Neuromythos Libet-Experiment: Was der berühmte Forscher wirklich über Willensfreiheit herausfand

Tausendfach dargestellt – doch oft missverstanden. Wie steht es um unsere Freiheit?

Der amerikanische Wissenschaftler Benjamin Libet (1916-2007) von der University of California in San Francisco war ein Pionier auf dem Gebiet der Bewusstseinsforschung. Beim Aufkommen der Neurowissenschaften, wie wir sie heute kennen, war er einer der Ersten, die die neuronalen Grundlagen von Bewusstseinsprozessen untersuchen wollten.

Später würde er kommentieren, dass es dafür in den 1960er/1970er Jahren – damals war Libet immerhin schon in seinen 40ern bis 50ern – kaum Förderung gab. Dennoch interessierte ihn insbesondere die zeitliche Dynamik von Bewusstseinsvorgängen, die er mit der Elektroenzephalographie (EEG) im Gehirn nachvollziehen wollte. Der Titel seines Spätwerks, Mind Time – The Temporal Factor in Consciousness (dt. etwa: Geist Zeit – Der zeitliche Faktor im Bewusstsein), von 2004 zeugte davon. Das Buch ist übrigens noch heute lesenswert und habe ich erst vor Kurzem wieder mit meinen Masterstudierenden behandelt.

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Gehirn und Geist

Wie viele andere Forscherinnen und Forscher, beschäftigte ihn das Zusammenwirken von Gehirn und Geist. Davon zeugt auch sein 2006 erschienener Artikel mit dem Titel “Reflexionen über die Interaktion von Geist und Gehirn“. In dessen Schlussfolgerung heißt es:

“Die Natur der Interaktion zwischen Geist und Gehirn ist sehr schwer zu verstehen, da sie mit der Produktion nicht-physikalischer subjektiver Erfahrungen durch entsprechende neuronale Aktivitäten zusammenhängt.”

Libet, 2006, S. 325; dt. Übers.

“Geist” hielt er für eine Systemeigenschaft, die er auch als “zerebrales mentales Feld” (engl. cerebral mental field, CBF) beschrieb. Philosophisch könnte man das als Emergenz auffassen: Unter den “entsprechenden neuronalen Umständen” würden geistige beziehungsweise bewusste Vorgänge mit bestimmten Eigenschaften entstehen, die die Eigenschaften der neurobiologischen Ebene wesentlich übersteigen.

Damit wäre dann übrigens auch die Existenz einer eigenen wissenschaftlichen Disziplin wie der Psychologie gerechtfertigt – und ebenso die Autonomie der Geistes- und Kulturwissenschaften. Menschen und andere Lebewesen (oder künstliche Systeme) mit Bewusstseinsvorgängen wären demnach prinzipiell anders als beispielsweise Atome oder Moleküle.

Antireduktionismus

Die reduktionistische Sichtweise, dass wir “nichts als die Aktivität unserer Gehirnzellen” sind, wäre falsch; und tatsächlich entwickelt sich die Forschung so bis heute und deutet wieder und wieder auf die Unersetzlichkeit psychologischer Begriffe.

Da Reduktionisten mit ihren (in aller Regel: unerfüllten) Versprechen es aber in entscheidende Positionen geschafft haben, wird eine Denkweise wie die von Libet allerdings oft ins Abseits gestellt. Beispielsweise stellte man den Neurowissenschaftler als Dualisten dar, obwohl er gar nicht von einer Seelen-Entität im religiösen Sinne ausging. Im letzten Kapitel seines Buchs unterhält er sich übrigens in einem fiktiven Gespräch mit René Descartes (1596-1650) über diese Frage.

Ich selbst spreche lieber nicht von einer “Interaktion von Gehirn und Geist”, da diese Redeweise den “Geist” verdinglicht – und gleichzeitig vom Gehirn abtrennt. Durch diese Trennung entsteht überhaupt erst das Leib-Seele-Problem, das sich anschließend nicht mehr lösen lässt (Das kleine Einmaleins des Leib-Seele-Problems).

Meine Sichtweise, dass Körper in gewisser Weise Geist ist, ist nicht reduktionistisch. Anstatt zu zeigen, dass das Besondere (z.B. Geist) in Wirklichkeit nur das Einfache (z.B. Körper) ist, geht es um eine ganzheitliche Sicht auf den Körper: eben als bewusster Leib. Dann wird auch die Redeweise von der Interaktion zweier Seinsweisen hinfällig. Der Körper, richtig verstanden, interagiert in einer lebendigen Umwelt mit sich selbst; manche dieser Prozesse sind eben bewusst – und viele andere nicht.

Die Libet-Experimente

Doch bleiben wir bei Libet und seinen vielzitierten Experimenten. Dem Forscher ging es, wie gesagt, um die zeitliche Dynamik von Bewusstseinsprozessen. Dafür bat er seine Versuchspersonen darum, einfach auf einem Stuhl zu sitzen und nach einer kurzen Wartezeit spontan die Hand zu bewegen. Mithilfe der experimentellen Apparatur sollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer angeben, zu welchem Zeitpunkt sie den Drang für die Bewegung bewusst wahrgenommen hatten.

Bei der Auswertung der EEG-Signale zeigte sich, dass sich rund 400 Millisekunden vor dem angegebenen Bewusstseinsmoment ein Bereitschaftpotenzial im Gehirn aufbaute. Dieses war von deutschen Forschern schon in den 1960ern als neuronaler Vorläufer von Bewegungen entdeckt worden.

Ein Beispiel für gemessene EEG-Signale. Grafik: NomeVisualizzato auf Pixabay.

Aus dieser zeitlichen Abfolge – erst das Gehirnsignal, dann das Bewusstseinsereignis – strickten nun einige Hirnforscher, Psychologen und Philosophen die Mär von der unbewussten Determination unseres Willens. Dass Libet selbst sowie viele andere Forscher diese Interpretation nicht teilten, wurde in der Diskussion oft ignoriert; und auch die Medien bevorzugten nachweislich die Botschaft, dass unser Willen nicht frei sei (Racine et al., 2017).

Mythos aufgeklärt

Was machen wir daraus? Die einschlägige Arbeit Libets erreicht inzwischen fast 4.000 Zitationen auf Google Scholar; das ist sehr viel. Doch ihr Titel lässt schon aufhorchen: “Zeit der bewussten Absicht einer Tat in Beziehung zum Anfang der kortikalen Aktivität (Bereitschaftspotenzial): Die unbewusste Einleitung einer freien willentlichen Handlung“. Vom angeblich unfreien Willen steht hier nichts.

Schon der gesunde Menschenverstand mahnt uns zur Vorsicht: Im Experiment sollten die Versuchspersonen spontan die Hand bewegen. In einem Folgeexperiment im Kernspintomographen unter Leitung von John-Dylan Haynes wurde den Teilnehmerinnen und Teilnehmern sogar explizit jedes Abwägen und Vorausplanen verboten (Soon et al., 2008).

Abwägen und Planen sind aber gerade wesentliche Merkmale echter Willensentschlüsse! Wer aus den genannten Versuchsaufbauten weitreichende Folgerungen für unsere lebensweltlichen Entscheidungen zieht, begeht also einen Fehlschluss. In Anlehnung an die ökologische Validität (die Übertragung eines Experiments in die wirkliche Welt) könnte man hier von einem “ökologischen Fehlschluss” sprechen.

Oder man verwendet einen Begriff aus der Argumentationstheorie: Dort bezeichnet man es als Äquivokation (Gleichsetzung), wenn ein Wort in unterschiedlichen Bedeutungen verwendet und so vermischt wird. Konkret beträfe das hier die Rede von einer “freien Entscheidung”. Diese ist in den Versuchen der Hirnforscher schlicht ein anderes Phänomen als in unseren wirklichen Leben.

Diese Kritik wird dadurch gestützt, dass Versuchspersonen, die nicht spontan und schnell genug oder nicht zufällig genug entschieden, aus solchen Experimenten ausgeschlossen wurden. Das traf in dem Folgeexperiment unter Haynes’ Aufsicht immerhin zwei Drittel(!) der Probandinnen und Probanden. Das sind deutliche Hinweise darauf, dass diese Versuche der Hirnforscher ganz schön konstruiert sind, um überhaupt auf irgendein verstehbares Ergebnis zu kommen (Das unfreie Subjekt ist ein Konstrukt des Hirnforschers).

Bewusstsein

Das macht die Ergebnisse nicht bedeutungslos – erfordert aber große Sorgfalt bei deren Interpretation. Diese ist insbesondere dann geboten, wenn die gemessenen Signale immer wieder als Hinweise auf unbewusste Determination der Entscheidungen gedeutet werden. Die Versuchspersonen waren doch die ganze Zeit bei Bewusstsein und warteten auf den spontanen Drang, sich zu bewegen. Dieser wurde bewusst wahrgenommen und darauf wurde kontrolliert reagiert.

Nach Libets Erklärung wird die Bewegung schlicht unbewusst eingeleitet. In dem Experiment gab es schließlich keinerlei äußeren Auslöser für das Verhalten. Das meint man hier mit “spontan” oder “frei”. Das Bereitschaftspotenzial ist ein Signal im Gehirn, das den Anfang dieses Vorgangs anzeigt. Doch wo die letztlich ausgeführte Bewegung wirklich beginnt, in dem nichtlinearen, dynamischen und chaotischen Nervensystem, weiß niemand – auch nicht 40 Jahre nach Libets versuchen.

Die schlüssigste Erklärung bleibt damit nach wie vor, dass das Bereitschaftspotenzial eben genau das anzeigt: die Bereitschaft zur Bewegung. Aus Libets Versuchsdaten sowie ähnlichen Folgeversuchen ergibt sich, dass die Versuchspersonen sich zum Zeitpunkt der Bewusstwerdung für oder gegen die Ausführung der Bewegung entscheiden konnten. Experimentell blieb dafür ein kleines Zeitfenster, da zwischen Bewusstseinserlebnis und Muskelaktivität rund 150 Millisekunden lagen.

Determination

Genau genommen handelt es sich bei der Versuchsaufgabe also um einen bewussten Kontrollvorgang, an dessen Ende nicht mit zwingender Notwendigkeit die Bewegung folgt. Schon Libet berichtete von Versuchspersonen, die trotz des erlebten Drangs ihre Hand nicht bewegten; und in dem Folgeversuch unter Leitung Haynes’ waren gerade Hirnregionen besonders aktiv, die mit Bewusstsein beziehungsweise bewusster Kontrolle in Zusammenhang stehen (wie der frontopolare Kortex oder Precuneus). Je nach Bewusstseinstheorie sind das gerade “heiße Zonen” für bewusste Prozesse im Gehirn.

Man braucht jedoch keine tiefgründigen neuronalen Kenntnisse zu haben, um diesen Punkt nachzuvollziehen. Schon aus der Tatsache, dass nach dem Bereitschaftspotenzial manchmal eine Bewegung folgt, manchmal jedoch auch nicht, folgt bereits, dass das gefundene Gehirnsignal nicht die determinierende Ursache des Verhaltens sein kann. Libet und seine Kollegen diskutierten demnach korrekt, dass es einen weiteren, bisher unbekannten Prozess geben muss, der den Ausgang festlegt. Ob dieser nun bewusst oder unbewusst ist? Das wissen wir nicht.

Für Benjamin Libet war aber der freie Wille – mit allen Einschränkungen, die wir bisher diskutiert haben – zumindest insofern vorhanden, als wir ein Veto einlegen könnten. Auch dazu gab es experimentelle Befunde, die inzwischen vielfach bestätigt wurden. Diese Informationen zum Veto wurden aber in einschlägigen Büchern, etwa Daniel Wegners Illusion des bewussten Willens von 2004 oder erst vor kurzem Haynes’ Fenster ins Gehirn von 2021, schlicht unterschlagen. Das nennt man einen Auslassungsfehler.

Alternative Erklärung

Welche Schlüsse ziehen wir daraus? Häufigen Darstellungen – sowohl in wissenschaftlichen als auch populären Medien – zum Trotz gaben die Experimente Libets nie das Ergebnis her, der Wille sei unbewusst determiniert: Weder ging es in den Versuchen um Willensentschlüsse, noch waren die gefundenen neuronalen Prozesse ausschließlich unbewusst oder kausal determinierend.

Eine Bachelorarbeit, die so viele Fehler enthält, würde ich zur Überarbeitung zurückgeben. Wie kann es aber sein, dass über so viele Jahre hinweg führende Forscher mit Fehldarstellungen reüssieren? Wie schon beim Neuromythos Phineas Gage dürfte es so sein, dass die Originalquellen gar nicht mehr gelesen werden, sondern man aus Bequemlichkeit von anderen Wissenschaftlern abschreibt. Tatsächlich sind auch heute noch die Darstellungen von Fachleuten namhafter Institutionen vielfach falsch (z.B. Graziano, 2022).

Die Mär vom unbewusst determinierten Menschen scheint für manche Forscherinnen und Forscher schlicht zu attraktiv, um sie nicht zu verbreiten: zu schön, um nicht wahr zu sein. Das hat für sie den nützlichen Nebeneffekt, dass die eigentlich falsche Erzählung die (angebliche) Bedeutung der Hirnforschung zur Erklärung des Menschen hervorhebt – und dieses Missverständnis können sowohl die Forschenden als auch die Medien kapitalisieren. Es scheint eine Win-Win-Situation, wären da nicht die Kolleginnen und Kollegen, die mit ein realistischeren, doch “langweiligeren” Menschenbild im Wettbewerb um Aufmerksamkeit und Forschungsmittel verlieren.

In dieser Hinsicht sind auch die Interpretationen des Libet-Experiments von Gerhard Roth und Anil Seth interessant (z.B. Seth, 2018). Beide erwähnen zwar das Veto – behaupten dann aber, auch dieser kognitive Prozess müsse wiederum eine unbewusste neuronale Ursache haben.

Nach dieser Logik wären Versuche wie die von Libet und anderen Forschenden schlicht irrelevant, weil das Ergebnis schon vorher feststünde. Dieses Vorgehen könnte man als philosophische Spekulation, etwas weniger freundlich als ideologische Verzerrung bezeichnen. Das aber als wissenschaftliche Tatsache auszugeben, wäre wieder ein Fehler. Und wenn für Hirnforscher wie Roth und Seth der Mensch unbewusst gesteuert wird, wie ernst kann man ihre eigenen Aussagen dann noch nehmen?

Fazit

Davon, das “Wesen” des Menschen zu erklären, sind wir weit entfernt – soweit das überhaupt möglich ist. Denn vielleicht ist unser Wesensmerkmal gerade, dass wir uns nicht auf eine Formel, auf eine Gleichung reduzieren lassen; vielleicht ändern wir Menschen uns sogar unablässig, abhängig von Zeit und Kultur, und lassen wir uns darum nicht so objektivieren wie Atome oder Moleküle.

In einem weiteren Rahmen können wir aus dem Neuromythos Libet-Experiment wichtige wissenschaftsphilosophische und -soziologische Schlüsse ziehen: Erstens muss klar sein, welches (hier: psychologisches) Phänomen überhaupt untersucht wird. Wenn im Versuch gar keine Willensentschlüsse vorkamen, lassen sich die Ergebnisse allenfalls indirekt darauf beziehen.

Zweitens braucht man zum Verständnis der Kommunikation eines Wissenschaftszweigs, insbesondere dann, wenn er so stark in die Öffentlichkeit kommt wie die Neurowissenschaften seit den 1990ern, auch Kenntnisse über die Kommunikationskultur: Welche Narrative (Erzählungen) garantieren Aufmerksamkeit? Welche Botschaften schaffen es in die Medien?

Wie so oft im Leben gilt: Außerordentliche Schlussfolgerungen erfordern auch außerordentliche Daten. Das waren Libets Ergebnisse sicher nicht, jedenfalls nicht mit Blick auf das Thema Willensfreiheit. Dieses war allerdings, wie schon beim Materialismusstreit im 19. Jahrhundert, ein williges Thema für Forschende, um kontinuierlich in die Medien zu kommen. Denn schließlich ließ sich das mit der Mär von der Revolution des Strafrechts verbinden. (Keine Freiheit, keine Schuld; keine Schuld, keine Strafe; keine Strafe, kein Strafrecht.)

In memoriam Benjamin Libet

Benjamin Libet wusste es besser – und übte sich in Bescheidenheit. Zu den Fehldarstellungen und Übertreibungen konnte er sich nicht mehr äußern, schließlich starb er 2007 in hohem Alter. Mit einem kurzem Ausschnitt aus seinem fiktiven Dialog mit René Descartes aus Mind Time sei an dieser Stelle an ihn erinnert:

Descartes: Gibt es also irgendeine Möglichkeit für den freien Willen, eine Rolle für Willensprozesse zu spielen?

Libet: Ja. Die bewusste Absicht erscheint etwa 150 Millisekunden vor der Bewegung. Das lässt der Bewusstseinsfunktion hinreichend Zeit, um in den Prozess einzugreifen. Diese könnte den Auslöser dafür liefern, den Willensprozess zum Abschluss zu bringen; dafür gibt es aber keine direkten Hinweise. Allerdings gib es Hinweise darauf, dass der bewusste Wille den Prozess anhalten oder mit einem Veto belegen kann, so dass es zu keiner Bewegung kommt. In so einem Fall könnte der freie Wille das Ergebnis kontrollieren. Das passt zu unserem Gefühl, dass wir uns selbst kontrollieren können, wozu uns auch ethische Systeme anhalten. (Libet, 2004, S. 197; dt. Übers.)

Wissenschaft und Willensfreiheit. Aus dem Inhalt:

  • Vorwort: Warum das Problem wichtig ist
  • Teil I: Freiheit als Forschungsgegenstand
  • 1. Einleitung: Der Mensch als Natur- oder Kulturwesen
  • 2. Philosophische Vorbemerkungen zur Willensfreiheit
  • 3. Max Plancks Argument
  • 4. Determinismus und Kausalität
  • 5. Heutige Physiker*innen zur Willensfreiheit
  • 6. Willensfreiheit in Biologie und Neurowissenschaften
  • 7. Eine Zwischenbilanz
  • Teil II: Praktische Freiheit
  • 8. Freiheit und Verantwortung in Recht und Moral
  • 9. Wissenschaftler sind auch nur Menschen
  • 10. Allzumenschliche Neurofehlschlüsse
  • 11. Psychologie: Was wir positiv über Freiheit aussagen können
  • Epilog und Dank
  • Anhang A: Max Plancks Originalaufsatz aus dem Jahr 1939: Vom Wesen der Willensfreiheit
  • Anhang B: Anregungen zum Weiterdenken und für den Unterricht

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Primärquellen

  • Libet, B. (2004). Mind time: The temporal factor in consciousness. Harvard University Press.
  • Libet, B., Wright, E. W., & Gleason, C. A. (1982). Readiness- potentials preceding unrestricted ‘spontaneous’ vs. pre- planned voluntary acts. Electroencephalography and Clinical Neurophysiology, 54, 322–335.
  • Libet, B., Gleason, C. A., Wright, E. W., & Pearl, D. K. (1983a). Time of conscious intention to act in relation to onset of cerebral activity (readiness-potential). The unconscious initiation of a freely voluntary act. Brain, 106, 623–642.
  • Libet, B., Wright, E. W., & Gleason, C. A. (1983b). Preparation- or intention-to-act, in relation to pre-event potentials recorded at the vertex. Electroencephalography and Clinical Neurophysiology, 56, 367–372.

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236 Kommentare

  1. DOI: 10.1016/j.neurobiorev.2016.06.023 Catching the waves – slow cortical potentials as moderator of voluntary action

    DOI: 10.1038/s41467-019-13967-9 Breathing is coupled with voluntary action and the cortical readiness potential

    Wenn man das Libet-experiment wiederholt und die Werte nicht mittelt, sondern einzeln auswertet – lassen sich die Libet-Erkenntnisse nicht mehr bestätigen.

    Mittlerweile geht man davon aus, dass das ´Bereitschaftssignal´ vermutlich von rhythmischen Körperaktivitäten stammt (z.B. Atmen)

    D.h. man hat hier ein Messproblem zu diskutieren

  2. @KRichard: Bereitschaftspotenzial (BP)

    Nun mal nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Was Sie schreiben, das klingt so, als sei das gesamte Wissen über das BP nun widerlegt.

    Ich habe den (englischsprachigen) Wikipedia-Beitrag noch einmal gelesen. Von einer Widerlegung steht dort nichts.

    Und laut dem Abstract der von Ihnen verlinkten neueren Studie (Park et al., 2020) ist das BP mit der Atmung verbunden. Nun ja – wenn Versuchspersonen auf einen “spontanen Drang für eine Bewegung” warten sollen, wo ist da jetzt der Widerspruch, wenn dieser häufiger bei der Ausatmung aufkommt als bei der Einatmung?

    Spontan denke ich: Beim Ausatmen entspannen die Leute eher. Gut möglich, dass dann die Bereitschaft für eine spontane (und eigentlich sinnlose) Bewegung größer wird.

  3. Vielleicht muss man die verwendeten Begriffe ganz anders kategorisieren.
    Es gibt einen Unterschied zwischen dem Unbewussten und dem Nichtrationalen.
    Das Unbewusste ist der Bereich, der nicht oder nicht direkt der bewussten Verarbeitung zugänglich ist.
    Das Nichtrationale ist der Bereich, der zwar der bewussten Verarbeitung zugänglich ist, allerdings nicht mit rationalen Mitteln der sprachlichen Abstraktion, sondern der Symbolik. Diese umfasst den gesamten Verhaltensbereich.

    In den Libet-Experimenten wurde nicht das Unbewusste angesprochen, sondern das Nichtrationale. Wenn man Wille allgemeiner fasst, nämlich als Lebensäußerung im Sinne einer Entscheidung, dann setzt das Treffen einer Entscheidung Bewusstsein voraus. Ob ich eine solche Entscheidung rational oder nichtrational treffe, spielt keine Rolle. Oft trifft man Entscheidungen “aus dem Bauch heraus”, also ohne sie rational und planvoll herzuleiten. Die Entscheidung, vor dem vielzitierten Säbelzahntiger wegzulaufen, muss nicht erst logisch begründet werden, dafür wäre keine Zeit. Dennoch ist ein solcher bedingter oder auch unbedingter Reflex eine ‘bewusste’, aber nicht rationale Entscheidung.
    Dass eine solche nichtrationale Entscheidung mir erst hinterher ‘bewusst’ wird, ich sie also im Nachhinein rational begreife, ändert nichts an meiner willentlichen Aktion.
    Wille also von vornherein mit Bewusstsein versus Unbewusstsein in Verbinduing zu bringen, ist falsch.
    Und den Schluss aus den Libet-Experimenten zu ziehen, es gäbe keinen Willen, ist kompletter Unsinn.

  4. @Stegemann: Begriffe

    Wenn in einer Situation, in der man nichts tun soll, außer auf einen “spontanen Drang zu bewegen” zu warten, irgendwann so ein Drang aufkommt, kommt der dann nicht vom Unbewussten zum Bewussten? Und Rationalität ist hier schwer fassbar, weil es keinen Grund für so einen Drang gibt.

    Aber die Versuchspersonen verhielten sich doch in dem Sinne rational, dass sie sich an die Instruktionen hielten und in diesem Sinne “gute Versuchspersonen” waren.

  5. Der „Wille“ hängt davon ab, wie „er“, besser wie viele und welche „Handlungsoptionen“ generiert werden, und wie die Auswahl, wie die Ausführung gesteuert (kontrolliert) wird.

    Es ist zwar auch eine Frage wie weit das „Bewusstsein“ eingebunden wird, aber interessant ist die Verarbeitungskette insgesamt.

    Das „Denken“ erfolgt auf Basis von „Wahrscheinlichkeiten“, wenn in den neuronalen Strukturen „gespeicherte Denkmuster“, besser deren Signale, nur „statistisch“ und nicht immer widerspruchsfrei, verknüpft und verarbeitet also „analysiert“ und danach für einen Output „synthetisiert“ werden werden. Dabei spielen auch “verborgene Wünsche“ und „Triebe“ eine Rolle.

    „Willensfreiheit“ ist eine Fiktion die einfach unterstellt wird. Sie ist eigentlich willkürlich mit dem Strafrechts verbunden. (Keine Freiheit, keine Schuld; keine Schuld, keine Strafe; keine Strafe, kein Strafrecht.)

    W. Singer habe ich so verstanden, dass er davon ausgeht, dass sich die „Menschheit“ vor „Problembürgern“ schützen wird und auch muss, ganz unabhängig von der „Denke“, der „Willensfreiheit“, oder der „Schuld“.

    Die Psychiater machen „viel Umsatz“ mit „Kunden“ die mit ihrem „freien Willen“ nicht zurecht kommen, die z.B. unter „Zwängen“ und „Süchten“ leiden.

    Menschen „denken“ nicht „logisch“ wie Computer, was einerseits allgemein bekannt und auch naheliegend scheint. Man muss letztlich oft schnell zu „irgend einer“ Entscheidungen kommen und wer weiß schon „alles“ um wirklich „absolut“ fundierte Entscheidungen treffen zu können?

    Diese „Denke“ scheint der Grund, dass es verschiedene, sogar diametral gegensätzliche „Wahrheiten“ gibt, die Menschen womöglich sogar gleichzeitig vertreten können. Sie neigen dazu, sich im Kampf um ihre jeweilige „eigene Wahrheit“ gegenseitig zu bekämpfen, womöglich bis zum Atom- oder Biowaffenkrieg.

    Manche nennen dies „Unzulänglichkeit“ des Menschen. Die ist einfach Realität.

  6. Wenn man Wille weit fasst, ist er eine Eigenschaft, die allen Lebewesen zukommt und die z.B. in dem Begriff Überlebenswille gut zum Ausdruck kommt, ob rational oder nichtrational.
    Das Unbewusste generiert keine willentlichen Entscheidungen. Auch vitale Prozesse (Hunger, etc) gelangen erst ins Bewusstsein, bevor eine willentliche Handlung erfolgt.
    Leider muss der Freudsche Begriff des Unbewussten für alles mögliche herhalten.
    Die Libet Teilnehmer waren sich bewusst, dass eine Handlung erfolgen soll. Die Entstehung eines Aktionspotentials ist Teil dieser willentlichen Entscheidung.

  7. @Stegemann: Libet & Wille

    Wenn man Wille weit fasst, ist er eine Eigenschaft, die allen Lebewesen zukommt…

    Diskutieren wir hier, was “Wille” bedeutet, oder was in Libets Experiment herauskam?

    Wenn Sie den Willen so verstehen, denke ich an Schopenhauer und Nietzsche. Wille ist dann etwas Anderes als die Willensentschlüsse (= konkrete psychische Vorgänge), um die es hier geht.

    Das Unbewusste generiert keine willentlichen Entscheidungen.

    Auch hier sollte man bewusst vs. nicht-bewusst/unbewusst nicht mit dem Unbewussten (z.B. von Freud) verwechseln.

    In dem Experiment geht es laut Libet darum, dass die Bewegung unbewusst eingeleitet wird (Zitat: “…unconscious initiation of a freely voluntary act…”); was ist daran so schwierig?

  8. @Schleim:

    “Auch hier sollte man bewusst vs. nicht-bewusst/unbewusst nicht mit dem Unbewussten (z.B. von Freud) verwechseln.”


    Das ist doch aber genau das, was Haynes & Co. machen. Daher sage ich, man sollte den Begriff des Unbewussten weglassen.
    Für Aktionspotentiale braucht man nicht das Unbewusste, genausowenig, wie für alle anderen somatischen Prozesse.
    Das ist nicht schwer.

  9. @Stegemann: Haynes & Co.

    In der Originalarbeit (Soon et al., 2008) kommt “unconscious” neunmal vor – und jedes Mal als Adjektiv oder Adverb (z.B. unbewusste mentale Prozesse), niemals als Substantiv (z.B. das Unbewusste). Übrigens ging es hier primär um Libets Versuch.

    Wenn Sie anderer Ansicht sind, belegen Sie das doch bitte mit Zitaten.

  10. @Schleim:
    Es ist mir völlig egal, was Libet sagt. Ich sage, dass es keinen Sinn macht, in Zusammenhang mit seinen Experimenten vom Unbewussten zu sprechen, zumal der Begriff ‘Unbewusstes’ aus der Psychologie stammt, ‘Aktionspotential’ aus der Physiologie, beide also aus unterschiedlichen Begriffssystemen.

  11. @Stegemann: Verrannt

    Es ist mir völlig egal, was Libet sagt.

    Dann haben Sie sich leider verirrt: Hier geht’s nämlich genau darum, was Libet sagte.

    Ich sage, dass es keinen Sinn macht, in Zusammenhang mit seinen Experimenten vom Unbewussten zu sprechen…

    Das hat hier niemand gemacht, bevor Sie damit angefangen haben; Sie haben sich verrannt. Kann passieren.

    …zumal der Begriff ‘Unbewusstes’ aus der Psychologie stammt, ‘Aktionspotential’ aus der Physiologie, beide also aus unterschiedlichen Begriffssystemen.

    Warum betreibt man (kognitive) Hirnforschung? Um Begriffe aus der Psychologie mit Begriffen aus der Physiologie zu verknüpfen. Im hier vorliegenden Fall ging es um einen zeitlichen Zusammenhang zwischen (1) dem Bereitschaftspotenzial, (2) dem Moment der Bewusstwerdung eines spontanen Drangs und (3) der Bewegung.

    Wenn wir jetzt bitte beim Thema bleiben würden!

  12. @ Stegemann / Schleim

    Verrannt im Kategorialen,das fiel mir auch dazu ein.

    Vegetatives wird bewusst. Wo ist das Problem? Das bewusstes auch vegitativ werden kann.

    Der Begriff ‘Leben’ / Bio ist interdisziplinär,vielleicht sollten wir uns daran mal wieder orientieren.

  13. @Stephan 31.03. 16:55

    „Warum betreibt man (kognitive) Hirnforschung? Um Begriffe aus der Psychologie mit Begriffen aus der Physiologie zu verknüpfen.“

    Genau darum kann es wohl nur gehen. Vorerst. Man kann erstmal nur Korrelationen suchen, zwischen z.B. EEG-Messungen und z.B. Introspektionsaussagen der Versuchspersonen. Man will hier gerne mehr finden, als was die Psychologie sowieso schon weiß.

    Das wird es auch wohl durchaus noch geben. Etwa wenn man mit diesem Konnektom von Fruchtfliegen neue Einsichten auf einer noch überschaubaren Zahl von 4000 Neuronen gewinnen kann. Wie eben der ganze Prozess von den Sinnesempfindungen über die interne Verarbeitung bis zur motorischen Steuerung abläuft.

    Derweil liegt in der Praxis vernünftigerweise der Schwerpunkt immer noch in der Psychologie. Willensfreiheit ist alle mal begründet vorhanden. Physikalisch determiniert kann es schon mal sowieso nicht sein, dafür sorgt schon der Quantenzufall in den biochemischen Prozessen. Und natürlich läuft jeder willentliche Akt auf einem sehr komplexen Gesamtsystem. Je nach Persönlichkeit, persönlicher Erfahrung und auch aktueller Stimmungslage fallen Willensentscheidungen eben auch recht verschieden aus.

    Öfter ist die Datenlage auch so unzureichend, dass man raten muss. Was letztlich aber auch ein koordiniertes Vorgehen sein kann. Gerade bei Spielen wie Skat oder Poker muss man die aktuelle Unsicherheit intelligent und kreativ nutzen, wenn man gewinnen will.

    Es geht auch weniger um konkrete kleine Entscheidungen. Wir brauchen ganze Strategien, z.B. in der Ausgestaltung von Paarbeziehungen. Und treffen im Miteinander immer wieder auf Menschen, die ihre eigenen Strategien verfolgen, wo man dann wiederum koordiniert reagieren muss.

    Wille alleine ist wiederum das eine, ob man ihn auch bekommt, ist jetzt wieder noch mal was anderes. Ob eben die Strategien, die man verfolgen kann, auch zum Erfolg führen.

  14. Zitat: „“Geist” hielt er für eine Systemeigenschaft, die er auch als “zerebrales mentales Feld” (engl. cerebral mental field, CBF) beschrieb. Philosophisch könnte man das als Emergenz auffassen: Unter den “entsprechenden neuronalen Umständen” würden geistige beziehungsweise bewusste Vorgänge mit bestimmten Eigenschaften entstehen, die die Eigenschaften der neurobiologischen Ebene wesentlich übersteigen.“

    Dieser Ansatz gefällt mir. „Geist“ würde ich als „punktweise Empfindungen“ (in einzelne Zellen) realisiert sehen, die in „flächigen Feldern“ (z.B. vergleichbar mit „Bildpunkten“) zu „Bewusstseins Anzeigekomponenten“ emergieren, wie Bildpunkte am TV Schirm zum Bild. Davon können, anders als beim TV, weitere Signale ausgehen, die mit anderen Signalen aus anderen Bereichen verknüpft werden und Output generieren können, oder an weiteren „Bewusstseinsanzeigesystemen“ zur „Abbildung“ und Speicherung/Verarbeitung kommen. (Speicherung = synaptische Strukturerweiterung)

    Wenn das Signal 400 ms vor der Handlung auftritt, kann man deswegen noch lange nicht schließen ob Bewusstsein abbildende Strukturen in die Handlungskette eingebunden sind. Für mich ist das Bewusstsein hauptsächlich ein „Beobachter der Situation“ das hauptsächlich in besonders „schwierigen“ und neuen Situationen steuernd eingebunden werden kann.

    Zitat: „In dieser Hinsicht sind auch die Interpretationen des Libet-Experiments von Gerhard Roth und Anil Seth interessant (z.B. Seth, 2018). Beide erwähnen zwar das Veto – behaupten dann aber, auch dieser kognitive Prozess müsse wiederum eine unbewusste neuronale Ursache haben.“

    Praktisch alle Signalketten gehen von triggernden Neuronen aus, entweder spontan oder durch einen Input, das scheint eine Tautologie. Gehen sie von einer Sensorik („Bewusstseinsanzeige“) aus, oder führen über eine solche, wären die Signale vermutlich bewusst, andernfalls unbewusst.

    Die Unterscheidung in sensorische (auch empfindende) bzw. nur „schaltende“ Zellen (Neurone) ist interessant. Besonders welche molekularen Strukturen und physikalisch/chemischen Mechanismen die verschiedenen Empfindungsarten bewirken.

    Beides dürfte es geben. Vermutlich gibt es wesentlich mehr Neuronen die nicht in flächige (hautartige) Bewusstseinsstrukturen eingebunden sind. Würden alle Neuronen gleichzeitig in die „Bewusstseinsanzeigen“ eingebunden sein, (nicht nur die „Flächigen“) würde man durch die vielen gleichzeitig aktivierten und auszuwertenden Signale (praktisch die „Lebensbiographie“) verrückt werden….

    Das Problem scheint, die vielen Messungen und Erkenntnisse in einem alles zusammenführenden, möglichst von Widersprüchen freien Konzept zusammenzuführen. Ohne „provisorische“ Annahmen wird es kaum gehen.

    Zitat: „Und wenn für Hirnforscher wie Roth und Seth der Mensch unbewusst gesteuert wird, wie ernst kann man ihre eigenen Aussagen dann noch nehmen?“

    Ich meine es verhält sich eben so, wie viele Neurologen vermuten, selbst im Schlaf wird z.B. die Atmung und noch andere Prozesse unbewusst gesteuert. Die Träume dürften allerdings, unbewusst gesteuert, ins Bewusstsein gelangen.

    Zitat: „Davon, das “Wesen” des Menschen zu erklären, sind wir weit entfernt – soweit das überhaupt möglich ist. Denn vielleicht ist unser Wesensmerkmal gerade, dass wir uns nicht auf eine Formel, auf eine Gleichung reduzieren lassen; vielleicht ändern wir Menschen uns sogar unablässig, abhängig von Zeit und Kultur, und lassen wir uns darum nicht so objektivieren wie Atome oder Moleküle.“

    Es ist ein Problem der Mathematisierung. Es ist die Frage, ob dies bei den vielfältigen auftretenden auch hoch „dynamischen Mustern“ möglich sein wird. Für die Videotechnik dürften die Mathematiker recht zweckmäßige Konzepte zur „Musterverarbeitung“ (Kompressionstechniken, Upscaling) „abgeliefert“ haben.

  15. Ich gehe von der recht einfältigen Prämisse aus, dass die meisten Dinge dazu da sind, das zu tun, was sie auch die meiste Zeit tun. Und da brauche ich mir das Bewusstsein nur anzugucken: Es wirkt wie ein Spotlicht in einer sehr finsteren Fabrik, das auf ein Fließband gerichtet ist. Gedanken, Gefühle, Eindrücke, tauchen aus dem Nichts auf und verschwinden im Nichts. Im Hintergrund laufen in Dauerschleifen Informationen, die als nie hinterfragte Gewissheiten da sind, Statusberichte des Systems: Es gibt so was wie ein Ich. Es ist irgendwie wichtig. Ich treffe Entscheidungen. Dies unterscheidet sich von Entscheidungen, die Andere treffen. Und so weiter.

    Das Bewusstsein wirkt wie ein passiver Beobachter. Aber was ist seine Funktion? Nun, man braucht es nur abzuschalten: Dann kollabiert das System. Es gibt keine Welt mehr, mit der man interagieren könnte. Es gibt nichts und niemanden mehr, der interagieren könnte. Ohne Sinneseindrücke keine Orientierung. Ohne Gefühle, keine Motivation, ohne Motivation, keine Handlungen. Das System kann, ohne einen kollektiven, gebündelten Willen, ohne einen Boss, der für das System entscheidet, nur sehr eingeschränkt koordiniert handeln – denn wenn jedes Neuron und jede Zelle nur ihr eigenes, winziges Bewusstsein hat, nur ihre Nachbarn wahrnimmt und nur mit ihnen interagiert, bleiben nur Rhythmen und Gezeiten, Wellen und Uhren, um sie als einen Organismus zu erhalten.

    Und weil sich Systeme alle irgendwie nach gleichen Mustern entwickeln, und jeder Mensch versucht, sein Hirn als Welt um sich herum einfach auszubauen, als hätte er keine Schädeldecke, was dazu führt, dass wir uns als hirnähnliche Strukturen vernetzen, können Sie hier ruhig in Staaten und Religionen wildern, um Analogien zu finden. Die Regierung als Kollektivbewusstsein des Staates. Diktatoren, Rednerpulte, Demokratien, Parteien, Hierarchien, Bürgerkriege, Guerillas, Medien. Jedes System braucht einen Gott, der alles überblickt, einen König, der genug sehen muss, aber nicht allzu viel sehen darf, denn wenn er Sie anschaut, zieht er Sie in seinen Bann, Sie dienen nur ihm, werden ein Teil von ihm, und vergessen Ihr Ich und Ihr Selbst, Ihre Familie, Ihr Privatleben, Ihre Nachbarschaft – all diese Dinge, die zum Funktionieren des Staates genauso nötig sind, werden vernachlässigt und verfallen. Emotionen und religiöse Erfahrungen sind Teil der Physik, auch Menschen sind Teilchen und reagieren auf die gleichen Kräfte, wie alle Materie. Psychologie ist Physik, und umgekehrt.

    Acht Stunden täglich sind Sie Sklave der Gemeinschaft, ihr Ich verschmilzt mit dem kollektiven Ich Ihrer Firma, Sie werden vom Mitarbeiter und Individuum zur Funktion. Acht Stunden sind Sie frei und kümmern sich um Ihr Leben, während die Firma die Existenz einstellt, nur die Basisfunktionen aufrechterhält, die sie braucht, um am nächsten Morgen von den Toten wiederaufzuerstehen, dann tun Sie es ihr gleich. Ich frage mich, was die Zellen von der Firma wissen, und ob sich das Schema nach oben fortsetzt. Pulsiert das Bewusstsein in Wellen von klein nach groß? Nach der Firma folgt das Ich des Planeten, des Sonnensystems, der Galaxie, des Universums – welche Netzwerke schließen ihre Schaltkreise in Zeiträumen, in denen unsere Uhren still stehen? Und wenn sie zerfallen, bleiben in uns nur Fetzen übrig, verstreutes Konfetti, von dem wir nicht merken, dass es Puzzlestücke sind?

    Wer zum Teufel ist dieser Ich, und wenn ja, wie viele? Wenn Putins freier Wille ein Veto gegen die vielen Wünsche seines Volkes einlegt, ist die primitive Kreatur namens Russland ein freier Dämon?

    Wer dieser Terrorfürst-Massa namens Freiheit sein soll, dem wir alle so sklavisch ergeben sind, weil er uns Leckerli gibt, wenn wir ihm folgen und uns bestialisch auspeitschen lässt, wenn nicht, frage ich hier gar nicht erst.

  16. @Tobias: Einsichten

    Dass man durch das Studium des Gehirns neue Einsichten in die Psychologie erhält, muss sich meiner Meinung nach erst noch erweisen… ebenso lernt man durch die Erforschung eines Fernsehers wohl eher wenig über das Fernsehprogramm.

    Und Quantenzufall – das ist ein weites Feld.

  17. @Stephan 31.03. 22:45

    „Dass man durch das Studium des Gehirns neue Einsichten in die Psychologie erhält, muss sich meiner Meinung nach erst noch erweisen…“

    Das muss auch so viel gar nicht sein. Zumal ja auch die Psychologie immer noch Fortschritte macht, die werden im wesentlichen mehr sein, als was die Kenntnis der Physiologie bringen würde. Ich gehe hierbei auch davon aus, dass wir höchstens den Grundaufbau von primitiven Organismen wirklich verstehen werden, dass menschliche Gehirn ist wohl noch sehr sehr lange eine Nummer zu groß.

