Zweite Opiumkonferenz: 100 Jahre “böses” Cannabis
Hanf stand gar nicht auf der Agenda des Völkerbundes. Ein geschickter Coup änderte das.
Nach der ersten internationalen Opiumkonferenz vom 1. Dezember 1911 bis zum 23. Januar 1912 in Den Haag begann vor genau hundert Jahren, am 17. November 1924, die zweite in Genf. Die Initiative zur Vereinheitlichung von Drogenverboten über das Völkerrecht kam aus den USA und lief über den Völkerbund, der Vorgängerinstitution der Vereinten Nationen. Doch schon damals bestanden die USA auf ihrem Sonderstatus und waren gar kein Mitglied dieser Organisation.
Wie der Name “Opiumkonferenz” schon zeigt, ging es vor allem um den Umgang mit der psychoaktiven Milch der Mohnblume in bestimmten Regionen – und deren chemische Derivate wie Morphin und Diamorphin (besser bekannt unter dem Markennamen der Bayer A.G., Heroin). Letztere verstärken die schmerzstillende Wirkung der natürlichen Opiummilch durch die Isolation ihres stärksten Inhaltsstoffs beziehungsweise dessen Veredelung mit Essigsäureanhydrid oder Essigsäurechlorid.
Insbesondere beim direkten Spritzen in die Blutbahn – eine medizinische Innovation des 19. Jahrhunderts – passierte der veredelte Stoff die Blut-Gehirn-Schranke besser als Morphin oder natürliches Opium. Nachdem Opium über Jahrhunderte, wahrscheinlich sogar Jahrtausende, die wichtigste Arznei gewesen war, kam es um 1900 zunehmende zu einem Umdenken:
In Kriegen und Krisen waren immer mehr Menschen “auf den Geschmack” gekommen, übrigens auch viele Ärzte und Apotheker selbst. Insbesondere in den USA, wo man die Welt schließlich mit der Alkoholprohibition verbessern wollte, wetterten Politiker zusammen mit religiösen Fanatikern immer radikaler gegen die Substanz: So wurde die einst wichtigste Arznei plötzlich zum größten Teufelszeug abgestempelt.
Dämonisierung
Woher das Wort “Dämonisierung” psychoaktiver Substanzen kommt, lässt sich gut an dem Buch Opium, die dämonische Blume (1926) von Sara Graham-Mulhall nachvollziehen. Die auch unter Feministinnen zum Vorbild erkorene und preisgekrönte Dame hatte zuvor eine hohe Position in der Drogenkontrollbehörde New Yorks innegehabt. Anschließend machte sie in der Lobby-Organisation “Narcotic Drug Control League” weiter, deren Präsidentin sie wurde.
In ihrem Buch, das in zeitgenössischen Rezensionen insbesondere für die Aufklärung in Schulen wärmstens empfohlen wurde (vgl. Schleim, 2023), hieß es zum Beispiel zum Thema “Sucht”:
“Was ist also das, was wir Drogensucht nennen? Es ist eine der Anomalien der Medizin, der Forschung, der Wissenschaft, der Religion und der Sozialarbeit, dass dieses Thema so wenig erforscht wurde, dass selbst nach Hunderten von Jahren der Sucht […] niemand genau weiß, wie diese gewohnheitsbildenden Drogen ihren teuflischen Zweck im menschlichen Körper erfüllen. Eines wissen wir jedoch, und zwar, dass Drogensucht eine Gewohnheit ist, dass sie den Charakter zerstört und die Seele verkrüppelt.” (Graham-Mulhall, 1926, p. 95)
Bemerkung 1: Dass man “Sucht” nicht näher medizinisch erforscht hatte, lag schlicht daran, dass man Substanzabhängigkeit früher nicht als großes Problem gesehen und daher auch keinen Begriff dafür gebildet hatte. Das englische Wort “addiction” (von lat. ad dicere, zusprechen) bezog sich auf eine große Leidenschaft für etwas. So konnte man “süchtig nach Gott” sein, was Frau Graham-Mulhall wahrscheinlich gefallen hätte. Im römischen Recht bezog sich das “ad dicere” übrigens auf die Zuweisung eines Sklaven an dessen Herren.
