Wort „Klei“ für entwässerten Schlick zurück.
Eingeteilt werden die Gleye nach ihrem Humusgehalt und der Höhe des mittleren Grundwasserspiegels in Gley (weniger als15% Humus und Grundwasser tiefer als 4 dm), Nassgley (Grundwasser zeitweise bis Bodenoberfläche und weniger als 15% Humus). Ähnliches gilt für den Anmoorgley, hier aber bis 30% Humusgehalt. Ist der Humusgehalt noch höher (>30%, jedoch weniger als cm Torfauflage), spricht man von Moorgley.
Im Profil zeigt der typische (Norm-) Gley die Horizontabfolge Ah – Go – Gr, wobei der Ah Horizont oberhalb des Grundwasserspiegels liegt. A steht für einen mineralischen Oberbodenhorizont, das kleine „h“ für akkumulierte Huminstoffe. Der nächste Horizont ist der Go-Horizont. „G“ steht hier für Grundwasser, „o“ für oxidiert. Dieser Horizont liegt im Kapillarbereich bzw. im Schwankungsbereich des Grundwassers. Dieser Bodenhorizont wird hat noch Sauerstoff im Angebot, was zu einer rostfarbenen Fleckung durch Eisen(III)-Oxiden führt. Wurzeln können Mäntel aus Eisenoxiden aufweisen.

Der unterlagernde Gr-Horizont, „r“ für reduziert, zeigt dagegen e´meist eine bläulich-graue bis grünliche oder gar schwärzliche Färbung. Er ist weitgehend anaerob, also frei von Sauerstoff. Eisen liegt in reduzierter löslicher Form als Eisen(II) vor. Eisen und Mangan werden hier gelöst und steigen teilweise kapillar auf und werden im Go-Horizont oxidiert, wo sie ausfallen. Ein Teil verbleibt aber als graublau färbende Eisen(II)- und Mn(II) sowie schwarzer Fe(II)-Sulfide Verbindungen im Gr-Horizont. Daraus ergibt sich beim Aufgraben des Gr-Horizonts auch meist ein typischer Geruch.
Die Ausbildung und Mächtigkeit der einzelnen Horizonte kann je nach Gleytyp schwanken. In Nassgleyen und Anmoorgleyen kann aufgrund des hohen Wasserstandes der Go-Horizont fehlen, bei sauerstoffreichem Grundwasser fehlt hingegen der Gr-Horizont.

Bodenprofil Normgley ohne Sd
Bodenprofil eines Norm-Gleys mit den Horizonten Ah-Go-Gr sowie den Stofftransportwegen. Abb: User:Katzenbear; korrigiert von Grabenstedt (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bodenprofil_Normgley_ohne_Sd.svg), „Bodenprofil Normgley ohne Sd“, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode , via Wikimedia Commons

Eine weitere Rolle spielen auch die umgebenden terrestrischen Böden, die zu einem erheblichen Teil für die Stofffracht verantwortlich sind. Kommt von hier eine zusätzliche Zufuhr Fe-recher Lösungen bei gleichzeitig wenig schwankenden Grundwasserständen, so kann sich ein stark verkitteter, harter und eisenreicher Gmo-Horizont ausbilden. Dieser wird auch als Raseneisenstein bezeichnet. Raseneisenstein wurde tatsächlich noch bis ins letzte Jahrhundert als Eisenerz abgebaut und verhüttet. Bei der Bildung von Raseneisenstein spielen möglicherweise auch Bakterien eine Rolle.
In den Anmoorgleyen ist das Eisen durch die starken Schwankungen des Grundwasserspiegels meist auf einen vergleichsweise mächtigen Go-Horizont verteilt. Wenn die umgebenden Böden arm an Eisen und Manganverbindungen sind und der Eintrag in den Gley entsprechend niedrig ist, kann der Gr und der Go-Horizont schwach ausgebildet und daher schwer erkennbar sein.
Bei schnell fließendem, sauerstoffreichem Grundwasser, wie es bei Unterhanglagen oder kiesigem Untergrund auftritt, fehlt der Gr-Horizont oft ganz. Diese Böden werden auch als Oxigleye bezeichnet und zeichnen sich durch einen sehr tief reichenden Go-Horizont aus.
Bei sehr carbonat-reichem Grundwasser, wie es zum Beispiel in Mergellandschaften auftritt, wird der Go-Horizont mitunter durch einen carbonatreichen Horizont mit der Bezeichnung Gc ersetzt. Bei mehr als 50 % Calciumcarbonat wird der kalkhaltige Gley als Kalkgley bezeichnet. Der Gc-Horizont wird auch als Wiesenkalk oder Almkalk bezeichnet.
Wird der Grundwasserspiegel abgesenkt, so verlegt sich der Gr-Horizont meist rasch in größere Tiefen, während die Morphologie des Go-Horizontes in den oberen Lagen noch sehr lange fossil als relikt-Gley erhalten bleiben kann.
Die meisten Gleye mit Ausnahme der carbonatreichen Varianten sind schwach bis stark sauer. Wird das Grundwasser abgesenkt, so führt die damit verbundene Durchlüftung der reduzierten Bereiche des Bodens mit Sauerstoff zu einer Oxidation der im Gr-Horizont vorliegenden Eisensulfide und damit zu einer starken Absenkung des pH-Wertes. Da den Gleyen aus den benachbarten Landböden über das Boden- und Grundwasser Stoffe zugeführt werden, sind sie auch Nährstoffreicher als die umgebenden Böden. Allerdings ist die Verfügbarkeit der Nährstoffe meist gering. Zum Beispiel enthalten Gleye mit Raseneisensteinbildungen sehr hohe Gehalte an Phosphor auf. Der Phosphor ist aber an die Fe-Oxide gebunden und/oder mechanisch in den Fe-Oxiden eingeschlossen, so dass er für Pflanzenwachstum nicht zur Verfügung steht. Vergleichbares gilt auch für Spurenelemente.
Der hohe Grundwasserstand der Gleye schränkt ihre Nutzung ein. Unter naturnahen Bedingungen sind sie Standort für nässeverträgliche Pflanzengesellschaften wie Bruchwälder. Sie eignen sich auch gut für eine forstliche Nutzung von Baumarten mit einer hohen Nässetoleranz oder hohem Wasserverbrauch wie Erlen, Eschen und Pappeln.

Wenn der Grundwasserstand nicht zu hoch ist, kommt auch eine Nutzung als Grünland in Frage. Ackerbau hingegen ist ohne vorherige Grundwasserabsenkung nur eingeschränkt bei Gleyen mit sehr niedrigem Grundwasserstand möglich.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

2 Kommentare

  1. Schön, dass man beim Grundwasserboden Rost quasi in Natura bewundern kann. Eisen scheint sowieso einer der wenigen metallischen Rohstoffe zu sein, von denen es auf absehbare Zeit genug hat.

  2. Ah toll! Das sind die selben Farben und Farbanordnung wie in vielen bayerischen Bentonitlagersätten, die ich ja auch als Paläoböden im weiteren Sinne interpretiere.

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