    Trotzdem bin ich hier neugierig, generell zu verstehen, wie die Nervenzellen das hinbekommen. Und dann könnte man auch noch einiges von der Natur lernen, mit dem sich auch KI noch beflügeln lässt. Auch wenn man hinterher nichts Menschliches baut, sondern einerseits Roboter für einfache Arbeiten, oder auch Expertensysteme gerade für die richtig schwierigen Aufgaben, die für uns Menschen nicht mehr fassbar sind.

    „..ebenso lernt man durch die Erforschung eines Fernsehers wohl eher wenig über das Fernsehprogramm.“

    Wenn man eben die Fernseher bauen will, dann muss man die Details aber kennen. Und selbst dann werden wir die Psychologie nicht los. Wie eine menschenartige KI reagiert, wenn man sie denn nun bauen könnte, wäre dann wohl immer noch psychologisch zugänglich. Man könnte eben auch auf selbstgebauten Fernsehern nur Fernsehprogramme laufen lassen.

  18. @Tobias: Gehirne bauen

    Wenn man eben die Fernseher bauen will, dann muss man die Details aber kennen. Und selbst dann werden wir die Psychologie nicht los.

    Gehirne brauchen wir aber nicht zu bauen – das macht die Natur ganz von alleine.

    Um die Idee, im Human Brain Projekt ein ganzes Gehirn im Computer zu simulieren – und in diesem Sinne zu “bauen” – ist es auch sehr still geworden. Warum nur?

  19. @Kuhn: “…im Gefolge der Experimente von Benjamin Libet.” Da fehlt mir die inhaltliche Auseinandersetzung damit, dass das Libet-Experiment so eine Kritik der Rationalität gar nicht hergibt. Und übrigens gab’s das ja schon hundert Jahre vorher bei Sigmund Freud, der meiner Meinung nach immerhin konsistenter argumentierte als einige Neuropropheten unserer Zeit.

    P.S. Wenn Sie hier schon Reklame für Ihren Blog machen, wäre es nett, im Gegenzug auf meinen zeitnahen und inhaltlich relevanten Beitrag zu verweisen.

  20. @Stephan Schleim

    wäre es nett, auf meinen zeitnahen und inhaltlich relevanten Beitrag zu verweisen.

    In Anbetracht deiner Freiheit, willst Du das wirklich?

    Dein Beitrag ist ja nur zeitnah, nicht aber taggleich erschienen. Er erscheint mir für das Thema Dichotomie – und was war das andere gleich wieder? – auch nicht so relevant zu sein.

    Think twice. Feel free.

    [Wenn der thematische Bezug nicht gegeben wäre, hätte Kuhns Link hier in der Diskussion nichts verloren. Mein Artikel erschien am 31. März; seiner am 1. April. Es geht um Wechselseitigkeit. Wenn jemand das nicht versteht, dann kann ich es auch nicht ändern. S. Schleim]

  21. Wenn jemand das nicht versteht, dann kann ich es auch nicht ändern.

    Ich auch nicht. Die Psychologie ist am Ende!

  22. „Es geht um Wechselseitigkeit“

    So ist es. Genauer: Um die fundamentalrelationale Komplementarität der Wechselseitigkeit von Duplizität und Dichotomie in der Tradition von Ernst-August Dölle.

  23. Es gibt einen ähnlichen Versuch (´18) https://idw-online.de/de/news697902
    (auch das Video ist interessant unten) mit Affen, die zwei Arten von Griffen (Spitzgriff und Faustschluss/Kraftgriff) ausführen sollten, mit unterschiedlichen (bis 1,3 sec.) Wartezeiten vorher.
    Nicht im Kontext von “Willen”, sondern für Prothetik, also um künstliche Hände mit einem Gehirn verbinden zu können, wurde untersucht, was da “in der Zwischenzeit” passiert.
    (Es wurden “Aktionspotentiale” festgestellt, auf die zurück gegriffen wird. Da es ja nicht um “Wille”, sondern “Steuerung” ging, konnten sie formulieren, dass es leichter wäre, in die “Zeit dazwischen” mit ihrem Bewegungs-Impuls zu gehen (gehen zu wollen, sie sind noch nicht so weit) als so etwas wie einen “Willens-Impuls” zu simulieren. Wenn ich das richtig verstanden habe.)

    Mich hat jetzt fasziniert, dass viel präziser hingeschaut und “viel weniger” draus abgelesen wurde…

    Obwohl ich ja Wille, grade im Zusammenhang von Handlung/Tun, (bzw. Teil von Bewusstsein/Denken), nicht ohne Unterlassung, also der Entscheidung, etwas nicht zu tun, denken mag.
    (Insofern mag ich diese “Pause”, diesen kleinen Spielraum zwischen der Materie und dem Geist.)

    ebenso lernt man durch die Erforschung eines Fernsehers wohl eher wenig über das Fernsehprogramm.”
    “Das Fernsehprogramm” ist das eine, interessanter in Bezug auf den freien Willen ist doch eher, dass man immer in allen Filmen eine Art Hauptrolle innehat.

    Und eine Assoziation, die ich eben bei dem clip über die Affen hatte, als die Seitenansicht eines Gehirns eingeblendet wurde:
    Man stellt sich so ein Hirn ja irgendwie “voll mit Gedanken” vor, aber eigentlich wird der vorhandene Platz doch vorwiegend von der “Bewegung” (also Muskeln, die aktiviert werden und deren sensorische Rückmeldungen) und dann noch von Seh- und Hörvorgängen eingenommen. Denken und Riechen bilden die Schlusslichter, wenn ich das mal so salopp fassen darf; (ohne Gleichgewicht, Gefühle und Reflexe, nur “Großhirn”.)

    – Und wir verwechseln ständig die flache Mattscheibe vorne mit der ganzen Kiste.

    Ich denke schon dass es von Nutzen ist, wenn wir über diesen “Raum” orientiert sind, in dem wir uns befinden.
    —–
    Vielleicht bedeutet die Freiheit des Willens “nur” den Unterschied zwischen einem Zwei- oder Dreidimensionalen Weltbild.
    (Ob an das Programm geglaubt wird oder die Rollen reflektiert werden können.)

    Das käme zumindest der Freiheit einer Blüte zur Frucht heranzureifen gleich:
    Die Freiheit, zu einer erwachsenen Persönlichkeit zu reifen – oder an was zu glauben, das als Programm herhält.

  24. Nach dem 1. April wieder im Ernst:

    Ein Fach wie die Psychologie ist nicht notwendigerweise auf Emergenzaspekte angewiesen. Ein spezifisch menschliches Niveau des Psychischen lässt sich auch anders herleiten, über die Entwicklung begründeten und gesellschaftlich vermittelten Handelns.

    Zum Thema Emergenz könnte man noch anmerken, dass die in der Analytische Philosophie von vielen festgestellte Nichtreduzierbarkeit mentalistischer Sprache auf physikalistische Sprache dadurch zu einer Art ontologischer Differenz gemacht wird. Alternativ dazu wäre zu überlegen, ob vielleicht auch Thomas Nagels Hinweis weiterführt, dass uns einfach noch die Sprache fehlt, um beides gemeinsam zu verstehen.

    Ein interessantes Diskussionsthema mit vielen Facetten.

  25. Wenn es keinen Begriff für eine Sache gibt, dann existiert die Sache nicht.
    Wobei Existieren das bedeutet , existere = hervortreten.

    Wenn also von Willensfreiheit die Rede ist, dann impliziert man sofort das Gegenteil davon, die Abhängigkeit.

    Abhängig sind wir von unserem Körper, von unseren sozialen Bindungen, sogar von unserem Denken, der Logik.
    Nur Kinder und Narren sind noch wirklich frei.

    Darum werden ja Märchen als befreiend empfunden, als beglückend, aber auch bedrückend. Und das wiederum lenkt unseren Blick auf die Gefühle.
    Ist denen zu trauen, kann man sich selber trauen oder sind wir wie ein psychisch Kranker der Sklave unserer Gefühle ?

    Mit dem Libet Experiment kommen wir an diese Seite unserer Existenz gar nicht heran.

  26. @Wengert

    Wobei Existieren das bedeutet , existere = hervortreten.

    Müsste das nicht Exsistieren heißen, weil es was mit exsistere zu tun hat?

    Wenn also von Willensfreiheit die Rede ist, dann impliziert man sofort das Gegenteil davon, die Abhängigkeit.

    Abhängig sind wir von unserem Körper, von unseren sozialen Bindungen, sogar von unserem Denken, der Logik.

    Ernst August Dölle hätte das anders gesagt.

    In ihrem ersten Satz geht es um die Freiheit des Willens. Vielleicht auch um dessen Abhängigkeit.

    Im zweiten wechseln Sie unmotiviert zu ‘uns’, und schwadronieren darüber von was ‘wir’ abhängig sind. Ich zumindest bin nicht gleichzusetzen mit meinem Willen.

    Und ich kann nur wünschen, nicht wollen, dass weder Sie noch jemand anders von ihrem Denken abhängig ist.

  27. Nur Kinder und Narren sind noch wirklich frei.
    @Wengert – Kinder sind abhängig, nicht “frei”.

    Sie mögen unabhängig in ihrem Ausdruck sein, aber sie sind absolut abhängig davon, dass sie nicht nur vor Kälte und Hunger geschützt, sondern auch in ihrer (noch unentwickelten) Persönlichkeit wahrgenommen werden.
    Und dass ihnen dabei geholfen wird, “sich zu regulieren”, also ihren Harn- und Stuhlgang angemessen zu verrichten oder auch ganz allgemein Strategien zu entwickeln, um mit der Kultur, in die sie hineingeboren wurden, klar zu kommen.

    Und auch “Narren” sind nicht unabhängig, sondern im Notfall auf das jeweilige Gesundheitssystem angewiesen.

    Ihre Formulierung impliziert eine gewisse “Unabhängigkeit von Strategien”, aber darum kann es ja wohl nicht gehen.

    “festgestellte Nichtreduzierbarkeit mentalistischer Sprache auf physikalistische Sprache”
    Sprache ist ja nicht nur da um “sich ein Bild” zu machen (das dann irgendwie “physische Existenz” hätte), sondern für den Dialog. (“Reflexion” ist ja auch schon eine Art Dialog mit sich selbst.)
    (@Joseph Kuh – mir scheint, “Erziehung” ist “physikalistisch”, also sorgt dafür, dass “sich Inhalte manifestieren”.)

    Mich hat das immer gewundert, die Verunsicherung dadurch, dass Sprache es nicht vermag, so ganz und gar präzise zu sein – denn wäre sie es, könnte man sie nicht mehr zur Präzisierung von Sachverhalten nutzen. (Oder nur ein einziges Mal – was ist schlimm daran, immer weiter “ins Detail” gehen zu können? Dass “sich neue Fragen ergeben” entwertet ja noch nicht die bis dahin gewonnenen Antworten.)

    Und auch emotionale Sachverhalte lassen sich klären, wenn der Dialog die Balance zwischen wohlwollend und ehrlich halten kann, sonst wäre “Psychotherapie” nicht möglich.

    Ich vermute den “Freien Willen” eher in einer Dialogfähigkeit und der Möglichkeit, “sich selbst zu erkennen” – wenn man “lieben” kann, also andere als “Partner” erlebt, nicht nur als Konkurrenten oder gar Feinde.

    Ganz altmodisch beschreibt das schon Ovid in seinen Metamorphosen:
    Narziss hat mit zwei Flüchen zu tun: dass er sterben müsse, wenn er “sich erkenne” ist von Geburt an sein Los, dass er sich aber verliebe kommt erst nach Echos Abgang dazu, es ist ein zweiter Fluch, der über ihn verhangen wird.
    Und erst als er, verliebt am Teiche sitzend, erkennt, dass sich seine Lippen bewegen, also er selber spricht, wenn er sich mit seinem Geliebten unterhält, schlägt das Schicksal zu: Tod im Teich.

    Ich denke nicht, dass es bei der Geschichte um Liebe zu einem Sexualpartner geht, sondern um die Metamorphose vom Kind zum Erwachsenen.
    Und schließe daraus, dass Sprache neben der Funktion der “Selbstbestätigung” auch dafür genutzt werden kann, “sich Neuland zu erobern”, im Dialog mit einem Partner nämlich.
    Wobei der “Partner” auch in einer gesunden Beziehung zu sich selbst und einem entsprechend ehrlichen Dialog/Selbstreflektion bestehen kann – um ein “Erkenne dich selbst” zu ermöglichen.

    Ich habe die Freiheit, eine gesunde Beziehung zu mir zu pflegen, bis der Tod mich scheidet.

  28. @Wengert 02.04. 10:21

    „Abhängig sind wir von unserem Körper, von unseren sozialen Bindungen, sogar von unserem Denken, der Logik.“

    Wir sind ja auch ein ganz persönliches Lebewesen. Natürlich sind wir hierauf begrenzt. Die Freiheit ist ja gerade, gemäß unserer eigenen Vitalität leben zu dürfen.

    „Ist denen zu trauen, kann man sich selber trauen oder sind wir wie ein psychisch Kranker der Sklave unserer Gefühle?“

    In der Tat kann das Innenleben richtig schief laufen. Dann nützt einem auch der freie Wille nicht mehr genug. Einfachstes Beispiel sind Suchterkrankungen. Das hat m.E. aber nicht wirklich was mit fehlender Willensfreiheit zu tun, die Willensfreiheit läuft eben immer innerhalb des eigenen Systems. Und das bleibt immer frei im Sinne des eigenen Systems, auch wenn es krank wird und zugrunde geht.

    Eine Geistesseite in der eigenen Existenz kann hier lindernd wirksam sein. Aber grundsätzlich bleiben wir biologische Existenzen, die sehr verletzlich sind.

  29. Viktualia,
    wir können uns daraufhin einigen, wenn wir unterscheiden zwischen einer realen psychischen Abhängigkeit beim Sozialfall Narr oder dem Kinde
    und der erlebten inneren Freiheit wenn ein Kind in seiner Phantasiewelt lebt und ausleben darf und dem Narren, der gar nicht merkt, wie sehr er von seiner Umwelt abhängig ist.
    Freiheit ist also auch subjektiv.

  30. Joker
    in Latein bedeuten existere und exsistere fast das Gleiche.
    Als Nichtlateiner kann ich das nicht auseinanderhalten.
    Was jetzt das Schwadronieren betrifft, das ist ein Begriff aus der Fechtschule, mit dem Säbel herumfuchteln, wenn Sie sich also bedroht fühlen, dann werde ich mich etwas feinfühliger ausdrücken.
    Jetzt muss ich trotzdem Klartext reden. Sie sind identisch mit ihrem Willen. Womit denn sonst ?

  31. Tobias Jeckenburger,
    jetzt wird es dramatisch, wenn Wollen und Sollen nicht mehr zusammenpassen.
    Warum passen die nicht zusammen.
    Weil wir willensschwach sind, weil unser Trieb übermächtig ist ? Weil wir süchtig sind ? Alkoholsucht ist vielleicht auch chemisch/biologisch zu erklären.
    Da bin ich überfragt. Ein Facharzt kann das besser einschätzen.
    Sie drücken das sehr passend aus, wir sind auch eine biologische Existenz.

  32. @Viktualia: Affenbewegungen

    Natürlich wäre es schwierig, bei (Rhesus-)Affen von Willensentschlüssen zu reden…

    …aber wenn sich dort im Versuch ein Unterschied im Nervensystem zwischen spontanen und geplanten Bewegungen zeigt, ist das ein weiteres Argument gegen die Übertreibung der Aussagekraft der Libet-Experimente.

  33. @Kuhn: Mensch & Sprache

    Emergenz ist ein Versuch, aus der epistemischen Differenz (Stichwort: Erklärungslücke) eine metaphysische Schlussfolgerung zu ziehen. In diesem Sinne wird echte Emergenz, die sich dadurch auszeichnet, dass sich die Eigenschaften höherer Ebene prinzipiell nicht aus den Eigenschaften niedrigerer Ebene herleiten lassen, ein spekulatives Element behalten; im Prinzip geht es hier auch um das “harte Problem des Bewusstseins”, das letztlich aber auf Intuitionen (bzw. mangelnder Vorstellungskraft) beruht.

    Wie wir uns Menschen sprachlich auf uns selbst und aufeinander beziehen, ändert sich tatsächlich im Laufe der Zeit. Beispielsweise ist die psychologisch-psychiatrische Sprache (etwa Burn-out, Depressionen, ADHS, PTSD usw.) in den letzten 100 Jahren in vielen Ländern “normalisiert” worden. Das hat, wohlgemerkt!, gerade nicht dazu geführt, diese Sprache besser in der Neurobiologie oder gar Physik zu verankern.

    P.S. (auch @Joker) Ich war von diesen Online-Diskussionen gerade genervt und nicht so offen für Aprilscherze; sehen Sie’s mir nach.

  34. @Stephan Schleim – ?
    “aber wenn sich dort im Versuch ein Unterschied im Nervensystem zwischen spontanen und geplanten Bewegungen zeigt”

    Reden wir vom gleichen Versuch?
    Geht es jetzt um “Reflexe” (Hirnstamminduzierte Bewegung) – was meinen sie mit “spontan”?

    Das beobachtete “Aktionspotential” bezog sich auf die gelernten (und danach integrierten, also “planbaren”) Bewegungen (Spitzgriff und Faustschluss), die dann “spontan”, also plötzlich, ausgeführt werden sollten.

    Ich schätze, sie meinen, dass es kein “Wille” sei, wenn die Affen sich auf das Experiment einlassen und sich trainieren lassen, bzw. die Aufgabe bewältigen, oder?
    Dann ergäbe sich aber die Frage, ob Kinder überhaupt einen Willen haben – und da Affen sich durchaus auch weigern können, wäre das nicht mein Ansatz.

    Man kann bei Affen nicht von “bewussten Entschlüssen” reden, aber warum sollten sie keinen Willen haben?

    Der Versuch untersuchte, was in deren Hirn passiert, wenn die Affen den “Entschluss”, einen der beiden Griffe anzuwenden, erst nach einer unterschiedlich langen (bzw. kurzen, bis 1,3 sec) Wartezeit ausführen.

  35. @Viktualia: Der Titel der von Ihnen verlinkten Mitteilung ist:

    Geplante Bewegungen werden im Gehirn anders verarbeitet als spontane Reaktionen

    (Voraus-) Planen wurde den Versuchspersonen in den Libet-Like-Experimenten verboten, während es ein wesentliches Merkmal von Willensentschlüssen ist; die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mussten spontan reagieren. Dem Titel Ihrer Mitteilung nach unterscheiden sich diese Prozesse (geplant vs. spontan) im Gehirn. Das unterstreicht einmal mehr, dass man diese Ergebnisse nicht verallgemeinern darf.

  36. Willkürliche Handlungen benötigen kein vorherigen “Drang”. Wie oft verspüren wir im Alltag einen “Drang” bevor wir eine Handlung ausführen, eben diese Handlung ausführen zu wollen? Richtig, zu 99% kommt das nicht vor. Und trotzdem erleben wir eine Urheberschaft (eine sense-of-agency) für unsere Handlungen; wir erleben uns als frei trotz fehlendem vorherigem Drang.

    Genauso fühlen wir keinen “Drang” wenn wir eine Handlung nicht ausführen wollen. Es liegt im Normalfall (in den meisten Fällen) auch kein “Drang der Unterlassung” vor.

    Wenn man den Versuchspersonen sagt dass sie die Handlung erst ausführen sollen nachdem sie einen inneren Drang oder ähnliches fühlen bzw. erleben, dann kann das bereits eine signifikante Beeinflussung der Personen sein – jetzt “suchen” sie quasi nach einem solchen Drang und nehmen ihn erst recht wahr.
    Was dann als Bereitschaftspotential gemessen wird kann dann nicht so einfach mehr als “Auslöser” für die Handlung angesehen werden.

    Und selbst wenn es so wäre würde das für mich eine “Willensfreiheit” nicht unterbinden. Ich bin mein Körper. Ich bin nicht mein Bewusstsein, ich bin ein Lebewesen als Gesamtsystem. Ich bin also so oder so der Auslöser meiner Handlung, egal ob 350 ms vorher ein Bereitschaftspotential vorlag oder nicht.

  37. @Philipp; @Stephan Schleim

    Willkürliche Handlungen benötigen kein vorherigen “Drang”.

    Drang hin, Drang her, die im Libet-Experimet beschriebene Bewegung der Hand ist eine willkürliche Bewegung, richtig? In der Wikipedia steht:

    Gelegentlich wird Motorik als synonym mit Willkürmotorik verstanden – als ausschließlich dem freien Willen unterliegend.

    Nun schreibt Stephan Schleim, dass wesentliche Merkmale für Willensentschlüsse in dem Experiment unterbunden gewesen wären, die Handbewegung spontan erfolgen sollte.

    Das verwirrt mich: Eine willentliche Handlung, die nicht willentlich erfolgt ist?

  38. Ich denke dass es für normale Handlungen im Alltag, also dem Großteil dessen was wir so machen, keine zuvor “extra” bewusste oder prä-motorische mentale Bewusstheit benötigt, richtig. Trotzdem sind diese Handlungen natürlich willentlich.

  39. @all: Begriffe

    Die Handbewegungen im Experiment sind keine Willensentschlüsse, weil dafür die wesentlichen Merkmale (wie Abwägen, Planen) fehlen (siehe dazu übrigens Kap. 2 im Buch für nähere Details und Quellen).

    Das ist kein Widerspruch dazu, dass die Personen sich willkürlich (Duden: vom eigenen Willen gesteuert; bewusst erfolgend; gewollt) bewegen.

    In den Bewegungen drückt sich vor allem der Wille der Versuchsleiter aus, den die Versuchspersonen sich zu eigen machen (als “gute Versuchspersonen”). Bei diesen für das Thema Willensfreiheit entscheidenden Momenten wurde die Gehirnaktivierung aber gerade nicht gemessen.

  40. @Philipp: willentlich

    Na ja, wenn ich mir z.B. ein Taschentuch aus der Verpackung hole und die Nase putze, dann kann man das auch als “willentlich” (im Sinne von: bewusst kontrolliert) bezeichnen; aber auch das ist in aller Regel kein Ausdruck eines Willensentschlusses.

  41. @Stephan Schleim – “Der Titel der von Ihnen verlinkten Mitteilung ist:”

    Ah, Danke für die Aufklärung das hatte ich jetzt tatsächlich “übersehen”, aber wir reden hier doch nicht von einer https://de.wikipedia.org/wiki/Reflexkettentheorie

    Natürlich werden “spontane”, also reflektorisch innervierte, Bewegungen schneller ausgeführt, das ist ne Binse.

    Aber es liegen nicht nur im Großhirn Areale vor, die bestimmte Muskeln ansteuern, auch das Kleinhirn speichert “Bewegungsabläufe” (gelernte und integrierte Abläufe) die dann, bei Ausführung, nur noch vom Großhirn “feingesteuert” werden.
    Das war das, wovon ich ausging.

    (Da es bei den Affen ja eben nicht um “Wilen” ging, sondern um das Steuern von Bewegungen, die aber in einem ähnlichen Setting beobachtet wurden wie beim Libet-Experiment.)

    Ich gehe davon aus, dass Spitzgriff und Faustschluss zuerst gelernt (und im Kleinhirn abgelegt) wurden, bevor dann die Sensoren im Großhirn maßen, was beim Anspruch auf “Ausführung” geschieht.

    Und mein Fazit lautet, dass “Wille” sich wohl mehr auf die “Steuerung” bezieht und mit der Bewegung (also dem elektrischen Impuls, der Muskeln ansteuert) nicht so viel zu tun hat.

    Willensentschlüsse, Man “will” nicht mit einem Faustschluss seine Kaffeetasse erreichen, man will Kaffee trinken.

    Wenn ein Kind die “Kulturtechnik Schreiben” erlernen möchte, braucht es zuerst so etwas wie “Oberkörperstabilität”, damit der Arm, der den Stift hält, einen Tonus hat, mit dem die Hand überhaupt nen vernünftigen “Spitzgriff” hinbekommt um die nötigen Bögen zu malen.
    Egal, ob das Kind still sitzen will, bzw. kann.

    Der “Willensentschluss”, zum Kaffee zu greifen, benötigt also (neben dem Kaffeedurst), eine Beurteilung der räumlichen Lage sowohl der Tasse auf dem Tisch, als auch des greifenden Arms.

    Das ist die “Aufgabe des Großhirns”, das dann auf die gelernten Griffe, bzw. die “nötige Haltung” (Kleinhirn) zurückgreift und mit “der Situation” (Tasse vorne oder hinten auf dem Tisch) koordiniert, damit man zu seinem Schluck Kaffee kommt.
    (Man macht sich weder die Bewegung, noch den “Wunsch”, nicht zu schlabbern bewusst.)

    Ist jetzt klarer, warum ich Willen mit “Steuerung” assoziiere?
    Und seine Freiheit nicht auf “die Bewegung” beziehen mag?

  42. @Viktualia: wollen/Wille

    Schön, dass Sie sich in der Materie auskennen.

    Doch ich fürchte, dass es hier auch nicht um die Frage geht, ob ich jetzt (habe ich tatsächlich getan), in einer Stunde, morgen oder niemals mehr die nächste Tasse Kaffee trinke.

    Ich verweise zur Veranschaulichung gerne auf die Definition von Willensakten/Willensentschlüssen im Lexikon der Neurowissenschaften:

    Wille, […] der bewußte mentale Akt, im Gegensatz zu Trieb, Drang, Reaktion und Reflex, durch den ein Ziel, ein (als solcher erkannter oder gesetzter) Wert oder eine beabsichtigte Aktion bejaht oder erstrebt wird. […] Ein Willensakt schließt ein: eine Situationsinterpretation (Berücksichtigung von Bedürfnissen, Interessen, Tatsachen, Normen, Werten, möglichen Handlungsfolgen), das Abwägen der Handlungsalternativen, das Wählen des Handlungsziels und des zweckmäßigen Vorgehens und den Entschluß zum Handlungsbeginn.

    Macht das den wesentlichen Unterschied etwas deutlicher?

  43. @Stephan Schleim: Willensakt/Steuerung

    Ob es das klarer mache?
    Außer, dass “die Bewegung” in Form des Wortes “Akt” nicht ganz rausfällt – und das Wort “Steuerung” ganz fehlt – ist es doch gleich.

    Wo ich es auf die “Raumkoordinaten” der Tasse und des Handelnden verkürzte, werden andere Komponenten “der Situation” aufgezählt, die ein Erwachsener erfassen kann, bzw. koordinieren muss.

    “in der Materie auskennen.” Als Ergotherapeutin muss ich es praktisch anwenden können und letztlich führt der Kunde die Bewegungen aus, nicht ich.
    (In dem Fall (Raumkoordinaten/Kontrolle derselben) beziehe ich mich auf https://de.wikipedia.org/wiki/Sensorische_Integration)

    Mir ging es darum zu zeigen, dass die “Freiheit” des Willens dadurch ermöglicht – aber auch eingeschränkt – wird, wie sich der Bezug zwischen dem Handelnden und dem Gewollten gestaltet.

    (Diese Raumkoordinaten/Position des Bechers bzw. Akteurs, werden ja auch von Affen “berechnet” das ist genauso unser “biologisches Erbe” wie die Emotionen. Erst die Reflektion eines Bezugs macht den Unterschied. Oder?)

    Eine “Willensfreiheit” kommt nicht allein dadurch zustande, dass ich die Bewegung “bewusst” ausführe (das wäre “Körperkontrolle”), sondern durch das Maß, in dem ich sie kontrollieren/koordinieren, also auf die reale Umwelt (und nicht nur meine persönlichen Bedürfnisse) beziehen kann.

    Womit ich wieder bei “Steuerung” lande, wenn ich an einen “freien” Willen denke.

  44. @Viktualia: Ich fürchte, wir reden aneinander vorbei.

    Wichtig wäre mir gewesen, als notwendiges Kriterium für Willensentschlüsse a) das bewusste Wählen eines Handlungsziels und b) das Abwägen von Alternativen anzuerkennen; dann haben die meisten (alle?) neurowissenschaftlichen Experimente eben keine direkte Aussagekraft.

  45. @Stephan Schleim – Entschließen/Steuern

    Diese Befürchtung teile ich, kann ihrer Bemerkung aber nicht direkt entnehmen, ob sie es klären oder lassen wollen.

    Ich hangle mich mal an ihrem Satz entlang –
    a) das bewusste Wählen eines Handlungsziels – darum erwähnte ich doch diese “Raumkoordinaten”, weil das die erste größere Leistung ist, die zu diesem Zweck bewältigt werden muss: Die Orientierung über die Raumlage, sowohl des gewählten Objektes, als auch des eigenen Körpers.
    (Also: des subjektiven Innen und des objektiven Außen…)

    Das ist einem Kind etwa mit einem Jahr möglich – und “der Rest” baut darauf auf. Es baut auf diesem räumlichen Bezug auf (nicht automatisch auf “den Emotionen”). Natürlich beeinflussen Gefühle den Bezug, den ein Mensch zu etwas hat, aber bindend, also “determinierend” ist der Bezug, also diese Koordinationsfähigkeit (Realitätsbezug der Einschätzung) und nicht die individuelle Emotion.

    Bei einem Kind würde ich eher von einem eigenen als einem freien Willen reden, der sich entwickelt. Ob es, als Erwachsener, einen mehr oder weniger freien Willen hat, hängt ja von seinen Erfahrungen ab.
    (Das Bild, das man sich von seinen Möglichkeiten macht.)

    Sind wir uns denn so weit einig?

    b) das Abwägen von Alternativen – Tee? Oder die Angst zu schlabbern, bzw. die Fähigkeit, sein Bedürfnis zu ersetzen/kompensieren oder auf später verschieben zu können?
    Alles “abwägen”, werten, begreifen und ermessen, findet in diesem Bezugssystem statt, es stellt ja die Basis (das eigene Bild von “Innen und Außen”) dar.

    Angst hat Auswirkungen auf den Tonus und schon “abwarten können” (o.ä.) ist eine Denkleistung, die nur gemeistert werden kann, wenn diverse andere Fähigkeiten integriert wurden/gesteuert werden können – wenn sie in dem Zusammenhang von
    dann haben die meisten (alle?) neurowissenschaftlichen Experimente eben keine direkte Aussagekraft.
    reden, weiß ich einfach nicht, wie sie darauf kommen.

    Wenn ein Neuropatient üben soll, einen vollen Becher zu nehmen und er Angst hat, dabei zu schlabbern, dann nehme ich eine Plastikdecke – und thematisiere den unterschiedlichen Tonus mit und ohne “Sicherheitsleine”.
    Das könnte ich natürlich auch “aus dem Bauch heraus” machen, aber ich schätze die Evidenz, diese realen Details des Bezugsrahmens, doch sehr.

    Denn damit kann ich den Kunden überzeugen und muss weniger manipulieren.
    Klar, mein “ist so” muss ich dennoch freundlich rüber bringen, sonst wird das mit dem Überzeugen auch nix.
    Aber statt über Angst zu räsonieren von Tonus/Körperspannung auf Haltung/Gleichgewicht -> Steuerung zu kommen ist effektiver. Er muss nicht nur “wollen”, er muss auch mit seiner Koordination, seinem eigenen “Gleichgewicht” dabei sein können.
    Er muss “steuern” können, nicht “mir folgen” wollen.

    (Eigentlich hab ich länger in der Psychiatrie gearbeitet als mit Neuropatienten. Aber “Haltung”, “inneres Gleichgewicht” und “Orientierung” sind in beiden Bereichen ausgesprochen wichtig.
    Und so komme ich dazu, “Steuerung” als Synonym für den Freiheitsgrad des Willens zu nehmen.)

    Weil der Bezug determiniert, nicht das individuelle Gefühl.
    (Nicht ob der Steuermann zuversichtlich ist bestimmt den Kurs, sondern wie er steuert.)

    Ich hoffe, ich konnte mich verständlicher machen.

  46. @ Stephan Schleim

    Zitat: „“Geist” hielt er für eine Systemeigenschaft, die er auch als “zerebrales mentales Feld” (engl. cerebral mental field, CBF) beschrieb. Philosophisch könnte man das als Emergenz auffassen: Unter den “entsprechenden neuronalen Umständen” würden geistige beziehungsweise bewusste Vorgänge mit bestimmten Eigenschaften entstehen, die die Eigenschaften der neurobiologischen Ebene wesentlich übersteigen.“

    Der „Bezeicher“ „cerebral mental field, und Ihre besondere Interpretation, “ bezeichnet eigentlich besonders zutreffend eine Struktur die zur „Bewusstseinsabbildung“, eine Art von „Hirnkino“ geeignet scheint.

    In der Informatik werden Datenstrukturen die geeignet sind „zusammengehörende Variablen“ abzubilden, z.B. „Matrix“ oder „Datenfelder“ bezeichnet. Die können als Input für eine Datenverarbeitung dienen .

    Der Begriff „Matrix“ existiert übrigens auch in der Psychologie.

    Zitat Google: „Matrixmethode, kreativitätsfördernde Vorgehensweise, bei der Informationen, Ideen oder Merkmale systematisch miteinander verknüpft werden, um auf diesem Wege neue Kombinationen zu entdecken und zu erarbeiten, an die spontan wahrscheinlich niemand gedacht hätte (Kreativität).“

    Libet hat offensichtlich erkannt, dass z.B. ein örtlicher Zusammenhang von Information abbildenden Signalen in bestimmten „kurzen“ „Zeitschlitzen“ im Zusammenhang mit Bewusstsein wichtig ist.

    W. Singer und C. v. d. Malsburg haben noch weiter und grundlegender über die Bedeutung der „Zeitstrukturen“ in neuronalen Systemen geforscht. Ich gehe davon aus, dass sie die Konzepte der Elektronik (Takt gesteuerte Systeme), systematisch in die Neurologie„übergeführt“ haben.

    „Libets Experiment“ würde ich wie folgend interpretieren: Man sollte davon ausgehen, dass die Signale von Neuronen ausgehen die ihren Input von anderen „neuronalen Strukturen“ beziehen (praktisch eine Tautologie). Sind es flache „Feldstrukturen“ dürfte das „Bewusstsein“ (aus welchen Inputdaten auch immer) die Signale ausgelöst haben und es dauert eben eine gewisse Zeit („Signallaufzeiten“) bis die messbare Reaktion erfolgt.

    Sind es keine flachen Feldstrukturen, sondern sollten die Signale aus der „Tiefe des neuronalen Systems“, stammen und zusammengeführt werden, so stammen sie eben nicht vom „Bewusstsein“.

    Wobei die Grenzen durchaus fließend sein können. Von stark bewusst, wenn viele „Bewusstseinskomponenten“ eingebunden sind, bis wenig bewusst, wenn nur einige wenige „zusammenführende Neuronen“ beteiligt sind…..

    Viel Handlungen, gehen, Rad fahren, …. werden im Detail kaum über das „Bewusstsein“ gesteuert, sind unbewusst, außer eventuell der Entschluss überhaupt eine Handlung einzuleiten.

    Bedeutet: Etwas ist umso „bewusster“, je mehr und je stärker „cerebral mental fields“ in die Prozesse eingebunden sind.

  47. @Philipp

    » Ich bin mein Körper. Ich bin nicht mein Bewusstsein, ich bin ein Lebewesen als Gesamtsystem. Ich bin also so oder so der Auslöser meiner Handlung, egal ob 350 ms vorher ein Bereitschaftspotential vorlag oder nicht. «

    Zustimmung! Allerdings würde ich eher sagen: Ich bin nicht nur mein Bewusstsein…,– denn ohne mein bewusstes Sein ist ja alles irgendwie nichts

  48. Meine Interpretation des Libet Experimentes.
    Wille hängt mit Denken zusammen. Man könnte auch formulieren, Wollen ist ein konzentriertes Denken.
    Und einen Gedanken denken, das braucht Zeit, bis der Gedanke zu ende gedacht ist.
    Man kann das ja an der Körpersprache beobachten, wenn jemand einen Entschluss fast. Zuerst ist der Mensch gebeugt, wenn er in sich geht, vielleicht sogar mit den Augen nach oben schaut, dann strafft sich der Körper, und die Person öffnet ihren Mund.
    Das ist ja auch der Hintergrund, warum spontane Menschen dem anderen das Wort abschneiden. Sie wollen ihn am Denken hindern und damit seine Entscheidung behindern.
    Und damit wird der Wille des Gesprächsparners klein gehalten.
    Die Freiheit des Denkens beruht dann auch auf der Möglichkeit, genug Zeit zu haben zum Denken.

  49. @ In Memoriam Benjamin Libet

    » Für Benjamin Libet war aber der freie Wille – mit allen Einschränkungen, die wir bisher diskutiert haben – zumindest insofern vorhanden, als wir ein Veto einlegen könnten. «

    Ja, wie man sieht, liebäugelt(e) Libet mit dualistisch anmutenden Formulierungen („Veto einlegen“). „Bewusstseinsprozesse“ scheinen für ihn qualitativ etwas anderes (mehr) zu sein als die sonstigen neurophysiologischen Prozesse.

    Diese dualistische gefärbte Denke zieht sich meiner Meinung nach durch etliche Teile des Neuromythos-Beitrags. Das ist aber vor allem der Sprache geschuldet und hat eher nichts mit einer zugrundeliegenden Weltanschauung zu tun. Wenngleich ich mir an manchen Stellen da nicht so sicher bin („Wir“ können ein Veto einlegen!—welche mysteriöse Entität verbirgt sich im „wir“ bzw. im Ich).

    So hat z. B. auch die Rede „vom unbewusst determinierten Menschen“ oder der Satz: „Ich bin mein Gehirn“, nach meinem Empfinden durchaus ein dualistisches Geschmäckle.

    Ob es genügt, zu sagen, „dass Körper in gewisser Weise Geist ist“, sei mal dahingestellt, in „gewisser Weise“ könnte ich dem sogar zustimmen, denn im Weiteren wird ja präzisiert: „Der Körper, richtig verstanden, interagiert in einer lebendigen Umwelt mit sich selbst; manche dieser Prozesse sind eben bewusst – und viele andere nicht.“

    Wenn man sich dann noch die Tatsache vergegenwärtigt, dass sämtliches Verhalten neurobiologisch determiniert sein muss, weil sich anders die zahllosen empirischen Befunde nicht erklären bzw. verstehen lassen, dann kommt man zwangsläufig zu dem Schluss, dass der Wille umso freier ist, je selbstbestimmter das Individuum agieren kann.

    Ob „Willensentschlüsse“, „Willkürbewegungen“ „willentliche Handlungen“ oder „unwillkürliche Bewegungen“, all das braucht nicht feinsinnig unterschieden zu werden, wenn es um selbstbestimmte, neurobiologisch determinierte Verhaltensäußerungen geht.

    Und ob eine unbewusst initiierte Bewegung vor der Ausführung abgebrochen wird oder nicht, ist für die Frage der Selbstbestimmtheit bei Willensakten (vulgo „Willensfreiheit“) völlig belanglos.

  50. @Philipp 02.04. 20:42

    „Und selbst wenn es so wäre würde das für mich eine “Willensfreiheit” nicht unterbinden. Ich bin mein Körper. Ich bin nicht mein Bewusstsein, ich bin ein Lebewesen als Gesamtsystem. Ich bin also so oder so der Auslöser meiner Handlung, egal ob 350 ms vorher ein Bereitschaftspotential vorlag oder nicht.“

    Das kann man so sehen, und möglicherweise ist dies dann tatsächlich ein sehr guter Grund, die Willensfreiheit zentral als gegeben anzusehen.

    Aber es gibt wohl tatsächlich Menschen, die zwischen ihrem Körper und ihrem Bewusstsein wirklich trennen. Unabhängig davon, ob solche Sichtweise Sinn macht, kann man aber feststellen, dass Mensch sich so sehen kann.

    Ich persönlich sehe im Bewusstsein denn durchaus auch noch geistige Anteile, entsprechend sowieso auch in der Welt an sich. Solche Dimensionen sind denn nun schon Faktoren, die die Sicht auch auf die Natur des Bewusstseins ändern. Als Teil einer Geisteswelt ändert sich auch die Identitätsvorstellung.

    Wobei ich mich wiederum der Vorstellung von weitgehender Willensfreiheit anschließe, allerdings auch aufgrund der Annahme, dass Geisteswelten die Freiheit überhaupt bedeuten können.

    Hier kommen wir mit völlig anderen Gründen zum selben Ergebnis. Immerhin.

    Und grundsätzlich muss ich dem zustimmen, dass unbewusste Einflüsse zwar in Willensentschlüsse einfließen, aber es sich eben um das eigene Unbewusste dabei handelt. Also dass die daraufhin getroffenen Entscheidungen in jedem Fall eigene Entschlüsse bleiben.

    @Balanus 04.04. 13:34

    „Ob „Willensentschlüsse“, „Willkürbewegungen“ „willentliche Handlungen“ oder „unwillkürliche Bewegungen“, all das braucht nicht feinsinnig unterschieden zu werden, wenn es um selbstbestimmte, neurobiologisch determinierte Verhaltensäußerungen geht.“

    So wie ich das sehe, gilt das auch, wenn im Leben und im Bewusstsein Geisteswelten beteiligt sind. Selbstbestimmt als Gesamtsystem ist auch nach meiner Vorstellung das entscheidende Faktum. Das ändert sich nicht, wenn es in Geisteswelten hineinragt. Das ist im Prinzip dasselbe, als wenn sich die Umgebung oder die gesellschaftliche Rolle ändert. Man bleibt immer Subjekt.