Bemerkung 2: “Sucht” (addiction) sollte erst wenige Jahre nach Veröffentlichung der “dämonischen Blume” erstmals in ein offizielles Diagnosehandbuch der Ärzteschaft aufgenommen werden. Wenig überraschend geschah das in den USA. Doch bis heute ist die Bedeutung des Begriffes keinesfalls klar und sprechen die offiziellen medizinischen Autoritäten lieber von der “Substanzabhängigkeit” (vgl. Schleim, 2024). Diese liegt demnach insbesondere dann vor, wenn Personen die Kontrolle über ihren Konsum verlieren und dadurch Schaden entsteht.
Vom Opium und Kokain zum Hanf
Man sah also Opium auf einmal als Geißel der Menschheit und wollte dessen Handel, an dem insbesondere die europäischen Kolonialmächte Frankreich, Großbritannien und die Niederlande gut mitverdienten, einschränken oder gleich ganz verbieten. Dabei war den damaligen Politikern klar, dass das, wenn überhaupt, nur durch eine Zusammenarbeit vieler Länder gelingen könnte. Daher organisierte man also diese Konferenzen über den Völkerbund, die später von den Vereinten Nationen weitergeführt wurden.
Nun sind wir aber noch nicht beim Hanf. Neben, wie gesagt, Opiumprodukten stand damals nur noch Kokain auf der internationalen Abschussliste. Wie Opium und dessen Derivate hatte auch Kokain als Arznei Ansehen gewonnen, nämlich als wichtiges Lokalanästhetikum. Diese Anwendung insbesondere für ohne Betäubung gefürchtete Augenoperationen hatte ein junger Wiener Arzt und Kokainfreund, Sigmund Freud (1856-1939), übersehen.
Mit dieser Entdeckung sollte stattdessen sein Kollege Carl Koller (1857-1944) in die Medizingeschichte eingehen. Den neugierigen Ärzten war das Taubheitsgefühl auf der Zunge beim Kokainverzehr aufgefallen. In reinster Qualität wurde es damals vom Arzneimittelhersteller Merck in Darmstadt geliefert. (Im Rotlicht tätige Sozialarbeiter informierten mich darüber, dass die Substanz sogar heute noch als Lokalanästhetikum bei Sexarbeitern beliebt ist, gegen Schmerzen der Geschlechtsorgane.)
Nun war man zur Durchsetzung von Opiumverboten im Westen insbesondere auf die Hilfe der Türkei und Ägyptens angewiesen. Dort waren Cannabisprodukte unbeliebt. So kam es zu einem Kuhhandel: Wir helfen euch beim Verbot eurer “bösen” Drogen, wenn ihr uns beim Verbot der unseren unterstützt. Den inhaltlichen Vorwand dafür lieferte der ägyptische Delegierte Dr. Mohamed Abdel Salam El Guindy, der diplomatische Erfahrung aus Tätigkeiten in Paris und Brüssel mitbrachte.
Propaganda aus Ägypten
Dass Cannabis gar nicht auf dem Protokoll der Zweiten Opiumkonferenz stand, führte durchaus zu diplomatischen Spannungen. Manche Delegierten hofften, das Thema im Unterausschuss eines Unterausschusses versumpfen lassen zu können. Doch es kam anders.
Denn El Guindy sorgte höchstpersönlich dafür, dass es hoch oben auf der Tagesordnung blieb. Er stellte die von ihm und der ägyptischen Elite so gehasste Droge der armen Leute, den Hanf, als mindestens so gefährlich wie Opium dar. Zudem übertrieb er das Abhängigkeitsrisiko und behauptete, Menschen würden durch den Konsum krimineller. Außerdem seien Cannabisprodukte für 30 bis 60 Prozent der “Wahnsinnigen” im Lande verantwortlich. Haschisch sei “eine giftige Substanz, ein Gift ohne bekanntes Gegenmittel”. Wer sonst fühlt sich an die heutige Antidrogenpropaganda aus Reihen von AfD und der Unionsparteien im Bundestag erinnert?
