Asbest als zusätzliche Gefahr im Falle von Naturkatastrophen

Achtung, Asbest!

Ich hatte neulich das Thema mir das Thema Kohlefasern etwas genauer angeschaut, weil hier immer wieder die Befürchtungen vorgebracht werden, die Fasern könnten im Falle eines Desasters die Rettungskräfte in Gefahr bringen. Ich halte die Gefahr im Fall der Kohlefasern und der daraus hergestellten Verbundwerkstoffe ja für überschaubar. Aber mich hat der dort immer wieder vorgebrachte Vergleich mit Asbest durchaus interessiert. Nicht dass ich die beiden Faserarten in ihrer Gefährlichkeit für gleichwertig halte, das sind sie sicher nicht. Aber im Gegensatz zu den Kohlefasern stellen bauchemische Produkte mit Asbest im Falle eines Unglücks eine ziemlich reale Gefahr für die Opfer des Desasters, aber auch für die Rettungskräfte dar.

Das ist eigentlich klar. Denn wenn Asbest auch vergleichsweise ungefährlich ist, solange die betreffenden Produkte intakt sind und ihre vorgesehene Funktion wahrnehmen, so schnell wird es gefährlich, wenn die feinen Fasern in die Atemluft gelangen und die Menschen dort ungeschützt sind. Und das Wesen von Katastrophen ist ja gerade, dass Dinge zerstört werden. Was übrigens auch im Krieg gilt. Außerdem sind die Menschen meist während und unmittelbar nach den Ereignissen mit dem bloßen Überleben beschäftigt. Hier dürfte der Gedanke an Atemschutz vor Asbest sicher nicht der erste Gedanke sein, vermute ich.

Dazu muss natürlich auch gesagt werden, dass in Asbest nicht der einzige Schadstoff ist, der in diesen Fällen freigesetzt wird, und mit dem die Menschen danach sicher für längere Zeit zu tun haben werden. Vermutlich könnte man da ganze Bücher füllen. Daher will ich mich hier hauptsächlich auf Asbest beschränken. Zumal, auch das ist kein Geheimnis, Asbest ja auch mein Broterwerb ist, ich also gerade mit diesem Schadstoff oft zu tun habe.

Asbest – Deutschland und weltweit

Asbest, also die faserförmigen Varianten der Minerale Chrysotil, Riebeckit (Krokydolith), Grunerit (Amosit), Anthophyllit, Aktinolith und Tremolit, sind prinzipiell schon seit der Antike bekannt, ihre Hauptverwendung fällt aber in die Zeit ab den 1940´er Jahren bis weit nach den 1980´ern. Während dieser Zeit wurden mehr als 3000 bauchemische Produkte verwendet, die Asbest enthielten. Den Hauptanteil mit wohl über 90 % stellt aber vermutlich der bekannte Asbestzement dar [Ramazzini 2010]. In Deutschland liegen die Zahlen recht ähnlich, für die alte Bundesrepublik wird laut dem Nationalen Asbestprofil von ca. 73 % des importierten Asbests für Asbestzement verbraucht, in der ehemaligen DDR rund 80 % [BAUA 2020]. Ausgehend von zusammen ca. 5,7 Mio. Tonnen Asbest wurden (bei ca. 10 Massen% Gehalt) so rund 4,3 Mio. Tonnen Asbest zu gut 43 Mio. Tonnen Asbestzement verarbeitet.

Die Asbestfasern verliehen dem Zement eine hohe Zugfestigkeit und erlaubten, auch dünne Zementbauteile daraus herzustellen, die sich besonders für Rohrleitungen, Wandverkleidungen oder Dächer eigneten. Sie waren leicht in Form zu bringen, verwitterungsbeständig und meist sehr preisgünstig, was ihre hohe Verbreitung weltweit mit sich brachte. Aber es sind nicht nur Asbestzemente, die in und an Gebäuden Asbest enthalten können. Und nein, auch wenn Asbest in vielen Teilen der Welt noch nicht verboten ist und auch heute noch weiten Teilen Verwendung findet, so ist das Thema auch in den sogenannten „entwickelten“ Industrienationen noch lange nicht durch.