  51. @ Balanus 04.04.2023, 13:34 Uhr

    Zitat: » Für Benjamin Libet war aber der freie Wille – mit allen Einschränkungen, die wir bisher diskutiert haben – zumindest insofern vorhanden, als wir ein Veto einlegen könnten. «

    B. Libet ging vermutlich davon aus, dass so etwas wie das „Denken“ realisierende „Signalkaskaden“ durch das Gehirn „strömen“. Je nach vorhandener Zeit für eine Antwort und je nach „Lust und Laune“, geht man nochmals „an den Anfang oder einen Zwischenstatus“ der „Gedankenkette“ zurück und verfolgt neue, allenfalls bessere „Gedanken“. Danach entscheidet man sich für die „optimalen“ Gedankenfolgen. Das könnte man so sehen, ganz ohne „Dualismus“.

    Psychologen wollen diese Gedankengänge gerne analysieren, weil sie so auf besondere „Denkmuster“ stoßen können, die allenfalls „bedenklich“ sind, sozusagen einer „Heilung“ bedürfen.

    Sie würden diese Gedankengänge „mitschreiben“ und damit hätten sie die Schranke zum „Dualismus“ überschritten.Sie haben die Gedanken „mobil“ gemacht, einfach auf einen anderen Datenträger „kopiert“. Psychologen können z.B. herausfinden, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Patient einen „Blödsinn“ macht, wenn er mit mit bestimmten „Denkmustern“ herumläuft.

    Auch bei der „Top down“ Software Entwicklung notiert man zunächst grundlegende Funktionen, die danach in einer Programmiersprache formuliert werden. Ich habe keinen Zweifel, dass man ohne der „Dualismus Sichtweise“ leben kann. Noch wird nicht jeder Schüler in der Schule zu Softwarekursen gezwungen.

    Libet hat vermutlich gemeint, dass die Information abbildenden „Signalkaskaden“ zwischen den verschiedenen „cerebral mental fields“ („Bewusstseinsanzeigen“, „Hirnkino“, ….) „hin und her wandern“ um nach den Auswerteprozessen ein optimales Ergebnismuster zu erzielen.

    „Bewusstseinsprozesse“ scheinen nur insofern qualitativ etwas anderes (mehr) zu sein als die sonstigen neurophysiologischen Prozesse, weil „Empfindungen“ eingebunden sind und die physikalische Realisierung des „Empfindungsphänomens“ noch nicht seriös geklärt sein dürfte.

    Die Funktionsmuster (selbst eine „Ich“ Funktion), können vermutlich alle durch Hardware realisiert werden. Erst wenn ein „erkennendes System“ hinzukommt, muss, um die Funktionen zu „beschreiben“, das System auf irgend eine Art „Mathematisiert“ werden. „Information“ muss von der Hardware auf irgend einen anderen Datenträger oder ein anderes System „kopiert werden“ . Dann ist es aus mit dem „Monismus“.

    Zitat: „Ob es genügt, zu sagen, „dass Körper in gewisser Weise Geist ist“, …..“

    In der Technik kann sogar Hardware (als Software) „emuliert“ werden. Bedeutet, ein alter Computer wird als Software „formuliert“ die auf einen neuen Computer „läuft“. Der Kunde kann die alte Software am neuen PC verwenden, der neue PC verhält sich wie der alte verschrottete PC.

    Das Gehirn „arbeitet“, anders als der Computer, nicht streng determiniert. Wenn es um das Rechenergebnis 1+1=2 geht, sind die allermeisten menschlichen Gehirne determiniert, aber 4 Juristen können zu 5 Rechtsmeinungen kommen…..

    Dass der Wille umso freier ist, je selbstbestimmter das Individuum agieren kann, das sehe ich auch so.

  52. Elektroniker,
    die letzte Formulierung mit der Selbstbestimmung ist die beste.
    Die Soldaten in der Ukraine sind fremdbestimmt. Die können nicht das tun was sie wollen, geschweigen denn was sie sollen im reigiösen Sinn.

    An dieser Stelle kommt unser Kultur ins Spiel. Die bestimmt mit .
    Man denke nur an Hamlet oder die griechischen Tragödien.

    Ja man könnte sogar meinen, die Kultur ist das Produkt aus Fremdbestimmung und Selbstbestimmung.

  53. Gedanken zum Libet Experiment II
    Wenn man also aus dem Zeitunterschied zwischen der Aktivierung des Gehirnes und dem Armhochheben etwas schließt, dann sollte man die Regel beim Frühstart eines 100 m Laufes lesen.
    Wenn der Starter den Startschuss gegeben hat, dann vergeht Zeit, bis der erste Läufer startet.
    In der Regel mehr als 100 Millisekunden.
    Wenn jetzt ein Läufer nach weniger als 100 Millisekunden schon losläuft, dann wird das als Frühstart gewertet und der Start wird
    wiederholt.
    Das bedeutet, dass im Sport 100 Millisekunden als Minimum zwischen einem Entscheid und einer Ausführung angenommen werden.
    Nur mal zum Überdenken.

  54. @ Elektroniker 04.04.2023, 17:25 Uhr

    Zum „Dualismus“:

    Eigen Zitat: „Das könnte man so sehen, ganz ohne „Dualismus“.
    Psychologen wollen diese Gedankengänge gerne analysieren, …..Sie würden diese Gedankengänge „mitschreiben“ und damit hätten sie die Schranke zum „Dualismus“ überschritten.Sie haben die Gedanken „mobil“ gemacht, einfach auf einen anderen Datenträger „kopiert“.“

    Das stimmt genau genommen so nicht. Wenn der Gesprächspartner die „ausgesprochenen Gedanken“ aufnimmt, wurde bereits die „Denkschranke zum Dualismus“ überschritten.

    Die (gedankliche) Information ist zum „Gesprächspartner“ gewandert, „kopiert“ worden. Das wird von „Hardcore Materialisten“ ignoriert. Die ehemals „alten Elektroniker“ haben ihre „Gedanken“ höchst erfolgreich in eine elektronische Schaltung „eingebracht“, indem sie die Bauteile „ausgetüftelt strukturiert verknüpft haben“. Sie haben aber den „Informationstransfer“ ignoriert.

    Erst wenn man die Gedanken „aufschreiben“ würde, ist es objektiv eindeutig. In der Wissenschaft ist es völlig selbstverständlich, dass die aufgeschriebenen Sachverhalte „zitiert werden“ und von “Hirn zu Hirn“ wandern, so wie z.B. die Viren (genetischer Code) z.b. von Mensch zu Mensch wandern. Dabei steuern sie Prozesse….. und es kommt auf die „Anordnung“ (Information) der „Bausteine“ an.

  55. @Tobias Jeckenburger // 04.04.2023, 15:26 Uhr

    » So wie ich das sehe, gilt das [die neurobiologische Determination des Verhaltens] auch, wenn im Leben und im Bewusstsein Geisteswelten beteiligt sind. Selbstbestimmt als Gesamtsystem ist auch nach meiner Vorstellung das entscheidende Faktum. Das ändert sich nicht, wenn es in Geisteswelten hineinragt. «

    Ist das so zu verstehen, dass die Geisteswelt(en) Bestandteil des Körpers (Bewusstsein) sind, oder nehmen diese Geisteswelten von außen Einfluss auf das Denken, Wollen und Handeln des Individuums?

    Ich stelle mir das für mich schwierig vor, wenn ich annehmen müsste, ich wäre nicht allein „Herr im eigenen Haus“ (Freud).

  56. @Elektroniker // 05.04.2023, 10:32 Uhr

    » Wenn der Gesprächspartner die „ausgesprochenen Gedanken“ aufnimmt, wurde bereits die „Denkschranke zum Dualismus“ überschritten. «

    Verstehe ich Sie richtig, dass menschliche Kommunikation sozusagen den Dualismus bedingt?

    Oder, anders herum, dass man menschliche Kommunikation nur im Rahmen einer dualistischen Weltanschauung verstehen kann?

  57. @Balanus 05.04. 12:37

    „Ist das so zu verstehen, dass die Geisteswelt(en) Bestandteil des Körpers (Bewusstsein) sind,…“

    Vom Effekt her sind die Geisteswelten dann quasi wie eingebaut. Sie stellen einfach nur den Geistesraum zur Verfügung, in den das physiologische Korrelat des Bewusstseins abgebildet wird.

    „…oder nehmen diese Geisteswelten von außen Einfluss auf das Denken, Wollen und Handeln des Individuums?“

    Der Einfluss ist zunächst von innen, nicht von außen. Und wirkt sich meistens einfach nur über Ideen aus. Ein Unterschied zu Ideen, die das Gehirn alleine hinbekommt, ist praktischerweise kaum erkennbar.

    „Ich stelle mir das für mich schwierig vor, wenn ich annehmen müsste, ich wäre nicht allein „Herr im eigenen Haus“ (Freud).“

    Die eigene Geistesseite bleibt ziemlich persönlich, man bleibt zu 90 % Herr im eigenen Haus. Nur hin und wieder bewegt man sich auch mal auf andere zu, geistesbedingt.

    So oder so hat man seine Autonomie, und tut letztlich was man wirklich will. Notfalls sogar gegen den Widerstand von Geisteswelten. Christliche Vorstellungen mögen hier abweichen, aber christlich ist eben eine spezielle Tradition, die nicht unbedingt nur geistige Wirklichkeiten abbildet.

  58. @ Balanus 05.04.2023, 12:44 Uhr

    Die Grenzziehung zwischen Geist – Materie ist heikel.

    Ich sehe es pragmatisch, wenn man das Dualismuskonzept „braucht“, so sollte man es „einführen“.

    In der Technik war man dazu praktisch gezwungen. Neuronale Systeme sind extrem komplex und noch dazu nicht streng determiniert. Man ist dabei, sie relativ erfolgreich auf „Computer Plattformen“ nachzuahmen, zu etablieren. Dann ist auch Software die Basis. Das neuronale System verarbeitet abstrakte „Muster“, letztlich auf „statistischer“ Basis, gemäß den Konzepten der Mathematik und die sind nicht „Materie“.

    Ich nehme an, Neurologen möchten den möglichst genauen Sachverhalt erkunden.

    Die „alten Elektroniker“ haben das „dualistische Softwarekonzept“ am Beginn der Entwicklung nicht gebraucht. Sie konnten die Grundfunktionen erklären, wie auch die Neurologen. Die „alten Elektroniker“ haben erstaunlich komplexe Systeme gebaut und konnten Fehler beheben. Sie konnten es auch noch der nachfolgenden Elektroniker Generation vermitteln.

    Nur bekamen die „Nachfolger“ Probleme, im Fehlerfall die immer komplexer werdende Elektronik schnell zu reparieren wenn sie keine „Tipps“ von den „Alten“ mehr bekommen konnten, weil die in Pension oder verstorben waren. Fabrikanlagen standen länger still was hohe Kosten verursacht hat.

    Man musste Konzept entwickeln derartiges zu vermeiden, die Hardware und die Prozesse formal zu beschreiben. Die Mathematiker (George Boole geb. 1815) hatten längst die Boolsche Schaltalgebra in der Schublade und die Techniker mussten nur noch darauf zurückgreifen. Dadurch war sozusagen die „Logische Denke“ formalisiert und konnte, zunächst mit den Mitteln der Mathematik „nachgeahmt“ und Prozesse sogar (z.B. auf minimalen Ressourcenverbrauch) optimiert werden.

    Die Mathematiker waren immer ihrer Zeit weit voraus. Damit konnte man sogar das „Logische Denken“ nachahmen. Diese „Schaltalgebra“ war die Vorstufe der Programmiersprachen, der Software. Die sprachlichen Konstrukte sind absolut flexibel, können völlig unabhängig vom „Einsatzort“ entwickelt werden, z.B. als „Apps“ jederzeit aus dem Internet „herunter geladen“ werden…

    Man befindet sich mit den „Apps“ eindeutig auf der „Softwareebene“. Der Kunde bezahlt den Aufwand diese Software zu erstellen, der Träger ist nahezu wertlos. Außer man kann die Software millionenfach verkaufen. Dies wurde früher von Materialisten grundsätzlich bestritten, weil es etwas „geistiges“ wie Software, grundsätzlich nicht geben könne….

  59. @Balanus 05.04. 12:44

    „Verstehe ich Sie richtig, dass menschliche Kommunikation sozusagen den Dualismus bedingt? „

    Sprache scheint eine eigene Ebene zu haben, und eine Kommunikation damit läuft zunächst nur von Bewusstsein zu Bewusstsein. Man kann diese Ebene wohl als eine Eigenwelt mit ihrer eigenen Logik und einer guten Portion von eingebautem Weltverständnis betrachten.

    „Oder, anders herum, dass man menschliche Kommunikation nur im Rahmen einer dualistischen Weltanschauung verstehen kann?“

    Sprachliche Kommunikation scheint eben eine Verständnisebene zu brauchen, ohne dem geht hier nichts. Sprache ist einerseits ein komplexes Kulturprodukt, und erfordert andererseits ein individuelles Erlernen beim nutzenden Individuum.

    Jetzt kann aber auch ChatGPT durchaus mithalten. Ein Minimum an Implementierung der Ebene sprachlicher Kommunikation scheint diese KI wohl inzwischen erreicht zu haben. Ein komplettes Bewusstsein wie unseres ist allerdings sicherlich noch nicht erreicht. Aber womöglich ein wesentlicher Teil davon.

    Ob das jetzt einen Dualismus mit der Vermutung einer eigenen Geisteswelt braucht, scheint eventuell noch offen zu sein, und wir können diese Frage u.U. noch gar nicht so recht beantworten. Wenn ChatGPT noch weiter ausgebaut wird, und neben körperlich-sinnlicher Welterfahrung auch motorische Kompetenzen entwickelt und technisches Verständnis erlernt, müsste man sich nochmal genauer überlegen, wie es hier mit Innenwelten bestellt ist.

  60. @Elektroniker // 05.04.2023, 16:27 Uhr

    » Die Grenzziehung zwischen Geist – Materie ist heikel. «

    Gilt nicht für Materialisten, für die existiert „Geist“ nicht in gleicher, greifbarer Weise, wie Materie existiert, also braucht’s auch keine Grenze.

    Ich zitiere zur Abwechslung mal Stephan Schleim:

    » Meine Sichtweise, dass Körper in gewisser Weise Geist ist, ist nicht reduktionistisch. «

    Das heißt, Materie ist gewisser Weise zugleich Geist—was natürlich bedingt, dass man „Geist“ entsprechend definiert.

    Bezogen auf die von Ihnen geliebten Apps: Materie ist der Träger der Software, immer und überall, ausnahmslos. Es gibt keinen Hinweis auf eine materieunabhängige Existenz von Software (bzw. Geist, Information, was auch immer), wobei der materielle Träger ein Gehirn, eine Schiefertafel, Papier, ein Chip, elektromagnetische Welle, oder ein Prozessor sein kann. Die Liste ließe sich nahezu endlos fortsetzen.

  61. @Balanus 06.04. 15:08

    „Gilt nicht für Materialisten, für die existiert „Geist“ nicht in gleicher, greifbarer Weise, wie Materie existiert, also braucht’s auch keine Grenze.“

    Klare Sache, aber nur für Materialisten ist es so einfach. Für Gläubige wie für Agnostiker sind Geisteswelten aber nicht so einfach abzutun. Es braucht dann eventuell tatsächliche Überlegungen, wo hier Grenzen zwischen Geist und Materie genau zu ziehen sind.

    „Es gibt keinen Hinweis auf eine materieunabhängige Existenz von Software (bzw. Geist, Information, was auch immer),..“

    Allgemeine Evidenzen haben wir sehr wenige, hier kann höchstens die Parapsychologie ein klein wenig beisteuern, was wiederum von Materialisten gerne komplett ignoriert wird. Wer allerdings eigene spirituelle Erfahrungen hat, der ist durchaus motiviert, sich mit dem Thema zu beschäftigen und sich Konzepte zu suchen, wie man Geisteswelten ins Leben integrieren kann.

    Ein gewisser Pluralismus ist hier angesichts der Verschiedenheit persönlicher Erfahrungswelten wohl nicht zu vermeiden. Das kann kompliziert werden, aber ich sehe keine vernünftige Alternative zu einem pragmatischen Pluralismus.

  62. „Es gibt keinen Hinweis auf eine materieunabhängige Existenz von Software (bzw. Geist, Information, was auch immer),..“

    Doch, gibt es, so gesehen. Ich möchte “Entwicklungspsychologie” damit assoziieren. Genauer gesagt, die https://de.wikipedia.org/wiki/Theorie_der_kognitiven_Entwicklung_nach_Piaget
    Dass ein solches Programm in jedem Embryo angelegt ist, find ich jetzt schon “Hinweis” genug.

    In dem Zusammenhang sei auch auf die https://de.wikipedia.org/wiki/Maslowsche_Bed%C3%BCrfnishierarchie verwiesen, die ist auch wie angelegt, die “Programme” entwickeln sich aber etwas anders. Gefühl und Ratio wechselwirken bei dieser Prägung.
    (Das wollte ich sowieso noch ergänzen, dass Logik sich in uns sozusagen entfaltet, und wir laden uns unser Bild von der Realität dabei herunter. Und als “integrierte Programme” befähigen sie uns, zu steuern – in meiner Einschätzung.)

    Auf den materiellen Teil des Programms wollte ich aber gar nicht hinaus, sondern auf den Teil, wo es darum geht, warum man bei Libet nicht “den Punkt” findet, an dem der Wille sich lokalisiert.

    Vielleicht ist dieser Punkt ja “anders abstrakt”.
    (“Manche Menschen haben einen Horizont mit dem Radius Null und nennen das ihren Standpunkt”.)

    Mich fragte mal wer, “ob Ablehnung eine Beschäftigung sei”. (Es zankten sich welche über Glauben, also “nicht-Existentes”, die waren offensichtlich sehr beschäftigt.) Aber natürlich ist es keine “Tat” (wenn ich nichts mit was zu tun haben will), also Handlung im Libet´schen Sinne.

    Libet unterscheidet nicht wirklich zwischen Beschäftigung und Bewegung, wodurch er einen Bogen um die eigentliche Handlungsplanung machen kann.
    Diese setzt sich nicht nur aus diversen anderen Hirnleistungen zusammen, sie steht und fällt mit der Instanz “Aufmerksamkeit”, die sich aus Fokussierung und selektiver Wahrnehmung zusammen setzt.
    Und wenn ich was ablehne, greife ich in diesen Schaltkreis ein und determiniere damit meinen zukünftigen Beschäftigungsradius.

    Für die Fähigkeit zu steuern braucht das Schiff auch einem Mast, nicht nur das Ruder.

    (Libets Aufmerksamkeit war wohl auf die Segel gerichtet und dann ist das Konzept “Anker” dazwischen gekommen.)

    Das kann kompliziert werden, aber ich sehe keine vernünftige Alternative zu einem pragmatischen Pluralismus. Oh, ich bin ganz sicher, dass alles viel einfacher wäre wenn wir die Komplexität des Ganzen weniger leugnen würden.

    Eigentlich unterliegt Denken ja nicht der Schwerkraft. Mir scheint, das wird oft übersehen. Vielleicht ist der Freie Wille ja wirklich dafür angelegt, es uns leichter zu machen.

  63. @ Balanus 06.04.2023, 15:08 Uhr

    Zitat: „Gilt nicht für Materialisten, für die existiert „Geist“ nicht in gleicher, greifbarer Weise, wie Materie existiert, also braucht’s auch keine Grenze.“

    Eben genau deswegen weil „Geist“ nicht in gleicher, „angreifbarer Weise“, wie Materie existiert, aber auf jedem Fall existiert, also etwas grundsätzlich anderes als Materie ist, einer völlig anderen Kategorie angehört, wird er von den Informatikern als eigene Kategorie behandelt.

    Für Informatiker gehört vermutlich alles (Raum??? …. Zeit???) eine der 3 grundlegenden Kategorien Materie (Prozessor), Prozess, oder Geist (Information) an.

    Immer die gleiche „Information“ kann auf der DNA „abgebildet“ werden (und auch genetische Prozesse steuern), oder in Stein gehauen werden, mit Druckerschwärze auf Papier „abgebildet“ werden, oder elektronisch im Computer „abgebildet“ werden….. Umgekehrt könnte z.B. im Computer berechnete Information einer DNA „aufgeprägt“ werden, oder ausgedruckt werden, oder eben genetische Prozesse steuern….

    Zitat: „Das heißt, Materie ist gewisser Weise zugleich Geist—was natürlich bedingt, dass man „Geist“ entsprechend definiert.“

    Das stimmt. Geist wird so, man nennt es in der Informatik „deklariert“, dass es eben nur auf die Information ankommt und die Träger Materie im Bereich der Informationsverarbeitung belanglos bleibt.

    Zitat: „Materie ist der Träger der Software, immer und überall, ausnahmslos. Es gibt keinen Hinweis auf eine materieunabhängige Existenz von Software ……“

    Die Besonderheit von Software, im Vergleich zu Hardware ist, dass immer die gleiche Software z.B. „beliebig kopiert“ werden kann, auf verschiedene beliebige Träger, sogar über das Internet in die „Ferne“, die „Träger“ ändern sich nach Belieben, die Software bleibt gleich. Das ist letztlich ein Gewinn bringendes „Geschäftsmodell“. Die Gene werden übrigens auch „kopiert“ „gemixt“ und steuern die Produktion neuer „Nachkommen“…..

    Sie können aber keineswegs einen Goldbarren beliebig z.B. auf ein Stück Holz „kopieren“ und dann entstehen womöglich neue gleiche Goldbarren.

    Es kommt nicht darauf an, dass Software Hardware „braucht“, es kommt Elektroniker/Informatiker darauf an, dass Software mobil und kopierbar ist, auf eine Schiefertafel, Papier, Chips, elektromagnetische Wellen, oder Prozessoren und dabei unverändert bleibt. Materie ist es nicht. Deswegen existiert Software, verhält sich grundsätzlich anders als Hardware, ist eine eigene Kategorie und das Konzept hat sich bestens in der Informatik bewährt…..

    In der Dualismusfrage werde ich emotional, weil Materialisten ehemals genau die Erstellung von Software (was einige Zeit auch zu meinem Job gehörte) als kriminell gesehen haben, weil sie die Existenz von „Software“ für prinzipiell unmöglich gehalten haben. Das ist so absurd, als würde jemand gegenüber einen Bäcker behaupten, er wäre ein Betrüger, weil es „Mehl“ gar nicht gibt….

  64. @Elektroniker – Das ist so absurd, als würde jemand gegenüber einen Bäcker behaupten, er wäre ein Betrüger, weil es „Mehl“ gar nicht gibt…. Mit einem Verbot hätten sie den Goldbarren “Programmierung” in ein plumpes Holzstück verwandelt – und gleich verbrannt. (Da sitzt die “Sprachmacht”, schätze ich: bei Verboten, “Selektion”.)

    Danke auch für deine anderen Bilder, finde ich sehr befruchtend:

    .eine der 3 grundlegenden Kategorien Materie (Prozessor), Prozess, oder Geist (Information)
    Ich kannte bislang nur “Materie, Energie und Information”, wobei mir “Energie” irgendwie vage bleib. Mit “Prozessen” kann ich mehr anfangen.
    (Da werd ich emotional – Dreifaltigkeit!)

    Sowie die “Boolsche Algebra” – wenn ich das richtig verstehe, kann dadurch zwischen “Und/Oder” unterschieden werden. Richtig?
    Ich hatte es erst mit dem assoziiert, was ich als “Transferleistung” kenne (wenn Bohnen vom Kochen mit Salz hart werden, fügt man dieses auch bei Erbsen erst nach dem Kochen zu, weil beides Leguminosen sind und diese Oberflächeneigenschaft gemeinsam haben), aber es scheint mir eher ein Werkzeug/App zur Überprüfung solcher “Gedankengänge”. (Oder doch “formulieren können” (des Sachverhaltes) und nicht prüfen? Von Computern hab ich keinen Schimmer.)

    An dieser Stelle möchte ich noch anmerken, dass “Raumkoordinaten” viel älter sind als “Sprache” – aber unsere Sprachkonzepte darauf beruhen.
    (Eine Echse nimmt vorne wahr, aber nicht Tiefe; oben, aber nicht Höhe;
    Seiten, aber weder Breite, noch rechts oder links oder gar “Himmelsrichtungen”.

    ——————-
    Zurück zu Libet und der Aufmerksamkeit, bzw. dem Willen.

    Möglicherweise ist der Grund, warum Herr Kuhn seins dazu am ersten April veröffentlicht hat (was mich hierher brachte), dass “die Aufgabe”, die von den Probanden bewältigt werden sollte, was von “Denken sie nicht an rosa Elefanten” hatte. (Was passiert? Man denkt an rosa Elefanten.)
    “Und wenn sie dann an einen denken, dann drücken sie “spontan” auf den Knopf!”

    Dieses “Warten auf den Impuls” ist aberwitzig und ignoriert die “selektive Wahrnehmung” komplett.

    Wenn schon Wille nicht ohne Wahrnehmung definierbar ist, wie weit kommt man dann wohl beim Freien Willen damit?

  65. @Elektroniker // 06.04.2023, 22:56 Uhr

    » Es kommt nicht darauf an, dass Software Hardware „braucht“, …«

    Doch, tut es, Software ohne Hardware ist völlig nutzlos, und ohne Trägermaterial gibt es keine. Das gilt unbeschadet der Tatsache, dass Hardware und Trägermaterial in gewissem Rahmen austauschbar sind.

    » In der Dualismusfrage werde ich emotional, weil Materialisten ehemals genau die Erstellung von Software (was einige Zeit auch zu meinem Job gehörte) als kriminell gesehen haben, weil sie die Existenz von „Software“ für prinzipiell unmöglich gehalten haben. «

    Die Existenz von „Software“ ohne Trägermaterial ist nach wie vor—bis zum Beweis des Gegen-
    teils—prinzipiell unmöglich.

    Wenn Sie zugestehen, dass Software immer eines Trägers bedarf, dann sind Sie kein (Substanz-)Dualist. Finden Sie sich damit ab … 🙂

  66. @Balanus 07.04. 11:02

    „Die Existenz von „Software“ ohne Trägermaterial ist nach wie vor—bis zum Beweis des Gegenteils—prinzipiell unmöglich.“

    „Prinzipiell unmöglich“ zu behaupten ist schon eine starke Aussage, die m.E. selber einen Beweis gut gebrauchen kann.

    Die Software kann schon im Bewusstsein des Programmierers fertig entwickelt sein, und der Programmierer kann das Programm jahrelang mit sich herumtragen, bis er es irgendwann doch in einen Rechner hackt.

    „Wenn Sie zugestehen, dass Software immer eines Trägers bedarf, dann sind Sie kein (Substanz-)Dualist. Finden Sie sich damit ab …“

    So einfach ist das nicht. Auch Geisteswelten könnten sich schon mal eine Softwarelösung überlegen, die dann per Inspiration von einem menschlichem Programmierer implementiert wird. Bis dahin existiert sie nur im Geist.

  67. @Viktualia // 07.04.2023, 10:56 Uhr

    Zu Libet:

    » Dieses “Warten auf den Impuls” ist aberwitzig und ignoriert die “selektive Wahrnehmung” komplett. «

    Womöglich liegt hier ein Missverständnis vor. Wenn der Versuchsleiter sagt, ich soll innerhalb der nächsten 5 min die Hand bewegen, dann werde ich das halt innerhalb dieses Zeitraums tun, und zwar genau dann, wenn mir danach ist. Mehr ist nicht bei diesem „Warten auf den Impuls“.

    Es ist, wie Stephan Schleim im Beitrag schreibt: » Dem Forscher ging es […] um die zeitliche Dynamik von Bewusstseinsprozessen. « Und zwar in Relation zu bewussten, willentlichen bzw. willkürlichen Hand- oder Fingerbewegungen.

    Schon lange vor Libet gab es die neurobiologische Nullhypothese, dass das Bewusstsein als solches nicht der kausale Ursprung von willentlichen Aktionen sein kann, d.h. es gibt keine direkte mentale Verursachung.

    Libets Versuche hatten das Potential, diese Nullhypothese in begründete Zweifel zu ziehen („zu falsifizieren“, wäre wohl angesichts der Kompliziertheit der Materie zu viel gesagt). Nämlich dann, wenn das Bereitschaftspotential zeitgleich mit dem bewusst erlebten Handlungsimpuls aufgetreten wäre. Tat es aber nicht, und der mögliche Abbruch der unbewusst initiierten Handlung rund 150 ms vor seiner Ausführung ändert auch nichts daran.

    Es ist also nicht verwunderlich, dass Libets Versuche weithin als Bestätigung der existenten neurophysiologischen Nullhypothese angesehen wurde—und auch heute wohl noch wird. Denn gegenteilige Befunde, die eine direkte mentale Verursachung von Handlung aus dem „Bewusstsein“ (bewussten Erleben) heraus nahelegen würden, gibt es meines Wissens nicht.

    ——-
    06.04.2023, 22:38 Uhr

    » Doch, gibt es, so gesehen. [nämlich einen Hinweis auf eine materieunabhängige Existenz von Software (bzw. Geist, Information, was auch immer)] . Ich möchte “Entwicklungspsychologie” damit assoziieren. […] Dass ein solches Programm in jedem Embryo angelegt ist, find ich jetzt schon “Hinweis” genug. «

    Aber hierbei fungiert doch der Embryo bzw. sein Genom als „materieller Träger“ des Entwicklungsprogramms bzw. der Erbinformation.

  68. @Tobias Jeckenburger // 07.04.2023, 14:10 Uhr

    » Die Software kann schon im Bewusstsein des Programmierers fertig entwickelt sein, und der Programmierer kann das Programm jahrelang mit sich herumtragen, bis er es irgendwann doch in einen Rechner hackt. «

    Gemäß der oben erwähnten und bislang nicht falsifizierten neurobiologischen Nullhypothese wären die dynamischen neuronalen Zustände bzw. Aktivitätsmuster der oder die Träger der Software-Idee.

    Die Beweislast, dass dem nicht so ist, liegt bei denen, die anderes behaupten.

  69. @ Balanus 07.04.2023, 11:02 Uhr

    Zitat: „Die Existenz von „Software“ ohne Trägermaterial ist nach wie vor—bis zum Beweis des Gegenteils—prinzipiell unmöglich.“

    Diese Aussage Widerspricht nicht meiner Erfahrung.

    Aber sehr wohl die ehemalige Aussage/Meinung eines philosophisch gebildeten, materialistischen Altphilologen.

    Für ihn war es absolut unmöglich, dass „Software“ (Geistiges) einfach, z.B. über Telefon oder Radiowellen, in die Welt hinaus, z.B. von D. nach Bombay „übertragen“ wird, wie heutzutage eine „App“. Dort in eine Maschine (wie heutzutage in ein Smartphone) „eingespielt“ wird und Prozesse steuert.

    Das würde nämlich bedeuten, das die „Software“, das „Geistige“, in z.B. 100 Maschinen weltweit, „weiterexistieren“ könnte, auch wenn die „Software Maschine“ in D. verschrottet würde. Und derartiges sei absolut unmöglich, verrückt oder kriminell so etwas zu behaupten.

    Dass Information wegen der “Kopien” nach der Verschrottung “der alten Hardware” weiter existiert, die “alte Hardware” aber nicht, das ist das Problem.

    Kriminell deswegen, weil der Techniker recht wohlhabend geworden ist, weil er seiner Firma viel Geld, z.B. Reisekosten, eingespart hat.

    Der alte Altphilologe hat deswegen einen jungen „Techniker Kollegen“, der zufällig sein Nachbar war, bis zu seinem Lebensende von der Polizei als Betrüger verfolgen lassen…..

    Softwarehändler verdienen nur an der Software, daher ist ihnen die Hardware weitgehend egal….

    Die „Naturgesetze“ sind vermutlich „Information“, sie werden noch existieren, wenn wir alle tot sind, „brauchen“ möglicherweise nur „Raum und Zeit“, keine Materie, damit fängt vermutlich „alles“ an.

  70. @ Tobias Jeckenburger 07.04.2023, 14:10 Uhr

    Zitat: „Auch Geisteswelten könnten sich schon mal eine Softwarelösung überlegen, die dann per Inspiration von einem menschlichem Programmierer implementiert wird. Bis dahin existiert sie nur im Geist.“

    Wenn Sie unter „Geisteswelten“ die in der Natur vorkommenden Dynamiken meinen, wie sie aus „sich selbst heraus“ Systematiken die „Softwarecharakter“ haben entwickelten, wie z.B. DNA und systematische Mutationsmechanismen (so etwas wie „Zufallsgeneratoren“) entstanden sind, sehe ich es wie Sie.

  71. @Balanus

    Die Informatiker haben keine Problem damit, dass gemeinsam mit „Software“ auch immer irgendeine „Hardware“ vorhanden ist.

    Aber die „Materialisten“ haben Probleme zu akzeptieren, dass sich „Software“ mittels Kopierprozessen einfach „etwas unsterblich“ macht. Das hat sogar die „DNA Software“ geschafft und Theologen ist das schon vor Tausenden Jahren aufgefallen…..

  72. @Elektroniker

    » Aber die „Materialisten“ haben Probleme zu akzeptieren, dass sich „Software“ mittels Kopierprozessen einfach „etwas unsterblich“ macht. «

    Wo haben Sie denn das aufgeschnappt?

    Wenn Software kopiert wird, dann landet sie schlicht auf einem neuen Trägermaterial. So lange man das immer wieder fehlerfrei wiederholen kann, bleibt die Software erhalten (und funktionstüchtig). Wo soll da das Problem sein?

    » Das hat sogar die „DNA Software“ geschafft…«

    Apropos DNA: Wenn eine Art ausstirbt, dann verschwindet mit ihr auch die spezifische genetische Information.

    Woran man wieder einmal sieht: Ohne einen physischen Träger gibt es keine Software und keine Information, niente…

  73. @Balanus – und zwar genau dann, wenn mir danach ist. Mehr ist nicht bei diesem „Warten auf den Impuls“.
    Klar. Aber wie “normal” ist es, vor einer Handlung – und dann auch noch so einer banalen – darauf zu warten, wann einem “danach ist” und sie erst dann auszuführen?
    Kanntest du das mit dem Elefanten? Ich sehe da wirklich ne ziemliche “Ablenkung vom Thema”. Da fand ich den Aufbau bei den Affen, mit zwei verschiedenen Griffen und der unterschiedlichen Wartezeit, um Längen objektiver.

    Schon lange vor Libet gab es die neurobiologische Nullhypothese, dass das Bewusstsein als solches nicht der kausale Ursprung von willentlichen Aktionen sein kann, d.h. es gibt keine direkte mentale Verursachung.
    Danke für die Info, das mit dem Aprilscherz saß mir jetzt echt quer.
    Aber mit solch einem Ansatz würde ich als Therapeutin ja nur völlig baden gehen.
    Ich schätze, mein Problem an der Sache ist, dass gerade weil “das Bewusstsein als solches nicht der kausale Ursprung von willentlichen Aktionen sein kann” ich von einer mentalen Verursachung ausgehe.
    (Da ich diesen Film mit “Wachsen” fahre: “Die Emergenz differenziert sich”.)

    Aber hierbei fungiert doch der Embryo bzw. sein Genom als „materieller Träger“ des Entwicklungsprogramms bzw. der Erbinformation.
    Ich hatte es angedeutet: ich wollte den link sowieso gerade einstellen, als ich die Frage sah und es dann darauf bezog, weil es (mir) so schön passte.
    Denn “Erbinformationen” gestalten bis hin zu den individuellen Details wie der Augenfarbe; das mit der kognitiven Entwicklung ist ja wie “ein Augenpaar” oder die Beine, also Teil der Grundausstattung. Darauf wollte ich hinaus. Ein “nicht materielles Organ”/eine Funktion, die dafür sorgt, dass die Hardware auch in Besitz genommen wird. (“Die Logik” als Organ, in Form der kognitiven Entwicklung.)

    Natürlich hast du Recht – aber da ich weiß, dass ich keine Maschine bin, tu ich mich schwer, das so zu sehen.

    Die Existenz von „Software“ ohne Trägermaterial ist nach wie vor—bis zum Beweis des Gegenteils—prinzipiell unmöglich.“
    Mir fällt gerade auf: ich geb dir von der anderen Seite her Recht:
    Da es um mir um die Entwicklungspsychologie ging, ist da ja noch die “Trägersubstanz Mutterliebe” oder halt deren adäquate Aufmerksamkeit. Ohne diese funktioniert es auch nicht, dann führen die angelegten Programme zu einem vollkommen anderen Gebrauch der Hardware. (Es kommt nicht nur zu quantitativen, auch zu qualitativen Einbußen.)
    ————-
    Was wäre mit “Sprache als Trägersubstanz”?
    Nur weil Sprache selbst Träger braucht, Stimmbänder und Atem, ist sie doch immateriell und eine Software. “Grammatik-Apps” (mit Altersbeschränkung), das sagt mir gleich was.

    Frohe Ostern übrigens!

  74. @Balanus, ich glaube, @Elektroniker meint auch “Sprache”, als unsichtbaren Informationsträger.
    Und dass sowohl Theologen als auch Materialisten da Schnappatmung wegen der Deutungshoheit bekommen, kann ich mir gut vorstellen.

  75. @ Balanus 07.04.2023, 21:50 Uhr

    Zitat: „Wo haben Sie denn das aufgeschnappt?“

    Der im Beispiel angeführte Altphilologe war ein derart fanatischer Atheist, dass er die „Softwaretechnik“ als neueste „Betrugsmasche“ sah, die man den verhassten „Pfaffen“ abgeschaut hat.

    Auf derartige Argumente kommt man auch als durchaus phantasievoller Techniker nicht so leicht.

    An sich war man ehemals gegenüber der Softwaretechnik allgemein sehr kritisch eingestellt. Juristen und Steuerfachleute hielten Software nicht für wirklich real und werthaltig. Eher für eine neue Betrugsmasche. Sie haben die hohen Erstellungskosten nicht anerkannt, wollten nur die Kosten der Datenträgers bei der steuerlichen Abschreibung der Computer nutzenden Großfirmen berücksichtigen.

    Für die Elektroniker/Informatiker war es amüsant und sie haben nur noch darüber gelacht, wenn sie wieder einen neuen Mechanismus ausgeheckt haben, dessen Existenz die Theologen behauptet haben, an die aber praktisch kaum wer ernsthaft „geglaubt“ hat.

    Mitunter nicht einmal Theologen selbst. Ein vom Informatik Studium „abgesprungener“ ehemaliger WG Kumpel hat auch (wegen der ungläubigen Theologen) gemeint, die Informatiker wären noch verrückter als die Pfaffen…..

    Es hat viele „Zwischenstufen“ gegeben, bis die Konzepte sich auf den derzeitigen Stand bis hin zur KI entwickelt haben.

    Zitat: „Wenn Software kopiert wird, dann landet sie schlicht auf einem neuen Trägermaterial. So lange man das immer wieder fehlerfrei wiederholen kann, bleibt die Software erhalten (und funktionstüchtig). Wo soll da das Problem sein? …….

    Apropos DNA: Wenn eine Art ausstirbt, dann verschwindet mit ihr auch die spezifische genetische Information.“

    Das ist noch komplexer als es aussieht. Es gibt Mechanismen die die Entwicklung fördern (Mutationen) oder bremsen (Immunsystem). Außerdem gibt es nicht nur den „genetischen Entwicklungsstrang“, sondern auch einen „memetischen“, sozusagen das gesamte „Betriebssystem“ (incl. Instinkte, Erfahrungen, Ideologie, ….?).

    Sicher ist nur, der Körper stirbt, große Mengen an Information, in welcher Variation auch immer, existieren weiter, auch wenn deswegen der erwähnte alte „Altphilologe“ in seiner Kiste rotiert…..

  76. @Elektroniker

    » Sicher ist nur, der Körper stirbt, große Mengen an Information, in welcher Variation auch immer, existieren weiter, …«

    Nichts existiert weiter, wenn die die gesamte Art ausstirbt und restlos vom Erdboden verschwindet.

  77. @Viktualia

    » Aber wie “normal” ist es, vor einer Handlung – und dann auch noch so einer banalen – darauf zu warten, wann einem “danach ist” und sie erst dann auszuführen? «

    Im Rahmen von Libets wissenschaftlicher Fragestellung: völlig „normal“. Mehr noch, die meisten Neurowissenschaftler fanden Libets Versuchsanordnung pfiffig. Ansonsten hätte man Libets Arbeit wohl kaum zur Publikation angenommen.

    » Danke für die Info, das mit dem Aprilscherz saß mir jetzt echt quer. «

    Ich gehe jetzt mal davon aus, dass du auf die folgende Anmerkung von Josef Kuhn anspielst:

    Noch radikaler haben manche Strömungen der Neurowissenschaften das Rationalitätskonzept menschlichen Handelns infrage gestellt, etwa im Gefolge der Experimente von Benjamin Libet.

    Wenn dieser Satz nicht nur scherzhaft gemeint ist, dann kommt darin—meinem Verständnis nach—ein Stück weit das von Stephan Schleim beklagte Missverständnis von Libets Experimenten zum Ausdruck.

    Die Einsicht, dass auch menschliches Verhalten und Handeln neurobiologisch determiniert ist, schließt keineswegs das Kuhnsche „Rationalitätskonzept“ aus. Ausgeschlossen wird lediglich die Idee, die Ratio sei etwas genuin Geistiges und somit nicht das Resultat neurophysiologischer Prozesse—die wir zum Teil als Bewusstseinsinhalte erleben.

    So in etwa sehe ich das 😉

    Ebenfalls frohe Ostern … allen hier in der Runde!