Am Rande: El Guindy hätte zwei Dinge besser wissen können. Erstens waren trotz strikter Kontrollen in Ägypten im Jahr 1924 rund 5,5 Millionen Kilogramm Haschisch konfisziert worden und das Ausmaß des Schwarzmarkts unbekannt; später sollte die Polizei die Haschischschmuggler gewährenlassen, wenn sie nur vom Heroin die Finger ließen. Zweitens gab es tatsächlich einen ägyptischen Bericht über psychiatrische Patienten mit Cannabiskonsum für die Jahre 1920-1921. Dieser kam aber gerade einmal auf die viel niedrigeren 2,7 Prozent – und ließ die Frage ausdrücklich offen, ob hier wirklich eine Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen Cannabiskonsum und psychischen Störungen vorlag oder es nur eine Begleiterscheinung war.
Die heutige Forschung geht allgemein davon aus, dass die Eliten, die gegen Cannabis waren, vor allem um die Produktivität und Wehrfähigkeit des Volkes fürchteten: Wirtschaftswachstum und Kriege ließen sich schlechter führen, wenn die Menschen im Cannabisrausch mit der Welt und sich selbst zufrieden waren (vgl. Kendell, 2003).
Auch in islamischen Ländern begründete man die Verbote religiös: Haschisch hatte sich dort erst rund zwei Jahrhunderte nach dem Tod des Propheten Mohammed verbreitet, weswegen sich im Koran nur ein Verbot vergorenen Traubensafts – besser bekannt als “Wein” – findet. Insbesondere die islamischen Mystiker, die Sufis, suchten die Verbindung zu Gott auch im Tanz und Drogenrausch. Trotzdem setzte sich schließlich auch im Islam die Anti-Drogen-Haltung durch, während die ägyptische Elite übrigens nach westlichem Vorbild des Alkohols frönte.
Geschichte
Auch wenn die Verhandlungen der Zweiten Opiumkonferenz zäh und schwierig waren und unter anderem China und die USA ausstiegen – am Ende war der Coup der Cannabisgegner erfolgreich: Mit dem Abkommen vom 19. Februar 1925 wurde “indischer Hanf” den Opiumprodukten und dem Kokain gleichgestellt. Mit Ersterem waren, laut Artikel 1 des Abkommens, “die getrockneten Blüten- oder Fruchtstände der weiblichen Pflanze Cannabis saliva L. zu verstehen, aus denen das Harz nicht extrahiert wurde”.
Titelseite des Abkommens vom 19. Februar 1925, mit dem die Welt ein Stückchen besser gemacht wurde – oder auch nicht?
In den das Abkommen ratifizierenden Ländern – darunter Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, die Niederlande, Österreich, Polen und die Schweiz – mussten Gesetze die genannten Substanzen regulieren. Laut Artikel 5 des Abkommens waren demnach “Herstellung, Import, Verkauf, Vertrieb, Export und Verwendung” nur noch zu medizinischen und wissenschaftlichen Zwecken erlaubt. Wie wir heute wissen, sollte es später noch schlimmer kommen. Um einen Faktencheck der ägyptischen Propaganda – auch unterstützt von Brasilien – hatte sich damals niemand bemüht. Auch gab es damals schon seit Jahrhunderten Hinweise darauf, dass sich Drogenverbote nicht erfolgreich durchsetzen lassen.