Da sollten wir uns nichts vormachen. So sind zum Beispiel in den USA vermutlich in rund 840 000 öffentlichen Gebäuden und Geschäftsgebäuden vorhanden [Powell et al. 2015]. Vermutlich sieht das bei uns nicht so viel anders aus. Immerhin wurden fast 84 % des aktuellen Gebäudebestandes in der Bundesrepublik vor dem Asbestverbot 1993 errichtet. Vermutlich wurden auch die gut 25 %, die zwischen 1991 und 1948 errichtet wurden, in der Hochphase der Asbestverwendung in den 1960´ern bis in die 1980´er saniert und modernisiert, sodass auch hier mit einer Asbestbelastung zu rechnen ist [BAUA 2020].

Auch in Südkorea wurde vielfach Asbest im Gebäudebereich verwendet. Hier wurden, wie wohl weltweit, der überwiegende Teil (ca. 82,5 %) für die Herstellung von Asbestzementprodukten verwendet [Kim & Hong 2017].

Asbest – Gefahrenpotential im Katastrophenfall

Die weltweite Verbreitung der bauchemischen Produkte mit Asbest stellt nicht nur beim Bauen im Bestand oder beim Rückbau eine Gefahr dar. Denn auch wenn die meisten asbesthaltigen Produkte im normale Betrieb und solange sie ihren Funktionen nachkommen, wohl relativ wenig bis kein Asbest frei setzen, so ändert sich das meist schlagartig im Schadensfall. Und das ganze Horrorszenario, welches einige in Bezug auf die Kohlefaserverstärkten Kunststoffe (CFK) gerne an die Wand malen, kann man auch in asbesthaltigen Gebäuden finden. Nur hier eben mit einem erwiesenermaßen karzinogenen Stoff der Kategorie 1 A (CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008).

Asbest im Brandfall

Prinzipiell muss es sich noch nicht einmal um eine große Katastrophe handeln. Es reicht eigentlich schon eine Scheune, die mit Asbestzement als Dachdeckung versehen wurde. Solle diese Scheune aus welchen Gründen auch immer Feuer fangen, besteht durchaus die Möglichkeit einer signifikante Faserfreisetzung.

Dabei kommen einige Faktoren ins Spiel. Zum einen die Beständigkeit der Asbestfasern an sich. Auch wenn gerne behauptet wird, dass Asbest „Feuerfest“ ist, so ist das nicht die ganze Wahrheit. Bereits oberhalb 450 °C kann der Asbest, je nach seiner mineralogischen Zusammensetzung, bereits Veränderungen zeigen. Allerdings muss er dafür eine geraume Zeit höheren Temperaturen ausgesetzt sein. Und genau das ist bei einem Brand nicht flächendeckend der Fall.

Bevor ich abschweife, wollte ich dies nur ganz kurz einschieben. Man beobachtet gerade bei Asbestzementen aus Brandschäden diese veränderten Fasern nämlich durchaus häufig.

Aber viel entscheidender ist hier das Verhalten der Asbestzemente selber. Unter Der Hitze kann in den Platten enthaltenes Wasser schlagartig verdampfen und die Platten regelrecht explodieren lassen. Dieses Verhalten sorgt nicht nur für eine weiträumige Verteilung der Bruchstücke in der umliegenden Gegend, sie setzt auch viele Fasern frei, die dann selber in der Thermik des Brandes hochgewirbelt werden und sich in der weiteren Umgebung verteilen (hier ein Video von einem Brand mit Asbestzementplatten, bei 0:22 kann man es sehr gut sehen).

Man kann sich also unschwer vorstellen, welche Gefahr hier von den Fasern für Rettungs- und Einsatzkräfte ausgeht. Darum müssen die Anzüge und Ausrüstungsgegenstände der betreffenden Feuerwehren nach so einem Ereignis auch aufwändig gereinigt werden.