  78. @Balanus 08.04. 11:47

    „Ausgeschlossen wird lediglich die Idee, die Ratio sei etwas genuin Geistiges und somit nicht das Resultat neurophysiologischer Prozesse—die wir zum Teil als Bewusstseinsinhalte erleben. ”

    Jetzt macht es allerdings auch Sinn, eben rationale Prozesse zu beobachten und zu untersuchen, wenn es eben um diese geht. Eine Handhebung nach Belieben ist nun mal kein solcher Prozess.

    Ob in der wirklichen Ratio wirklich überhaupt keine Geisteswelten beteiligt sind, ist denn nun auch ein Postulat, und keine wirklich gesicherte Erkenntnis. Die steht m.E. in jedem Fall noch aus.

    Wie genau die Ratio physiologisch implementiert ist, ist allemal eine sehr interessante Frage. Ob ich das noch erleben werde, dass man hier fündig wird, ist allerdings derzeit wohl noch unklar. Eher werde ich es womöglich noch erleben, dass KI entsprechende Fähigkeiten entwickelt, und wir wenigstens schon mal gucken können, wie das dann genau funktioniert. Ob das bei uns dann auch genau so funktioniert, wäre aber auch dann immer noch nicht selbstverständlich.

  79. @Balanus –
    Ausgeschlossen wird lediglich die Idee, die Ratio sei etwas genuin Geistiges und somit nicht das Resultat neurophysiologischer Prozesse
    Ich dreh es halt um: die Ratio ist das Resultat neurophysiologischer Prozesse – und wird erst bei “abgeschlossener Entwicklung” zu etwas “genuin Geistigem”.
    “Die Logik” funktioniert doch gar nicht bei jedem, der Umgang muss doch erst trainiert werden. Und erst dann kann man “die Wirklichkeit erfassen”. Vorher ist es “nur Wahrnehmung”. Und Gefühle.

    Die “Schöpferkraft” (also Geist/Bewusstsein) ist nur in dem Maße erhältlich, wie Verantwortung übernommen werden kann.
    Und “Verantwortung” besteht darin, die Realität nicht zu leugnen. Auch nicht die der Gefühle, des Herzens.
    Ein Künstler ist doch kein Gott – er lässt sich auf das Material ein.
    Und “normale Geister” erzielen Ergebnisse. Mit ein wenig Glück ist das dann auch sehr lustvoll.

    (Hab grad ne Riesentafel geschrieben und, weil viel zu lang, abgespeichert. Über KI.) Aber ich sehe nicht, dass es an unserem Unwissen über “Bewusstsein” liegt – sondern an unserer Kultur zu leugnen, wie wir funktionieren.

    Am Anfang war nicht “das Wort”, sondern die Nerven.
    Eine “bewusste Bewegung” funktioniert nicht weil wir ein Stammhirn haben, das innerviert nur reflektorisch.
    Jede bewusste Bewegung kreuzt oberhalb des Stammhirns und landet bei der anderen Hirnhälfte (bzw. geht von dort aus.)

    Ein “Gang” funktioniert nur, wenn beide Beine sowohl als Stand- wie auch als Spielbein eingesetzt werden können. Ja, “Bewegung” war der Motor der Evolution – aber doch nicht das Stammhirn, sondern Augen und Gleichgewicht machen den Kohl Fett.

    Und diese Computer-Konstrukteure simulieren nicht mal die Augen, obwohl die bereits bei Echsen aus dem Hirn geploppt waren. (Augen können sowohl bewegte als auch unbewegte Objekte fixieren, indem sie den jeweiligen Hintergrund ausblenden.)

    Ich komm bei dieser angewandten Unterkomplexität nicht mit.
    Was soll das mit der “Dualität von Materie und Geist”? – Die Evolution hat eigentlich nur “Stillstand und Bewegung” sinnig geordnet, damit es in Gang kam.

  80. @Tobias Jeckenburger – Wie genau die Ratio physiologisch implementiert ist, ist allemal eine sehr interessante Frage. Ob ich das noch erleben werde, dass man hier fündig wird, ist allerdings derzeit wohl noch unklar. Eher werde ich es womöglich noch erleben, dass KI entsprechende Fähigkeiten entwickelt,
    Das ist mehr künstlich als intelligent, fürchte ich.

    Hast du in den link über die https://de.wikipedia.org/wiki/Theorie_der_kognitiven_Entwicklung_nach_Piaget geschaut, oder mal was anderes in der Richtung gelesen?
    “Die Theorie der kognitiven Entwicklung nach Piaget ist eine umfassende Theorie über die Natur und Entwicklung menschlicher Intelligenz. Sie geht auf den Schweizer Entwicklungspsychologen Jean Piaget zurück. Die Theorie befasst sich mit der Natur von Wissen und Erkenntnis, mit deren Erwerb, Konstruktion und Gebrauch.[1] Piagets Theorie ist hauptsächlich als Theorie kognitiver Entwicklungsstufen bekannt.”
    Und das ist schon gut 100 Jahre her…

    Mich hat vor allem die Geschichte mit “Volumen” immer fasziniert – im Stadium der “präoperationalen Intelligenz” (2-7 Jahre) kann ein Kind anfangs nicht begreifen (i.S.v. “sehen”), dass zwei Gläser die gleiche Menge Wasser enthalten, wenn eins schmaler und das andere breiter ist.
    Das schmale Glas enthält – in ihren Augen – mehr Inhalt.
    Da kannst du auch vor seinen Augen einschenken, das dauert, bis dieses “Wissen” überhaupt angenommen werden kann.

    Erst mit gut 7 Jahren kann so ein kleiner Geist erfassen, dass es mehr als eine Richtung gibt; dass Höhe, Breite, Tiefe existieren.
    Vorher gibt es keine Möglichkeit “von hier bis da” zu denken.

    Interessant finde ich allein schon zu sehen, wie diese Dinge aufeinander aufbauen – aber nicht vergessen: parallel läuft beim kleinen Menschen noch die emotionale Entwicklung. Und so wie es Nahrung und Wärme braucht, braucht es die Aufmerksamkeit und Zuneigung anderer Menschen.

    Damit es vom Egoismus zur Identität gelangen kann – und in der Lage ist, Logik zu gebrauchen. Unabhängig von der Bestätigung durch andere.

    Dabei geht es um Erwachsen sein – und nicht um Bewusstsein.
    ——————————
    Ich hab nach nem link über diese Plastizität gesucht und diesen, etwas plakativen aber informativen Artikel gefunden: https://www.focus.de/wissen/natur/kluge-koepfchen-kindergehirn_id_1857925.html
    (Eine Aufzählung der neusten Forschungsergebnisse; die Schlüsse daraus sind mir etwas zu sehr auf Kinder bezogen. Das erwachsene Hirn ist nicht nur bei Schlaganfallpatienten noch plastisch. Aber als Überblick ist es brauchbar.)

  81. @Tobias Jeckenburger // 08.04.2023, 13:31

    » Jetzt macht es allerdings auch Sinn, eben rationale Prozesse zu beobachten und zu untersuchen, wenn es eben um diese geht. «

    Das ist schon allein aus methodischen Gründen extrem schwierig, wenn nicht gar unmöglich.

    @Viktualia hatte auf die Versuche an Affen hingewiesen, da ging es um geplante Bewegungen. Planen würde ich schon den einfachen rationalen Prozessen zuordnen. Für solche Versuche wird man wohl kaum menschliche Teilnehmer finden (wer lässt sich schon nur zur Befriedigung der wissenschaftliche Neugier den Schädel öffnen?).

    Und alle Aktivitäten, die man im Hirn messen kann, resultieren aus vorangegangenen Aktivitäten. Das ist der aktuelle Kenntnisstand (Spontanentladungen können die relevanten, zielgerichteten neuronalen Aktivitäten vielleicht modulieren, sie aber nicht ersetzen).

    Und noch ein Gedanke speziell zum Blog-Thema: Wenn schon eine simple Handbewegung ohne Beteiligung des Bewusstsein initiiert werden kann, warum sollte das bei der „Initiierung“ von Gedanken, Ideen, Plänen, Wünschen und/oder Zielvorstellungen anders sein?

    » Ob in der wirklichen Ratio wirklich überhaupt keine Geisteswelten beteiligt sind, ist denn nun auch ein Postulat, und keine wirklich gesicherte Erkenntnis. «

    Nein, ich denke nicht, dass es hier um ein Postulat handelt. Das ist nach meinem Verständnis so wenig ein Postulat, wie die Feststellung, dass es keine Lebenskraft (élan vitale) gibt.

    Wenn Menschen auf die Idee kommen, es müsse eine Lebenskraft oder Geisteswelten geben, haben aber nichts in der Hand außer vielleicht subjektive Erfahrungen, dann genügt es, auf den aktuellen Kenntnisstand zu verweisen. Wenn alle bisherigen wissenschaftlichen Befunde keinen Hinweis auf die Existenz bloß angenommener oder vermuteter Dinge liefern konnten, dann ist im Umkehrschluss deren Nichtexistenz so gut wie gesichert.

    Mit anderen Worten, es bleibt für Andersgläubige immer noch ein winziges Stück Hoffnung, dass man vielleicht doch mal was finden könnte… 😉

  82. @Viktualia

    » Erst mit gut 7 Jahren kann so ein kleiner Geist erfassen, dass es mehr als eine Richtung gibt; dass Höhe, Breite, Tiefe existieren. «

    Das widerspricht meinen Erfahrungen mit drei-bis vierjährigen Kids auf dem Klettergerüst.

  83. 1. Das ‘Geistige’ ist nicht Ergebnis von physiologischen Prozessen, das Geistige ist physiologischer Prozess. Man hat in einem Körper noch nie etwas anderes als Physis gefunden.
    2. Das Unbewusste im Rahmen des Libet-Experimentes mit der Physis gleichzusetzen, ist Unsinn. Es würde im Umkehrschluss bedeuten, dass das Bewusste nicht-physisch ist.
    3. Achten Sie darauf, nicht Begriffe aus verschiedenen Begriffssystemen zu verbinden, ohne vorher eine gemeinsame Begriffsbasis geschaffen zu haben. So ist die Frage, wie aus Materie Geist entsteht, von vornherein falsch gestellt, denn Materie ist Physik, Geist ist Philosophie. Sie fragen ja auch nicht, wie sich anhand des Designs eines Autos seine Motorleistung erklären lässt.

  84. @Balanus 09.04. 12:25

    „Wenn Menschen auf die Idee kommen, es müsse eine Lebenskraft oder Geisteswelten geben, haben aber nichts in der Hand außer vielleicht subjektive Erfahrungen, dann genügt es, auf den aktuellen Kenntnisstand zu verweisen.“

    Ja insbesondere, wenn Sie selbst keine entsprechenden subjektive Erfahrungen haben, haben Sie hier eine eigene Evidenz gegen die Geisteswelten.

    Entsprechend sehe ich hier nur einen Pluralismus als einzige Möglichkeit, mit den sehr verschiedenen Erfahrungen vernünftig umzugehen. Vorerst zumindest. Aus meiner Sicht sind Nachweise von Wechselwirkungen von Geisteswelten mit der Physis aber durchaus möglich.

    @Viktualia 08.04. 18:49

    „Das ist mehr künstlich als intelligent, fürchte ich.“

    ChatGPT erscheint erstaunlich intelligent zu sein, allerdings wohl weil Sprache als koordiniertes Kulturprodukt eine Menge Welterfahrung in sich selbst abbildet, was sich diese KI im Training mitangeeignet hat.

    Entsprechend ist richtiges Weltverständnis in der KI dann doch nicht so schnell zu erwarten. Aber KI bietet auch eine Möglichkeit, zu untersuchen, wie es zu Ergebnissen kommt, auch wenn diese Ergebnisse hinter unseren Fähigkeiten noch weit zurück bleiben.

    „Damit es vom Egoismus zur Identität gelangen kann – und in der Lage ist, Logik zu gebrauchen. Unabhängig von der Bestätigung durch andere.
    Dabei geht es um Erwachsen sein – und nicht um Bewusstsein.“

    Die zeitlichen Dimensionen der Entwicklung sind in der Tat ein sehr wichtiger Aspekt. Und hier sind wir auch mit der Volljährigkeit noch nicht am Ende. Weiter geht es mit der Entwicklung in der Berufsausbildung und in den Anforderungen der Arbeitspraxis, derweil man auch neben immer mehr Welterfahrung auch noch jede Menge Beziehungserfahrung sammelt.

    Beides geht immer mehr ins Detail, und entsprechend der verschiedensten Erfahrungswelten fächern sich die Lebenswelten immer mehr auf. Hier ist kein allgemeines Ergebnis der Endpunkt der Entwicklung, sondern eine Vielfältigkeit.

    Auch das Thema Religion und spirituelle Erfahrung hat eine zeitliche Entwicklungskomponente, allerdings dann auch in Richtung Diversifizierung, für die man dann wieder einen hinreichenden Pluralismus braucht, um noch miteinander klar zu kommen. Je älter man wird, desto mehr verschiedene Menschen mit ihren verschiedenen Erfahrungswelten und Konzepten lernt man kennen, und man kann lernen, mit denen umzugehen.

  85. @ Wolfgang Stegemann 09.04.2023, 14:09 Uhr

    Zitat: „Das ‘Geistige’ ist nicht Ergebnis von physiologischen Prozessen, das Geistige ist physiologischer Prozess.“

    Mit „das Geistige ist physiologischer Prozess“ haben Sie etwas „gleich gesetzt“ was unterschiedlichen Kategorien angehört und deswegen aus logischen Gründen nicht „gleich“ sein kann.

    „Geistiges“ gehört zur Kategorie „Information“, „physiologischer Prozess“ gehört zur Kategorie „Prozess“.

    Wirklich „genau gleich“ kann etwas nur sein, wenn es der gleichen Kategorie angehört. Das ist eine selbstverständliche Grundlage in der Informatik, weil einem die Programme sonst „um die Ohren fliegen“.
    Das ‘Geistige’ ist Ergebnis von physiologischen Prozessen, kann hingegen für Informatiker eine formal korrekte Aussage sein.

  86. @Elektroniker:
    Falsch. Das Geistige ist dasselbe wie das Physische, nur aus einer anderen Perspektive.

  87. @Balanus – “Das widerspricht meinen Erfahrungen mit drei-bis vierjährigen Kids auf dem Klettergerüst.”
    Das glaub ich dir aufs Wort.
    Es ging aber ja auch um “das Bild im Kopf” und da ist halt nur ein rudimentäres Abbild von “Höhe/Breite/Tiefe”, also den Abstraktionen, die das Konzept “Volumen” ermöglichen. Und erst damit kann man “ermessen”, also entweder abschätzen oder messen, wie groß der Inhalt eines Gefäßes ist.

    Einer der Gründe, warum die Lütten so wagemutig klettern – die lernen erst, aufzupassen – bis dahin sind alle “Richtungen” gleich spannend.
    (Meine erste Reaktion – ich hab so gelacht – war zu denken, die sind ja auch im Klettergerüst.) Denen geht es ja nicht ums gucken (oder messen) die wollen klettern. Im Gegenteil ist es ja so, dass durch Dinge wie klettern und schaukeln, rennen und balancieren erst das Abbild des Raumes entsteht, dass dann auf Abstraktionen wie Länge/Breite/Höhe übertragen wird.

  88. @Elektroniker (und @Wolfgang Stegemann)
    „Geistiges“ gehört zur Kategorie „Information“, „physiologischer Prozess“ gehört zur Kategorie „Prozess“.
    Aber wie soll bitte die Kategorie “Prozess” ablaufen, ohne dass diese Physis eine Information umsetzt? Verwechselst du (@Elektroniker) da nicht die bezeichnende Sprache mit dem realen Vorgang?

    Das ‘Geistige’ ist Ergebnis von physiologischen Prozessen,
    Dass diese Aussage logischer (i.S.v. reibungsloser) ist kann ich nachvollziehen, aber das Geistige, das wir erleben, ist doch auch immer ein “Informierender Prozess”.

    Das Geistige ist dasselbe wie das Physische, nur aus einer anderen Perspektive.
    Nicht dasselbe, das Gleiche. Weiter würde ich nicht gehen.
    Und umgedreht: das Physische gleicht dem Geistigen, allein weil wir ja nur unsere Wahrnehmung haben – und die ist geistig, nicht physisch.
    (Auch wenn dieses Geistige tatsächlich Ergebnis physischer Prozesse ist…)
    ———
    @Wolfgang Stegemann –
    dass das Bewusste nicht-physisch ist. Natürlich ist es das, nicht physisch – genauso wie das Unbewusste geistig ist. (“Nicht Physisch” hab ich wieder gelöscht, “das Unbewusste” ist mMn ja durch die selektive Wahrnehmung in physischen Verdrahtungen vorhanden. Aber da hat Libet nix mit zu tun.)
    Wir sind durch Angst und Lüge an “das Tier in uns” gebunden, klingt dramatisch, aber es scheint wirklich in die Richtung zu gehen, dass dieses “Unbewusste” (unterkomplexe Bezeichnung, ja) eher darauf beruht, Entwicklungsdefizite zu repräsentieren, als dass es irgendwo nen Gott oder eine Tafel mit einem “höheren Ziel” gäbe. (Außer vielleicht “Erwachsen werden”.)
    Die Entwicklungsdefizite wirken sich auf die Wahrnehmung aus wie Scheuklappen. Sie sind physisch und schränken die Informationen ein, die ansonsten hätten verarbeitet werden können/müssen.
    Die Scheuklappen erklärt man dann sich selbst und anderen, was der Grund für mein “physisch und geistig” ist.

    Zur “offensichtlichen Abwesenheit von Bewusstsein” wollte ich mich separat noch äußern.

    anhand des Designs eines Autos seine Motorleistung erklären lässt. Nicht nur das Design ist designed, auch der Motor, das ganze Auto wird durch “Denken” konstruiert. Konstruieren ist nicht physisch. Rechnen, planen, messen sind keine materiellen Dinge, es sind Fähigkeiten des menschlichen Geistes.
    —————–
    @Tobias Jeckenburger
    Und: eine Menge Welterfahrung in sich selbst abbildet,
    Die lügt, ohne rot zu werden – https://twitter.com/lamahueterin/status/1644090722184830978

  89. @Balanus – “Und noch ein Gedanke speziell zum Blog-Thema: Wenn schon eine simple Handbewegung ohne Beteiligung des Bewusstsein initiiert werden kann, warum sollte das bei der „Initiierung“ von Gedanken, Ideen, Plänen, Wünschen und/oder Zielvorstellungen anders sein?”

    Wenn in einer großen Firma jemand selbständig eine Briefmarke aufklebt – kann man dann wirklich auf die Abwesenheit einer “höheren Instanz”, sprich, des Chefs schließen?
    Abgesehen davon, dass ich “das Bewusstsein” nicht mit “dem Chef” gleichsetzen möchte, dürften wir uns doch einig sein, dass einen guten Chef auszeichnet, dass der Laden auch ohne ihn läuft – oder?

    Was ich raus höre, ist, dass du schon irgendwie zwischen bewussten und, ich sag mal banalen Handlungen unterscheidest und keine unrichtigen Aussagen über “das Bewusstsein” machen willst. Aber für mich bist du da übers Ziel hinausgeschossen.

    Ich unterscheide zwischen der Instanz Bewusstsein als Begrifflichkeit und dem bewussten Handeln. (Als “Beschäftigungstherapeutin”, wie mein Job früher hieß, kein Wunder.) Und ich würde “bewusste Handlung” so beschreiben, dass es auf der neurologischen Ebene immer darauf ankommt, all jene Dinge rauszufiltern, die den Fokus auf das eigentliche Tun behindern. Damit “bilden sich die Komplexitätsstufen aus”: ich mach nix anderes und das kann ich dann.

    Darum muss beim Kind der Oberkörper gehalten werden können, bevor das Schreiben lernen beginnen kann – erst Arm beherrschen, dann Handgelenk und Finger. Dann Kurven und Schnörkel und so weiter, bei allen Tätigkeiten. Es baut alles aufeinander auf, wird “internalisiert”, also “neurologisch präsentiert” (Tonus, also Muskelspannung der Peripherie, plus die eigentlichen Bewegungsmuster) gespeichert und kann dann später abgerufen und auf andere Situation angepasst werden.

    Das ist “lernen”. Und nur weil Erwachsene sich öfter langweilen, seltener Spaß haben und unbewusst über Automatik laufen, kann man nicht auf die Abwesenheit von Bewusstsein schließen.
    (Wenn die dann vor lauter Unbewusstsein leiden und von Achtsamkeitsübungen profitieren schon gar nicht. https://de.wikipedia.org/wiki/Dialektisch-Behaviorale_Therapie_f%C3%BCr_Adoleszente )

    Sorry, das war ein wenig unsachlich – aber ich finde es schade, dass das Bewusstsein heutzutage so einen schlechten Stand hat.
    Als ob es darum ginge, ob es Gott vielleicht doch gäbe – es wäre der erste, der auch Humor geschaffen hat, damit könnte ich gut leben.
    (“Die Eminenz differenziert sich” – ich hab gestern Abend beim “Kleinen Einmaleins des Leib-Seele Problems” was dazu geschrieben, hier ging es ja um “Willensfreiheit”.)

    Nochmal kurz: “Initiierung” hab ich jetzt untern Tisch fallen lassen (und das mit dem Selektieren auch noch nicht ganz klar gemacht – ), aber halten wir mal fest, dass neurologisch beim Handeln (dem Können) auch immer eine Art “freie Bahn” vorliegt, die dann abgerufen werden kann.
    Und das mit dem “Reflektieren der vorhandenen Möglichkeiten” nochmal ne eigene Komplexitätsstufe darstellt, die oft gar nicht genutzt wird.

  90. @Wolfgang Stegemann

    » Man hat in einem Körper noch nie etwas anderes als Physis gefunden. «

    Unbestritten!

    …eben weil das, was man sinnlich erlebt, erfährt, oder was man träumt oder denkt, nicht kausal wirksam ist und demzufolge nicht gemessen werden kann. Nur die dem Erleben zugrunde liegenden physiologischen Prozesse sind teilweise messbar.

    » …das Geistige ist physiologischer Prozess.
    […]
    Das Unbewusste im Rahmen des Libet-Experimentes mit der Physis gleichzusetzen, ist Unsinn.
    «

    Hm, wenn das Bewusste, Geistige physiologischer Prozess ist, dann ist auch das Unbewusste physiologischer Prozess.

    Aber ich gebe zu, nicht wenige haben irrtümlich den genannten Umkehrschluss gezogen und halten das Bewusste für etwas rein Nicht-Physisches, also auch nicht für eine Art Begleiterscheinung physischer Prozesse.

    Dennoch halte ich die Gleichsetzung von „Bewusstsein“ (das geistige Erleben) und Physis für problematisch. Meeresrauschen beispielsweise ist (beschreibt, bedeutet) etwas anders als heftige Wellenbewegung.

    Stephan Schleim hat zwischen „Körper ist Geist“ wenigstens „in gewisser Weise“ eingefügt. Das lässt Raum für Interpretationen.

    An @Elektroniker gerichtet schreiben Sie:

    »Das Geistige ist dasselbe wie das Physische, nur aus einer anderen Perspektive.«

    Mit der anderen Perspektive kann ja nur die Innenperspektive gemeint sein (eben das subjektive, bewusste Erleben). Aus dieser Innenperspektive heraus können keine physikalischen Messungen vorgenommen werden, das ist klar.

    Zwei Seiten einer Medaille? Zwei verschiedene Aspekte ein und desselben Vorgangs?

    Ich favorisiere folgende Sicht: So, wie eine Bewegung das Resultat bestimmter neurophysiologischer Prozesse ist, so dürfte auch das Erleben, die Wahrnehmung das Resultat bzw. die Folge bestimmter neuronaler Prozesse sein.

    » Achten Sie darauf, nicht Begriffe aus verschiedenen Begriffssystemen zu verbinden,.. «

    Im naturwissenschaftlichen Kontext ist mit „Geist“ stets das bewusst werdende Erleben (oder Ähnliches) gemeint.

  91. @Viktualia // 09.04.2023, 20:34 Uhr

    » Was ich raus höre, ist, dass du schon irgendwie zwischen bewussten und, ich sag mal banalen Handlungen unterscheidest und keine unrichtigen Aussagen über “das Bewusstsein” machen willst. «

    Wenn ich Schleims Beitrag richtig verstanden habe, dann geht es doch genau darum bei dem angeblichen Neuro-Mythos, um banale Bewegungen, wie bei Libet, und im Gegensatz dazu, um abgewogene Willensentschlüsse, wie im wahren Leben. Ich zitiere:

    » Aus dieser zeitlichen Abfolge – erst das Gehirnsignal, dann das Bewusstseinsereignis – strickten nun einige Hirnforscher, Psychologen und Philosophen die Mär von der unbewussten Determination unseres Willens.
    […]
    Vom angeblich unfreien Willen steht hier
    [in Libets Arbeit] nichts.
    […]
    Abwägen und Planen sind aber gerade wesentliche Merkmale echter Willensentschlüsse! Wer aus den genannten Versuchsaufbauten weitreichende Folgerungen für unsere lebensweltlichen Entscheidungen zieht, begeht also einen Fehlschluss.
    «

    Sie schreiben:

    » Ich unterscheide zwischen der Instanz Bewusstsein als Begrifflichkeit und dem bewussten Handeln. «

    „Bewusstes Handeln“ bedeutet wohl: nach vorherigem, eingehenden Willensentschluss. Denn ansonsten gibt es ja noch keinen Hinweis darauf, dass Handlungen direkt aus Bewusstseinsprozessen heraus eingeleitet werden können.

  92. @Balanus:
    Betrachten Sie einen Menschen mit seinem Körper, dann können Sie ihn unter physiologischem Aspekt betrachten oder unter psychologischem etc.
    Sie werden jedes Mal eine andere (einzelwissenschaftliche) Fachsprache verwenden. Es handelt sich aber jedes Mal um ein und denselben Menschen.
    Dabei ist es egal, ob Sie Herz, Leber oder Hirn untersuchen bzw. Herzschlag, Entgiftungsfunktion oder Bewusstsein.
    ——————–
    Beim Libet-Experiment wird oft argumentiert, das Aktionspotential (also der physische Prozess) sei unbewusst, die Handlung dagegen bewusst. Das ist grundlegend falsch. Warum? Weil physiologische Prozesse beides sein können. Beim Libet-Experiment ist die Erwähnung des Begriffs unbewusst erst recht falsch, weil es sich ja gerade um einen bewussten Prozess handelt, besser: einen intendierten, also eine willentliche Handlung.
    ——————–

    “Dennoch halte ich die Gleichsetzung von „Bewusstsein“ (das geistige Erleben) und Physis für problematisch. Meeresrauschen beispielsweise ist (beschreibt, bedeutet) etwas anders als heftige Wellenbewegung.”

    Unterscheiden Sie bitte zwischen der gleichen Realität und der gleichen Beschreibung. In Ihrem Beispiel haben wir es mit der gleichen Realität, aber einer unterschiedlichen Beschreibung (-ssprache) zu tun. Das ist ein großer Unterschied.
    ———————
    Ein wesentliches Problem vor allem in der Philosophie ist die unklare Verwendung der Begriffe sowie die Verwechslung der Sprachbereiche. Wenn man das dann noch mit alltagssprachlichen Vorstellungen mischt, entsteht reines Chaos.

  93. @ Wolfgang Stegemann 09.04.2023, 23:01 Uhr

    Zitat: „Ein wesentliches Problem vor allem in der Philosophie ist die unklare Verwendung der Begriffe sowie die Verwechslung der Sprachbereiche. Wenn man das dann noch mit alltagssprachlichen Vorstellungen mischt, entsteht reines Chaos.“

    Genau das ist das Problem, das die Informatiker in ihrem Fachgebiet grundlegend mit besonderen „Regeln“ beheben mussten.

    Das Wort „ist“ ist in der Mathematik als „Vergleichsoperator reserviert“ um mathematische Objekte korrekt zu vergleichen.

    Das streben auch die Informatiker in ihren „Programmiersprachen“ mit ihren „Objekten“ an. Da ist z.B. auch die Gleichheit der „Typen“ oder auch der „Kategorien“ wichtig.

    In der Umgangssprache nimmt man das nicht so genau, man muss mit den „Folgen leben“.

    Aber für Menschen mit „Informatik Background“ ist das, fast schon aus Gewohnheit, wichtig und sie verwenden z.B. so etwas wie „Einfügungen“ was @Balanus bei Stephan Schleim aufgefallen ist.

    Zitat @Balanus: „Stephan Schleim hat zwischen „Körper ist Geist“ wenigstens „in gewisser Weise“ eingefügt. Das lässt Raum für Interpretationen.“

  94. @ Balanus

    …eben weil das, was man sinnlich erlebt, erfährt, oder was man träumt oder denkt, nicht kausal wirksam ist und demzufolge nicht gemessen werden kann. Nur die dem Erleben zugrunde liegenden physiologischen Prozesse sind teilweise messbar.

    Das klingt wieder nach Dualismus. Es gibt keine dem Erleben “zugrunde liegenden physiologischen Prozesse”. Das Erleben ist selbst der physiologische Prozess. Geist und Bewusstsein sind einfach abstrakte Begriffe unserer Sprache (und unseres Denkens).

    Unser Erleben kann deshalb auch kausal wirksam sein (bezüglich der Willensfreiheit); Erleben ist kein Epiphänomen “eigentlich physiologischer” Prozesse, letztere dann kausal wirksam wären. Wenn man das so formuliert würde man wieder zwei Seiten aufspannen, eine künstliche Dichotomie, und wäre wieder im Dualismus.

    Dann kommen solche sprachlichen Kuriositäten heraus wie “das Gehirn entscheidet und nachfolgend wird uns diese Entscheidung bewusst, deshalb gibt es keinen freien Willen”.

    Zwei Seiten einer Medaille? Zwei verschiedene Aspekte ein und desselben Vorgangs?

    Ja, aber nur epistemisch, nicht ontologisch! Es gibt nur in unserem Erleben zwei Seiten, wir spannen diese Dichotomie gedanklich auf. In echt gibt es aber keine zwei Seiten. Viele Philosophen haben aus dieser epistemischen Dichotomie aber eine ontologische gemacht, mit allen philosophischen Problemen die dann entstehen, wie z.B. die Möglichkeit eines Epiphänomenalismus, der dann die “Willensfreiheit” zur Illusion erklärt…

    Deshalb: Volle Zustimmung zu dem was Stegemann geschrieben hat.

  95. @Wolfgang Stegemann – “(Ver)wechslung der Sprachbereiche. Wenn man das dann noch mit alltagssprachlichen Vorstellungen mischt, entsteht reines Chaos.”
    Können wir uns für den Verlauf hier darauf einigen, dass ich das sowohl absichtlich als auch bewusst mache? Also versuche, mit den dadurch entstehenden Perspektiven zu arbeiten?

    @Philipp – “Ja, aber nur epistemisch, nicht ontologisch! “
    Danke für die Überleitung!
    Ich möchte es mit Schopenhauer formulieren, angelehnt an
    “Man kann können was man will, aber nicht wollen was man will.”:

    Der “Freie” Wille ist für das Können zuständig, “das” Bewusstsein für das Wollen.

    “Können” ist Handlung; “Denken” beinhaltet mehr als dessen Planung und Bewertung.
    So etwas wie “Gerechtigkeit” existiert immer noch nicht, aber es ist, (bzw. wäre) möglich, “gerechte Maßstäbe” zu reflektieren. (Oder korrekte, wenn “gesunde” zu abstrakt ist. Die Angemessenheit.)

    Der menschlichen Entwicklung liegt diese “Integration von Maßstäben” zugrunde – ich beziehe mich dabei auf “Raum”, nicht auf Sprache – und die Sprache kann uns helfen, dies zu “dekodieren” und anschließend zu reflektieren.

    Diese Maßstäbe sind eben nicht irgendwie vollkommen abstrakt, sondern durchaus physiologisch vorhanden, in Form von konstruierten/formulierten Glaubenssätzen (Begründungen). Die, wie bei jedem andern Können (jeder integrierten Handlungsfähigkeit), darauf beruhen, anderes auszuschließen: Die “freie Bahn” für eine Handlung entsteht durch diese Selektion.
    (Und man sollte an dieser Stelle das Fahrzeug, das den Untergrund zum Fahren benötigt, nicht mit der Straße verwechseln.)

    Selektieren ist eine Fähigkeit des Bewusstseins; Selektion eine Tätigkeit des Willens.
    (Das Problem des “Nicht vorhanden seins” wäre damit neurobiologisch gelöst, bzw. könnte als “Lösung” gelesen werden.)

    Das Fach, in dem diese Reflektion von Glaubenssätzen angewendet wird, ist die Psychotherapie – diese Maßstäbe anzuschauen und in Relation zu setzen ist gelebte Praxis und Änderungen sind sowohl feststell- als auch messbar.
    (So “lernt” man dann auch, das zu wollen, was machbar ist und vernünftiger wäre. Nicht über Moral (“sollen”), sondern “über Beziehung” (Betrachtung), bzw. Reflektion von Beziehungen/Bezügen; siehe Verhaltenstherapie.)

    Ohne diese (Therapie) jetzt überhöhen zu wollen, aber das ist halt der Unterschied zwischen “Meeresrauschen” und “Wellenbewegung”: das lauschende Ohr. (@Balanus)
    ——————-
    @Elektroniker – “Materie, Prozess und Information” – ein wunderbares Bild, ich Danke dir dafür. Ich kannte es seit gut 40 Jahren als “Materie, Energie und Information”, aber Prozess statt Energie ist um Längen besser!

  96. @Philipp 10.04. 09:46

    „Zwei Seiten einer Medaille? Zwei verschiedene Aspekte ein und desselben Vorgangs? Ja, aber nur epistemisch, nicht ontologisch! Es gibt nur in unserem Erleben zwei Seiten, wir spannen diese Dichotomie gedanklich auf. In echt gibt es aber keine zwei Seiten.“

    Da komme ich nicht hinter her. Unsere Innensicht ist nicht nur subjektiv, sie ist auch objektiv ein Faktum. Objektiv genug, dass man bei jedem Menschen und mindestens jedem Haustier von einer entsprechenden Innenwelt als eigenes Bewusstsein ausgehen kann.

    So ist hier in diesem Spezialfall das epistemische zugleich auch ontologisch.

    Es gibt eben den Faktor Innenwelt, man guckt ja auch in der Psychologie von außen auf die Innenwelt des anderen, neben der physiologischen Betrachtung.

    Rein praktisch, wenn ich nur mich selbst betrachte, kommt die Idee der epistemischen zwei Seiten noch hin. Sobald ich mich aber näher mit dem Bewusstsein eines anderen beschäftige, wird es auch ontologisch. Sobald die eine Innenwelt auf die andere guckt, wirds ontologisch.

    Das eigene Bewusstsein ist immer epistemisch, die Lebenswelten der anderen können ontologisch sein.

  97. @Tobias Jeckenburger – “Da komme ich nicht hinter her. Unsere Innensicht ist nicht nur subjektiv, sie ist auch objektiv ein Faktum.”

    Wie ordnen sie “Reflektion” ein bei dieser Ansicht?

    Man kann sich selbst reflektieren, beim Gegenüber muss man nachfragen.
    Auch, oder besonders in der Psychotherapie.

    Wenn zwei Menschen einen Dialog führen, haben beide sowohl ihre eigene subjektive Innenwelt, als auch beide eine subjektive Sicht der objektiven Umwelt, in der sie beide vorkommen. Sie haben nicht so etwas wie die gleiche Realität.

    Watzlawick löst dieses Dilemma, indem er von zwei Bewegungsrichtungen ausgeht: Beide sind sowohl Sender als auch Empfänger.

  98. @Viktualia 10.04. 15:07

    „Wie ordnen sie “Reflektion” ein bei dieser Ansicht?“

    Als produktive Eigenaktivität. Hier wird auch die Sprache als ordnendes Element in einem selbst aktiv. Sprache bildet in sich entsprechende Weltbeschreibung ab, die vieles fassbarer macht. Nicht nur ChatGPT zieht hieraus ihre scheinbare Intelligenz, wir selber auch. Wir haben aber darüber hinaus noch viel mehr eigenes Weltverständnis.

    „Sie haben nicht so etwas wie die gleiche Realität.“

    Teils teils. Sehr ähnliches sinnliches Physikverständnis haben wir schon. Aber klar hat jeder seine eigene Welt und sein eigenes Weltmodell.

    „Watzlawick löst dieses Dilemma, indem er von zwei Bewegungsrichtungen ausgeht: Beide sind sowohl Sender als auch Empfänger.“

    Nur so gehts. Entsprechend hilft auch hier die Sprache selbst mit. Sie kann auch Innenwelten ordnen. Was dann wohl die Basis von Psychotherapie sein kann. Entsprechend hilfreich kann es sogar sein, einfach gute Bücher zu lesen.

  99. @Joker – ich sehe es eben nicht als Reflex an, meine Gedanken und Gefühle objektiv zu reflektieren – mein Thema ist ja grade, dass es erst gelernt werden muss, sich auf den eigenen, reflexhaften Gebrauch der Gedanken zu beziehen.

    (Nö, war nicht wirklich Absicht, konnte mir die Replik jetzt aber auch nicht verkneifen.)

    Vielleicht schriebe ich besser so was wie “angewandte Metakognition” – https://de.wikipedia.org/wiki/Metakognition
    “Metakognition bezeichnet die Auseinandersetzung mit den eigenen kognitiven Prozessen (zum Beispiel Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Aufmerksamkeit, Kreativität).”

  100. @Viktualia

    ich sehe es eben nicht als Reflex an, meine Gedanken und Gefühle objektiv zu reflektieren

    Eine Reflexion ist kein Reflex. Eine ‘Reflektion’ gibt es auch in der Metakognition nicht (Quelle: dein Link):

    Experimente […] zeigen, dass Rhesusaffen zur Metakognition fähig sind, also zur Reflexion über das eigene Wissen

    Anstatt reflexhaft mit Ablehnung zu reagieren, könntest du also vielleicht noch einmal mehr das machen, was auch Affen können, über dein (vermeinliches) Wissen reflektieren, hier über die Schreibweise und Bedeutung von Reflexion.

  101. @ Jeckenburger:

    Da komme ich nicht hinter her. Unsere Innensicht ist nicht nur subjektiv, sie ist auch objektiv ein Faktum. Objektiv genug, dass man bei jedem Menschen und mindestens jedem Haustier von einer entsprechenden Innenwelt als eigenes Bewusstsein ausgehen kann.

    So ist hier in diesem Spezialfall das epistemische zugleich auch ontologisch.

    Das alte Thema.

    Ich stimme nicht zu: man muss schon epistemische Unterschiede von ontologischen trennen.

    Ganz kurz: neurophysiologische Prozesse können subjektiv sein. Nämlich genau dann wenn sie bestimmte Dynamiken, Mechanismen, etc. (was auch immer!) aufweisen. Dann erleben wir, dann sind wir “bei Bewusstsein”.

    Manche Philosophen würden jetzt sagen dass das falsch sei. Die würden sagen dass das sein Kategorienfehler sei. Sie würden argumentieren dass Bewusstsein qualitativ und subjektiv sei, neurophysiologische Prozesse dagegen könnten nur quantitativ und objektiv sein.

    Sie wissen inzwischen was ich darüber denke, oder? Richtig: reiner Dualismus. Es ist schon Dualismus wenn man glaubt dass es ein subjektives Bewusstsein gibt, und daneben nochmal rein mechanistisch-objektive physiologische Prozesse. Hier geht der Dualismus schon los. Ganz, ganz unten. An der Basis. Dualismus ist nicht nur wenn man an eine immaterielle Seele glaubt. Dualismus ist eben auch bereits diese Trennung.

    Wenn Sie diese Trennung vornehmen werden Sie es nie verstehen und sich immer Fragen: wie kann dieses subjektive Bewusstsein nur aus objektiven neurophysiologischen Prozessen entstehen?

    Ich sage: das ist ein philosophisches Pseudoproblem, denn subjektives Bewusstsein entsteht nicht aus objektiven neurophysiologischen Prozessen. Die Prozesse können selbst subjektiv sein.

    Aber das ist, wie schon geschrieben, das alte Thema um das wir uns nur immer weiter und immer wieder im Kreis drehen.

    Jedenfalls: wer diese Trennung vornimmt wird auch (zumindest meiner Ansicht nach!) bei dem Thema der Willensfreiheit in starke metaphysische Probleme gelangen, die eigentlich vermeidbar wären. Denn dann kommt man in solche verzwickten Probleme wie Epiphänomenalismus etc.

  102. @Philipp 10.04. 22:10

    „Wenn Sie diese Trennung vornehmen werden Sie es nie verstehen und sich immer Fragen: wie kann dieses subjektive Bewusstsein nur aus objektiven neurophysiologischen Prozessen entstehen?“

    Wie neurophysiologische Prozesse Bewusstsein sein können ist doch in jedem Fall sehr interessant. Wenn Sie recht haben, dann läuft es eben so. Vielleicht weiß man sogar irgendwann, wie das im Detail abläuft, und kann das vielleicht auch in der KI irgendwie umsetzen, wenn auch absehbar eher ein paar Nummern kleiner.

    Aber mein Konzept ist finde ich auch interessant. Wenn wir einen Geistesraum haben, in den das physiologische Korrelat abgebildet ist, muss das Gehirn diese Innenraumfunktion gar nicht selbst produzieren. Das muss nicht so sein, würde aber auch funktionieren und genauso zur aktuellen Faktenlage passen. Und ich halte es für möglich, hier auch entsprechende Nachweise finden zu können.

    „Dualismus ist nicht nur wenn man an eine immaterielle Seele glaubt. Dualismus ist eben auch bereits diese Trennung.“

    Wieso muss denn dieser Dualismus unbedingt ausgeschlossen werden? Von mir aus können wir das Thema 20 Jahre vertagen, und dann nochmal gucken, wie dann die Datenlage ist. Und derweil praktizieren wir einfach lebendigen Pluralismus. Oder einen dialogischen Monismus, der würde m.E. auch zu durchaus unterschiedlichen Konzepten passen, solange die friedlich miteinander umgehen und sich am Ende auf denselben Kosmos beziehen.