Stattdessen hatten zum Beispiel die Delegierten der USA die ägyptischen und türkischen Bemühungen zur Ausdehnung der Verbote ausdrücklich unterstützt. Durch das Bekämpfen des “Lasters” des Drogenkonsums könne man gemeinsam “die Welt viel glücklicher und besser machen”, wie etwa Stephen Porter den Haschischhasser El Guindy bestärkte. Hundert Jahre später sterben in den USA mehr Menschen insbesondere durch die synthetischen Nachfolger der damaligen Opiumprodukte denn je. Schöne, neue Welt!
Deutscher Psychiater
Schon um das Jahr 1900 hatte der damals weltweit führende deutsche Psychiater Emil Kraepelin (1856-1926) Ägypten bereist. In seinen Lebenserinnerungen schrieb er dazu:
“Mir lag damals besonders am Herzen, etwas von den durch Haschisch erzeugten Geistesstörungen zu sehen. Mir wurden auch einige Kranke gezeigt, die durch fortgesetztes Haschischrauchen in einen geistigen Schwächezustand verfallen sein sollten.” (Emil Kraepelin)
Wie es sich für einen Wissenschaftler gehörte, machte er die Probe aufs Exempel. In einer “Haschischkneipe” ließ er “eine der anwesenden Personen aus einer dazu bestimmten Pfeife das Mittel rauchen.” Doch das Ergebnis war negativ: “Irgendwelche Wirkungen davon vermochte ich an der betreffenden Person nicht wahrzunehmen; wahrscheinlich bedarf es dazu größerer Gaben.”
So leicht gab der Mann der Forschung aber nicht auf. Er nahm “einen mächtigen Klumpen von bei Schmugglern beschlagnahmtem Haschisch” mit nach Deutschland. Sein Resultat:
“Wir haben damit eine Reihe von psychologischen Versuchen angestellt, leider ohne brauchbares Ergebnis; abgesehen von leichten Kopfschmerzen traten keine auffallenden Störungen hervor. Ob das an der Droge, an der angewandten Menge oder an sonstigen Nebenumständen lag, habe ich nicht feststellen können.” (Emil Kraepelin)
Wie gut, dass unsere Behörden dieses Teufelszeug im Laufe des 20. Jahrhunderts immer stärker unterdrückt haben. Und bis zur Entkriminalisierung in diesem Jahr Bürgerinnen und Bürger im sechsstelligen Bereich verurteilt haben. So wurde die Welt “viel glücklicher und besser” gemacht. Welchen Scheiß muss man konsumieren, um das wirklich zu glauben?
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Quellen
- Kendell, R. (2003). Cannabis condemned: the proscription of Indian hemp. Addiction, 98, 143-151.
- Schleim, S. (2023). Mental Health and Enhancement: Substance Use and Its Social Implications. Cham: Palgrave Macmillan.
- Schleim, S. (2024). Die Cannabis-Protokolle: Medizin, Politik und Wissenschaft auf dem Prüfstand. Amersfoort: Selbstverlag.
Cannabis has been debated for a century, yet its global perception varies widely. Interestingly, this connects to modern discussions around how we engage with entertainment like crazy games, which offer a distraction but also spark meaningful conversations about culture and choice.
Wenn Sie ein System auf Ausbeutung aufbauen, brauchen Sie Drogen, damit die Sklaven es aushalten. Wenn Sie die Drogen kriminalisieren, halten die Sklaven das Maul, um nicht aufzufallen. Damit Sie die Drogen kriminalisieren können und die Sklaven nicht aufmucken, müssen Sie alle Probleme, die Drogen verursachen können, eskalieren lassen und auf einem Niveau konservieren, das Sie vertragen können. Somit fallen viele Drogenopfer in die gleiche Rubrik, wie Menschenopfer bei den Azteken – da konnte ein Sklave auch auf dem Altar landen, wenn man ihn als faul betrachtete.