Zudem geht auch nach dem Brand von den freien Fasern und von den Bruchstücken der Asbestzementplatten eine deutliche Gefahr für die Umgebung aus, etwa Nachbargärten und natürlich für deren Nutzer. Meist muss eine aufwändige und teure Sicherung und Sanierung erfolgen.

World Trade Center

Wenn schon der einfache Brand einer simplen Scheune oder Gartenlaube eine Gefahr für Rettungskräfte und Anwohner darstellen kann, wie viel größer muss die Gefahr sein, die von asbesthaltigen Baustoffen im Falle eines größeren Gebäudes ausgeht. Was das bedeuten kann, hat uns als gutes (oder besser: schlechtes) Beispiel der Anschlag auf die Türme des World Trade Centers vom 11. September 2001 in New York gezeigt.

Vermutlich können sich die meisten Menschen, welche die Anschläge bewusst miterlebt haben, noch recht gut an die Bilder erinnern. Die einstürzenden Türme, die enorme Staubwolke und die staubbedeckten und herumirrenden Menschen. Der Anschlag hat vermutlich die größte Umweltkatastrophe ausgelöst, die sich in New York City bis dato ereignet hat. Schon alleine die schiere Menge an Treibstoff der Flugzeuge, rund 90 000 Liter, die das mehr als 1000° heiße Feuer im Inneren der Türme angefacht haben, dürften jede Menge an Ruß, metallischen Partikeln und volatilen organischen Substanzen (kurz VOC) in die Atmosphäre gewirbelt haben.

Asbestfreisetzung beim Kollaps

Der folgende Zusammenbruch der beiden Türme und einiger Begleitgebäude hat dann zusätzlich noch eine große Menge an Glas, Beton, Glasfasern, Asbest, organischen Gebäudeschadstoffen wie z.B. PCBs, Dioxine und Furane und eine nicht genannte Anzahl weiterer Schadstoffe pulverisiert und in Manhattan verteilt haben. Die gesamte freigesetzte Masse an asbesthaltigen Baustoffen wird auf gut 5000 Tonnen geschätzt [Rom et al. 2002].

Die Staubwolke des WTC 1 um 10:28 Ortszeit. Der Pfeil zeigt auf das später zusammenstürzende WTC 7.Arianne Cohen (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:WTC7_as_Twin_Towers_collapse.jpg), „WTC7 as Twin Towers collapse“, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode

Beim Bau des Nordturmes wurde Chrysotil als Brandschutz bis zum 40. Stockwerk verwendet. Interessanterweise scheint danach in höheren Stockwerken und späteren Bauabschnitten kein Asbest mehr als Brandschutz mehr verwendet worden zu sein, hauptsächlich aus Gründen des Gesundheitsschutzes. In den folgenden Jahren wurde wohl auch einiges an asbesthaltigen Brandschutz entfernt und durch nicht asbesthaltige Materialien ersetzt. Dies aber weder vollständig noch flächendeckend.

Direkt nach dem Kollaps zeigten Luftmessungen deutlich erhöhte Asbestgehalte, die aber rasch wieder abnahmen, wenn der Staub abgelagert oder verweht wurde. In den Stäuben vom Einsturz konnte 0,8 bis 3 % Asbest nachgewiesen werden[Landrigan et al. 2004].

Es ist mit Sicherheit anzunehmen, dass die enorme und weite Freisetzung dieser großen Asbestmengen auch eine signifikante Wirkung gehabt hat. Zumindest die Menschen, welche der Staubwolke über längere Zeit ausgesetzt wurden, haben sicher ein deutlich erhöhtes Risiko, an asbestbezogenen Krankheiten zu erkranken. Das dürfte auch in hohem Maße die überlebenden Einsatzkräfte betreffen. Allerdings scheint hier, zumindest zum Stand 2020, noch keine signifikante Steigerung erkennbar zu sein [Colbeth et al. 2020]. Wenn man die lange Latenzzeit bedenkt, die viele von Asbest ausgelöste Krankheiten zeigen, ist hier aber noch zu früh, um Entwarnung zu geben.