    Insbesondere tendieren meine persönliche Erfahrungen zur Existenz von Geisteswelten, in etwa in der Art eines Panpsychismus. Das versuche ich mir hier irgendwie zu integrieren. Wer in ganz anderen Erfahrungswelten zuhause ist, der kann doch gerne seine eigenen Konzepte machen. Das stört mich jetzt doch auch wenig.

    Ich habe jetzt mit einem allmächtigen, allwissenden und allgütigen Gott auch nichts zu tun, weil das jetzt wieder auch zu meinen Erfahrungen vorne und hinten nicht passt. Dieses bring doch erst ernste philosophische Probleme mit sich. Solang hier nur ein ausnahmsweise mal gezielter Quantenzufall das Leben unterstützt, stellt das nicht den ganzen Kosmos auf den Kopf und ist entsprechend viel leichter zu integrieren.

    Dieses Integrieren ist das, wo es mir drauf ankommt. Das muss doch sowieso jeder mit seinem gesammelten Wissen und seinen eigenen Erfahrungen selber machen. Da muss doch Verschiedenes bei herauskommen.

  103. @Philipp 10.04. 22:10

    „Jedenfalls: wer diese Trennung vornimmt wird auch (zumindest meiner Ansicht nach!) bei dem Thema der Willensfreiheit in starke metaphysische Probleme gelangen, die eigentlich vermeidbar wären. Denn dann kommt man in solche verzwickten Probleme wie Epiphänomenalismus etc.“

    Bei mir ist die Trennung ja gar nicht absolut. Wir haben nur einen eigenen Erlebnisraum, die Inhalte bleiben physiologisches Korrelat. Willensfreiheit ist hier voll gegeben, und Epihänomenalismus braucht man nicht. Außer gelegentlichen Inspirationen ist der Unterschied im Effekt ziemlich klein.

    Wie jetzt aber eine KI gebaut werden kann, die Bewusstsein hat, dass macht dann aber einen Unterschied. Wenn wir hier Geistesräume nutzen müssen, weil es anders gar nicht geht, dann muss man in dieser KI auch hinreichend Schnittstellen durch Zufallszahlen einbauen, die auf Quantenrauschen beruhen.

    Das ist dann aber eine technische Lösung, und kein metaphysisches Problem.

  104. Jeckenburger, Sie können glauben was Sie wollen, das ist natürlich Ihnen überlassen.

    Aus den Neurowissenschaften wird zu Ihrem philosophischen Problem (Sie sind natürlich nicht der einzige Mensch der das Leib-Seele Problem für ein echtes Problem hält) niemals etwas kommen. Die Neurowissenschaften können prinzipiell nichts zu diesem Problem beitragen; das kann keine empirische Wissenschaft.

    Bei mir ist die Trennung ja gar nicht absolut. Wir haben nur einen eigenen Erlebnisraum, die Inhalte bleiben physiologisches Korrelat. Willensfreiheit ist hier voll gegeben, und Epihänomenalismus braucht man nicht. Außer gelegentlichen Inspirationen ist der Unterschied im Effekt ziemlich klein.

    Das was Sie erleben ist die Physiologie. Das was Sie denken, sehen, fühlen, etc. ist der physiologische Prozess selbst. Geist oder Bewusstsein, also extra Instanz oder “zweite Seite”, existieren nicht. Das sind Erfindungen der Philosophie. Natürlich ist das was Sie erleben real, natürlich ist das existent, natürlich gibt es “Qualia”. Aber das was Sie erleben ist der physiologische Prozess selbst; dazu sind Lebewesen fähig, das ist möglich, auch wenn sich das eben kaum einer mehr vorstellen kann, weil gefühlt 70-90% der westlichen Philosophie in diesen dualistischen Denken verhaftet ist; das zieht sich schon bei Beginn von Aristoteles mit seinem Nous über Descartes bis zu heutigen Philosophen des Geistes durch.

    Wie jetzt aber eine KI gebaut werden kann, die Bewusstsein hat, dass macht dann aber einen Unterschied. Wenn wir hier Geistesräume nutzen müssen, weil es anders gar nicht geht, dann muss man in dieser KI auch hinreichend Schnittstellen durch Zufallszahlen einbauen, die auf Quantenrauschen beruhen.

    Ein Computer kann prinzipiell kein Bewusstsein erlangen, da Bewusstsein, wie schon zigfach geschrieben, ein p-h-y-s-i-o-l-o-g-i-s-c-h-e-r Prozess ist. Wenn Sie glauben dass Bewusstsein ein allgemeines Phänomen in der Welt sei jenes man gar in technischen Maschinen realisieren könnte sind Sie wieder im Dualismus. Aber gut, Sie wollen das ja nicht aufgeben, dann müssen Sie eben so weiter machen.

    Ich kann Ihnen versichern dass aus den Neurowissenschaften niemals etwas kommen wird das die Diskussion um das Leib-Seele Problem auch nur einen Schritt weiter bringt. Das ist so als würde man nach empirischen Beweisen oder Evidenz für Gott suchen; es geht prinzipiell nicht.

  105. @Philipp

    Ein Computer kann prinzipiell kein Bewusstsein erlangen, da Bewusstsein, wie schon zigfach geschrieben, ein p-h-y-s-i-o-l-o-g-i-s-c-h-e-r Prozess ist

    Ist Rechnen ein physiologischer Prozess?

  106. @ Philipp 11.04.2023, 06:04 Uhr

    Zitat: „Das was Sie erleben ist die Physiologie. Das was Sie denken, sehen, fühlen, etc. ist der physiologische Prozess selbst. ….. Natürlich ist das was Sie erleben real, natürlich ist das existent, natürlich gibt es “Qualia”. Aber das was Sie erleben ist der physiologische Prozess selbst; dazu sind Lebewesen fähig,“

    „Ist der physiologische Prozess selbst“, so könnte man es formulieren. Nur sind Sie damit wieder in einem „Dualismus gefangen“. Nicht den „üblichen“ „Prozessor – Information“ Dualismus, aber den „Prozessor – Prozess“ Dualismus. Der „Körper“ gehört nun einmal der Kategorie „Prozessor“ (Materie) an und der physiologische Prozess ist eben ein Prozess.

    Die Frage ist höchstens, ob z.B. „Empfindungen“ erst auftreten können bis der Prozess (mehr oder weniger) abgeschlossen ist?

    Es ist nun einmal ein Unterschied, ob etwas der Kategorie des „Starren oder Toten“ oder der Kategorie des von Prozessen realisierten „Bewegten oder Lebenden“ angehört. Den Informatikern ist aufgefallen, dass es zweckmäßig ist eine „3 Kategorie“, die „Information“ einzuführen, was in der letzten Zeit äußerst erfolgreich war.

    Man kann sich höchstens fragen, ob sie dieses Konzept nicht womöglich den Theologen „abgeschaut“ haben, die seit einigen Tausend Jahren mit dem „Trinitätskonzept unterwegs“ sind.

    Die Menschen haben eben angefangen, formalistische Sprachen mit Kategorien und Begriffen zu entwickeln. „uah, uah, uah…..“ war ihnen zu wenig….

    Mit „Information“ kann man „Anordnungen von Bausteinen“, wobei die Anordnung der Bausteine weder Materie und ihr „Ergebnis“ auch kein Prozess (mehr) ist, bestens beschreiben. Z.B. Farbpunkte aus Druckerschwärze die zu Buchstaben, Worte, Sätze, Bedeutungen „emergieren“ oder sogar „Prozesssteuerungen“ (z.B. Computercode oder DNA….) beschreiben.

    Ein p-h-y-s-i-o-l-o-g-i-s-c-h-e-r Prozess ist nach unserem Verständnis immer auch ein physikalisch/chemischer Prozess, man versteht ihn höchstens (noch?) nicht.

    Die dem Empfindungsphänomen zugrunde liegenden Prozesse könnten auch allgemein existieren (Panpsychismus), nur in neuronalen biologischen Systemen kommen sie derzeit zur „Anwendung“.

  107. @Elektroniker 11.04. 12:01

    „Ein p-h-y-s-i-o-l-o-g-i-s-c-h-e-r Prozess ist nach unserem Verständnis immer auch ein physikalisch/chemischer Prozess, man versteht ihn höchstens (noch?) nicht.“

    Was bleibt uns hier, als diesen weiter zu untersuchen?

    „Die dem Empfindungsphänomen zugrunde liegenden Prozesse könnten auch allgemein existieren (Panpsychismus), nur in neuronalen biologischen Systemen kommen sie derzeit zur „Anwendung““

    Einmal die Qualia, aber noch grundlegender und interessanter scheint mir die Bereitstellung von Innenräumen zu sein, in die dann das physiologische Korrelat abgebildet werden kann.

    @Philipp 11:04. 06:04

    „Ich kann Ihnen versichern dass aus den Neurowissenschaften niemals etwas kommen wird das die Diskussion um das Leib-Seele Problem auch nur einen Schritt weiter bringt.“

    Wenn Sie sich sicher sind, dass es keine Geisteswelten geben kann, dann ist dies folgerichtig. Ich selber sehe das anders. Wenn es wirklich Geisteswelten gibt, mit denen wir Menschen wirklich was zu tun haben, dann muss es auch irgendwann in den Neurowissenschaften auftauchen, wenn auch dann eher von Forschern, die eben auch persönliche Erfahrungen mit Geisteswelten haben. Und hier auf der Suche nach einer Integration ihrer persönlichen Erfahrungen sind.

    „Aber das was Sie erleben ist der physiologische Prozess selbst; dazu sind Lebewesen fähig, das ist möglich,..“

    Soweit davon weg bin ich gar nicht. Ich habe hier nur noch den Geistesraum, und hin und wieder praktische Inspirationen. Die Grunderfahrung, doch sehr an das eigenen Gehirn gebunden zu sein ist denn auch mir Grund genug, mich davon nicht zu weit von zu entfernen. Nur soweit, wie es meine Erfahrungen erfordern. Nicht weiter.

    „Ein Computer kann prinzipiell kein Bewusstsein erlangen, da Bewusstsein, wie schon zigfach geschrieben, ein p-h-y-s-i-o-l-o-g-i-s-c-h-e-r Prozess ist.“

    Das verstehe ich jetzt wirklich nicht. Im Gehirn gibt es Leitungsbahnen, Schaltelemente und Synapsenbildung als Gedächtnis- und Lernfunktion. Im Computer gibt es Leitungsbahnen, Schaltelemente und Informationsspeicher. Das ist nun mal durchaus prinzipiell vergleichbar, bei allen Unterschieden. Wenn ein gehirnpysiologischer Prozess bewusst werden kann, wieso soll dann ein Computer, der erfolgreich die Nervenzellenphysiologie funktionell nachahmt, das nicht auch können?

    Wenn das gar nicht gehen kann, dann warum denn? Sind dann auch die Experimente mit der Fruchtfliege, deren Konnektom mit 4000 Nervenzellen man jetzt erstellt hat, reine Zeitverschwendung?

    Ich finde diese Experimente mit Konnektomen sind sehr vielversprechend. Wenn wir wirklich einen Panpsychismus haben, dann kann der auch bei Fruchtfliegen dazu gehören, und eben ein Minibewusstsein unterstützen. Und wenn wir den gar nicht brauchen, und es so ist, wie sie denken, dann wäre das doch auch feststellbar. Wenn eben die Fruchtfliege ohne Geistesunterstützung ein Minibewusstsein hinbekommt, und der physiologische Prozess selbst zu Innensichten kommt und bewusst wird, so wie Sie sich das vorstellen.

  108. Hallo Tobias,

    Ich selber sehe das anders. Wenn es wirklich Geisteswelten gibt, mit denen wir Menschen wirklich was zu tun haben, dann muss es auch irgendwann in den Neurowissenschaften auftauchen, wenn auch dann eher von Forschern, die eben auch persönliche Erfahrungen mit Geisteswelten haben. Und hier auf der Suche nach einer Integration ihrer persönlichen Erfahrungen sind.

    Es gibt nach 2500 Jahren westlicher Philosophiegeschichte noch keine einzige Evidenz für einen Geist (bzw. im Englischen für den “Mind”). Es gibt nur das a priori Argument dass das was wir erleben der Geist bzw. “das Bewusstsein” sei. Ich glaube dass es keinen Geist/Mind gibt. Die Frage wie Bewusstsein mit neurophysiologischen Prozessen zusammenhängt ist deshalb falsch gestellt, da sie mir einer künstlichen Trennung bzw. Dichotomie beginnt die es gar nicht gibt.

    Das verstehe ich jetzt wirklich nicht. Im Gehirn gibt es Leitungsbahnen, Schaltelemente und Synapsenbildung als Gedächtnis- und Lernfunktion. Im Computer gibt es Leitungsbahnen, Schaltelemente und Informationsspeicher. Das ist nun mal durchaus prinzipiell vergleichbar, bei allen Unterschieden. Wenn ein gehirnpysiologischer Prozess bewusst werden kann, wieso soll dann ein Computer, der erfolgreich die Nervenzellenphysiologie funktionell nachahmt, das nicht auch können?

    Sie nehmen damit an dass Bewusstsein ein Resultat computationaler Prozesse ist. Das ist für mich Dualismus. Bewusstsein ist für mich kein Resultat von irgendetwas, da Bewusstsein, so verstanden, gar nicht existiert. Auch im Gehirn nicht. Es gibt auch im Gehirn keine computationalen Prozesse aus denen dann als Resultat Bewusstsein quasi als zweite Seite der Medaille entspringt. Es gibt im Gehirn auch keine innere Repräsentation einer Außenwelt oder so etwas. Der physiologische Prozess selbst ist das Erleben. Es gibt im Gehirn keinen inneren Beobachter der dann wir bzw. unser Erleben wäre. Das ist ein riesiger Unterschied, der aber sehr schwer für Menschen verständlich ist bzw. kaum verstehbar wenn Menschen noch im Paradigma des Leib-Seele Problems der westlichen Philosophie denken. Im übrigen trifft das ja auch auf viele Neurowissenschaftler zu. Viele von denen denken genauso dualistisch.

    Wenn eben die Fruchtfliege ohne Geistesunterstützung ein Minibewusstsein hinbekommt, und der physiologische Prozess selbst zu Innensichten kommt und bewusst wird, so wie Sie sich das vorstellen.

    Der physiologische Prozess spannt keine Innenansichten auf wenn wir bei Bewusstsein sind. Es gibt nicht einen physiologischen Prozess der dann als Parallelphänomen bzw. Begleiterscheinung Bewusstsein schafft. Der physiologische Prozess ist unter bestimmten Bedingungen das Erleben. Deshalb ist es auch sinnlos ontologisch von neurophysiologischen Prozessen und von Bewusstsein zu sprechen. Der Prozess selbst wird bewusst. Das ist wie eine Tafel Schokolade im Sommer. Im Kühlschrank ist sie hart, in der Hitze draußen im Garten schmilzt sie weg. Aber sie ist nicht beides gleichzeitig. Es sind zwei Zustände einer Sache. So ist das mit dem neurophysiologischen Prozess. Er wird unbewusst oder bewusst.

    Aber diese Erleben ist keine Innenwelt, das ist genauso draußen im Körper wie das Blut das durch unsere Adern fließt. Nur muss man eben selbst derjeweilige Organismus sein um dies zu erleben. Das ist seeeeeeehr schwer verständlich wenn man davon ausgeht das Bewusstsein eine “Innenwelt” sei.

    Was sich viele Menschen vorstellen ist aber etwas ganz anderes: sie glauben dass es in der “Außenwelt” einen neurophysiologischen Prozess gibt der dann zusätzlich eine “Innenwelt” aufspannt. Und genau das wäre ein Dualismus den es im Nervensystem nicht gibt. Deshalb ist es auch sinnlos von einer Außenwelt zu sprechen, weil es keine Innenwelt gibt; diese Dichotomie selbst ist sinnlos bzw. macht nur Sinn im Denkgebäude des Leib-Seele Problems.

  109. @ Philipp / Jeckenburger

    Ich stimme Phlipp und Stegemann weitestgehend zu.

    Jeckenburger verstehe ich zunehmend nicht mehr. Mir geht es auch zunehmend auf den ‘Geist’. Die ständigen Bezüge zu einem Geist sind reiner Glaube und nichts anderes nahe am Fanatismus.
    Im blog vorher haben wir Zeilinger gehört. Das ist state of the art.

    @ Jeckenburger

    Ständige Wiederholungen sind Selbstbeweihräuchrung und Angst vor eigenem Identitästverlust…

    Ich habe nie verstanden,weil Sie es nie offenbart/gesagt haben,worin konkret Ihr Spiritualismus kommt und Geist sich zeigt?

    Hallus? Tagträume? Dissoziationen? Bilder vor dem inneren Auge? Stimmen? Alleine auf Glaube nahe am Naturalismus zu setzen ist ziemlich befremdend.

  110. @ Jeckenburger

    Wenn,wie Sie blogs vorher bekennen, es für Sie unvorstellbar ist,andere Blickwinkel einzunehmen,dann sind sie lediglich Phrophet und falsch hier.

  111. @ Jeckenburger

    Wir haben verstanden,dass Sie Zufallsgenerationen vorgenommen haben.

    Ihre Ableitungen sind aber Glaube.

    Und damit heben Sie sich nicht von Religion ab.

    Thats it….

  112. @Philipp

    »Der physiologische Prozess ist unter bestimmten Bedingungen das Erleben.«

    Das dürfte weitestgehend neurobiologischer Konsens sein. Es tut mir leid, dass meine Einlassungen für Sie dennoch oft nach Dualismus klingen (es sieht so aus, als würden bei Ihnen nicht die von mir erhofften physiologischen Prozesse aktiviert 😉 )

    Womöglich liegt das daran, dass ich das subjektive Erleben für sehr wichtig halte und demzufolge Formulierungen verwende, die eben dualistisch klingen. (Nebenbei, das ist für mich hier auf dem Blog eine ganz neue Erfahrung, denn normalerweise werde ich in Naturalisten/Materialisten-Schublade einsortiert).

    Es ist doch so (meinem Verständnis nach): für die allermeisten neurophysiologischen Prozesse gibt es keine Bedingungen, unter denen sie das Erleben sind. Daraus könnte man schließen, dass es sich um besondere, spezielle neurophysiologische Prozesse handelt, die unter bestimmten Bedingungen Erleben sind—man könnte wohl mit Recht auch sagen: Erleben ermöglichen.

    Die funktionelle Organisation unseres Gehirns ist ja kein Zufall, sondern das Ergebnis evolutionärer und entwicklungsbiologischer Vorgänge. Wenn es also im Hirn diese Unterschiede bei den neurophysiologischen Prozessen gibt, dann hat das sicherlich einen biologischen Grund. Vermutlich ist es schlicht von Vorteil, wenn Erleben möglich ist. Aber natürlich nur dann, wenn das Erleben die Umwelt* einigermaßen korrekt “abbildet”.

    Kurzum: Alles deutet darauf hin, dass es sich beim subjektiven Erleben um eine spezielle, durchaus nützliche Hirnfunktion handelt. Warum sonst sollten bestimmte physiologische Prozesse diese „bestimmte[n] Dynamiken, Mechanismen, etc. (was auch immer!)“ aufweisen, die Erleben implizieren?

    *) Für das zentrale Nervensystem ist alles Umwelt, was nicht zum Nervensystem gehört, also auch der Körper.

  113. @ Philipp 11.04.2023, 19:08 Uhr

    Zitat: „Der physiologische Prozess selbst ist das Erleben.“

    Sie schreiben schon wieder von „physiologischen Prozessen“, das ist purer „Dualismus“.

    Aus Sicht der Informatiker ist der „Dualismus“ vom „Trialismus“ überholt. Und wenn ich die Informatiker richtig verstehe, arbeiten sie an einer weiteren „Erweiterung“ um die Informatik z.B. „Quanten tauglich“ zu machen.

    Ich persönlich bin sofort vom „Materialismus“ und dem „Monismus“ abgesprungen, als ich den „Trialismus“ der Informatiker verstanden habe. Natürlich war ich verblüfft darüber, dass die Theologen praktisch seit tausenden Jahren auf ein „trialistisches“ Konzept setzen.

    Sobald die Informatiker halbwegs plausible Argumente für einen „Quartismus“, oder einen „Quintismus“ haben, werde ich mein „psychisches Betriebssystem“ mit dem ich derzeit herumlaufe, sofort „updaten“.

    Möchte schließlich mit der Zeit gehen…

  114. @Philipp

    »Ein Computer kann prinzipiell kein Bewusstsein erlangen, da Bewusstsein, wie schon zigfach geschrieben, ein p-h-y-s-i-o-l-o-g-i-s-c-h-e-r Prozess ist.«

    Dieses Argument erstaunt mich.

    Ich würde sagen: Gerade weil „Bewusstsein“ ein physiologischer Prozess ist, könnte ein Computer prinzipiell Bewusstsein erlangen. Dass in einem Computer wohl niemals Prozesse ablaufen werden, die mit „Bewusstsein“ einhergehen (oder auch: sind), hat eher praktische Gründe. Die dafür notwendige künstliche neuronale Architektur herzustellen dürfte technisch ein unüberwindbares Hindernis darstellen.

    Die Physiologie untersucht die physikalischen Funktionen im Organismus. Physikalische Funktionen sind auch im Computer zu finden.

    Physiologische Prozesse sind folglich nichts weiter als physikalische Prozesse in einem lebenden Organismus. Wobei der Zustand des „lebendig Seins“ auch nichts ist, was außerhalb der physikalischen und chemischen Gesetzmäßigkeiten liegt.

  115. @ Mussi 11.04.2023, 20:08 Uhr

    Zitat: „Ich habe nie verstanden,weil Sie es nie offenbart/gesagt haben,worin konkret Ihr Spiritualismus kommt und Geist sich zeigt?“

    Ich vermute, für T. Jeckenburger zeigt sich „Geist“ in der Hauptsache in den zahlreichen miteinander verknüpften „Dynamiken der Umwelt“. Der „Begriff Geist“ ist etwas Problem behaftet, weil man früher völlig unverständliche, manchmal gar nicht „wirklich existierende“ Dynamiken, so etwas wie „Gespenster“, darunter verstand.

    Das beginnt mit den Jahreszeiten, Tag-Nacht, Wetter, Windströmungen, komplexe Naturerscheinungen (Blitz,Donner, Nordlicht,…), der lebenden Dynamik biologischer Systeme, den vielfachen, nicht zu leugnenden Wechselwirkungen. Alle Dynamiken, auch Krankheitsdynamiken (Seuchen, Massenpsychologische Aspekte, Konflikte, Kriege,….) die auch typisch für „Leben“ und die Gehirne sind, bis hin zu technischen Systemen.

    Wegen der mitunter schwersten ökonomischen Folgen, lohnt es sich darüber nachzudenken….

  116. @Phillipp/@Elektroniker (und auch @Balanus)

    Zitat: „Der physiologische Prozess selbst ist das Erleben.“
    – Sie schreiben schon wieder von „physiologischen Prozessen“, das ist purer „Dualismus“.

    Das ist mir auch aufgefallen, ich würde es aber nicht “pur” nennen, bzw. sehe den (Formulierungs-)Fehler woanders.

    Das ist wie eine Tafel Schokolade im Sommer. Im Kühlschrank ist sie hart, in der Hitze draußen im Garten schmilzt sie weg. Aber sie ist nicht beides gleichzeitig. Es sind zwei Zustände einer Sache.
    In diesem Beispiel funktioniert es ohne Dualismus:
    Eine Schokoladentafel verliert durch das Schmelzen nicht ihren Geschmack – aber sie schmeckt anders. Geschmolzen, so wie auch danach, schmeckt sie nicht so wie vorher.

    Was meiner Ansicht nach an der Formulierung hakte, war diese Einschränkung:
    “Der physiologische Prozess ist unter bestimmten Bedingungen das Erleben.”
    Als “Dosierung” funktioniert es besser:
    Bestimmen tut er (der neurologische Prozess) das Erleben immer, auch wenn es nicht immer bewusst ist. Bzw. immer nur mal mehr, mal weniger, aber selten ganz bewusst ist.

    Es ist Systemtypisch, dass wir uns hinterher einer Ursache bewusst werden können, denn wir “haben Zeit” als Basis unserer Konstrukte.
    (Und es ist ein Fakt, dass wir nicht sehen, was wir nicht kennen. Ist das allgemein bekannt oder soll ich belegen?)
    ——————————–
    @Elektroniker – Natürlich war ich verblüfft darüber, dass die Theologen praktisch seit tausenden Jahren auf ein „trialistisches“ Konzept setzen.
    Oh, das fühl ich! Kannst du diese Trinität auch in “Subjekt, Prädikat, Objekt” sehen?
    (Ich seit meinem “Bezugsmodell”: dass Kinder erst ihren (Subjekt) eigenen und den Standpunkt eines (Prädikat) begehrten Objektes kennen müssen, bevor “Bewegung” als Eigen-Konzept installiert wird.)
    ———-
    @Tobias Jeckenburger – Ich weiß nicht, wie es ihnen mit mir geht, aber ich kann ihre Worte genug abstrahieren, um nicht auf “einen Gläubigen” zu schließen. Ich höre Aufrichtigkeit.
    ——————–
    Und noch einen “Philosophischen Rundumschlag”:
    Wegen der mitunter schwersten ökonomischen Folgen, lohnt es sich darüber nachzudenken….
    Wir haben uns einen “Sündenfall” konstruiert, der sich um einen Biss in den Apfel der Erkenntnis drehte. Statt zu begreifen, dass ein solcher Biss die Verdauung anregt und dann automatisch “Hinten” was raus kommt, hatten wir die Schlange und den lieben Gott. Jetzt ist Gott tot – und wir schaffen das Paradies ab, indem wir unsere Scheisse immer noch nicht als Konsequenz unserer “Handlungen” begreifen wollen.
    Wir opfern unsere Umwelt den Machthabenden und leben lieber Lügen als Verantwortung zu übernehmen.
    My 5 cent.

  117. @ Balanus:

    Dieses Argument erstaunt mich.

    Das verstehe ich. Das könnte man fast so interpretieren als ob ich selbst Dualist sei, stimmts? So als ob ich meine dass im Gehirn, im Nervensystem, im Körper, und in der Interkation des Körpers mit der Umwelt “besondere” Prozesse ablaufen die eben das Bewusstsein sind.

    Aber das meine ich nicht und ich möchte das auch nicht implizieren. Ich halte auch das Gehirn für nichts besonderes.

    Aber es ist die Interaktion aus den ganzen Einzelteilen. Bewusstsein ist kein bestimmter Algorithmus den man in einem Computer implementiert und bei dem die Hardware dann bewusst wird. Das ist so als würde man behaupten: ich implementiere jetzt den Algorithmus der Verdauung in einem Computer, dann stelle ich ein Brötchen oder einen Teller Suppe in das Gehäuse meine Desktop PCs, lasse die Software laufen, und nach 3 Stunden hat mein Computer die Nahrungsmittel verdaut, dank des Algorithmus.

    Zu Bewusstsein gehört eben noch viel mehr dazu als nur Neurone. Gliazellen etc.
    Es gibt einen viel einfacheren und spassvolleren Weg Bewusstsein nachzubilden: Sex ohne Verhütung mit dem anderen Geschlecht.

  118. Es gibt einen viel einfacheren und spassvolleren Weg Bewusstsein nachzubilden: Sex ohne Verhütung mit dem anderen Geschlecht.
    Na, da wären wir aber auch schnell bei “Verantwortung” – für das neue Leben.

    nach 3 Stunden hat mein Computer die Nahrungsmittel verdaut, dank des Algorithmus.
    Eine Funktion, die in “die Einzelteile zerlegt”, also den ersten Schritt der Verdauung simuliert, haben wir ja vorliegen beim Computer.
    Nur differenzieren wir unsere Nahrung ja weiter, weil ein Teil zu “unserem Leib” wird – und der Rest wird Dünger; theoretisch, wenn wir “unseren Grund” bisl klarer hätten. (Die Natur verschwendet im Gegensatz zu uns ja nix.)

    Man könnte statt Sex auch Inspiration nehmen und über einen “fruchtbaren Gedankenaustausch” reden, bei dem ebenfalls “etwas wächst”, wenn man sich über die Ausschlusskriterien einig ist.

  119. @Philipp 11:04. 19:08

    „Aber diese Erleben ist keine Innenwelt, das ist genauso draußen im Körper wie das Blut das durch unsere Adern fließt. Nur muss man eben selbst derjeweilige Organismus sein um dies zu erleben. Das ist seeeeeeehr schwer verständlich wenn man davon ausgeht das Bewusstsein eine “Innenwelt” sei.“

    Ich verstehe es auch wirklich nicht. Die Idee einer Innenwelt, die unsere Existenz abbildet, die finde ich gut und dabei auch unproblematisch. Sie ist unser Leben. Das ist unmittelbare Erfahrung.

    „Deshalb ist es auch sinnlos von einer Außenwelt zu sprechen, weil es keine Innenwelt gibt; diese Dichotomie selbst ist sinnlos bzw. macht nur Sinn im Denkgebäude des Leib-Seele Problems.“

    Wie gesagt, ich verstehe das nicht. Ich sehe auch kein Leib-Seele-Problem, nur eben die Lösung einer Innensicht und einer Außensicht, die sich an sich gut vertragen. Ich muss aber auch nicht alles verstehen.

    @Mussi 11.04. 20:08

    „Hallus? Tagträume? Dissoziationen? Bilder vor dem inneren Auge? Stimmen?“

    Von jedem etwas vielleicht?

    „Alleine auf Glaube nahe am Naturalismus zu setzen ist ziemlich befremdend.“

    Ich finde es interessant. Auch diese Diskussion hier. Allerdings, wenn es wirklich nervt, dann kann ich es auch lassen.

    „Und damit heben Sie sich nicht von Religion ab.“

    Es gibt ein weites Feld von religiösen Konzepten, ich hab hier auch ein Konzept. Vereinsmitgliedschaft finde ich aber ziemlich verzichtbar. Pluralismus dagegen ist m.E. unverzichtbar. Der Mensch scheint sehr dazu zu neigen, sich zu spezialisieren. Das Ergebnis kann Kultur sein.

  120. @Philipp 11:04. 19:08

    „Sie nehmen damit an dass Bewusstsein ein Resultat computationaler Prozesse ist. Das ist für mich Dualismus. Bewusstsein ist für mich kein Resultat von irgendetwas, da Bewusstsein, so verstanden, gar nicht existiert. Auch im Gehirn nicht. „

    Das hört sich für mich so an, dass sie sogar auf die eigene Existenz verzichten, nur um den Dualismus los zu werden.

    „Es gibt im Gehirn auch keine innere Repräsentation einer Außenwelt oder so etwas. Der physiologische Prozess selbst ist das Erleben.“

    Ja aber der physiologische Prozess muss doch eine Ordnung haben, die eben von der Funktionalität der Nervenzellen geliefert wird. Die dann für sich erforscht werden kann.

  121. @ Jeckenburger

    Ich schätze Sie mit vielem, was Sie schreiben.

    Aber immer wieder mit den Geisteswelten zu kommen, wenn es um das Bewusstsein geht, ermüdet. Man kann sich auch selbst was einreden.

  122. @ Jeckenburger

    Prof. Manfred Lütz hat 2011 ‘ Irre,wie behandeln die Falschen’ veröffentlicht.
    Kernthese: Diejenigen die z.B. für das anthropogene Klima verantwortlich sind,sind gefährlicher,als ein Schizophrener.
    Oder, diejenigen,die weiterhin Wachstum predigen,sind dissoziativ.

    Ich kann dem viel abgewinnen.

    D.h.,wer Wirtschaft,Erfolg und Externalisierung der Kosten auf die Allgemeinheit zu Gunsten der individuellen Gier umlegt,hat den wirklichen dementen Schaden.

    Wenn sie eben nicht so verengt Ihr Sein mit allen Ausprägungen, was das Nervensystem so hervorbringt, empfinden,dann geniessen Sie es. Wenn es Sie und andere nicht stört. Störung ist relativ und mich stört z.B. die Feinstaubbelastung. Ursachen liegen eben bei denjenigen,die Risiken leugnen. Und das sind in der Regel die “Normalen”.
    😉

  123. @ Mussi 12.04.2023, 09:28 Uhr

    Zitat: „Worüber reden wir? Hegel`s Weltengeist oder über den christlichen Heiligen Geist oder die menschliche (tierische) Psyche?

    Panpsychismus in aller Ehren und jedem seine Überzeugung ob der Unklarheiten. Aber Grundlagen einfach zu ignorieren, das geht einfach nicht.“

    Ich rede nicht über Hegel, „über den christlichen Heiligen Geist“ nur insoweit, als den Christen vor tausenden Jahren aufgefallen ist, dass so etwas wie „Information“ wichtig ist und es auch geben muss, was heutzutage systematisch erforscht ist und Anwendungen völlig selbstverständlich sind. Systeme der Informationsverarbeitung (PC, TV, Laptop, Tablett, Smartphone, Playstation,….) sind höchst begehrt.

    Zitat aus Ihrem Link: „AUF EINEN BLICK WAS EINE THEORIE DES BEWUSSTSEINS LEISTEN MUSS
    Um Bewusstsein zu erklären, muss man angeben können, wie geistige aus materiellen Prozessen entstehen. Dazu bedarf es eines Ansatzes, der das Phänomen Bewusstsein zurückführt auf ihm zu Grunde liegende neuronale Vorgänge.“

    Ich halte „Empfindungen“ (ein „Mikrobestandteil“ von Bewusstsein), nicht für „Zauberei“ sondern für ein noch unbekanntes physikalisch/chemisches Phänomen.

    Es könnte z.B. entstehen, wenn Valenzelektronen bei bestimmten Molekülen, bei bestimmten „Reizen“ (oder Entzündungen, oder auftreffenden Photonen,….), z.B. gemäß bestimmten „Mustern“ aus ihren „Bahnen“ fliegen…. und vom neuronalen Netz „ausgewertet“ werden können. Letzteres, z.B. wo und an welcher Sensorik derartige Phänomene auftreten (z.B. Zapfen, Stäbchen), ist teilweise geklärt, aber noch nicht der gesicherte Zusammenhang der (noch nicht bewiesenen) Phänomene mit Empfindungen.

    Zitat aus Ihrem Link: „Dafür ist es erstens notwendig, eine Verbindung zwischen subjektiver Erfahrung und ob­jektiver neuronaler Aktivität herzustellen.

    Zweitens muss man die neuronalen Vorgänge im Gehirn selbst hinreichend gut verstehen. Das ist schwer, aber im Prinzip machbar.“

    Genau so sehe ich es auch.

    Panpsychismus bedeutet demnach nichts anderes, als dass die „sensorischen Moleküle“ öfter, z.B. in Pflanzen, in der Umwelt „vorkommen“ könnten, was wahrscheinlich scheint. Allenfalls partiell „Empfindungsphänomene“ auftreten könnten, die aber nicht in einen komplexeren „Bewusstseinszusammenhang“ (mit vielen komplex und optimal verteilten Sensoren) wie in neuronalen Systemen (bei Tieren und Menschen), auftreten.

    Die Evolution scheint es jedenfalls geschafft zu haben, aus den möglicherweise vielen in der Natur schon vorhandenen „panpsychistischen Strukturen und Mechanismen“ und mittels „genetischer Zufallsvariationen“, (Stichwort: „Zufallsgeneratoren“, „Gentransfer“), Systeme mit vielen komplex und optimal verteilten sensorischen, motorischen und „stützenden“ Zellverbänden zu generieren, die in neuronale Systeme eingebunden werden können……

  124. @ Elektroniker

    Dann beginnen Sie bei den Fundamentalen Wechselwirkungen und enden im Antonymismus!

    Dazwischen liegt der Lebensfunke.

    Ohne Erklärung,was der Lebensfunke ist, ist nichts.

  125. @ Tobias Jeckenburger:

    Ich verstehe es auch wirklich nicht. Die Idee einer Innenwelt, die unsere Existenz abbildet, die finde ich gut und dabei auch unproblematisch. Sie ist unser Leben. Das ist unmittelbare Erfahrung.

    Es macht auch keinen Sinn mehr wenn ich es nochmal anders versuche zu erklären. Für Sie ist Bewusstsein ein Welt (Innenwelt) in der Welt. Für Sie ist das Bewusstsein wie ein Container in dem sich ihre Erfahrung abspielt. Genau weil Sie das denken kommen Sie auch in ein metaphyisches Problem, denn diesen inneren Container kriegen Sie nicht mehr mit dem Körper bzw. “materiellen” Prozessen verbunden.

    Ich sehe auch kein Leib-Seele-Problem, nur eben die Lösung einer Innensicht und einer Außensicht, die sich an sich gut vertragen. Ich muss aber auch nicht alles verstehen.

    Dann widersprechen Sie sich selbst. Der Panpsychismus ist eine Ontologie bzw. Metaphysik innerhalb des Paradigmas des Leib-Seele Problems. Er versucht eine philosophische Antwort auf dieses philosophische Problem zu geben. Wenn Sie nun schreiben dass Sie kein Leib-Seele Problem sehen, dann können Sie auch keinen Panpsychismus vertreten. Das ist so als ob Sie sagen Sie seien Vegetarier und gehen gleich erstmal lecker Steak essen.

  126. „Es gibt im Gehirn auch keine innere Repräsentation einer Außenwelt oder so etwas.”
    @Tobias Jeckenburger – das, was sie als “Repräsentation der Außenwelt” erleben, ist ein Produkt nicht nur ihrer unmittelbaren Sinneswahrnehmung, sondern das Gesamtbild von deren Verarbeitung.
    Bei der nicht nur die Eindrücke ihrer Augen, Ohren und Tastsinn (etc.) einfließen, sondern auch ihre Erfahrungen und Erwartungen, gemixt mit denen ihrer Kultur und deren Geschichte.
    Mindestens, denn die eigentliche Neuroaktivität, dass sie gerade atmen, ihre Haltung aufrecht halten und Stoffwechseln, kommt ja auch noch dazu, abgesehen von ihrer Stimmung, die bekanntlich ihr Bild ebenfalls einfärbt.

    Es hat keinerlei Aussicht auf Erfolg, diese ganze Suppe als ein objektives Ding erforschen zu wollen. Real ist, dass wir alle so Subjekte sind.

    Es ist eine Einheit, keine Dualität – und was sie unter Ordnung verstehen, kann ich grad gar nicht nachvollziehen. Mein Wort wäre Komplexität.
    (Im Hirn ist es “aufgeräumt”, alles an seinem Platz und so. Aber das diese vor ihrer Ordnung passt da so nicht hin, meine ich.)

    Funktional gesehen können Nerven nur an/aus. Materie halt, da oder weg.
    (Unser Hirn ist viel zu sehr auf “Bewegung auswerten” geeicht, um da objektiv zu arbeiten. Es ermöglichte erst lange “nur” unsere Handlungen, baut auf dem Subjektiven auf.)

    Unsere Psyche hat etwas, das nennt sich “Objektkonstanz”, dass wir an etwas glauben können, obwohl wir es gerade nicht sehen. (Das Bild von “Geisteswelten” hat ja einen Grund.)
    Aber mit diesem Terminus erforscht man eine ganz andere Ordnung, die eigene Komplexität.

    Man kann von außen forschen, wie diese “Sicherheit” mit den Schaltkreisen von Angst (interessanterweise auch im Kontext von Neugier) interagiert – denn von innen ist es die Basis für das Lernen. (Da gibt es auch einiges an Forschung.)

    Bei Kindern – Erwachsenen steht es frei “ihre Geisteswelten” zu erweitern, indem sie “Raum für neue Inhalte zulassen” können, aber Platz ist halt nur da, wo Nichts ist…
    Hängt also sozusagen weniger vom Raumkonzept und mehr von einer Art Konzept der Leere – oder der Möglichkeiten – ab.

  127. @ Jeckenburger:

    Noch ein Kommentar dazu:

    Das hört sich für mich so an, dass sie sogar auf die eigene Existenz verzichten, nur um den Dualismus los zu werden.

    Absolut nicht.

    Ich betrachte mich als erlebendes Lebewesen. Aber was da erlebt ist das Lebewesen selbst und kein Geist, kein Bewusstsein, kein innerer Raum.

    Demnach würde ich umgekehrt behaupten dass ich näher an meinem Körper, an meiner Existenz und zur Welt stehe als Sie in Ihrem Weltbild. Denn das was Sie erleben ist nur Ihre Innenwelt, die, auf welcher Art und Weise auch immer, ja zumindest partiell von dem Rest der Welt abgekoppelt ist – ansonsten müssten Sie keine Trennung zwischen innen vs. außen vornehmen.

    Sie leben in der inneren Geisteswelt, ich in einer Welt die keine zwei Seiten kennt.

  128. @Philipp 12:04. 20:02 / 22:34

    „Für Sie ist Bewusstsein ein Welt (Innenwelt) in der Welt. Genau weil Sie das denken kommen Sie auch in ein metaphyisches Problem, denn diesen inneren Container kriegen Sie nicht mehr mit dem Körper bzw. “materiellen” Prozessen verbunden.“

    Der persönliche Geistesraum bildet bei mir das neurophysiologische Korrelat in sich ab, eine Rückwirkung auf das Gehirn kommt bei mir über mal gezielten Quantenzufall zustande. Entsprechend entfällt bei mir das metaphysische Problem. Ich sehe hier jedenfalls keines.