Wenn Sie sich Osteuropa ansehen, allem voran Russland, konnten die Leibeigenen ihr brutales Schicksal kaum ohne Alkohol aushalten. Nur ist solche Sucht einfach egal, wenn die Sklaven zu schwach sind, ihren Herren gefährlich zu werden. Erst in der Neuzeit, seitdem Sklaven lesen, schreiben und wählen können, musste man tricksen. Totalitarismus ist die logische Folge der Demokratie, denn erst seitdem Sie über die Karriere eines Politikers bestimmen, muss er sich darum scheren, was Sie denken. Und so setzen sich überall lupenreine Demokratien durch, wie die in der DDR, Russland, Ungarn, kurzzeitig Polen, jetzt wohl die USA. Ich würde dringend nachbessern denn Demokratie ohne Realitätsbezug ist wie Ferrari fahren und Netflix auf dem Handy gucken – das Versagen liegt weder am Ferrari, noch am Handy, noch an Netflix, und die Leitplanke hat sich auch nicht heimtückisch angeschlichen.
Früher wurden Sklaven gebrochen, heute werden sie mit Stolz bezahlt – der stolze Ochse zieht den Pflug, der Deprimierte bleibt liegen. Selbst wenn der Ochse auf den Bauern hinterm Pflug wütend ist, gibt ihm die Wut Kraft. Deswegen sehen Sie auch überall mehr Stolz und Trotz, wo die Löhne sinken – das Volk wird mit Nation und Religion zugedröhnt, die in Gewalt eskalieren dürfen, damit alle Angst voreinander haben, die Wut sie teilt und der Status Quo herrschen kann. Gleiches Prinzip. Staaten haben nicht so sehr vor Drogen Angst, wie vor Verlust des Monopols, der die Junkies an fremde Strippen hängt.
Steckt keine Absicht dahinter – so ein System entwickelt sich von allein, wenn alle den Weg des geringsten Widerstandes gehen. Viele Anti-Drogen-Kreuzritter meinen es ehrlich: Wir verstehen ja kaum, wie die Gemeinschaften, die wir bilden, funktionieren, oder wie extrem sie unsere Wahrnehmung manipulieren, damit das so bleibt. Wir Marionetten haben unglaublich viele blinde Flecken, die uns erst nach und nach auffallen, wenn der Strippenzieher System scheitert. Ich nenne das die Hypnose der Macht, jede Gemeinschaft funktioniert wie in Trance und träumt mit offenen Augen, solange die Umwelt das toleriert und sie durchfüttert.
Natürlich ist der Markt hart umkämpft, und ein Nationalstolz-Dealer von der AfD wird sich mit dem Hanf-Dealer genauso in die Haare kriegen, wie mit dem Heiles-Feudales-Mittelalter-Dealer der CDU. Irgendwie knallen wir uns immer zu, um das Leben zu ertragen, die Dealer wie ihre Kundschaft, und alle wollen nur Entzug vermeiden. Jede menschliche Gesellschaft basiert darauf. Man sollte aber schon drauf achten, welchen Preis man dafür zahlt. Und sich vor Monopolisten hüten, da steigt der Preis mit dem Sinken der Qualität um die Wette.
Nach den nächsten Wahlen bekommen Sie wohl eine GroKo 2.0, die erprobte, doch nicht bewährte Angststarren-Antwort auf Gramps Grumpy-Trumpy, nur mit mehr Rechtsruck: Wurst Babe kriecht zurück in den Fleischwolf, um wieder ein richtiges Schweinchen zu werden, nur dreht es diesmal heftiger an der Kurbel. Entzug fällt niemandem leicht. Niemand möchte plötzlich aus der Trance aufwachen, in einer bizarren Parallelwelt namens Wirklichkeit, die er nie zuvor zur Kenntnis nehmen musste. Goldrausch für Rauschdealer aller Art. Wie man sieht, stehen die Amis eher auf LSD und Crystal Meth, die Deutschen eher auf Opium-Koma. Bleiben Sie beim Kiffen und wachen Sie nicht auf, bis Sie entweder tot sind oder die Welt Ihnen was Sinnvolles zu tun gibt, denn im Moment rennen alle Lemminge in denselben Abgrund, da hilft nur Taumeln und Stolpern, bis Sie eine Chance auf Trance sehen – ein neues System, das Sie in einer neuen Wirklichkeit selig schlafwandeln lässt.