Asbest im Falle von Naturkatastrophen und Krieg

Auch in anderen Fällen stellen Gebäudeschadstoffe eine zusätzliche Gefahr für die betroffenen Menschen dar. Das zeigen eine Reihe von Fällen weltweit. Dabei darf man natürlich nicht vergessen, dass Asbest sicher nur ein Schadstoff unter vielen ist. Das gilt sicher im Besonderen für Kriegssituationen. Gerade hier sollte die vielen unmittelbaren aber auch langfristigen Gefahren für die Menschen nicht komplett außer Acht bleiben. Ich werde mich dennoch auf Asbest konzentrieren, weil es zumindest hier ganz gut ins Thema passt. Da wäre einmal ein interessanter Fall aus Australien, der sich bereits im Jahr 2011 zugetragen hat.

Flut

Zu Anfang des Jahres 2011 erlebte die Gegend um Brisbane ausgedehnte Überschwemmungen. Die Wassermassen waren zwar irgendwann Mitte des Jahres wieder abgelaufen. Sie hatten den Anwohnern aber eine nicht ganz so schöne Dinge hinterlassen.

Nun kann im Falle von Flut sicher einiges aufzuräumen sein, aber hier waren unter den Trümmern der Flut auch Reste tausender alter Geräteschuppen, Garagen oder auch Dächer. Und weil z.B. Schuppen auch in Australien überwiegend aus billigen Baumaterialien gebaut werden, waren auch viele asbesthaltige Baustoffe darunter. Diese, jetzt zerbrochen, stellten eine Quelle von Asbestfasern dar. Das bedeutet, dass die Aufräumungsarbeiten unter Schutzmaßnahmen ablaufen mussten. Das ist dann sicher kein Spaß.

Erdbeben

Vergleichbar ist vielleicht, ein anderes Beispiel, die Situation in den Erdbebengebieten der Türkei und in Syrien vom 6. Februar 2023. In den geschätzten 230 000 Gebäuden, welche durch die Erdstöße zerstört wurden, waren sicher neben vielen anderen Gebäudeschadstoffen auch Asbest verbaut worden. Während des Zusammenbruchs kann es zu einer durchaus signifikanten Faserfreisetzung und damit Exposition der Überlebenden kommen. Auch die geschätzten 250 Mio. Kubikmeter Trümmer und Schutt stellen eine deutliche Gefahr sowohl für die überlebenden Menschen als auch für die Rettungskräfte und Aufräumende dar, dann auch hier dürften weiterhin leicht Fasern freigesetzt werden. Abgesehen sicher auch von noch weiteren Schadstoffen. Ähnliches zeigte sich auch in anderen Erdbeben, wie etwa das Beben von Sichuan in 2008 oder Lombok in 2018.

Krieg

Als letztes Beispiel vielleicht noch menschengemachte Katastrophen, wie sie sich durch die russische Vollinvasion in die Ukraine abspielt. Auch in einem Krieg werden Gebäude zerstört. Hier mag zusätzlich noch eine Rolle spielen, dass die Ukraine sowohl während ihrer Zeit als Sowjetrepublik als auch später sicher ein guter Abnehmer von Asbest aus Russland, als auch selbst ein Produzent gewesen ist.

Auch hier spielte sicher die komplizierte geopolitische Geschichte der Ukraine eine Rolle, wodurch es dem Land schwerfiel, den Import und die Verwendung von Asbest zu verbieten. Noch 2011 hielt die Ukraine zu Russland, um Chrysotil aus dem Verbot von Asbest (Rotterdamer Übereinkommen) herauszuhalten. Noch 2005 importierte die Ukraine gut 183 000 Tonnen Asbest und erst 2017 wurde Asbest in der Ukraine verboten.