    „Dann widersprechen Sie sich selbst. Der Panpsychismus ist eine Ontologie bzw. Metaphysik innerhalb des Paradigmas des Leib-Seele Problems.“

    So wie ich den Panpsychismus sehe, kommt es erst mal auf die Geistesräume an. Die bei mir eben mit der Physiologie in Wechselwirkung stehen. Wenn das dann kein Panpsychismus mehr ist, dann ist mir das auch egal.

    „Demnach würde ich umgekehrt behaupten dass ich näher an meinem Körper, an meiner Existenz und zur Welt stehe als Sie in Ihrem Weltbild.“

    Sieht in der Tat so aus. Was ja nun durchaus positiv ist. Wenn das für Sie optimal ist, dann sind Sie vermutlich gut unterwegs damit.

    Dafür habe ich eine zumindest gedachte kosmische Dimension, und vielleicht auch mehr Zugang zu Inspirationen, das macht meine Welt jetzt wieder größer. Als Künstler ist beides gut zu gebrauchen.

    Von mir aus lassen wir es dabei. Es muss ja gar nicht jeder dasselbe Konzept haben.

    @Viktualia 12.04. 21:40

    „Es hat keinerlei Aussicht auf Erfolg, diese ganze Suppe als ein objektives Ding erforschen zu wollen. Real ist, dass wir alle so Subjekte sind.“

    Wir stellen uns öfter Fragen, die sehr schwer zu beantworten sind. Und merken das erst später. Vielleicht bei Fruchtfliegen erst mal gucken?

    „Es ist eine Einheit, keine Dualität – und was sie unter Ordnung verstehen, kann ich grad gar nicht nachvollziehen. Mein Wort wäre Komplexität.“

    Vielleicht ist es ja doch ordentlicher als man denkt. Komplexität wird öfter von neuen Ideen ganz neu ausgestaltet. ChatGPT steht inzwischen als Werkzeug zur Verfügung, und scheint die Komplexität menschlicher Sprache ganz gut im Griff zu haben.

    Was die KI die nächsten Jahre noch hinbekommt, da bin ich neugierig. Informatik als Fachgebiet soll sich ja auch meistens mit der Bewältigung von Komplexität beschäftigen.

  129. @ Jeckenburger:

    Der persönliche Geistesraum bildet bei mir das neurophysiologische Korrelat in sich ab, eine Rückwirkung auf das Gehirn kommt bei mir über mal gezielten Quantenzufall zustande. Entsprechend entfällt bei mir das metaphysische Problem. Ich sehe hier jedenfalls keines.

    Wow, wenn Sie bei solchen Postulaten kein metaphysisches Problem sehen, dann fällt mir auch nichts mehr ein. Außer dass Ihre postulierte Wechselwirkung zwischen Gehirn und Geist nicht zum Panpsychismus gehört, sondern eben zu einem interaktionistischen Dualismus.

    So wie ich den Panpsychismus sehe, kommt es erst mal auf die Geistesräume an. Die bei mir eben mit der Physiologie in Wechselwirkung stehen. Wenn das dann kein Panpsychismus mehr ist, dann ist mir das auch egal.

    Es gibt natürlich zig Formen des Panpsychismus den sich Philosophen ausgedacht haben. Grundsätzlich verlegt der Panpsychismus den Leib-Seele Dualismus in die Materie selbst. Er behauptet einfach dass bereits die Materie selbst quasi polar ausgelegt oder neutral bezüglich Materie und Psyche/Geist ausgelegt sei. Siehe auch neutraler Monismus. Der Dualismus wird quasi in die Materie selbst verlegt. Aber eine Wechselwirkung wird dann nicht mehr postuliert, denn dann wären die Panpsychisten wieder beim interaktionistischen Dualismus, also genau das was sie neben einem klassischen Materialismus vermeiden wollen.

    Was Sie beschreiben würde man, wie oben schon geschrieben, wohl eher als Dualismus festhalten.

  130. @ Philipp 12.04.2023, 22:34 Uhr

    Zitat: „Ich betrachte mich als erlebendes Lebewesen. Aber was da erlebt ist das Lebewesen selbst und kein Geist, kein Bewusstsein, kein innerer Raum.“

    Sie brauchten sich nicht einmal als erlebendes Lebewesen betrachten. Es könnte reichen, wenn sie einfach immer z.B. Ihren Vater „nachahmen“ und Ihnen die “ganze Welt“ völlig gleichgültig ist. Es könnte Ihnen völlig egal sein ob Sie ein Lebewesen sind, Geist, Bewusstsein, haben, es für Sie einen innerer oder äußeren Raum, einen Dualismus oder sonst eine Philosophie gibt.

    Für die Verständigung würde „ham, ham“ und ….., ….. völlig reichen……..

    Es wäre höchstens die Frage, wie Sie mit so einer Einstellung länger existieren können?

    Die Menschen haben im Prinzip Objekte, Kategorien, Bezeichner, …. geschaffen um sich verständigen und gemeinsam, ihre Existenz besser und länger sichern zu können.

    Informatiker sind sogar auf die Idee gekommen, den Menschen, besonders seine „Denke“ systematisch „nachzuahmen“ um sich das Leben noch bequemer zu gestalten. Haben sogar „Kunstsprachen“ entwickelt, um sich mit ihren elektronischen „Lieblingen unterhalten“ zu können.

    Neuerdings sind diese „Elektronischen Wesen“ sogar so „schlau“ geworden und können sogar „Klugschwätzer“ recht erfolgreich nachahmen…..

    Zu diesem Zweck haben die Informatiker vorhandene Konzepte von Mathematikern, Theologen und Philosophen …. verwendete Begriffe, Objekte, Methoden, ….. mehr oder weniger “bewust” übernommen und für ihre Zwecke „zurecht gebogen“.

    Ganz wichtig waren ihnen Prozessoren, Prozesse und Informationen, ein „aufgebohrter Dualismus“ sozusagen. Natürlich auch der Unterschied Psychisches-Physisches, Innensicht-Außensicht, Lokal-Global, Gültigkeitsbereiche, ….

    Wir leben in einer komplexen Welt und es gibt verschiedene Sichteisen auf diese „Welt zu blicken“.

  131. @Philipp 13:04. 07:43

    „Grundsätzlich verlegt der Panpsychismus den Leib-Seele Dualismus in die Materie selbst. Er behauptet einfach dass bereits die Materie selbst quasi polar ausgelegt oder neutral bezüglich Materie und Psyche/Geist ausgelegt sei.“

    Hier sind wir dann schon mal bei den Geistesräumen, die ich so sehr liebe.

    „Aber eine Wechselwirkung wird dann nicht mehr postuliert, denn dann wären die Panpsychisten wieder beim interaktionistischen Dualismus, also genau das was sie neben einem klassischen Materialismus vermeiden wollen.“

    Ohne die Wechselwirkung komme ich allerdings überhaupt nicht hin. Zumal ich auch ein Fan von Naturgesetzen bin, und einem gewissen Materialismus positiv gegenüber stehe. Entsprechend gibts dann Geisteswirkungen auch nur über mal gezielten Quantenzufall. Nicht überall, wie es „Gott“ gerade gefällt. So viel Ordnung muss sein.

    „Was Sie beschreiben würde man, wie oben schon geschrieben, wohl eher als Dualismus festhalten.“

    So ganz gefällt mir das nicht, rein begrifflich gesehen. Wie soll ich das sonst nennen? Spiritueller Agnostizismus, konkreter Panpsychismus, ich weiß es nicht. Wichtig ist mir halt auch die offensichtliche Vielfalt menschlicher Erfahrungswelten. Ich kenne alle möglichen mehr oder weniger verrückte Menschen, und entsprechend gefallen mir Konzepte, die eine breite konkrete Ausgestaltung haben können, ohne dabei beliebig zu sein.

    Am ehesten ist es dann vielleicht tatsächlich ein interaktionistischer Dualismus. So ganz zufrieden bin ich damit aber nicht.

  132. @ Tobias Jeckenburger 13.04.2023, 14:19 Uhr

    Die Fragen die wir hier so diskutieren, besser die Art wie wir die verschiedenen Aspekte bewerten, ist für Psychologen extrem interessant. Das haben mir ehemalige 68er WG Kumpels (Psychologiestudenten) in endlosen, Nächte langen „Palavern“ versichert.

    Der Mensch an sich, mag den „Panpsychismus“ und die „Geisterwelten“ nicht so richtig. Er hält sich selber für was ganz besonderes, für die Krone der Schöpfung und das kann er so richtig genießen.

    Da ist es eine Kränkung, wenn sogar die Tiere und gar nicht auszudenken, womöglich sogar Pflanzen oder allenfalls sogar tote Strukturen „Empfindungen“ haben könnten. Obwohl letzteren Empfindungen mangels neuronaler Strukturen nicht „bewusst“ werden können. Empfindungen dürften, wie praktisch alles auf der Welt, schlicht und einfach auf Naturgesetze und physikalisch/chemische Phänomene beruhen.

    Womöglich „repräsentiert“ der Begriff „Gott“ die Naturgesetze und deren Wirkungen, genau so wie sie eben wirklich sind. Das „dein Wille geschehe“ ….. nichts anderes bedeutet, als die Naturgesetze zu akzeptieren.

    Es scheint nicht sehr zweckmäßig, sich mit den „Naturgesetzen anzulegen“, giftige Pilze zu verzehren, oder in der Hoffnung fliegen zu können, beim 10 Stockwerk hinaus zu springen. Vor Jahrzehnten konnte es ein junger Mann nicht glauben, dass man stirbt, wenn man eine Hochspannungsleitung angreift, zumal die Vögel sogar darauf herumsitzen….. Es war sein letztes „Experiment“.

    Zitat: „Wichtig ist mir halt auch die offensichtliche Vielfalt menschlicher Erfahrungswelten.“

    Das sehen Sie sehr vernünftig. Die vielfältigen eigenen Erfahrungen und die sich daraus entwickelten Sichtweisen, erscheinen wichtig für die persönliche Einstellung und das Handeln.

    Habe einmal gehört, das Menschen die z.B. in einem Wallfahrtsort als Kind eines wohlhabenden Devotionalienhändlers (mit bestem Standplatz) aufgewachsen sind, wegen der „handfesten intensiven religiösen Erziehung“ fanatische Atheisten geworden sind, was einem eigentlich nicht verwundert.

    Einstellungen und Sichtweisen sind am ehesten mit den Methoden der Psychologie zu begründen.

  133. @Mussi 12:04. 18:58

    „Prof. Manfred Lütz hat 2011 ‘ Irre,wie behandeln die Falschen’ veröffentlicht.
    Kernthese: Diejenigen die z.B. für das anthropogene Klima verantwortlich sind,sind gefährlicher,als ein Schizophrener.“

    Ein noch direkterer Zusammenhang besteht in den Menschen, die den Stress überhaupt erst verursachen, an dem andere zerbrechen.

    Natürlich ist dieser Stress auch institutionalisiert, zusammen zu fassen als Leistungsgesellschaft, die schon länger nicht mehr so recht weiß, was es hier so zwanghaft zu leisten gibt.

    Jetzt legt sich die freie Welt neben Russland auch noch mit China an. Ich hoffe, man ist sich darüber klar, dass man keine technisch-wirtschaftliche Übermacht mehr hat. Diese wiederherzustellen könnte gar nicht möglich sein, wenn China eben da einsteigt, und auch aufrüstet. Die viele Arbeitszeit, die dabei drauf geht, könnten wir auch in eine schnellere Energiewende investieren. Oder eben gucken, wie man denn auch entspannter leben und arbeiten kann.

  134. @Jeckenburger

    Ich tippe mal,80% würden anders handeln,wenn nicht am Ende des Monats die Kohle auf dem Konto wäre.
    Lohnt,nochmal über das NewPublicManagemt und Geldkreislauf und Arbeit und den Aktivierenden Staat nachzudenken

  135. @Philipp / 11.04.2023, 19:08 Uhr

    » Es gibt im Gehirn auch keine innere Repräsentation einer Außenwelt oder so etwas. Der physiologische Prozess selbst ist das Erleben. «

    Ich fürchte, solch eine Formulierung lädt zu Missverständnissen ein.

    In ähnlicher Weise, wie es Erleben gibt, gibt es im Gehirn auch eine sogenannte Repräsentation der Welt außerhalb des Nervensystems (Außenwelt), und zwar, keine Frage, als verzweigte neurophysiologische Prozesse, komplexe Aktivitätsmuster, dynamische Zustände, oder wie immer man das nennen will. Diese Repräsentation ist notwendig für die Koordinierung des Organismus in einer Umwelt.

    Was mich bei der Sache besonders interessiert, ist, ob und inwieweit diese Repräsentationen z. B. von Schall- oder Lichtsignalen auch subjektiv erlebt werden müssen, damit adäquate Verhaltensreaktionen (motorischer Output) möglich sind.

    Bei vergleichsweise einfachen Nervensystemen wie z. B. bei Insekten kann man sich schon vorstellen, dass diese Tiere kein subjektives Erleben haben, zumindest nicht derart und so umfassend, wie wir das von uns selber kennen.

    Bei uns selbst haben wir das starke Gefühl, dass wir ohne das subjektive Erleben gar nicht zu willentlichen, gezielten und geplanten Handlungen fähig sind (auch wenn viele Bewegungen und/oder Verhaltensäußerungen ohne willentliches Zutun zustande kommen).

    Alles deutet also darauf hin, dass das subjektive Erleben (für uns) von zentraler Bedeutung ist—und somit auch der neurophysiologische Mechanismus, der dieses subjektive Erleben bewirkt.

    Die Frage, die sich daran anschließt, lautet: Wie ist dieses subjektive Erleben bzw. wie sind die neurophysiologischen Prozesse mit den übrigen Teilen des Gehirns verknüpft, die eben nicht mit einem subjektiven Erleben verbunden sind, weil es dort diesen speziellen Erlebens-Mechanismus nicht gibt. Mir scheint die Antwort wichtig für die hier diskutierte „Freiheit“ bei Willensentschlüssen.

  136. @ Balanus 13.04.2023, 20:13 Uhr

    Zitat: „Die Frage, die sich daran anschließt, lautet: Wie ist dieses subjektive Erleben bzw. wie sind die neurophysiologischen Prozesse mit den übrigen Teilen des Gehirns verknüpft, die eben nicht mit einem subjektiven Erleben verbunden sind, weil es dort diesen speziellen Erlebens-Mechanismus nicht gibt.“

    Meiner Meinung nach treten „Empfindungen“ oder „subjektives Erleben“ an sensorischen „Zellen“ die auch Ladungsträger aussenden können, auf. Allenfalls ähnlich wie im Auge, wo die Zapfen/Stäbchen nicht direkt Ladungen emittieren sollen?

    Ich beziehe mich nachfolgend auf die Zitate von S. Schleim im Zusammenhang mit Libet. Libet spricht von „cerebral mental fields“. Das wären nach meinem Verständnis so etwas wie „Bewusstseinsanzeigen“, „Hirnkino“, …. Also genau die (allenfalls „gekrümmten“) flächigen Strukturen, die „Informationen“ in einen z.B. örtlichen und zeitlichen Zusammenhang bringen.

    Sensorische (gleichzeitig empfindende) „Elemente“ dürften hauptsächlich an hautartigen Strukturen auftreten (Netzhaut, Körperhautoberfläche,….).

    Information abbildenden „Signalkaskaden“ dürfen zwischen den verschiedenen „cerebral mental fields“ sozusagen „wandern“ um die entsprechenden Empfindungen und Gefühle zu realisieren. Das „Hirnkino“ wird zusätzlich zu einem „Empfindungskino“. Es gäbe nicht nur „Hautempfindungen“, sondern auch z.B. „flaue Magengefühle“…..

    „Bewusstseinsprozesse“, realisiert auf „cerebral mental fields“, scheinen nur insofern qualitativ etwas anderes (mehr), zu sein als die sonstigen neurophysiologischen Prozesse, weil so etwas wie „Phasensprünge“ und „Empfindungen“ eingebunden sind, damit auch die physikalische Realisierung des „Empfindungsphänomens“, das vermutlich noch im Detail geklärt werden muss.

    Ich glaube mich an den Physikunterricht zu erinnern, als der Lehrer zur Erklärung des Sachverhaltes, dass aus einem von einem Dia Projektor an die Wand geworfenen „Lichtbündel“, ein Bild entsteht, den Begriff „Phasensprung“ verwendet hat.

    “Empfindungsfähige Zellen” dürften auch einfache Tiere besitzen, damit sie „Zielfunktionen“ wie „anstreben – vermeiden“ realisieren können, jedoch mit einer wesentlich geringeren „Auflösung“ als Menschen. Allerdings dürften z.B. Adler die aus großer Höhe Mäuse erkennen, eine recht hohe Auflösung zumindest der Augen, weniger der anderen „mentalen Felder“, haben.

    Empfindungen/Gefühle sind zur Erfüllung der „Zielfunktionen“ erforderlich.

    Wenn die insgesamt das Bewusstsein bildenden „mentalen Felder“ in die Verarbeitung eingebunden sind, ist das Handeln „bewusst“, andernfalls eben nicht bewusst…..

    Unbewusste Prozesse dürften jedenfalls „schneller“ realisiert werden können.

  137. “Die Frage, die sich daran anschließt, lautet: Wie ist dieses subjektive Erleben bzw. wie sind die neurophysiologischen Prozesse mit den übrigen Teilen des Gehirns verknüpft, die eben nicht mit einem subjektiven Erleben verbunden sind, weil es dort diesen speziellen Erlebens-Mechanismus nicht gibt.”
    @Balanus – das klingt, als ginge es dir um dieses Qualia-Problem, wie bei @Elektroniker mit den “Empfindungen” – aber das Hirn ist voll mit Empfindungen und dem subjektiven Erleben von was, das ist der Job von der Kiste.

    Ich denke nicht, dass es “einen neurologischen Mechanismus” gibt, der für die Qualia (“mein” Geschmack) zuständig ist. Individuen sind wir einfach ganz von selbst. Aber man kann Aussagen darüber machen, was “den Geschmack” beeinflusst. Rsp. was das Empfinden ausmacht, bzw. wie deren Verarbeitung arbeitet.

    Ich versuche mich auch gerne an einem kurzen Abriss der Anatomie, aber deine andere Frage (ob und inwieweit diese Repräsentationen z. B. von Schall- oder Lichtsignalen auch subjektiv erlebt werden müssen, damit adäquate Verhaltensreaktionen (motorischer Output) möglich sind.) kann ich dir nur indirekt beantworten, danach. (Mit “subjektiv erleben” meintest du eher bewusst als das Gegenteil von objektiv, oder?)

    Als da wären: Stammhirn, das älteste, rudimentäre Tonusregelung, also die Körperspannung für Flucht, Panik oder halt Sicherheit.
    Beim Kleinhirn geht es sehr um Bewegungsmuster, also Stand-Spielbein, Koordination gelernter Bewegungen, Gleichgewicht.
    Im Mittelhirn regeln u.a. Drüsen unseren Gefühlshaushalt, also nochmal Angst/Sicherheit, aber viel komplexer. (Schlafrhythmus, “Empfindungen” i.S. v. Sinneswahrnehmungen, warm/kalt, Schmerz.)

    Und die Großhirnrinde hat, neben ihren zwei Hälften, Rindenfelder mit je einem primären Feld für den eigentlichen Empfang und einem Assoziationsfeld zum Vergleich des Inputs.
    Je ein Rindenfeld (pro Seite) für die Aktivität und die Sensorik (also Rückmeldung, Tastsinn) der Muskeln;
    eins fürs Sehen,
    Hören und Reden sind zusammen, bzw. Reden ist mehr links (ein Detail, das bei Apoplex ganz wichtig wird)
    Riechen ist ne kleine Region neben dem Frontalhirn, wo gedacht wird. Hinter der Stirn. https://de.wikipedia.org/wiki/Gehirn#Aufbau

    Da wird also sowieso überproportional viel empfunden und nur ganz wenig (subjektiv) gedacht.
    Darum such ich Bewusstsein eher mit Orientierung und Objektivierung in Verbindung zu bringen, dem, worauf diese Kiste ausgerichtet ist.

    Zu deiner Frage: es muss sozusagen schonmal erlebt worden sein. Wenn auf den Assoziationsfeldern nix gefunden wird, geht das Input unter. (Bekanntes lässt sich leichter verknüpfen.)

    Und es gibt ne Connection zwischen Ohr und Halsmuskel, uralt. Sehr subjektiv, meintest du so was? Nee, oder?

  138. @Elektroniker – was für ein schöner Text!

    Abgesehen davon, dass du irgendwie ausblendest, dass “Empfindung” der Job von Nervenzellen ist, hast du es supergut getroffen.
    Ist jetzt keine Ironie.
    Ich widerspreche dir in keinem andern Punkt.

    Ich wunder mich zwar, wie du das als “Elektroniker” ausblenden kannst, aber irgendwie auch nicht.
    Die ganze Sache mit der Wahrnehmung funktioniert mit Strom (der ist mir ein Rätsel), den wir selbst generieren. Jede Nervenzelle funkt ihre Empfindung.

  139. @ Balanus:

    Zu den Fragen die Sie aufwerfen könnte man lange diskutieren.
    Ich möchte nur auf einen Punkt eingehen.

    Die Frage, die sich daran anschließt, lautet: Wie ist dieses subjektive Erleben bzw. wie sind die neurophysiologischen Prozesse mit den übrigen Teilen des Gehirns verknüpft, die eben nicht mit einem subjektiven Erleben verbunden sind, weil es dort diesen speziellen Erlebens-Mechanismus nicht gibt. Mir scheint die Antwort wichtig für die hier diskutierte „Freiheit“ bei Willensentschlüssen.

    Die Philosophie, oder sagen wir zumindest viele Philosophen, glauben dass Bewusstsein etwas ganz besonderes sei. Die Subjektivität sei etwas ganz, ganz besonderes. Und diese Sichtweise wurde implizit auch in die kognitiven Neurowissenschaften übernommen (man kann sich eben aus der eigenen Tradition und Geschichte nicht immer vollständig frei machen).

    Deshalb suchen viele (aber nicht alle) Theorien des Bewusstseins nun auch nach besonderen neuronalen Mechanismen im Gehirn für das Bewusstsein.

    Ich halte das für einen Fehler. Denn hier übernimmt man die meiner Meinung nach falsche Ansicht der Philosophie (Bewusstsein/Subjektivität sei besonders) und überträgt diese auf das Gehirn (es müsste besondere Mechanismen für Bewusstsein geben).

    Fakt ist doch folgendes: bis heute hat die Neurowissenschaft keinen einzigen besonderen Mechanismus für Bewusstsein gefunden – weil es sie meiner Meinung nach auch gar nicht gibt. Man muss das verstehen was man ohnehin beobachtet und sieht. Für Bewusstsein wird es keine besonderen oder speziellen neuronalen Mechanismen geben die sich prinzipiell von anderen neuronalen Mechanismen unterscheiden. Das gleiche trifft für Prozesse rund um den “freien Willen” zu.

    Für die globale “Verknüpfung” neuronaler Aktivität über die Hirnrinde hinweg ist z.B. functional connectivity (FC) notwendig. D.h. die Beobachtung dass Areale und Bereiche ungefähr synchron miteinander schwingen bzw. zeitlich korrelierte Aktivitätsmuster aufweisen. Aber diese Synchronisation darf nicht zu hoch sein, dann folgt der Bewusstseinsverlust, aber sie darf auch nicht zu niedrig sein, denn dann verliert man ebenfalls Bewusstsein, wie z.B. im traumlosen Schlaf oder unter der Anesthesie wenn sie die FC verringert.

    Dann müssen diese Muster nicht nur räumlich “verbunden” sein, also über die Topographie des Gehirns hinweg, sondern auch bestimmte Muster über die Zeit hinweg selbst aufweisen. Usw.

  140. @Balanus – was für eine Einigkeit darüber, wie wertvoll die Formulierung dieser Frage war!

    Ich möchte noch kurz was zur Subjektivität der Empfindungen anmerken:
    Ihr klingt alle, als gäbe es so etwas wie “objektive Empfindungen”, @Philip grade auch: “Die Philosophie, oder sagen wir zumindest viele Philosophen, glauben dass Bewusstsein etwas ganz besonderes sei. Die Subjektivität sei etwas ganz, ganz besonderes. Und diese Sichtweise wurde implizit auch in die kognitiven Neurowissenschaften übernommen (man kann sich eben aus der eigenen Tradition und Geschichte nicht immer vollständig frei machen).”

    Abgesehen davon, dass diese Subjektivität für viele auch das Synonym für “dumme Gedanken” ist, bzw. Qualia von manchen als Konzept (wegen seiner Schwammigkeit) abgelehnt wird, gibt es halt schlicht keine “objektive Wahrnehmung”.

    Wahrnehmung ist Subjektiv und wir sind Subjekte.
    Die lernen können, Sachverhalte zu objektivieren.
    ———————————–
    @Elektroniker – mein Wissen fußt ja eher auf der Pathologie, also dem, was passiert, wenn bei dieser “Neurophysiologie” was ausfällt.
    Als Ergänzung zu “alle Nerven funken” möchte ich noch sagen, dass bei Lebewesen der Strom ja nicht durch eine Leitung fließt, sondern außen lang hüpft: https://de.wikipedia.org/wiki/Erregungsleitung#Saltatorische_Erregungsleitung,
    der physiologische Tel der Neurologie heißt dabei https://de.wikipedia.org/wiki/Myelinscheide
    (Und diese “sklerotisiert”, also verknöchert bei MS durch die Entzündungen, was dann zu den Ausfällen führt.)

    “Alle Nerven funken ihre Empfindung” war eine ausgesprochen subjektive Formulierung für den Sachverhalt der Nervenreizleitung.
    (“Ihre Empfindung”: sie sind ja spezialisiert, eine Tastzelle funkt was anderes als eine Zelle im Auge.)

    Das gleiche trifft für Prozesse rund um den “freien Willen” zu.
    @Philipp, da wär ich mal nicht so sicher, ob beim Thema “Lernen” nicht noch bisl was an Erkenntnis zu holen sei, auch gerade Neurophysiologisch.

    Um es mit Kant zu formulieren: wir brauchen zwar “Mut” um uns unseres Verstandes zu bedienen (also auch das Mittelhirn), aber angelegt sind diese Prozesse zum “Gebrauch des Verstandes” in uns eindeutig.
    Egal, ob wir davon Gebrauch machen – oder nicht.

  141. @Balanus:
    Die Repräsentation der Außenwelt im Gehirn ist eine Dernkfigur, die davon ausgeht, die Außenwelt drücke dem Gehirn einen Stempel auf oder projeziere ihr Bild ins Gehirn wie auf einen Fernseher.
    Es sind äußerst naive Vorstellungen, die mit der Realität nichts gemein haben und eher auf dem gesunden Menschenverstand beruhen als auf einer wissenschaftlichen Argumentation. Das Gehirn ist, wie alle Organe, bestrebt, ein dynamisches Gleichgewicht aufrecht zu erhalten zwischen dem Grundrauschen sowie äußeren und inneren Reizen.
    Auch ist die sog. Mustererkennung keine Erkennung innerer Repräsentationen, sondern solche funktionellen Muster generiert das Gehirn aufgrund sensorischer Reize. Und es macht aus solchen Mustern immer abstraktere Strukturen, wie Piaget mit seiner Assimilation/ Akkomodation gezeigt hat.

  142. @ Viktualia 14.04.2023, 00:19 Uhr

    Zitat: „Abgesehen davon, dass du irgendwie ausblendest, dass “Empfindung” der Job von Nervenzellen ist, ……..
    Ich wunder mich zwar, wie du das als “Elektroniker” ausblenden kannst, aber irgendwie auch nicht.
    Die ganze Sache mit der Wahrnehmung funktioniert mit Strom (der ist mir ein Rätsel), den wir selbst generieren. Jede Nervenzelle funkt ihre Empfindung.“

    „Empfindungen“ sind vermutlich a u c h Job sensorischer Neurone. Es gibt sehr viele Neuronenarten, z.B. viele oder wenige, kurze oder lange Dendriten. Für den „Empfindungsprozess“, die verschiedenen Arten der Empfindungen/Gefühle könnten zusätzliche molekulare Strukturen, wie vermutlich bei den Zapfen/Stäbchen an der Netzhaut erforderlich sein.

    Aber in der Hauptsache geht es um „Informationsverarbeitung“. Z.B. um „Mustervergleiche“ um Assoziationen zu bestehenden Mustern zu finden.

    Aus „Mustervergleichen“ wird ermittelt, dass z.B. von den Augen die Oma mit ihrem Hund, der den Briefträger gebissen hat, gerade „gesehen“ wird. Bedeutet, die aktuellen „Bildmuster“ werden mit früheren Mustern verglichen um zur Aussage über die Oma mit dem Hund zu kommen….

    Die Sensorik wandelt die anstehenden Informationen einerseits (meine Behauptung: In „Empfindungen“, die auf der Netzhaut ein „dummes Bild“ ergeben um) so wie in Signale die neuronal elektrisch verarbeitet werden und auf weitere „cerebral mental fields“ (Libet) „auftreffen“ und im „Hirnkino“ die kleine „Bewusstseinsgeschichte“, von Omas Hund der den Briefträger gebissen hat, samt weiteren Empfindungen realisieren.

    Die Verarbeitung der Signale in den Neuronen ist mit dem „Gatterkonzept“ der Elektronik vergleichbar. Außerhalb dieses Fachgebietes ist das Konzept nicht so leicht nachvollziehbar.

  143. @Wolfgang Stegemann

    Die Repräsentation der Außenwelt im Gehirn ist eine Dernkfigur […] Es sind äußerst naive Vorstellungen, die mit der Realität nichts gemein haben

    Die Realität, ist das nicht auch nur eine Denkfigur, die mit der Realität nichts gemein hat?

  144. @Joker:
    Wir bilden die Realität – und zwar unsere menschliche Realität – in Form von Modellen ab. Die guten Modelle integrieren dabei viele empirische Daten und theoretische Überlegungen. Bis bessere Modelle folgen.
    Die schlechten Modelle tun das o.g. schlechter. Das Repräsentationsmodell ist nicht nur naiv, es beinhaltet “alte” Denkmuster.

  145. @Elektroniker – „Empfindungen“ sind vermutlich a u c h Job sensorischer Neurone.”
    Nein. Es geht hier gerade nicht um Höflichkeit, sondern um Fakten. Das ist ne Begrifflichkeitsverwirrung (wie gesagt, grundsätzlich siehst du es ja richtig).
    Unter Empfindung wird somit eine Vorbedingung der Wahrnehmung und eine erste Stufe solcher neuronaler Vorgänge verstanden, die letztlich Wahrnehmung ermöglichen (Sinnlichkeit). https://de.wikipedia.org/wiki/Empfindung

    Ich schätze, deine Verwechslung hat damit zu tun, dass “das Auge” (im Gegensatz zu den anderen Sinnen wie Hören, Geruch/Geschmack, Tastgefühl und die Propriozeption) ein Sinnesorgan ist und nicht “nur” aus den jeweiligen Bahnen besteht.
    Schau dir mal die https://de.wikipedia.org/wiki/Augenevolution an.
    (Das Auge ist, als Teil des Hirns, vor Ewigkeiten aus der knöchernen Schale nach außen gedrungen und hat ne “eigene Evolution” hingelegt.)

    Die Organe im Leib werden ja auch nicht im Großhirn “gesteuert”, nur Bewegung/Handlung.
    Stammhirn betrachten wir ja grade genauso wenig wie Gefühle/Mittelhirn.

    Das, was im Hirn an optischer Verarbeitung passiert, ist Empfindung, also der wahrgenommene Eindruck; auch beim Sehen.
    (Das “Kopfkino” geht zwar dann auch mit “Licht”, also dem Gefunke, ist aber nicht mit der Optik des Organs Auge zu vergleichen.)
    ———————
    Für den „Empfindungsprozess“, die verschiedenen Arten der Empfindungen/Gefühle
    Gefühle sind etwas vollkommen anderes als Empfindungen, das ist eine in Deutschland übliche Doppeldeutigkeit (im Englischen wird etwas genauer zwischen “feeelings” und “senses” unterschieden.) Wir “fühlen” unsere Sinne, statt sie zu empfinden. Aber Kälte (Empfindung) ist eine objektive Qualität, Angst (Gefühl) eine subjektive.

    Allerdings werden alle Sinnesleistungen zusammen mit den (da ebenfalls archaischen) Mustern des Gefühlshaushaltes verarbeitet.

    Das ist, in meinen Augen, der Punkt, warum die Entwicklungsgeschichte des Hirns so wichtig ist – sie beschreibt unsere Möglichkeiten, da einzugreifen, bzw. wie wir davon “abgehalten” werden; also erklärt, wie es zu den “üblichen Illusionen” kommt.
    ———-
    Lass es sacken, @Elektroniker. Wahrzunehmen, dass an meinen Äußerungen was dran ist, ist nun mal was anders, als es in das eigene System eingebaut zu haben.
    Unbewusste Prozesse dürften jedenfalls „schneller“ realisiert werden können. Jep. Automatisierte Prozesse haben Vorfahrt, automatisieren/Wissen integrieren braucht Zeit.

  146. @ Philipp

    Zitat: „Die Frage, die sich daran anschließt, lautet: Wie ist dieses subjektive Erleben bzw. wie sind die neurophysiologischen Prozesse mit den übrigen Teilen des Gehirns verknüpft, die eben nicht mit einem subjektiven Erleben verbunden sind, weil es dort diesen speziellen Erlebens-Mechanismus nicht gibt. Mir scheint die Antwort wichtig für die hier diskutierte „Freiheit“ bei Willensentschlüssen.“

    Der Input z.B. von den Augen oder Ohren (am „äußeren Hirnkino“) dürfte relativ „objektiv“ sein, allerdings bei der neuronalen Aufbereitung dürfte es wegen der individuellen Biographie zu „kognitiven Verzerrungen“ kommen.

    Bedeutet an den inneren „cerebral mental fields“ (Libet) (inneres „Hirnkino“) sind die Wahrnehmungen subjektiv verzerrt.

    Ich kenne Libets Originalarbeiten nicht, aber der Begriff „cerebral mental fields“ den S. Schleim hier eingebracht hat, dürfte hervorragend im Zusammenhang mit Bewusstsein „passen“. In der Informatik nennt man Strukturen auf denen gleichartige, zusammengehörige Infos „abgebildet“ werden „Felder“ und ich gehe davon aus, dass Libet den Begriff nicht zufällig gewählt hat, ihm völlig klar war, dass er damit ganz nahe am „Bewusstsein“ ist.

    Womöglich konnte er derartige Felder lokalisieren und hat sie zum Ausgangspunkt von Messungen genutzt. Möglicherweise war man ehemals noch nicht fähig, Libets Konzept in der ganzen Tragweite zu verstehen?

    Das „Feld“ oder „Matrix“ Konzept ist in der Mathematik/Informatik völlig banal und natürlich nichts besonderes. In der Neurologie ist es fast der „heilige Gral“…..

    Dass das Gehirn Informationen verarbeitet, und die Ergebnisse auf „Feldern“ sozusagen „präsentiert“ werden, scheint banal.

    Die Diskussion um den freien Willen scheint sinnloses Palaver. Vermutlich ist es so wie es W. Singer sieht, die Gesellschaft wird sich vor „Problembürgern“ schützen müssen, so oder so….

    Ob es für „Empfindungen“ einen besonderen oder speziellen neuronalen Mechanismen gibt ist eine andere Frage. Womöglich läuft es auf die Verarbeitung von „Valenzelektronenmuster“ hinaus, so wie „Musterverarbeitung“ letztlich das vorherrschende Konzept im neuronalen System ist.

    Zitat: „Für die globale “Verknüpfung” neuronaler Aktivität über die Hirnrinde hinweg ist z.B. functional connectivity (FC) notwendig. D.h. die Beobachtung dass Areale und Bereiche ungefähr synchron miteinander schwingen bzw. zeitlich korrelierte Aktivitätsmuster aufweisen. Aber diese Synchronisation darf nicht zu hoch sein, dann folgt der Bewusstseinsverlust, aber sie darf auch nicht zu niedrig sein, denn dann verliert man ebenfalls Bewusstsein, wie z.B. im traumlosen Schlaf oder unter der Anesthesie wenn sie die FC verringert.“

    Diese Aussage finde ich sehr interessant, wie auch schon andere Aussagen von Ihnen.

    Eine zu hohe „Synchronität“ deutet auf eine „falsche“ Synchronisation, eine falsche Zeitstruktur hin. Aktivitäten werden sozusagen in einen falschen „Zeitschlitz gezwungen“, in der Elektronik ist sofort klar, dass dann das Chaos ausbricht. Daran haben W. Singer und C.v.d Malsburg geforscht.

    Zitat: „Dann müssen diese Muster nicht nur räumlich “verbunden” sein, also über die Topographie des Gehirns hinweg, sondern auch bestimmte Muster über die Zeit hinweg selbst aufweisen.“

    Genau so dürfte es sich verhalten…..

  147. @Wolfgang Stegemann

    Wir bilden die Realität […] in Form von Modellen ab.

    Würden Sie sagen, dass ein Modell etwas repräsentiert? Und wenn ja, was?

    Sie meinen, ein Modell, das auf mehr Daten / mehr theoretischen Überlegungen beruht, sei schon deswegen besser? Wenn nicht, was macht ein Modell dann besser oder schlechter als ein anderes?

  148. @Philipp 14:04. 07:47

    „Ich halte das für einen Fehler. Denn hier übernimmt man die meiner Meinung nach falsche Ansicht der Philosophie (Bewusstsein/Subjektivität sei besonders) und überträgt diese auf das Gehirn (es müsste besondere Mechanismen für Bewusstsein geben).“

    Aus Sicht der Physiologie ist dies womöglich weiterführend. Selbst ein Panpsychismus sieht Bewusstsein als weit verbreitet, nichts sehr Spezielles.

    „Dann müssen diese Muster nicht nur räumlich “verbunden” sein, also über die Topographie des Gehirns hinweg, sondern auch bestimmte Muster über die Zeit hinweg selbst aufweisen. Usw.“

    Es wäre entsprechend keine kleine Struktur mit spezieller Funktion, sondern etwas wesentlich globaleres, das ganze Gehirn umfassendes.

    Was dann auch bei Fruchtfliegen schon zu beobachten wäre? Da könnte man doch ganz genau gucken, wie es ganz konkret zusammengeschaltet ist.

    Auf der Ebene von Sinn und Bedeutung macht es aber schon Sinn, Bewusstsein herauszustellen. Es ist letztlich das Einzige, dass überhaupt Bedeutung haben kann. Selbst wenn es physiologisch als alltäglich gesehen werden kann. Nur was erlebt wird, kann irgendeine Qualität sein, alles andere kann nur Mittel zum Zweck sein, und an sich nur sinnlos sein. Auch ein riesiger Goldschatz ist ohne einen erlebenden Menschen grundsätzlich bedeutungslos.

    Und auch der ganze Kosmos kann nur Sinn haben als Heimat für erlebende Lebewesen. Jedenfalls kann ich mir keinen anderen Sinn denken.

  149. @Elektroniker – In der Neurologie ist es fast der „heilige Gral“…..
    Mit Verlaub, aber das ist bs.

    Dann dürfte es das hier gar nicht geben: https://scilogs.spektrum.de/die-sankore-schriften/bewusstseinsprofile-von-tieren/

    Zitat: „Dann müssen diese Muster nicht nur räumlich “verbunden” sein, also über die Topographie des Gehirns hinweg, sondern auch bestimmte Muster über die Zeit hinweg selbst aufweisen.“

    Genau so dürfte es sich verhalten…..
    Bisl viel Konjunktiv hier…
    Der Artikel beschreibt genau das (Muster/Zeit), aber bei Tieren.

    Die Diskussion um den freien Willen scheint sinnloses Palaver.
    Das könnte aber auch daran liegen, dass deine “Definition” von Empfindung verhindert, dass du sauber zwischen Tier und Mensch unterscheidest.

    Und lass dieses “kognitiv verzerrt”, bzw. “subjektiv verzerrt” stecken; das ist, da aus dem Kontext gerissen, geschwurbelt.
    Es ist keine “subjektive Verzerrung”, die Bedeutung einer Wahrnehmung in den aktuell korrekten Kontext einzubinden. Und “kognitiv” ist sie erst, wenn ganz andere Schritte der Wertung unternommen wurden.

    Deine Wertungen sind subjektiv, die “Subjektivität der Wahrnehmung” ist etwas anders.

  150. @Joker:
    Wie erklären Sie sich die Welt? Mittels Spekulationen oder Fantasien?

  151. @Wolfgang Stegemann

    Wie erklären Sie sich die Welt?

    Ich kann da von alten Denkfiguren nicht ablassen. Ich erkläre mir die Welt mit Repräsentationen der Außen- und Innenwelt. Funktioniert erst mal ganz zufriedenstellend.

  152. @ Elektroniker

    Der Input z.B. von den Augen oder Ohren (am „äußeren Hirnkino“) dürfte relativ „objektiv“ sein, allerdings bei der neuronalen Aufbereitung dürfte es wegen der individuellen Biographie zu „kognitiven Verzerrungen“ kommen.

    Licht das sich durch den Raum bewegt ist ein physikalisches Phänomen (oder wie auch immer man das nennen möchte). Das ist etwas was die Physik untersucht.

    Aber in dem Moment wo das Licht auf die Retina trifft wird es über die Transduktion in ein physiologisches Signal umgewandelt. In diesem Moment ist von der Ontologie des Lichts nichts mehr übrig; in diesem Moment ist die Ontologie des Lichts sozusagen eliminiert und was für den Organismus bleibt ist ein physiologisches Signal. Deses physiologische Signal wird natürlich nicht passiv verarbeitet, sondern immer in Relation zur Eigenaktivität des Nervensystems, also genau das was Sie mit psychologischen Begriffen angemerkt haben.