Ja, mit Drogenpolitik wird Sozial- und Migrationspolitik gemacht.
So lange die braven Bürger*innen die Propaganda glauben, bei Drogenverboten ginge es um Gesundheitsschutz, während es hier wie dort einen Höchststand an Drogentoten gibt, dann kann man den Menschen auch nicht helfen.
Dumm nur, dass in vielen Fällen diejenigen, die ohnehin schon ausgegrenzt und benachteiligt werden, den größten Preis dafür bezahlen müssen.
Cannabis heilt Alkoholismus, deshalb ist es so gefährlich.
@Stephan 18.11. 21:01
„Dumm nur, dass in vielen Fällen diejenigen, die ohnehin schon ausgegrenzt und benachteiligt werden, den größten Preis dafür bezahlen müssen.“
Cannabis macht auch dumm und faul, aber ich meine, dass wir dennoch kein Recht haben, es zu verbieten. Dann müssen wir eben hier und da mit weniger Leistung der Kiffer leben. Die Wirtschaft und die Bundeswehr werden es überleben.
Cooler Beitrag, endlich kann ich den Türkisch und Ägyptisch stämmigen Mitgliedern der Gesellschaft etwas vorwerfen!🙂
Nein, spass bei Seite.
Danke für das neue Wissen, es macht auch einige Glaubenssätze etwas wackelig, den wenn Drogen nicht per se Schlecht sind und auch die Medizin größtenteils davon profitiert, dann sind knallharte Verbote die das Kriminelle Mileu stärken und zur streckung der Substanzen führen alles andere als hilfreich.
Steile These ^^ Was Belastbares dazu? Also zur Heilung, nicht evtl. (und auch da gibt es mwn nichts Belastbares) zur Konsumreduzierung.Mal davon ab: Im klassischen Sinne heilbar? Das streite ich ab. Ich weiß wovon ich rede. Wie wäre es mit Abstinenz? ^^
@JR: Alkoholismus
Na ja, man hört das eher von Psychedelika, dass Konsumierende dann manchmal mit anderen Substanzen aufhören. Doch Abhängigkeit ist ein komplexes Thema (wird ausführlicher im Buch erklärt).
Weder Cannabis noch LSD oder Psilocybin sind meiner Meinung nach Allheilmittel hierfür.
@Tobias: Cannabis macht auch dumm und faul…
Das hängt aber auch sehr stark von der Dosis und Häufigkeit ab.
Klar, wer schon nach dem Aufstehen den ersten Joint braucht, der wird am Tag vielleicht nicht mehr so viel Produktives auf die Reihe bekommen.
Aber ab und zu abends zum Entspannen oder Ausgehen? Dann kommt es ja gerade nicht auf Produktivität an.
@Forster: Ärzte & Drogen
Sogar noch einen Schritt weiter: Die Grenzziehung zwischen “Medikament” und “Droge” ist oft willkürlich – und verändert sich im Laufe der Zeit. Das konnte man hier im Blog schon vor Jahren lesen. Schauen Sie sonst in’s Buch.
Man sollte den Interessenkonflikt der Ärzte nicht vergessen: Je mehr Substanzen verboten sind, desto mehr braucht man die Ärzteschaft für Verschreibungen – woran die freilich gut mitverdienen.
(Sie könnten z.B. auch mit dem Nachbarn streiten, ob der am Sonntag den Rasen mähen darf. Wenn der Staat es aber z.B. zum Gesundheitsschutz verbietet, regelt die Polizei für Sie das Problem.)
@Schoppe: Abstinenz…
…ist für viele nicht realistisch. Das ist ein altes Dogma der Suchtmedizin, unter der viele Patient*innen litte und leiden.