Mir liegen keine Zahlen vor, aber ich möchte vermuten, dass die Asbestimporte in weitgehend ähnlichem Muster verwendet wurden, wie es sich auch in anderen Ländern wiederfindet. Der Hauptanteil dürfte in die Herstellung bauchemischer Produkte gegangen sein und davon der größte Anteil für Asbestzement. Geschätzte 60 % aller Dächer in der Ukraine sollen aus Asbestzement bestehen.

Neben all den anderen Gefahren für Leib und Leben, die ein Krieg den Menschen bringt und die er auch immer hinterlässt, wie eben Blindgänger, dürfte Asbest zunächst eine geringe Gefahr darstellen. Aber die oftmals totale Zerstörung von Gebäuden setzt auch immer die in ihnen enthaltenen Schadstoffe frei.

Was kann Helfen?

Asbest stellt in vielfacher Hinsicht einen problematischen Schadstoff in Gebäuden dar. Solange alles intakt bleibt, solange die belasteten Baustoffe ihren Funktionen nachkommen und nicht angerührt werden, solange sollte man in der Regel auf der sicheren Seite sein. Das kann schnell dazu führen, dass man den lauernden Schadstoff vergisst. Aber auch nach Jahrzehnten bleibt er gefährlich und immer wenn der Baustoff gestört oder gar zerstört wird, kann es zu einer Freisetzung der Fasern kommen. Das kann eine Katastrophe ebenso sein, wie ein unvorsichtiger Abbruch der auch nur eine unbedachte Sanierung. Ich möchte hier einmal kurz anmerken, dass auch die anstehenden energetischen Ertüchtigungen in unserem Land dringend entsprechende Vorsicht angeraten sein lassen.

Aber was kann denn nun, im Falle des Falles einigermaßen vor den Auswirkungen schützen? Hier wäre in erster Linie zunächst einmal Wissen und Informationen genannt. Wenn man weiß, wo sich Asbest befindet und wo er eventuell freigesetzt worden sein kann, dann ist schon einiges Geholfen. Dann können sich die Menschen mit vergleichsweise simplen Schutzmaßnahmen wie etwa FFP3-Masken vor der Aufnahme schützen. Man kann Schutt und Trümmer bewässern, denn Feuchtigkeit kann die Freisetzung von Fasern zumindest verringern.

Vielleicht sind entsprechende Kataster über die Gebäudeschadstoffe anzudenken, wie sie in Südkorea entwickelt werden [Kim & Hong 2017][Baek 2016]. Diese können auch helfen, etwaige Objekte oder Regionen zu identifizieren, in denen man die Asbestsanierung priorisieren sollte. Eine gezielte und eventuell vorbeugende Befreiung der Gebäude von Asbest und anderen gefährlichen Schadstoffen ausgehend von Punkten, die bei Katastrophen eventuell besonders gefährdet sind, könnte Mittel und Ressourcen schonen und vielleicht einfacher und schneller sein. Man könnte den betroffenen Immobilieneignern gegebenenfalls zielgerichtet mit Förderprogrammen helfen. Auch im Falle einer Katastrophe könnten Hilfskräfte und Betroffene schnell über die zusätzliche Gefährdung informiert werden. Schnelle Sicherungsmaßnahmen könnten eine Freisetzung zumindest minimieren und gegebenenfalls Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen könnten zielgenau geplant werden.

Fazit

Asbest ist sicher nur ein Schadstoff, der bei der gewaltsamen Zerstörung von Gebäuden freigesetzt werden kann und der für die Betroffenen und Hilfskräfte eine zusätzliche Gefahr darstellt. Ich halte Asbest gerade wegen seiner weiten Verbreitung, seinem hohen Gefahrenpotential und der langen Latenzzeit asbestbedingter Erkrankungen hier für eine Art Musterfall. Das oben gesagte gilt sicher für eine ganze Liste anderer Schadstoffe ebenfalls. Wir können uns schützen. Müssen dazu aber wissen, wo und wie viel von dem Schadstoff vorhanden ist. Ein Wissen, über das wir heute meist nur mangelhaft verfügen.