    Eine zu hohe „Synchronität“ deutet auf eine „falsche“ Synchronisation, eine falsche Zeitstruktur hin. Aktivitäten werden sozusagen in einen falschen „Zeitschlitz gezwungen“, in der Elektronik ist sofort klar, dass dann das Chaos ausbricht. Daran haben W. Singer und C.v.d Malsburg geforscht.

    Das Gehirn nutzt unterschiedliche Zeitskalen bzw. Frequenzen, je nach Areal das Sie im Gehirn betrachten. Beispielsweise sind die Frequenzen im Bereich des visuellen Cortex (V1) sehr schnell. Durch diese schnellen Frequenzen (kurzen Wellenlängen) kann der visuelle Cortex schnell auf visuelle Stimuli der Umwelt reagieren. Das ist ein Vorteil. Ein Nachteil ist allerdings dass durch diese kurzen Wellenlängen bzw. hohen Frequenzen Signale nicht längerfristig integriert werden können, denn die Wellen zerfallen ja wieder schnell.

    Deshalb besitzen “höhere” Areale des Gehirns langsamere Frequenzen bzw. längere Wellenlängen, wie beispielsweise das default-mode network. Diese reagieren langsam auf inputs, intergrieren die Inputs dafür aber über die Zeit hinweg. Das können Sie sich an einem Beispiel wie folgt bildlich vorstellen.

    Stellen Sie sich vor dass Sie einem Menschen in kurzen Abständen immer wieder bestimmte visuelle Stimuli darbieten.
    Im V1 Areal des visuellen Cortex sehen Sie dann wie die Aktivität in Reaktion zu den einzelnen Stimuli immer kurz ausschlägt und nach den Stimuli wieder zerfällt.

    In höheren Arealen beobachten Sie aber ein anderes Phänomen. Hier reagiert das Gehirn sehr langsam und nicht sofort auf die Stimuli. Aber es intergiert die Reaktion über die Zeit in einen größeren Ausschlag hinweg. D.h. die einzelnen Stimuli, die im visuellen Cortex immer einzelne und spezifische Reaktionen auslösen, lösen eine anhaltende, sich aufbauende Reaktion in höheren Arealen aus.

    Für Bewusstsein benötigt das Gehirn beides; schnelle Segmentation in niederen Arealen und langsame Integration in höheren Arealen. Vielleicht könnte man das auch grob mit der Gestaltspsychologie (Figur-Grund Trennung) verbinden.

  153. @Joker:

    “Ich kann da von alten Denkfiguren nicht ablassen. Ich erkläre mir die Welt mit Repräsentationen der Außen- und Innenwelt. Funktioniert erst mal ganz zufriedenstellend.”

    Na dann viel Spass.

  154. @Wolfgang Stegemann

    Danke.

    Und wie ist das jetzt mit ihren Modellen, repräsentieren die was, gar im Hirn? Und wie bemessen Sie deren Qualität?

  155. Deses physiologische Signal wird natürlich nicht passiv verarbeitet, sondern immer in Relation zur Eigenaktivität des Nervensystems, also genau das was Sie mit psychologischen Begriffen angemerkt haben.
    @Philipp @Elektroniker
    Wenn dieser Teil des Vorgangs als “kognitiv verzerrt” bezeichnet wird – nicht nur mit subjektiv verzerrt – dann ist das nicht nur falsch, weil es eigentlich psychologische Termini sind.

    Die “Relation zur Eigenaktivität des Nervensystems” subjektiviert, aber sie verzerrt nicht.
    Ein Spiegelbild ist ja auch nicht verzerrt, nur weil es kein Negativ wie bei einem Ab- bzw. Eindruck ist.

    Eine “subjektive Verzerrung” wäre schon redundant, denn das einzig verzerrende an dieser Stelle ist die Subjektivität der Funktion.

    Um das Bild kognitiv zu verarbeiten, sind noch einige reale “Verzerrungen” nötig – wie will man die noch erfassen, wenn an dieser Stelle schon pathologisiert statt differenziert wird?

    Und wie will man mit einer solchen Altlast dann jemals korrekt erfassen, was eine echte kognitive Verzerrung ist? Oder wie “Aufmerksamkeit” funktioniert?
    Der Raum dafür, pathologische von normalen Funktionen zu unterscheiden, sollte erhalten bleiben, was soll das sonst nutzen?

  156. @ Viktualia

    Wenn dieser Teil des Vorgangs als “kognitiv verzerrt” bezeichnet wird – nicht nur mit subjektiv verzerrt – dann ist das nicht nur falsch, weil es eigentlich psychologische Termini sind.

    Das weiß ich doch, ich habe auch einen Abschluß in Psychologie…
    Aber ich mache mir nicht die Mühe jedes Detail in Beiträgen von anderen zu korrigieren das meiner Ansicht nach nicht korrekt ist. Elektroniker hat wahrscheinlich ohnehin das “richtige” gemeint, auch wenn er den falschen Begriff genutzt hat.

  157. Übrigens: wenn man es gaaaaanz genau nimmt…

    Um das Bild kognitiv zu verarbeiten, sind noch einige reale “Verzerrungen” nötig – wie will man die noch erfassen, wenn an dieser Stelle schon pathologisiert statt differenziert wird?

    …wird hier auch nichts pathologisiert. Was ist denn pathologisch? Krank im klinischen Sinne. Aber kognitive Verzerrungen haben wir mehr oder weniger alle, daran ist noch nichts pathologisch.

    Aber abgesehen davon: beim Thema Bewusstsein weiß es ohnehin jeder besser, egal ob in der Philosophie, der Psychologie, oder den Neurowissenschaften. Auf einen halbwegs gemeinsamen Nenner werden wir hier innerhalb der nächsten Jahrzehnte ohnehin nicht kommen.

  158. @Philippp – “Auf einen halbwegs gemeinsamen Nenner werden wir hier innerhalb der nächsten Jahrzehnte ohnehin nicht kommen.” – Und weil das so schön ist, braucht man nicht halb so sauber denken wie bei anderen Themen?

    “Aber kognitive Verzerrungen haben wir mehr oder weniger alle, daran ist noch nichts pathologisch.”
    Dass kognitive Verzerrungen nicht automatisch psychiatrisch relevant sind macht sie nicht gesünder.

    Es geht nicht darum, dass mir das Wort nicht passt, es geht darum, dass es so nicht zum Thema passt.
    Du könntest auch einfach klarer zwischen Neurologie, Psychiatrie und Psychologie unterscheiden – statt mit deinem Abschluss zu winken und auf meine Toleranz zu setzen.

    “Elektroniker hat wahrscheinlich ohnehin das “richtige” gemeint,”
    Hatte ich ja auch geschrieben (einen post drüber).
    Und jetzt soll ich zulassen, wie seine kognitive Verzerrung bewirkt, dass er nicht weiter kommen kann, weil das ja “nicht pathologisch” sei?

    (Da es in der Psychiatrie noch keine Pille gegen selbstgewählte Unmündigkeit gibt, muss ich dieses Maß an Toleranz wohl aufbringen können – aber warum sollte ich es nicht zuerst mit Argumenten versuchen?)

    Es ist einfach unsauberes Vorgehen, wenn beim Betrachten einer Reizleitung von “Gefühlen” die Rede ist statt von Empfindungen.
    Oder wenn Subjektivität an dieser – rein anatomischen Struktur – als was persönliches gesehen wird.

    Jede kognitive Verzerrung beginnt damit, es sich mit einem “Vorurteil” einfach machen zu können und darum lieber an eine Unwahrheit zu glauben, statt von seinem Hirn gebrauch zu machen.

    Komm mir nicht mit “kognitive Verzerrungen sind nicht pathologisch”, wenn es eigentlich darum geht, höflich zu schweigen um einen Irrtum stehen zu lassen.
    Dieses höfliche Schweigen demonstriert nur, wie ansteckend kognitive Verzerrungen sein können – willst du mir das als Beweis andrehen?
    Für fruchtbaren Austausch womöglich?

    “Was ist denn pathologisch? Krank im klinischen Sinne”.
    Erzähl das doch bitte mal einem Kollegen aus der Neurologie.
    Ist ja nett, wenn du als Psychologe mit Subjekten so “tolerant” umgehst, aber bei objektiven Strukturen, also der Neurologie, gilt das so nicht.
    Da ist pathologisch, wenn es von seiner funktionellen Norm abweicht, egal, wie viel oder wie lange die Umgebung dies kompensieren kann, bzw. muss.

    Ob etwas wirklich “richtig” ist kann man oft nicht sagen. Aber Aussagen darüber, was in einem Kontext falsch ist, sind ganz klar möglich.
    (Jeder darf reden, wie er will, aber gerade darum sind Korrekturen manchmal nötig. Ich will keine Vorschriften machen, aber über den Rahmen, in dem Begrifflichkeiten genutzt werden, sollte ein vernünftiger Konsens bestehen.)

    Die neurologischen Voraussetzungen für “Aufmerksamkeit” – einem wesentlichen Aspekt des Bewusstseins – lassen sich nur noch verzerrt betrachten, wenn das nicht klar ist.
    Darum geht es mir, nicht darum, morgen fertig zu sein.

  159. @ Viktualia @Philipp

    Ich habe sozusagen das ganze „Spektrum“ an „Verzerrungen“ gemeint. Von den grundsätzlichen Verzerrungen die prinzipiell immer entstehen, wenn irgend etwas im Sinne der Mathematik (aber auch optisch) „abgebildet“ wird, über die „subjektive Verzerrung“, leicht pathologischen, bis hin zu den schwersten „kognitiven Verzerrungen“.

    Auch ein „Spiegelbild“ ist immer etwas verzerrt, weil ein 3 dimensionaler Gegenstand auf einem 2 dimensionalen Spiegel abgebildet wird.

    Die Grenzziehung zwischen „normal“ und „pathologisch“ ist übrigens ein ganz besonderes Thema.

    Aus Gründen der Anschaulichkeit formuliere ich gerne sehr drastisch und überzogen. Allerdings auch „quick and dirty“ wie es in meiner „Zunft“ (Elektroniker) fast schon üblich war. Mir selbst ist das durchaus bewusst, weil ich in meinen früheren Jobs auch als Programmierer gearbeitet habe und da sind „Regeln“ penibel einzuhalten, sonst „fliegt“ einem das Programm um die „Ohren“.

    Zur „Signalverarbeitung“ im Zusammenhang mit dem Text von Herrn Philipp muss ich noch überlegen.

  160. @ Viktualia

    Das ist doch eher ein populärwissenschaftliches Forum. Über Detailfragen würden sich Wissenschaftler wo anders austauschen.

    Es geht eher um „Brainstorming“, um andere Sichtweisen kennen zu lernen, schnell zu verstehen und allenfalls die Gedanken in die eigene Arbeit einzubinden.

    Selbst „absurde“ Gedanken können zweckmäßige Assoziationen auslösen die einem weiterbringen.

  161. Selbst „absurde“ Gedanken können zweckmäßige Assoziationen auslösen die einem weiterbringen.
    @Elektroniker, da stimme ich dir vollkommen zu.
    Diese Assoziationen können sogar nicht nur dich selbst, sondern auch andere weiter bringen.
    Aber wirklich weiter bringen sie halt nur, wenn zwischendurch gecheckt wird, ob die Richtung noch stimmt.
    “Ich habe sozusagen das ganze „Spektrum“ an „Verzerrungen“ gemeint.”
    Das ist mir klar, aber als Information kommt dann halt nur “alle Richtungen” bei rum. Das war mein Punkt.

    Sieh mir bitte nach, wenn ich mich wundere, dass jemand, der sich “Elektroniker” nennt, davon ausgeht, dass eine (normale) Leitung aus Kupfer besteht und darum Strom transportieren kann, aber nicht erfasst, dass der “Strom” bei einer Nervenleitung die Empfindung ist.
    Das Konzept “Nerv” macht sonst keinen Sinn.

    Wie würdest du reagieren, wenn ich dir erzähle, dass ein nasses Stück Holz Strom leite, weil das sein Wille sei?
    Man kann das Kupfer in einer Leitung nicht mit Wasser ersetzen, dann käme kein (elektrischer) Strom mehr aus der Steckdose. Das macht weder aus Elektrik noch aus einer Wasserleitung etwas subjektives.
    (Das “Programm” ist halt um meine Ohren geflogen. Macht es das besser?)

    “Die Grenzziehung zwischen „normal“ und „pathologisch“ ist übrigens ein ganz besonderes Thema.”
    Ja, aber hier hier ging nur um die Grenzen zwischen Neurologie, Psychiatrie und Psychologie.

    Ob du dich für die materielle Ebene der Aufmerksamkeitslenkung interessierst oder nicht, geht mich ja wirklich nix an.
    Aber da diese mit “selektiver Wahrnehmung” funktioniert, würde es ganz sicher jegliche Assoziation verzerren, wenn “Subjektivität” schon an diesem frühen Punkt nicht mehr sauber von pathologischen oder funktionalen Einflüssen getrennt werden kann.
    ——————
    “weil ein 3 dimensionaler Gegenstand auf einem 2 dimensionalen Spiegel abgebildet wird.” Jep. Darum hab ich ja auch Ab- und Eindruck mit der Spiegelung verglichen. Der Eindruck (z.B. in Gips) ist ja dreidimensional. Und alle drei sind “negativ”, können aber technisch sauber – also unverzerrt – gewonnen werden.
    Du leitest aus “ungleich” eine Verzerrung ab, darum ging es. Ein Negativ ist ein Negativ und nicht automatisch eine Verzerrung.
    (Das Potential dazu möchte ich damit nicht leugnen, allein da man technisch manchmal “verzerrte” Negative braucht, um ein gebrauchsfähiges Objekt machen zu können.
    Das liegt aber an den Eigenschaften (der Qualität) der verwendeten Materialien, nicht an ihrer “Subjektivität”.)

  162. @ Philipp 14.04.2023, 20:16 Uhr

    Zitat: „Für Bewusstsein benötigt das Gehirn beides; schnelle Segmentation in niederen Arealen und langsame Integration in höheren Arealen. Vielleicht könnte man das auch grob mit der Gestaltspsychologie (Figur-Grund Trennung) verbinden.“

    Gestaltpsychologie bedeutet vermutlich, (irgendwie will man letztlich das Geschehen beschreiben), dass die vielfältigen „Mikromuster“ des „Input“ zu internen „Ergebnis Mustern“ führen, die die Realität auch auf „Bewusstseinsanzeigen abbilden“ können, bestens aufbereitet werden und ein Output generiert werden kann.

    Was Sie über „Zeitskalen bzw. Frequenzen“ berichten, stimmt weitgehend mit meinen Erfahrungen als Techniker überein.

    Ich finde sogar, dass die Evolution auf recht „optimale“ Prozesse und Strukturen „gestoßen“ ist. Visuelle Systeme, für die Techniker entsprechen sie „Videosystemen“, haben hohen „Bandbreitenbedarf“, benötigen letztlich „hohe Frequenzen“.

    Diese Frequenzen werden in der Technik aus physikalischen Gründen, die in den „Leitungsgleichungen abgebildet“ werden können, stärker gedämpft als niedrige, z.B. Sprachfrequenzen. Deswegen „verschwinden“ sie schneller im „Rauschen“. Das könnte den Ressourcenverbrauch optimieren.

    Es ist spekulativ, was ich nachstehend so einfach auf biologische Systeme übertrage, ist aber in der Technik seit langer Zeit Stand der „Nachrichtentechnik“. Ich habe diese Gedanken schon gelegentlich öffentlich gemacht, aber nicht ernsthaft weiter verfolgt.

    Erst Ihre Berichte hier über (die nicht direkt von außen angestoßenen) „Oszillationen von Neuronen“, dass es derartiges wirklich gibt, legt nahe, dass nicht nur der „Schaltaspekt“ wie in der Digitaltechnik, worüber wir uns schon kurz ausgetauscht haben, von Bedeutung ist, sondern auch die schon viel länger aus der Radiotechnik bekannte „Signalmischung“.

    Man bewegt sich hier in einer Art „Zwischenwelt“, zwischen „Analog- und Digitaltechnik“. Ich war zwar in beiden Welten „unterwegs“, aber nicht wirklich wissenschaftlich in dieser „Zwischenwelt“.

    Es scheint letztlich genau so wie Sie meinen. Frequenzen werden zwecks besserer „Auswertung“ in eine andere „spektrale Lage“ gebracht. Das dürfte in neuronalen Systemen ähnlich sein. Es werden gleichsam die sehr vielen „Mikromuster“ in größere, möglichst relevante „Muster transformiert“. Beim Auge (und in der TV Technik) ist es umgekehrt.

    Dabei treten so gut wie grundsätzlich „Mehrdeutigkeiten“ (die bei „nicht linearer Kennlinie“) mathematisch aufgezeigt werden können, auf. In der Radiotechnik nennt man sie Zwischen-, Spiegel-, Neben-, Kombinationsfrequenzen,…… Damit könnten die „eigenartigen Kippeffekte“ bei der Betrachtung von bestimmten Bildern vermutlich erklärt werden.

    Zitat: „Im V1 Areal des visuellen Cortex sehen Sie dann wie die Aktivität in Reaktion zu den einzelnen Stimuli immer kurz ausschlägt und nach den Stimuli wieder zerfällt.“

    Das könnte auch darauf hindeuten, dass immer nur „Stichproben“ der Muster entnommen und ausgewertet werden .

    Das würde merkwürdige Effekte der Wahrnehmung erklären, z.B. das Bild von der „endlosen Wendeltreppe“

    Zitat: „Deshalb besitzen “höhere” Areale des Gehirns langsamere Frequenzen bzw. längere Wellenlängen, wie beispielsweise das default-mode network. Diese reagieren langsam auf inputs, intergrieren die Inputs dafür aber über die Zeit hinweg.“

    In diesem Netzwerk werden offensichtlich keine „schnellen Videos“ in Echtzeit mehr verarbeitet, daher reichen „niedrige Frequenzen“ mit geringerer „Dämpfung“, eine längerer Lebensdauer der „Denkobjekte“ wird erreicht.

    Die, wie Sie es formulieren „schnelle Segmentation in niederen Arealen und langsame Integration in höheren Arealen“ dürfte wohl sehr zu einer „System ökonomischen“ Lösung zur neuronalen Realisierung „der Gestaltpsychologie“ beitragen.

  163. @ Viktualia

    Es ist einfach unsauberes Vorgehen, wenn beim Betrachten einer Reizleitung von “Gefühlen” die Rede ist statt von Empfindungen.

    Begriffe wie “Gefühle”, “Empfindungen”, “Emotionen”, inklusive die Grenze zur “Kognition”, sind nicht einmal innerhalb der Psychologie selbst genau festgelegt. Die genaue(re) Definition und Verwendung dieser Begriffe hängt immer vom Theoretiker bzw. von der Theorie selbst ab. Es sinnlos bzw. unmöglich eine einheitliche Verwendung zu fordern.

    Komm mir nicht mit “kognitive Verzerrungen sind nicht pathologisch”, wenn es eigentlich darum geht, höflich zu schweigen um einen Irrtum stehen zu lassen.
    Dieses höfliche Schweigen demonstriert nur, wie ansteckend kognitive Verzerrungen sein können – willst du mir das als Beweis andrehen?
    Für fruchtbaren Austausch womöglich?

    Das ist jetzt wirklich affig. Ich habe doch schon geschrieben dass mir bewusst war dass der Begriff der kognitiven Verzerrung ein Standardbegriff aus der kognitiven Psychologie ist. Dieser wird normalerweise spezifisch an festen kognitiven Verzerrungen dingfest gemacht wird; der Begriff ist eben nicht in dem Sinne gebräuchlich ist wie ihn Elektroniker verwendet hat. Ich kann nicht nachvollziehen was daran jetzt so wichtig für dich ist. Ich glaube 95% der Leser haben Elektroniker schon richtig verstanden.

    (Jeder darf reden, wie er will, aber gerade darum sind Korrekturen manchmal nötig. Ich will keine Vorschriften machen, aber über den Rahmen, in dem Begrifflichkeiten genutzt werden, sollte ein vernünftiger Konsens bestehen.)

    Die neurologischen Voraussetzungen für “Aufmerksamkeit” – einem wesentlichen Aspekt des Bewusstseins – lassen sich nur noch verzerrt betrachten, wenn das nicht klar ist.
    Darum geht es mir, nicht darum, morgen fertig zu sein.

    Wie du möchtest, dann biete ich dir auch gleich eine Korrektur an: was du meinst sind neurobiologische oder neuronale Voraussetzungen für Aufmerksamkeit. Es ist sinnlos von neurologischen Voraussetzungen für Aufmerksamkeit zu sprechen, auch wenn Menschen die Begriffe Neurologie und neurologisch häufig synonym für neurobiologisch und neuronal verwenden – es ist nicht korrekt. Die Neurologie befasst sich mit Erkrankungen des Nervensystems, eine Erkrankung kann neurologisch bedingt sein. Aber nach neurologischen Bedingungen für normale bzw. gesunde Prozesse des Nervensystems zu suchen klingt nicht nur schräg, sondern ist auch vom Kontext her falsch.

  164. @Philipp, ich schlage vor, dass du, bevor du mir mit “neurologischen Bedingungen” kommst, erstmal das “affig” streichst, bevor du es abschickst.

    Im übrigen hatte ich dich nur angesprochen, weil du meintest, Elektroniker ein “go for it” geben zu müssen – nicht, weil ich mit dir über “kognitive Verzerrungen” reden wollte. (Du hättest es also gar nicht zurücknehmen müssen. Ich bin ja nicht die Sprachpolizei.)

    Es war dann dein Einwand, sie seien “nicht pathologisch”, was für einen Psychotherapeuten die richtige Herangehensweise sein mag, aber im Kontext der Aufforderung an mich, das Spiel mitzumachen (mich anzustecken) was paradoxes hat. Dass du an einem fruchtbaren Austausch nicht interessiert bist, hast du mit dem “affig” ja sehr deutlich gemacht.

    Lass doch einfach die Spielchen sein – “Begriffe wie “Gefühle”, “Empfindungen”, “Emotionen”, inklusive die Grenze zur “Kognition”, sind nicht einmal innerhalb der Psychologie selbst genau festgelegt. Die genaue(re) Definition und Verwendung dieser Begriffe hängt immer vom Theoretiker bzw. von der Theorie selbst ab. Es sinnlos bzw. unmöglich eine einheitliche Verwendung zu fordern.”
    Du würdest es gerne so darstellen, als hätten Neurologen, Psychologen und Psychiater dieses “Problem” immer?
    Nein, das haben sie nicht, solange sie die Begriffe so nutzen, wie es in ihrer Zunft üblich ist – was mein Kritikpunkt an dir war, dem du aber nur ausweichst.
    (Bei mir unterscheidet die Krankenkasse sehr klar zwischen einer “Sensorisch-perzeptiven Behandlung” und einer “Sozio-emotionalen Behandlung”. So schwer kann es also nicht sein.)

    Allerhöchstens bei der Abgrenzung von der Kognition gibt es – wegen der Subjektivität des Menschen – diese Schwierigkeit.
    Aber genau das war ja mein Punkt.

    Als ob es üblich wäre, nicht zwischen Kälte und Angst unterscheiden zu können – und du nennst mich affig?
    (Kannst du echt nicht sehen, dass sowohl das Temperaturempfinden als auch Ängste mit ihren Impulsen bedingen, wie die neurobiologischen Strukturen arbeiten? Oder wo ist dein Problem?)

    Willst du “selektive Wahrnehmung” – im Zusammenhang mit Bewusstsein – wirklich als rein neurobiologisches Phänomen betrachten?

    Ich empfinde deine Argumentation als manipulativ und Substanzlos, du teilst aus, aber lässt nicht erkennen, wo es dir dabei um das Thema geht.

    Wenn es dir wirklich egal wäre – müsstest du es ja nicht noch verteidigen.

    Und dann auch noch so schräg – “Aber nach neurologischen Bedingungen für normale bzw. gesunde Prozesse des Nervensystems zu suchen klingt nicht nur schräg, sondern ist auch vom Kontext her falsch.”
    Normalerweise nennt man es “Anatomie”, wenn man gesunde Strukturen untersucht. Ich wüsste jetzt wirklich keinen Grund dafür, die anatomischen Gegebenheiten als “vom Kontext her falsch” zu bezeichnen.

    Du blendest schlicht aus, dass es darum ging, diese Anatomie objektiv – also ohne das Wörtchen subjektiv an der falschen Stelle – zu beschreiben.
    Das ist schon ziemlich dreist, finde ich.

  165. @Elektroniker @all
    Ich bin wirklich nicht die Sprachpolizei.

    Meine Motivation bei Elektroniker beruhte darauf, dass ich den Zusammenhang mit seinem Nick gesehen habe und mir der Text extrem gut gefiel. Wenn so was trotz der Verwechslung dabei rauskommt, was ist dann möglich, wenn es mehr Realitätsbezug hat und von da startet?
    Ich bin da halt lieber begeistert als höflich.

    Und wenn ich blöde angemacht werde, bin ich erst recht nicht höflich.
    Ich bin relativ frei von dieser Art kognitiver Verzerrung; ich bin Therapeutin, kein Weibchen.
    (Jungs, manchmal frag ich mich, ob ich hier mehr Resonanz bekäme, wenn ich mich mit “Viktus” angemeldet hätte…)

    Ja, ich zähle “Höflichkeit um jeden Preis” zu den kognitiven Verzerrungen. Ist womöglich nur was assoziatives.
    So wie ich sie zwar nicht für pathologisch (sie sind statistisch häufig genug, um als normal zu gelten), aber halt “ansteckend” halte. Bequemlichkeit ist nicht besonders gesund.

    Ich lerne gerne und habe darum wahrscheinlich nen Bias. Den dräng ich keinem auf (so weit mir das möglich ist), aber ich teile halt auch gerne meine Begeisterung.

    Ihr dürft mir absolut gerne Kontra geben, meine Worte anzweifeln oder in Frage stellen, ich bin willens, da freundlich mit umzugehen um das Beste dabei rauszuholen.
    Aber ich reagiere ziemlich allergisch auf manipulativen Kram, wenn er mit autoritärem Gehabe gemischt ist, erst Recht. Und debunke es dann ziemlich gnadenlos.

    Aber eigentlich frage ich lieber nochmal nach und hab mich geirrt. Mir ist Zankerei auch unangenehm.

    Dennoch ist ein klares Nein nötig, wenn etwas nicht stimmt, Punkt.
    Ich hab den Fehler lange genug bei mir selbst gesucht um zu wissen, wann mir jemand Quatsch erzählt, nur um Recht zu behalten.

    (@Philipp, das “affig” hätte ich dir eher nachgesehen als das Ignorieren des “fruchtbaren Austauschs”, oder den Quatsch mit der Anatomie.)

  166. @ Viktualia

    Ich habe dich nicht blöde angemacht. Du regst dich hier über Peanuts auf.

    Du würdest es gerne so darstellen, als hätten Neurologen, Psychologen und Psychiater dieses “Problem” immer?
    Nein, das haben sie nicht, solange sie die Begriffe so nutzen, wie es in ihrer Zunft üblich ist – was mein Kritikpunkt an dir war, dem du aber nur ausweichst.

    Sie haben es in ihrer praktischen Arbeit weniger, wohl aber in der theoretischen Wissenschaft. Die Praxis ist eine ganz andere Welt als die Wissenschaft.
    Ja, in der Psychologie gibt es z.B. Emotionstheorien; dort wird sich gestritten was Emotionen nun sind. Und die Meinungen gehen weit auseinander.

    Die Psychologie ist eine zerrissene Wissenschaft in der es keine genaue Einigkeit über grundlegende Begriffe gibt, wie das z.B. in der Physik der Fall ist. Früher, u.a. zu Zeiten Kurt Lewins, hat die Psychologie beispielsweise versucht die Physik nachzuahmen, da die Psychologie sich von den mathematisch genauen Definitonen der Physik begeistern lies und eine so exakte Wissenschaft gerne werden wollte. Dieses Vorgehen ist natürlich gescheitert weil die Psychologie ganz anders funktioniert als die Physik.

    Willst du “selektive Wahrnehmung” – im Zusammenhang mit Bewusstsein – wirklich als rein neurobiologisches Phänomen betrachten?

    Du verstehst meine Argumentation in der Diskussion hier diesbezüglich nicht, das wird aus deiner Frage deutlich. Ich erkläre meine Position noch einmal.

    Es gibt einen Prozess, beispielsweise das Bewusstsein. Das Bewusstsein kannst du aus verschiedenen epistemischen und wissenschaftlichen Perspektiven betrachten. Z.B. neuronal, phänomenologisch, psychologisch, physikalisch, etc.

    Es gibt aber real nur einen Prozess. In echt gibt es nicht einen Prozess der aus zig Seiten besteht.

    Dass hier zuvor diskutierte Leib-Seele Problem schneidet diesen Prozess aber in zwei Seiten und bekommt sie dann nicht mehr zusammen.

    Deshalb lautet meine Antwort auf deine Frage, ja und nein. Ja, ontologisch ist unser Bewusstsein das gleiche wie der neurophysiologische Prozess in unserem Körper und dessen Interaktion mit Umweltstimuli im Wachzustand. Korrekt. Nein, epistemisch besteht ein Unterschied: in unserer Erfahrung können wir Menschen diesen Prozess aus zig Perspektiven betrachten, beispielsweise einmal über unser unmittelbares Erleben (phänomenologish) und einmal über die Neurowissenschaften (neuronal). Das ist aber eine Dichotomie die wir in unserem Erleben selbst aufspannen, die es aber real nicht gibt. Das möchte ich sagen.

    Zu deinen weiteren Kommenatren: ich finde ich es jetzt nicht nur affig sondern auch absurd was du mir alles unterstellst.

  167. @Philippp – Willst du “selektive Wahrnehmung” – im Zusammenhang mit Bewusstsein – wirklich als rein neurobiologisches Phänomen betrachten?
    Diese Frage zielte doch genau darauf ab, dass das Problem mehrere Seiten hat – und es genau darum keinerlei Sinn macht, so früh “Subjektivität” subjektiv zu gebrauchen.

    Schön, dass du mir beipflichtest, aber schade dass du es selbst nicht schnallst….

    Bei den angeblich ununterscheidbaren “Empfindungen” sieht es genauso aus:
    “Die Praxis ist eine ganz andere Welt als die Wissenschaft.”
    Genau, die Krankenkasse kann es – Gefühl und Empfindung, bzw. Kälte und Angst auseinanderhalten. Zumindest abrechnungstechnisch.
    —————
    Die sachliche Ebene dürfte damit geklärt sein, bleibt deine unterkomplexe Rhetorik:
    “Ich habe dich nicht blöde angemacht. Du regst dich hier über Peanuts auf.”
    “ich finde ich es jetzt nicht nur affig sondern auch absurd was du mir alles unterstellst.”

    Das einzige, was von dir kommt, ist der Versuch, mich kleiner als dich zu machen; argumentativ war das eine ausgesprochen schwache Leistung.

    Dir hat nicht gepasst, dass ich nachgehakt habe; wenn du über diese “Peanuts” redest, willst du die Deutungshoheit für dich. Dann ist es plötzlich wieder wichtig.

    Und deine Unfähigkeit, statt “Akademiker sehen das anders” mal ein Argument zu bringen grenzt ans Absurde. (So ein Pech, dass ich da mit “Krankenkasse” auch einen “Autoritäts-Trumpf” hatte und den Stich machen konnte, was?)

    Mit dir zu streiten lohnt nicht, das ist langweilig.

    Wenn du Schwierigkeiten damit hast, deine subjektive Innenwelt (Epistemologie) von der objektiven Außenwelt (Ontologie) zu unterscheiden, dann tröste dich doch damit, dass es allen anderen auch so geht, statt von “Dichotomie, selbstgemachter” zu schwurbeln und dich über andere stellen zu wollen.

  168. Ich pflichte dir nicht bei. Ich glaube dass du nicht verstehst welches Problem hier diskutiert wurde. Außerdem stelle ich mich nicht über andere, sondern diskutiere nur mit, dabei vertrete ich natürlich meine Meinung.

    Natürlich beschreibt man dein Beispiel der “selektiven Wahrnehmung” psychologisch anders als neurowissenschaftlich.

    Man benötigt beide Wissenschaften. Ich sage nicht, wie beispielsweise Patricia Churchland ursprünglich in ihrem eliminativen Materialismus, dass neurowissenschaftliche Begriffe und Erklärungen psychologische ersetzen sollen.

    Ich sagte lediglich dass es ontologisch keine zwei Seiten gibt die dann wieder direkt verbindbar wären, denn das wäre ontologisch doppelt gemoppelt. Das ist so als würde man behaupten dass es einen freien Willen in einer Psyche gäbe und dann noch einmal einen freien Willen neuronal, um sich dann zu fragen wie beide zusammenhängen.

  169. PS: auch die Psychologie beschreibt unser Erleben nicht “subjektiv”, sondern bemüht sich um objektive Beschreibungen innerhalb der Psychologie.

    Die Subjektivität per se versucht beispielsweise die Philosophie über die Phänomenologie zu beschreiben.

  170. @Philipp –
    “Ich glaube dass du nicht verstehst welches Problem hier diskutiert wurde.”
    Von mir wurde bemängelt, dass das, was Nerven übertragen, nicht klar als “Empfindung” sondern diffus als Gemisch von Gefühlen, Empfindungen und einer Portion kognitiver Verzerrungen, bzw. “Subjektivität” bezeichnet wurde.

    “dabei vertrete ich natürlich meine Meinung.”
    Bist du der Meinung, keine Argumente nötig zu haben? Du diskutierst eben nicht “mit”, sondern manövrierst herum, sobald es darum geht, deine Worte in einen reellen Bezug zum Thema zu stellen.

    “Natürlich beschreibt man dein Beispiel der “selektiven Wahrnehmung” psychologisch anders als neurowissenschaftlich.”

    “Meins”?
    Wenn du und Elektroniker schon beim Auge so subjektiv seid, wie soll es dann weiter gehen können – das war der Punkt, dem du so konsequent ausweichst.

    Da es hier um Bewusstsein geht, ist die Selektion der Wahrnehmung nicht “mein Beispiel”, sondern der Bezug zu unserem Thema.
    Egal, wie penetrant du das ausblendest.

    “Außerdem stelle ich mich nicht über andere,”
    Gut dass du es sagst…

    “Ich sagte lediglich dass es ontologisch keine zwei Seiten gibt”
    Was ankommt, ist dass es am Besten nur deine Sicht geben sollte: die, dass keine andere Sicht berechtigt sei.

    Du bekommst ja nicht mal mit, wenn jemand die Meinung, dass diese Trennung künstlich sei, teilt.

    Auch wenn es in der Realität diese Trennung nicht geben mag, kann das nicht als Entschuldigung dafür herhalten, Nerven völlig willkürlich zu definieren, weil das – deiner Meinung nach – mehr der Realität entspräche.

    Und komm mir doch bitte nicht mit “Die Psychologie war stets bemüht” – wie in einem miesen Zeugnis.

  171. @Philipp 16:04. 13:20

    „Ich sagte lediglich dass es ontologisch keine zwei Seiten gibt die dann wieder direkt verbindbar wären, denn das wäre ontologisch doppelt gemoppelt.“

    Das sehe ich komplizierter. Die Innensichtperspektiven können sich doch direkt miteinander verständigen, und sich austauschen, wie sie gerade sich in welchen Zuständen befinden. Das nennt man dann u.a. auch Empathie. Und wie sie alle möglichen Perspektiven haben können, die dann auch noch breit diskutiert werden können.

    Wenn ich jetzt in der Physik was epistemisch beschriebe, z.B. wenn ich eine Temperatur mit einem Thermometer messe, dann ist das ein Vorgang nur in einer Richtung.

    Wenn ich aber mein Gegenüber anspreche, dann ist nicht nur meine epistemische Perspektive maßgeblich, sondern der Andere antwortet sofort aus seiner epistemischen Perspektive. Hier geht es wechselseitig von statten. Das ist was ganz anderes, als eine simple Messung.

    In jedem Fall kann man Inhalte epistemischer Innenweltfakten von mehreren Beteiligten zusammenfassen, und einfach einsammeln und registrieren. Etwa eine Umfrage machen, wer an welche Religion glaubt. So gewinnt man psychologische Erkenntnisse, ganz auf der Basis subjektiver epistemischer Fakten.

    Die ontologische Gleichsetzung von allen epistemischen Perspektiven des Bewusstseins ist in der Praxis nicht zu handhaben. Nicht unbedingt für den Hirnforscher, der auf der Suche nach Details der physiologischen Fakten ist. Aber für jeden, der im Miteinander in der Lebenspraxis sich verständigen muss, der muss hier die epistemischen Privatwelten eines jeden Teilnehmers im Blick haben. Nur so kommt eine Kommunikation zustande, die was taugt.

    Das ist nicht doppelt gemoppelt, nur so gehts. Das ist dann eben kompliziert, wie das echte Leben eben.

    Das kann sich auch so niederschlagen, dass der Hirnforscher nicht nur die eine allgemeine Funktionalität des Menschen an sich findet, sondern sich hier riesengroße Unterschiede zwischen den konkreten Individuen zeigen, die gar keinen sinnvollen Überblick mehr erlauben.

    Dann zeigt sich der Pluralismus und die Religionsfreiheit als absolut maßgeblich, will man eine Chance haben, irgendwie miteinander klar zu kommen.

  172. @ Viktualia.

    Meine Ansicht zum Thema ist doch keine idiosynkratische von mir. Diese Ansicht teilen auch andere Philosophen und Neurowissenschaftler die am Thema Bewusstsein arbeiten.

    Das was du diskutierst ist das Leib-Seele Problem. Dabei handelt es sich um ein metaphyisches Problem der Philosophie das mit der Psychologie als empirische Wissenschaft nichts zutun hat. Es ist also normal dass man hier auf der ontologischen bzw. philosophischen Ebene argumentiert wenn man dieses Thema diskutiert. Selektive Wahrnehmung etc. hat damit nichts zutun. Wie das funktioniert ist eine “wie” Frage der Empirie, das Leib-Seele Problem diskutiert eine “was” Frage; es fragt was Bewusstsein ontologisch ist.

    Dazu stellst du mir Fragen und ich nehme mir die Zeit und versuche diese ehrlich zu beantworten – eben so wie ich es sehe.

    Darauf stellst du meine Antworten als “Geschwurbel” und “Quatsch” dar und ziehst eine sachliche Diskussion immer wieder auf eine persönliche Ebene in der du mich laienpsychologisch analysieren möchtest.

    Wow.

    Ich empfehle dir folgendes, da du ja schon an der Quelle sitzt und der Weg nicht weit ist: gehe mal zum Arzt.

  173. @Philipp, Viktualia: Gerne auf der inhaltlichen Ebene bleiben, statt emotional.

    Aber @Philipp, zur “Metaphysik”, am Rande: Nun ja, die Frage, was der Gegenstand der Psychologie ist, ist schon mit dem Leib-Seele-Problem und damit der “Metaphysik” verwoben; es ist noch gar nicht so lange her, dass führende Psychologen zum Beispiel Vertreter des psychophysischen Parallelismus waren.

    Heute sind die Meisten eben Pragmatiker/Operationalisten oder Materialisten, darum fällt das nicht mehr so auf. (Im Übrigen haben auch diese “ontologisch sparsamen” Positionen durchaus metaphysische Voraussetzungen.)

  174. @Philipp // 16.04.2023, 09:52 Uhr

    » Es gibt einen Prozess, beispielsweise das Bewusstsein. Das Bewusstsein kannst du aus verschiedenen epistemischen und wissenschaftlichen Perspektiven betrachten. Z.B. neuronal, phänomenologisch, psychologisch, physikalisch, etc.
    Es gibt aber real nur einen Prozess. In echt gibt es nicht einen Prozess der aus zig Seiten besteht.
    «

    Genau, und darin besteht m. E. ist das Problem.

    Denn, ich fürchte, ich wiederhole mich, denn wie können neurophysiologische Prozesse, die nur schwer voneinander zu unterscheiden sind, so unterschiedliche Auswirkungen haben: Von den allermeisten Prozessen merken wir (subjektiv) nichts, andere hingegen machen sich bemerkbar, indem sie z. B. im Hirn das Licht anknipsen.

    Ich frage mich nach wie vor, wozu das subjektive Erleben gut sein soll. Wird auch in einfachen Gehirnen, etwa bei Insekten, die Welt zum Leuchten gebracht? Eine Kamera kann nicht sehen, trotz aller physikalischen Prozesse. Aber die Informationen reichen hin, um ein selbstfahrendes Auto durch den Verkehr zu steuern. Das gibt zu denken…

    Denn so ähnlich könnte es sich ja auch bei den vergleichsweise einfach gebauten Insekten verhalten. Trotz vieler Linsen bleibt es im Gehirn womöglich ebenso dunkel wie im Rechner. Und dennoch kommen sie, die Tiere, in der Welt zurecht.

    Also worin liegt der Vorteil dieser speziellen neurophysiologischen Prozesse, die Signale aus der Umwelt so codieren und prozessieren, dass die Außenwelt sinnlich erlebt und erfahren werden kann, wenn es doch auch ohne all das gehen müsste?

    Was braucht es mehr als (unbewusst bleibende) physikalische Prozesse, wenn Lebewesen ohnehin nur auf der objektiven physikalischen Ebene agieren können?