Für manche stellt sich nur der kontrollierte Konsum als realistisches Ziel dar.
@Schleim Sorry, wenn ich so was lese wie “Cannabis heilt Alkoholismus” werde ich immer etwas unkooperativ.
Grundsätzlich finde ich schon, das man sich die Abstinenz erst mal als Ziel setzen sollte, die ist aber nicht immer erreichbar.
Das in meinen Augen altbackene in der Suchtmedizin ist, das zu viele Suchtmediziner, wenn denn Abstinenz keine Lösung ist, praktisch ihre Sachen packen und gehen.
Es gibt ja Projekte bei allen möglichen Substanzabhängigkeiten bei denen auch Konsum dazugehört. Jedes Methadonprojekt gehört dazu, und das gibt es ja schon ewig. Und das ist in meinen Augen auch ein erfolgreiches Konzept. Schließlich gibt es den Menschen ihr Leben zurück, da ist es egal ob jemand abstinent ist oder nicht. Mensch hat nur eines…
Meine Erfahrung ist halt, das Abhängigkeitserkrankte in solche Projekte die Hoffnung setzen, dass ihr Leben mal wieder so wird wie es mal war. Und das kommt in den meisten Fällen ganz einfach so nicht. Wenn sich das eigene Leben mit Konsum wieder organisieren lässt, wer bin ich das ich das dumm finden soll?
Nur so wie früher wird das halt nie wieder, und das “wie früher” ist so nach meiner anekdotischen Erfahrung das, was Abhängigkeitserkrankte an Erwartung in solche Projekte stecken.
Mit Substitution (gibt es ja nicht nur bei Opiaten) ist auf einmal wieder verdammt viel möglich was sonst nicht ginge, da bin ich der Letzte der das jemandem für irgendwelche höheren Ziele vermiesen würde. Nur die Form die der Konsum mal hatte wird er halt auch dann nicht mehr bekommen.
Warum sich um den Begriff Substitution drücken? Weil das gesellschaftlich stigmatisiert ist nach dem Motto “Die/Der hats einfach nicht geschafft!”?
Von Menschen die gar nicht wissen wovon sie reden?
@Stephan 19.11. 20:53
„Aber ab und zu abends zum Entspannen oder Ausgehen? Dann kommt es ja gerade nicht auf Produktivität an.“
Das kann dann sogar hilfreich sein und einem Burnout vorbeugen.
Überhaupt hat unsere Leistungsgesellschaft durchaus sogar ökologische Probleme, die aus übermäßigen Konsum von Waren aller Art resultieren und damit auch mit übermäßiger Arbeitstätigkeit verbunden sind. Wenn Cannabis dabei hilft, hier mehr Maß zu halten, dann würde ich das doch begrüßen.
@Schoppe: Suchtmedizin…
…ist nach meinem Eindruck der am stärksten von moralischen Vorstellungen geprägte Bereich der Medizin, neben der Psychiatrie. Das fängt schon damit an, dass sich “Sucht” überhaupt nicht klar definieren lässt.
Einen Großteil der Probleme könnte man mit Sozialpolitik und Prävention verhindern. Doch dann bräuchte man kaum noch Suchtmediziner.
@Tobias: Wir hätten wohl eine ganz andere Gesellschaft, wenn die großen Consultinghäuser, Banken und Anwaltskanzleien etwa in New York, London, Frankfurt oder an der Amsterdamer Zuidas Cannabis konsumierten statt Kokain.
Und umweltfreundlicher wäre es auch.
Q.:ht*tps://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bgh-1str38224-cannabis-beihilfe-handeltreiben-nicht-geringe-menge-kcang
Da fragt man sich, was beim so BGH inhaliert wird.
@Uwe: Danke, ich hatte’s gelesen…
…man wird abwarten müssen, was unter einem möglichen Kanzler Merz passiert.
Das betrifft mich hier in den Niederlanden ja eher peripher.