Ich sehe durchaus die Möglichkeit, dass es gegen ein entsprechendes flächendeckendes Kataster Widerstand gibt. Es gibt auch sicher einige brauchbare Argumente dagegen. Aber ich finde, es spricht auch einiges dafür. Wir müssen Asbest und die anderen Gebäudeschadstoffe loswerden. Daran dürfte kein Zweifel bestehen. Sie werden uns sonst immer wieder auf die Füße fallen, sei es im Falle einer Katastrophe oder auch nur bei der energetischen Ertüchtigung im Rahmen der anstehenden Wärmewende. Wenn wir wissen, wo sich die Schadstoffe befinden, können wir ihnen auch besser zu Leibe rücken und Einsatzkräfte mit für sie notwendigen Informationen versorgen, damit sie sich besser schützen können.

Literaturverzeichnis

Baek, S.-C., Kim, Y-C., Choi, J.H. & Hong, W.-H., 2016, Determination of the essential elements of an asbestos management system in the event of a desaster and their priorization, Journal of Cleaner Production, 137, 414 – 426

Colbeth, H.L., Zeig-Owens, R., Hall, C.B., Webber, M.P., Schwartz, T.M. & Prezant, D.J., 2020, Mortality among Fire Department of the City ofN ew York Rescue and Recovery Workers Exposed to the World Trade Center Disaster, 2001–2017, Int. Journal of Environmental research and Public Health, 17, 16 S.

BAUA 2020: Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG), Asbest an Arbeitsplätzen in der DDR, 1995

Kim, Y.-C. & Hong W.-H., 2017, Optimal management program for asbestos containing building materials to be available in the event of a disaster, Waste Management, 64, 272 – 285

Landrigan, P.J., Lioy, P.J., Thurston, G., Berkowitz, G., Chen, L.C., Chillrud, S.N., Gavett, S.H., Georgopoulos, P. G., Geyh, A.S., Levin, S., Perera, F., Rappaport, S.M., Small, C., & the NIEHS World Trade Center Working Group, 2004, Health and Environmental Consequences of the World Trade Center Disaster, Environmental Health Perspectives, Vol. 112 No. 6, 713 – 739

Powell, J., Jain, P., Bigger, A. & Townsend T.G., 2015, Development and Application of a Framework to Examine the Occurrence of Hazardous Components in Discarded Construction and Demolition Debris: Case Study of Asbestos-Containing Material and Lead-Based Paint , J. Hazard., Toxic, Radioact. Waste, 19 (4),

Ramazzini C. , 2010, Asbestos is still with us: repeat call for a universal ban, Arch.Environ. Occup. Health , 3, 121 – 126

Rom, W.N., Weiden, M., Garcia, R., Yie, T.A.., Vathesatogkit, P., Tse, D.B., McGuinnes, G., Roggli, V & Prezant, D., 2002, Acute Eosinophilic Pneumonia in a New York City Firefighter Exposed to World Trade Center Dust, Am. J. Respir. Crit.care Med. , 6, 797 – 800

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

2 Kommentare

  1. Besten Dank für diesen Artikel und Ihre fachlich Aufbereitung zu den Gefahren für Einsatzkräfte! Dies Thema beschäftigt sehr viele ehren- und hauptamtliche und ebenso viele sind die Gefahren noch garnicht so bewusst!

    Ein sehr positives Beispiel für die konsequente Umsetzung zum Schutz vor diesen Gefahren hat die Freiwillige Feuerwehr der Stadt Munster umgesetzt
    https://youtu.be/R8B2pAunFS8

  2. Interessant und gefährlich.
    Ich frage mich, wie man Chrysotil “entschärfen” könnte. Vielleicht mit heißer Calciumlauge, die das Magnesium verdrängt. ?? Oder ist die Bindungsenergie bei Magnesium höher als bei Calcium.

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