Bergsturz am Tour Ronde, Mont Blanc Region (Video)

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Mit Verstand und Hammer die Erde erkunden
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Auch wenn die Alpen (und andere Berge) uns so majestätisch und ewig erscheinen mögen, der Zahn der zeit nagt unablässig an ihnen und versucht, selbst die höchsten berge langsam einzuebnen. Wenn man als geologisch interessierter durch die Welt streift, findet man überall Spuren längst vergangener mächtiger Gebirge. Aber in den allermeisten Fällen passiert dies so langsam, dass das menschliche Auge fast nichts mitbekommt. Und das ist auch gut so. Denn es gibt eben auch Momente, wo die Bergwelten ziemlich im Wallung kommen und dem Ruf der Schwerkraft in großem Ausmaß folgen. Dann sollte man als kleiner Erdenwurm nur nicht im Wege herumstehen. Es gibt da (prä)historische Beispiele, die möchte man nicht einmal als Alptraum erleben (z.B. der am Eibsee). Auch deutlich kleinere Ereignisse sind am Besten aus großer Entfernung zu geniessen, aber man sollte sie eben auch anschauen, alleine um daraus zu lernen. Letzte Woche, am 27. August am Berg Tour Ronde passierten derartige Bergstürze.

Der Tiur Ronde ist ein 3792 hoher Berg rund 3,5 Kilometer östlich des Mont Blanc. Eine der Routen zum Gipfel führt über den Südostgrat. Am Morgen des 27. August 2015 war es aber nicht unbedingt der Ort, an dem man sich aufhalten sollte. Innerhalb kurzer Zeit gingen unterhalb des Grats 2 spektakuläre Bergstürze ab. Der Erste gegen 8:30 lokaler Zeit, gut eine Stunde später ein zweiter. Das zweite Ereignis konnte von dem Bergführer Gianluca Marra gefilmt werden. Zum Glück kamen bei keinem der beiden Bergstürze Menschen zu schaden.

Dabei zeigt das Video sowohl den Anfang mit dem Abbruch eines Stücks der Steilwand als auch gegen Ende, aus einer etwas näheren Perspektive, das Abrutschen der letzten Blöcke über den Gletscher unterhalb. Man kann auf dem Video sehr gut verfolgen, wie sehr das zu tal gehende Gestein in seinem Verhalten einer Flüssigkeit ähnelt.

Auf der Webseite Planet Mountain sind weitere gute Aufnahmen auch des ersten Bergsturzes von Gianluca Marra zu finden. Dort wird auch die Möglichkeit angeführt, dass die vorhergehende Kälteperiode zusammen mit einer darauf eintretenden Hitzewelle das Gestein geschwächt haben könnte. Frieren und schmelzen von Eis in Spalten kann der Standfestigkeit von Felsen ziemlich zusetzen. Bis die Felsmassen schließlich nur noch durch das Eis gehalten werden. Bei einsetzendem Tauwetter kann dies dann zu sehr stark bewegten Bergwelten führen. Dies ist auch ein Grund, warum sich in den Alpen besonders am Ende der letzten Eiszeit einige apokalyptische Bergstürze ereignet haben. Für die aktuelle Klimaerwärmung dürften wir uns also auch auf einige topographische Veränderungen einstellen.

 

via Landslide Blog

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

2 Kommentare

  1. Danke für die immer wieder fundiert kommentierten Landslide-Beiträge!

    In diesem Fall ist aber eine kleine Korrektur angebracht: Die Hauptursache für die Bergstürze in den Alpentälern gegen Ende der letzten Eiszeit war der Gletscherrückzug und nicht die physikalische Verwitterung durch Frostsprengung. Die übersteilten Talflanken wurden instabil und kollabierten weil sie ihres Eiswiderlagers beraubt waren.

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