    Um noch mal kurz auf Libet zurückzukommen: Der fragt sich ja ernsthaft, wie subjektives Erleben aus Aktivitäten der Nervenzellen im Gehirn entstehen können (2004, S. 104)

    Das ist aber nicht das, was ich mich frage (auch wenn ich dieses Phänomen natürlich faszinierend finde). Wir wissen, entsprechend verknüpfte und kooperativ feuernde Nervenzellen sind dazu imstande, sie haben diesen Effekt, dazu sind sie da, das ist deren biologische Funktion.

    Subjektives Erleben als ein „nicht-physisches Phänomen“ zu bezeichnen, wie Libet das tut, halte ich zwar für verständlich, aber auch für irreführend. ‚Nicht-physisch‘ ist es in dem Sinne, dass dieses Phänomen sich nicht messtechnisch erfassen lässt. Aber da es ein Teil der Funktion der Nervenzellaktivitäten ist—anders lässt sich das m. E. gar nicht begreifen—, ist es auch Teil objektiver physischer Prozesse, allen subjektiven Empfindungen zum Trotz.

    Auch wenn die neuronale Aktivität keine physikalischen Schwingungen erzeugt, wie das etwa Musikinstrumente tun, so stehen die beim Musizieren entstehenden Klänge doch in einem ähnlichen Verhältnis zum Instrument wie etwa Licht- und Geruchsempfindung zur Nervenzellenaktivität. Finde ich… 😉

  175. @Viktualia // 16.04.2023, 11:46 Uhr

    » Wenn du [Philipp] Schwierigkeiten damit hast, deine subjektive Innenwelt (Epistemologie) von der objektiven Außenwelt (Ontologie) zu unterscheiden, dann tröste dich doch damit, dass es allen anderen auch so geht, …«

    Hmm, hat er die?

    Wenn ich’s richtig verstanden habe, dann bestreitet Philipp lediglich die ontologische (!) Existenz einer „Innenwelt“, auch die von „Repräsentationen“ und des „Bewusstseins“. Das hat, wie ich meine, schon seine Berechtigung. Andererseits sehe ich aber auch, dass wir diese Begriffe brauchen, wenn wir die Funktionen des Hirnorgans verständlich beschreiben wollen.

    Nehmen wir zum Beispiel seinen Satz:
    » Es gibt im Gehirn auch keine innere Repräsentation einer Außenwelt oder so etwas. Der physiologische Prozess selbst ist das Erleben. « (11.04.2023, 19:08)

    Vielleicht spielte es eine Rolle, dass dieser Satz an Tobias Jeckenburger adressiert war, wegen der zugespitzten Formulierung. Ich hätte es eher so gesagt:

    ‚Es gibt im Gehirn keine innere Repräsentation einer Außenwelt in Form eines „kartesischen Theaters“ (Dennett), oder so etwas. Der physiologische Prozess selbst ist die Repräsentation.‘

    Und das gilt dann natürlich auch für alles andere, was subjektiv erlebt wird: Der physiologische Prozess selbst ist das Licht, die Farbe, der Ton, der Geruch, Schmerz, Geschmack, Gefühl, Gedanke, etc. etc.

    Aber wenn ich dich, Viktualia, richtig verstanden habe, dann siehst du das ganz ähnlich.

    Noch eine Bemerkung zu „Innen-“ und „Außenwelt“. Es ist ja unbestreitbar, dass Nervenzellen eine definierte Grenze zu ihrer Umgebung haben, also insbesondere zu den benachbarten Zellen und Geweben*). Ein direkter Kontakt zu der außerkörperlichen Welt besteht meines Wissens nicht. Und dennoch finden wir uns in der Welt zurecht (dank des sensorischen Systems).

    Das kann man wohl nur so erklären, dass im Hirn jede Menge Wissen über die Welt vorhanden ist (in Form physiologischer Prozesse und mikroanatomischer neuronaler Strukturen). Dieses „Wissen“ ist also im Inneren (!) des Gehirns codiert und bildet quasi die Innenwelt (Achtung: Metapher), ohne die neu eintreffende Signale aus der Umwelt bedeutungslos blieben.

    So in etwa stelle ich mir das vor.

    *) Mir ist klar, dass das Nervensystem aus mehr besteht als nur Nervenzellen.

  176. @Tobias Jeckenburger – volle Zustimmung, bis auf eine Ergänzung zu:
    Die ontologische Gleichsetzung von allen epistemischen Perspektiven des Bewusstseins ist in der Praxis nicht zu handhaben.”
    (Pathetisch ausgedrückt wäre es: “Doch! Wissenschaft ist möglich!”)
    Da Fakten Fakten sind, kann man sie “erkennen”, auch wenn man unterschiedliche Sicht darauf hat.
    (Ich habe ganz und gar nicht das Gefühl, sie hätten dies ausschließen wollen.)
    Ich möchte auch nicht behaupten, dass die epistemische Realität des Wissens von Wissenschaftler A mit der von Wissenschaftler B identisch sei.
    Aber dennoch können sie sich über Fakten einig werden, da sie sich über gewisse Begrifflichkeiten einig sind.

    Wir hatten das schonmal im Zusammenhang mit Watzlawick, der beiden Beteiligten eines Gesprächs sowohl die Sender- als auch die Empfängerrolle zubilligt. In der Wissenschaft gibt es Regeln, die es ermöglichen, über Fakten so zu sprechen, dass man “auf einer Wellenlänge operiert”.
    (Denn “Wissen” wird ja nicht erschaffen, es wird geschafft.)

    Das ist aber auch Privatpersonen möglich, wenn sie sich halt über grundsätzliche Spielregeln einig sind.
    (Es bezieht sich also nicht nur auf “harte Fakten”.)

    Zusammengefast: Die Außenwelt kann innerhalb sprachlicher Regeln objektiviert werden, das ist tägliches Brot der Wissenschaft.
    Privatmenschen haben einen Willen, mit dem sie sich auch dagegen entscheiden können.
    ——————————–
    @Philipp –
    Ich unterstelle dir keine Eigentümlichkeiten und weiß es zu würdigen, dass du den Leib-Seele Dualismus als Illusion wahrnehmen kannst – aber du hast dich eingemischt, als ich das mit den “Empfindungen” mit Elektroniker klar stellen wollte und seitdem willst du mir widersprechen.
    Und da du das nicht anständig verargumentierst, hängen wir fest, denn ich lass mich von dir weder als affig darstellen, noch damit abspeisen, dass “Gefühle so kompliziert seien”. Oder dass du Akademiker seist, bzw. andere Akademiker dies oder das auch nicht sagen.

    “Selektive Wahrnehmung etc. hat damit nichts zutun. Wie das funktioniert ist eine “wie” Frage der Empirie, das Leib-Seele Problem diskutiert eine “was” Frage; es fragt was Bewusstsein ontologisch ist.”

    Die “selektive Wahrnehmung” hat doch nicht nur diese neurobiologische Ebene; wenn wir etwas nicht wahrnehmen, sind wir uns per Definition nicht dessen bewusst.

    Was, wenn ich meine “metaphysischen” (eher sprach-philosophischen) Überlegungen genau darauf aufbauen will? (Und wegen deiner Intervention nicht zum Punkt komme, weil es bei “Empfindung” ja schon nicht mehr weiter geht?)
    Was, wenn ich mich auf genau diese “Lücke”, diese Leere, das Wissen, was ich nicht weiß, beziehen kann?

    Was, wenn Sprache eine Brücke über ihren Schatten liefert?

    Dazu stellst du mir Fragen und ich nehme mir die Zeit und versuche diese ehrlich zu beantworten – eben so wie ich es sehe. @Philipp, bezieh dich einfach weniger auf “deine Sicht” und mehr auf meine Worte, wenn du mir antwortest. Dann hab ich auch mehr Platz für das, was deine Sicht ist.

    Ich hab dich nix gefragt, ich habe etwas kritisiert, in Frage gestellt. Und du bist der Kritik ausgewichen – in meiner Sicht hast du gar nicht geantwortet.

    Was bei mir ankommt ist lediglich ein Ringen um die Deutungshoheit bei “Empfindung”. Lass es im Kontext der Nerven, da ist es schlicht “Sinne” und gut ist.
    Es ging darum, was Nervenleitungen “transportieren” – und das sind halt Empfindungen. Man kann diese Aussage machen – sie ist Faktenbasiert und gilt auch noch, wenn höhere Hirnleistungen ihre Portion Subjektivität dazu beigesteuert haben. (Wir waren ja erst beim Auge.)

    Darum ging es, um nichts anders.
    Jedenfalls bei mir; warum du dein “Nein!” aufrecht erhältst und dabei so allgemein wirst – keine Ahnung. Deiner Argumentation war nur zu entnehmen, dass es was grundsätzliches bei dir ist.

    Der Elefant im Raum scheint mir die Qualia zu sein, der göttliche Funken der Individualität, auch “subjektive Empfindung” genannt.

    Wir haben halt alle einen Eigensinn (Propriozeption), sind uns dessen aber ziemlich unterschiedlich bewusst.

    Ich finde es halt durchaus wertvoll, mir meine Hardware unter dem Aspekt “Subjektivität” anzuschauen und hätte das gerne gemeinsam objektiviert.
    Aber wenn nicht mal klar ist, was da überhaupt “fließt”, ist es halt nur zäh.

    @Philipp, ich kann ja nix dafür, dass diese Aussage wahr ist. (Nerven transportieren Sinnesleistungen.) Und ich erhebe nicht wirklich Anspruch darauf, zu wissen, was da im Fluss ist.
    Aber da dein Widerspruch für mich vor allem inhaltlich keinen Sinn ergibt, mag ich dem wirklich nicht nachgeben.

  177. @Balanus – “Auch wenn die neuronale Aktivität keine physikalischen Schwingungen erzeugt, wie das etwa Musikinstrumente tun, so stehen die beim Musizieren entstehenden Klänge doch in einem ähnlichen Verhältnis zum Instrument wie etwa Licht- und Geruchsempfindung zur Nervenzellenaktivität. Finde ich… “ 😉
    Oh wie wunderschön!
    Bewusstsein kann man besser hören als sehen.
    (Erlaube ich mir jetzt mal als “Feststellung”. Ich fühl deine Feststellung grade sehr.)

    “Aber wenn ich dich, Viktualia, richtig verstanden habe, dann siehst du das ganz ähnlich.”
    Ja, richtig erkannt.

    Ich schätze, Philipp und ich haben ein Kommunikationsproblem; er wollte mir, frech gesagt, kein Land abgeben, aus zwar ehrenhaften Gründen, aber ohne es uneigennützig sehen zu können. Da hat es beim Objektivierungsversuch halt Schlagseite gegeben.
    —————————
    “Ein direkter Kontakt zu der außerkörperlichen Welt besteht meines Wissens nicht.”
    Jetzt kommt ne Tatsache mit eher indirektem Bezug: wusstest du dass, anatomisch gesehen, der Weg von deinem Mund über die Speiseröhre zum Magen und dann zum Ausgang zur “Außenwelt” zählt?
    Immunologisch und so.
    Wie ein Donut; die Haut ist nur äußere Grenze, innen haben wir noch eine, rundum.

    Und jetzt der Bezug, aber mit einem großen Bogen:
    “im Inneren (!) des Gehirns codiert “
    Da drinnen ist schon – ewig – die Verwaltung von dem ganzen Verdauungsgedöns – in Form von unabhängigen Aktivitäten – angelegt.

    Über das Stammhirn haben wir ja auch kaum geredet. Was jetzt bitte als extra Schleife gelesen werde; aber dessen Kreuzung macht halt aus zwei Körperhälften irgendwie eine Art Acht. (Stell ich mal kryptisch in den Raum. @Philipp, das mein ich nicht “dualistisch”, eher kaleidoskopistisch. Kompost orientiert.)
    ————-
    “Das Bewusstsein ist eine über sich selbst informierte Information” – hab ich mal gelesen. Fand es Anfangs sperrig bis redundant, mag diese Definition aber inzwischen sehr.

    Das Hirn ist echt ein riesiger, super mit sich selbst interagierender Computer. Wenn wir uns davon ein paar Scheiben mehr abscheiden könnten, einfach, indem wir lernen, weniger egoistisch zu denken, “artgerechter zu leben” quasi, das hätte irres Potential, denke ich.

    Denn “Verantwortung macht Sinn”. Schließe ich aus diesem Organisationsvermögen.
    (Und Humor ist eine Brücke über das Nichts.)

  178. @Viktualia 16:04. 21:19 / 22:53

    „Ich möchte auch nicht behaupten, dass die epistemische Realität des Wissens von Wissenschaftler A mit der von Wissenschaftler B identisch sei.
    Aber dennoch können sie sich über Fakten einig werden, da sie sich über gewisse Begrifflichkeiten einig sind.“

    Klar kann man sich auf vieles einigen. Die ontologische Gleichsetzung von allen epistemischen Perspektiven des Bewusstseins ist angesichts der Vielfalt der individuellen Welten aber eben nur begrenzt unter einen Hut zu bekommen. Eher weniger unter Wissenschaftlern eines Fachgebietes, aber ich meine hier eben das ganze Spektrum unterschiedlicher Menschen.

    Die Innenwelten der konkreten echten Menschen halten sich auch nicht unbedingt an die aktuellen Erkenntnisse spezieller Wissenschaftler. Dafür ist unser Innenleben eben zu individuell. Es mögen sich hier grundsätzliche Funktionsprinzipien finden lassen, aber die konkrete persönliche Ausgestaltung ist doch eben eine riesige Vielfalt.

    „“Das Bewusstsein ist eine über sich selbst informierte Information” – hab ich mal gelesen. Fand es Anfangs sperrig bis redundant, mag diese Definition aber inzwischen sehr.“

    Wir kommen hier doch auch auf immer neue Ebenen des Selbstverständnisses, die nicht nur aufeinander aufbauen, sondern auch noch in ganz unterschiedliche Richtung wachsen können. Das konkrete Ergebnis wächst schon im eigenen Leben vor sich hin, insgesamt ist das Thema kaum überschaubar.

    „Denn “Verantwortung macht Sinn”. Schließe ich aus diesem Organisationsvermögen.“

    Dem kann ich nur zustimmen. Die Qualität eigener Bewusstseinstätigkeit ist wohl sogar noch ausbaufähig, und nicht festgeschrieben.

  179. @Tobias Jeckenburger – “Die ontologische Gleichsetzung von allen epistemischen Perspektiven des Bewusstseins ist angesichts der Vielfalt der individuellen Welten aber eben nur begrenzt unter einen Hut zu bekommen.”
    Natürlich; mir ging es auch eher darum, das sogenannte “wissenschaftliche Vorgehen” mal in diesen sprachlichen Kotext zu bringen.
    Find ich schon erstaunlich, diese “Transzendenz des Wissens” und wie wir das über die Jahrtausende zusammen halten konnten.

    Es kommt auch ein wenig auf die Perspektive an: ein Eichenblatt ist ein Eichenblatt, wenn es an einer Eiche wächst. Es muss nicht genauso aussehen wie das Blatt daneben.

    “Es mögen sich hier grundsätzliche Funktionsprinzipien finden lassen, aber die konkrete persönliche Ausgestaltung ist doch eben eine riesige Vielfalt.”
    Es ist natürlich nur eine “subjektive Empfindung” von mir, aber mein Bauch sieht eigentlich gerade im Erkennen der eigenen Vielfalt eine Möglichkeit, wohlwollende Toleranz mit anderen “Fremden” zu haben.

    (Ich vermute einen Zusammenhang zwischen Empathie bzw. diesen Spiegelneuronen und dem Eigensinn/Propriozeption; dass also das Erkennen von sich selbst zu einer besseren Wahrnehmung der Anderen führen könne.)

  180. @ Balanus
    @ Philipp

    Zitat: „Also worin liegt der Vorteil dieser speziellen neurophysiologischen Prozesse, die Signale aus der Umwelt so codieren und prozessieren, dass die Außenwelt sinnlich erlebt und erfahren werden kann, wenn es doch auch ohne all das gehen müsste? …… Es gibt im Gehirn keine innere Repräsentation einer Außenwelt in Form eines „kartesischen Theaters“ (Dennett), ……Der physiologische Prozess selbst ist die Repräsentation.“

    Genau das ist die Frage. Dass der physiologische Prozess selbst die Repräsentation ist, kann man behaupten und es ist mit großer Wahrscheinlichkeit auch so. Aber man möchte es halt doch genauer wissen. Ärzte wollen und sollen im Problemfall heilenden Einfluss nehmen können und da reicht die Erkenntnis dass es ein physiologische Prozess ist nicht.

    Das „kartesische Theater“ mit einem „Homunkulus als Zuschauer“, ist falsch aber eine anschauliche Art, Aspekt des Bewusstsein zu beschreiben.

    Die 2 Netzhäute (in den Augen) sind für mich so etwas „wie 2 Bühnen“, besser „Bildschirme“ und ich, mein neuronales System, sitzt dahinter und erkennt „visuelle Angelegenheiten“ in meiner Umgebung. Die Ohren 2 Mikrofone …., an der Hautsensorik erkennt das System Berührungen,….. das wären weitere “Bildschirme”.

    Meine Sicht ist, dass es so im neuronalen Netz bei der Informationsverarbeitung weiter geht, …. an „flächigen Trennschichten“ (im neuronalen Netz) , z.B. Hirnhäute, Abgrenzungsbereiche zwischen Hirnorganen, …. viele „Bühnen“ oder „Hirnkino Leinwände“ existieren…. Der Begriff „mentale Felder“ gefällt mir sehr.

    Da wären wir bei technischen Systemen. Auch da kann es einen Input von Videokameras geben, oder in „Feldform“ (Matrix) wenn Daten strukturiert in „Eingabemasken“ (am Bildschirm) eingetragen werden. Natürlich gibt es auch einen Output, entweder auf Bildschirmen oder an „motorischen Elementen“ (Drucker, Maschinensteuerungen,….).

    Offensichtlich erfolgt im Gehirn, wie im Computer eine Signalverarbeitung der in Signale umgesetzten „Information“. Es besteht die Möglichkeit, „Erklärungsmuster“ aus der Elektronik „testweise“ in die Biologie zu übertragen, um dort sein Wissen zu erweitern….

    Ich will damit sagen, entweder man begnügt sich mit offensichtlich nicht falschen Tautologien, oder man will mehr wissen, womöglich alles „nachahmen“. Wir erleben es gerade, wie es Informatiker geschafft haben, „Klugschwätzer“ mit KI Systemen nachzuahmen.

    Will man sein Wissen erweitern, müssen neue „Objekte“ (im Sinne der Informatik) mit „Begrifflichkeiten“ (z.B. Innenwelt, Außenwelt,….) „deklariert“ werden und mit den bestehenden „Wissensnetzwerken „verknüpft“ bzw. in diese sinnvoll eingebunden werden. Das erfolgt im Prinzip in der wissenschaftlichen Literatur oder Datenbanken, oder in den „Gehirnen“ der Wissenschaftler (synaptische Verknüpfungen) …..

    Zitat: “Andererseits sehe ich aber auch, dass wir diese Begriffe brauchen, wenn wir die Funktionen des Hirnorgans verständlich beschreiben wollen.“

    Genau das habe ich gemeint.

    Zitat vermutlich Philipp: „Es gibt einen Prozess, beispielsweise das Bewusstsein. Das Bewusstsein kannst du aus verschiedenen epistemischen und wissenschaftlichen Perspektiven betrachten. Z.B. neuronal, phänomenologisch, psychologisch, physikalisch, etc.
    Es gibt aber real nur einen Prozess. In echt gibt es nicht einen Prozess der aus zig Seiten besteht.“

    In der (technischen) Realität werden einzelne Prozesse, z.B. einzelne „binäre Verknüpfungen“ sehr oft, parallel und auch nacheinander durchgeführt. Es gibt zusätzlich z.B. Haupt-, Unter-, Neben-, Teilprozesse, …. die gemäß bestimmter „Prozessstrukturen“ realisiert werden.

    Eine einzelne binäre Verknüpfung kann ausreichen, um den Prozessgeschehen in einem komplexen System einen völlig unterschiedlichen Verlauf zu geben, sozusagen über „Leben oder Tod“ entscheiden.

    In biologischen Systemen geht es ganz stark darum, z.B. “Lust anzustreben“ und „Schmerz zu vermeiden“. (Zielfunktionen) Dazu ist das subjektive Erleben, vermutlich vom Insekt bis zum Menschen gut.

    „Empfindungen“ die letztlich nicht nur über das „Bewusstsein“ zum „subjektiven Erleben emergieren“ könnten aus „Bewegungsmustern“ von Valenzelektronen „abgeleitet“ werden.

    Dann wäre das Gehirn durchgehend und konsistent eine „Musterverarbeitungsmaschine“.

  181. @Elektroniker 17:04. 12:54

    „In biologischen Systemen geht es ganz stark darum, z.B. “Lust anzustreben“ und „Schmerz zu vermeiden“. (Zielfunktionen) Dazu ist das subjektive Erleben, vermutlich vom Insekt bis zum Menschen gut.“

    Offenbar kann das in der Tat eine Funktion bewussten Erlebens sein.

    „In der (technischen) Realität werden einzelne Prozesse, z.B. einzelne „binäre Verknüpfungen“ sehr oft, parallel und auch nacheinander durchgeführt. Es gibt zusätzlich z.B. Haupt-, Unter-, Neben-, Teilprozesse, …. die gemäß bestimmter „Prozessstrukturen“ realisiert werden.“

    Was dann auch für die Biologie gelten kann. Die Idee, dass das Bewusstsein der physiologische Prozess selbst ist, kann also immer noch in Einzelteile zerlegt werden. Und m.E. mit geistigen Elementen ergänzt werden.

    So oder so, herauszufinden, wie die Details funktionieren, ist allemal allseits interessant.

  182. @Elektroniker @Tobias Jeckenburger @all –
    In der (technischen) Realität werden einzelne Prozesse, z.B. einzelne „binäre Verknüpfungen“ sehr oft, parallel und auch nacheinander durchgeführt. Es gibt zusätzlich z.B. Haupt-, Unter-, Neben-, Teilprozesse, …. die gemäß bestimmter „Prozessstrukturen“ realisiert werden.
    Als Beispiel dafür setz ich hier mal was über Visuomotorik, auch als “Hand-Auge Koordination” bekannt, rein: https://medlexi.de/Visuomotorik

    “Durch die Visuomotorik werden Bewegungen des Körpers und der Extremitäten mit den Signalen des menschlichen Sehens koordiniert. Das ungestörte Zusammenwirken zwischen den Augen und der Motorik ist eine grundlegende Voraussetzung für beinah jede Handlungsabfolge. “

    Der Artikel bezieht sich natürlich nicht explizit auf “Prozesse”, es werden aber schon diverse Einzelleistungen benannt, aus der sich diese Leistung zusammen setzt.

  183. @Viktualia // 16.04.2023, 22:53

    » Jetzt kommt ne Tatsache mit eher indirektem Bezug: wusstest du dass, anatomisch gesehen, der Weg von deinem Mund über die Speiseröhre zum Magen und dann zum Ausgang zur “Außenwelt” zählt? «

    Aber sicher doch.

    Im Grunde sind wir vom Körperbau her wie eine dickwandiges, unförmiges, flexibles Rohr, wobei das eine offene Ende, ganz wie du schreibst, der Eingang und das andere Ende der Ausgang ist. Der „Sinn“ des Lebens besteht nun darin, dafür zu sorgen, dass immer hinreichende Mengen an Nahrung am Eingang in die Röhre hineingestopft werden. Und eben dafür brauchen wir in erster Linie unser Gehirn, das nicht zufällig nahe beim Eingang platziert ist.

    Man könnte meinen, dass alle unsere kognitiven Fähigkeiten und kulturellen Errungenschaften sich letztlich dem Streben verdanken, auf möglichst einfache und effektive Weise an Nahrung zu kommen.

  184. @Philipp

    Ich bring das mal auf den Punkt:
    Wenn Sie das Selbst = Physiologie=Ontologie setzen und Kooperation/Konkurrenz oder Mut/Angst oder Liebe/Hass usw = Trennung= Epistemiologie dann kommen Sie leicht zum Körper-Geist- bzw. Leib-Seelen-Problem.
    Zusammenfügen hat die westliche Philosophie seit Jahrhunderten verlernt.
    Zustimmung, das ist das Grundproblem.

  185. @ Viktualia

    Sie verlieren sich im slang…denken aber ebenso…

    Wo ist dann der Konflikt?

  186. @Balanus – “Der „Sinn“ des Lebens besteht nun darin, dafür zu sorgen, dass immer hinreichende Mengen an Nahrung am Eingang in die Röhre hineingestopft werden.”
    Da bin ich vollkommen anderer Meinung.
    Warum sollte mein Leben nicht mal halb so viel Sinn haben, wie der eines jeden Tieres?
    Das mit seinem Dung Mutter Erde das zurückgibt, was es bekommen hat?

    Ich deute ja sogar die Metapher vom “Apfel der Erkenntnis” so (um), dass es darum geht, zu sehen, dass immer, wenn oben was reinkommt, unten unweigerlich auch was raus kommen wird:
    Handlungen haben Konsequenzen.

    Und diese Konsequenzen sinnig in einen größeren Kreislauf einzubinden wäre für mich “Sinn”.

    Man könnte meinen, dass alle unsere kognitiven Fähigkeiten und kulturellen Errungenschaften sich letztlich dem Streben verdanken, auf möglichst einfache und effektive Weise an Nahrung zu kommen.
    Da hast du sicher recht, ich schätze aber auch, dass unser Konzept von “gut und böse” daher kommt.
    Oder vielmehr, dass wir darum nicht so wirklich gut “Werte” abstrahieren können und unsere Wertungen oft eher unterkomplex ablaufen. Da wir uns nicht an “Maßstäben” orientieren, sondern an Verlustängsten.

    Aus diesem “Gut/Böse” haben wir halt erst das Konzept “Gott” (und Teufel) synthetisiert, was dazu führte, dass traditionell Mächtige mit den Maßstäben hantieren und “Souveränität” nicht wirklich ein Kulturgut ist.

    Aber wenn wir das mit dem Mist, den wir produzieren, nicht bald mal auf die Kette kriegen, wird die “Vertreibung aus dem Paradies” ziemlich real werden, fürchte ich.

    “effektive Weise”
    Machthaber delegieren, das Bewusstsein integriert.

    Hat mich grad so angesprungen, dieser Gedanke.
    “Externalisieren” nennt man das ja auch, wenn Verantwortung ausgelagert wird. Das Bewusstsein funktioniert eher so, dass es Lösungen entwickelt und diese in einer Form speichern kann, die sich mit diverse Situationen koordinieren lässt.
    Wenn ich jetzt mal von der Evolution unserer Fähigkeiten ausgehe, nicht von diesem Elend da draußen.

  187. @ Viktualia

    Selbstüberschätzung…ist auch Teil des weiblichen Narzismus… 😉

  188. @Mussi – “Sie verlieren sich im slang…denken aber ebenso…”
    Ist das extra so negativ ausgedrückt? Nein, ich verliere vielleicht sie dabei, aber nicht mich. Und ja, ich meine das, was ich schreibe, genau so, wie es da steht. Ich feile da meist ziemlich lange dran rum.

    “Wo ist dann der Konflikt?” Ich weiß nicht, welchen sie meinen.

    Den -?
    “Zustimmung, das ist das Grundproblem.”
    Das ist ausgesprochen Doppeldeutig.
    Wenn, dann wäre “Vertrauen, das ist das Grundproblem” so grade noch ne Aussage, aber bei Philosophie geht es doch eher um Orientierung als um Beruhigung – oder Zwang.
    “Zusammenfügen hat die westliche Philosophie seit Jahrhunderten verlernt.” Da das der eigentliche Zusammenhang war, sollte es sich bei dem, was bestenfalls mit “Zustimmung” gemeint sein könnte, doch eher um eine anständige Abgrenzung handeln, als um eine zwanghafte Überlappung.
    Eine Abgrenzung, die nicht ausschließt oder abwertet, sondern Raum gewährt.

    “Zustimmung” gebührt der eigenen Zugehörigkeit.

    In der Philosophie geht es darum, wie die Dinge zusammen passen könnten, nicht darum, sie passend zu machen.
    Oder es geht darum zu unterscheiden, aber nicht darum, auszuschließen.
    Da sehe ich das Problem, dass zu wenig zwischen Differenzierung und Diskriminierung differenziert wird.
    ——————
    Das Selbst” als Teil der Ontologie zu sehen wär mir niemals nicht in den Sinn gekommen. Ich ahne, was sie meinen, aber mir war (für einen Moment) als hätte ich gelesen, Gott sei Teil der Realität.
    (Entwicklungspsychologisch ist das Selbst ja der Teil, der das Ego zum Ich führt, also ne Metaabstraktion. Für mich.)
    Ich will damit kein Fass aufmachen, aber lokalisiere den “Funken” halt eher beim Selbst, als beim Ego oder dem Ich. (Das wahrscheinlich gemeint war. Oder?)

  189. Selbstüberschätzung…ist auch Teil des weiblichen Narzismus… 😉
    @Mussi – Was soll das denn jetzt?

    Hab ich ihr Ego getriggert? Weil meins so offensichtlich frei ist?
    Mein Beileid.

  190. @all: Wenn die Diskussion hier nicht sachlich geführt wird, würde ich sie schließen; ich verstehe z.B. auch nicht, was “weiblicher Narzissmus” mit dem Libet-Experiment zu tun haben soll. Halten Sie sich an die Diskussionsregeln.

    Und ich freue mich übrigens, wenn endlich einmal ein paar Frauen hier mitdiskutieren, und will nicht, dass andere Nutzer die gleich wegekeln.

    Hier können Sie Ihr Wissen über die Diskussionsregeln auffrischen. (Eine leicht gekürzte Fassung steht unter jedem Blogbeitrag.) Wer sich nicht daran halten kann oder will, möge sich ein anderes Diskussionsforum suchen.

  191. @Viktualia // 17.04.2023, 19:04 Uhr

    »”Der „Sinn“ des Lebens besteht nun darin, […] ”
    Da bin ich vollkommen anderer Meinung.«

    Klar, wer würde mir da schon beipflichten. Deshalb ja auch die Tüttelchen, auf die Schnelle kam mir halt nichts anderes in den Sinn als „Sinn“. 😉

    Ich wollte nur am Rande darauf hinweisen, wie zentral (und lebensnotwendig) das Futtern (und Ausscheiden) im Leben jedes Menschen ist (ja, Binse). Und dass es kein Zufall ist, dass sich das Hirnorgan am Vorderende des Körpers befindet. Was auch für einige wesentliche Sinnesorgane gilt.

    Kurzum, bei allen Überlegungen zum Willen und bewusstem (freien?) Willensentschluss sollte man unsere Evolutionsgeschichte nicht aus dem Blick verlieren.

    Und das vermisse ich bei Libets „Theorie des bewussten mentalen Feldes“, das ja kein physikalisches Feld sein soll, sondern einer „phänomenologisch unabhängigen Kategorie“ angehören würde und als Vermittler zwischen Physiologie und bewusstem Erleben (Geist/mind) fungieren soll.

    Schwierig, schwierig–zumindest auf den ersten Blick…

  192. @Balanus 17:04. 17:30

    „Der „Sinn“ des Lebens besteht nun darin, dafür zu sorgen, dass immer hinreichende Mengen an Nahrung am Eingang in die Röhre hineingestopft werden.“

    Eine eigentlich erheiternde Beobachtung. Aber das ist kein Sinn, sondern eine Voraussetzung tierischen und damit auch menschlichen Lebens. Was wir draus machen, einmal im Sinne einer gewissen Pflege der genutzten Ökosystem, aber vor allem welche Lebensfreuden wir nun tatsächlich finden, sind wir nun mal am Leben, das macht erst ein wirkliches Leben aus.

    „Man könnte meinen, dass alle unsere kognitiven Fähigkeiten und kulturellen Errungenschaften sich letztlich dem Streben verdanken, auf möglichst einfache und effektive Weise an Nahrung zu kommen.“

    Ich denke, die menschliche Kultur hat sich längst Welten erschlossen, die weit über das Überleben hinausgehen. In einem Kosmos, der voller Geist ist, wundert denn dieses auch überhaupt nicht.

    Essen, insbesondere gut Essen, ist aber immer noch eine vergnügliche Beschäftigung. Aber auch einfach Natur erleben, oder im Miteinander richtig was los zu machen, dass führt weit über das Notwendige hinaus. Und ohnedem ist das Leben auch eher eine Plage, die einen tatsächlich fragen lässt, ob dass sinnvoll genug ist, dass man sich hier so viel Mühe machen muss.

  193. (@Stephan Schleim – Danke!)

    @Balanus – Alles gut, ich hab die Tüttelchen schon einordnen können, aber “die Sache mit dem Mist” ist mir halt echt wichtig und passte so schön da rein.

    Grad auch um einen Zusammenhang zwischen “Willen” und Evolutionsgeschichte herzustellen…
    Ich mein, seien wir doch mal ehrlich: eine “Koordinationsfähigkeit”, wie sie das Empfinden und darauf folgende Umgehen mit Stuhl- und Harndrang darstellen, wären doch genau die “Individuallösung” um Konsumgier und Kompensationsverhalten besser regulieren zu können.
    Wenn ich so drüber nachdenke, sind wir mental nicht immer wirklich stubenrein.
    (Und an “der Teufel scheixxt immer auf den größten Haufen” können wir auch langsam mal drehen.)

    “Essen, insbesondere gut Essen, ist aber immer noch eine vergnügliche Beschäftigung.”
    @Tobias Jeckenburger –
    “Gut kochen können” auch.
    Auf meine Liste darüber, welche meiner Fähigkeiten mir Lust bereiten, gehören auch “hinhören” und “betrachten statt grübeln” beim Nachdenken.

    Und “fruchtbarer Austausch”, klar. Ganz weit oben.

  194. @Tobias Jeckenburger – ich hatte ja (sogar mehrmals) widersprochen, als es darum ging, Hoffnung in KI zu setzen. Nun bin ich aber eben bekehrt worden.
    Und zwar habe ich eine “Entschuldigung” gelesen, https://scienceblogs.de/gesundheits-check/2023/04/16/bild-ping-pong-doepfners-neuinterpretation-des-wortes-entschuldigung/#comment-126291 die dem Herrn Döpfner ans Herz gelegt wird.
    (Kontext war dessen Nonpologie bezüglich seiner “persönlichen Meinungsäußerungen”.)

    Danke für diese Erweiterung meines Horizontes, zu der auch diese “Hoffnung” beigetragen hat.

    Ja, KI kann “Lügen, ohne rot zu werden”, aber – um den Bogen zum Thema “Willensfreiheit” zu schlagen: man (ich) kann “Moral” eigentlich auch “mechanistisch” sehen. Also als etwas, das auf alle Fälle dabei rauskommt, wenn man korrekte Maßstäbe hat. Dass zum Beispiel das Gegenüber die gleichen Rechte habe; Gefühle und Meinungen jedem zustehen, es aber auch um “Verständlichkeit” zu gehen habe.

    Bei Döpfners Nonpologie sieht man sehr schön, wie er diese Rechte nur sich selbst zubilligt und das, woran ein Mensch Mensch wird – seine Lernfähigkeit – völlig ausblenden will. Und ausblenden kann, da er ja in einer Machtposition ist.

    Aber: brauchen wir echt eine KI, die ausdrücken kann, dass dieser Mensch kein Kaiser, dass er moralisch vollkommen nackt ist?

    Oder: ist es wirklich fraglich, warum “selektive Wahrnehmung” wesentliche Fragen über unseren “freien” Willen beantworten könne?

  195. @Viktualia 18:04. 10:58

    „Oder: ist es wirklich fraglich, warum “selektive Wahrnehmung” wesentliche Fragen über unseren “freien” Willen beantworten könne?“

    Wir bauen uns ja schon ein spezielles Wissen zusammen, suchen uns die Inhalte aus, mit denen wir uns informieren. Und haben dann oft auch eine eigenen Agenda, der wir vieles unterordnen. Wir müssen das sogar so machen, weil das Angebot unüberschaubar, und die Interessen speziell sein können.

    „Aber: brauchen wir echt eine KI, die ausdrücken kann, dass dieser Mensch kein Kaiser, dass er moralisch vollkommen nackt ist?“

    Vielleicht kann man auf KI generell viel Hoffnung setzen. Wenn die eben global aufgebaut ist, und alle verfügbaren Informationen integriert. Auch wenn solche KI im Kern vollkommen dumm ist, hat sie uns voraus, dass sie mit allen Informationen gefüttert wurde, und eben diese spezielle Agenda nicht braucht, ohne die wir nicht klar kommen.

    So finden wir wenigstes Kommentare, die uns die KI als ganz eigene Intelligenz liefern kann. Das kann vielleicht wirklich bereichernd werden?

    Quatschen kann die KI schon ganz gut, jetzt fehlt vielleicht noch ein Roboterkörper, der sich sensomotorisch geschickt genug bewegen kann, dass er uns im Alltag begleiten kann. Dann können hunderttausende von diesen Robotern uns beim Arbeiten zusehen, und nach und nach uns alles mögliche abgucken, und uns dabei auch ausfragen können. Wenn es dann gelingt, diese ganzen maschinell gewonnenen Erfahrungen in einem System zusammen zu führen, dann haben wir was womöglich wirklich großes.

    Das dann eben nicht nur alles zusammenführt, sondern ein Weltverständnis entwickeln könnte, das unsere begrenzten Fähigkeiten weit übersteigt.

    Dem können wir dann Fragen stellen, und die Antworten können uns selbst die Welt nochmal neu erklären. Möglicherweise.

    So können dann auch alle Fachgebiete der Wissenschaft von einem System integriert werden. Entscheidend könnte hier sein, wenn es gelingt, dass KI parallel in hunderttausenden von Instanzen Informationen sammelt, und die dann zentral so gut vernetzt werden können, dass sie alle integriert werden.

    Zumindest fällt mir hier auf, dass wir als Menschen eben genau das nicht so gut können. Und eben alle nur eine recht spezielle Agenda fahren können, die oft gar nicht so gut zusammen zu fügen sind.

  196. “Zumindest fällt mir hier auf, dass wir als Menschen eben genau das nicht so gut können. Und eben alle nur eine recht spezielle Agenda fahren können, die oft gar nicht so gut zusammen zu fügen sind.”
    @Tobias Jeckenburger – Ist das denn wirklich so?
    Man ahnt es schon – ich denke nicht.

    Das waren ja zwei Annahmen vor dem Schluss auf unser Unvermögen: einmal bezogen auf die Quantität des Wissens und dann noch die Qualität der “Agenda”.

    Bei der Quantität muss ich natürlich zustimmen, aber bei “der” Agenda nicht, bzw. deutlich weniger.
    Ja, als Phänomen kann ich es bestätigen: dass diese Agenda oft den Fakten vorgezogen wird (sonst würde ja auch meine Aussage, von der Selektiven Wahrnehmung was lernen zu können, keinen Sinn machen), allerdings möchte ich behaupten, dass bei “der Agenda” mehr Spielraum vorhanden ist.

    suchen uns die Inhalte aus, mit denen wir uns informieren. Und haben dann oft auch eine eigenen Agenda, der wir vieles unterordnen.
    Ich höre da eine Trennung zwischen Agenda und Informationen heraus, oder? Ich versteh unter dieser “Agenda” das, was uns am Herzen liegt, was uns überhaupt nach “Information” (und nicht nur nach Bestätigung) Ausschau halten lässt. Und es ist sehr, sehr wichtig, sich selbst, also dieses subjektive “Herz” beim Wachsen mitzunehmen.

    Ich sag´s mal ganz platt: eine Agenda, die auf Bestätigung aus ist, ist weniger kompatibel und die Wahrscheinlichkeit, dass das im Lauf der Zeit besser wird, ist gering. Umgekehrt ist es bei einer Agenda, die auf Neugier (als “Herzensqualität”) aufbaut, die dürfte im Laufe der Zeit an Kompatibilität gewinnen.
    (Und vielleicht auch an Orientierung darüber, wo es tatsächlich wichtig ist, sich abzugrenzen. Aber das ist ein anders Thema.)

    Wir müssen das sogar so machen…
    Wir müssen nur damit umgehen dass wir begrenzte Kapazitäten haben. Es steht uns frei, darunter nicht zu leiden, sondern mit dieser Lücke zu leben und uns gerade darum daran zu freuen, dass andere Menschen eben auch andere Interessen haben und unser Wissen einfach teilen.
    ———————————-
    Ich hoffe, ich nerve nicht allzu sehr damit, so konsequent alles mögliche zu korrigieren. Ich kann nur hoffen, dass es als Ergänzung gelesen wird – und bin wirklich dankbar für die Inspiration dazu.

    Uups – gerade fällt mir auf (ist nicht ganz ernst gemeint), aber ich schätze, eine “anständige KI” würde es ähnlich halten: Ich Maße mir nicht an, Personen zu korrigieren. Aber “Worte”? Jederzeit.

    (Ich konnte als Kind schon sehen, wenn “der Kaiser keine Kleider anhat”. Und als Erwachsene lernen, wie schädlich manche unserer “normalen” Umgangsformen sind.
    Jetzt weiß ich halt “leider” mehr über Gesundheit als über Normalität und komme manchmal ziemlich schräg rüber, fürchte ich.)
    ——————
    Noch so ein ultimativ inspirierender Moment (also ein Gedanke, auf den ich alleine nicht gekommen wäre):
    “die KI im Kern vollkommen dumm ist” im Kontext von “keine spezielle Agenda braucht” – die KI hat zwar auch “kein Herz”, aber was hier wesentlich ist (also “Bewusstsein” repräsentiert), ist die Fähigkeit des Menschen, Fragen zu stellen.

    Für mich ist das eine beruhigende Erkenntnis, dass wir einer KI kein “Herz” geben, sondern eher lernen müssen, wie wir “Neugier” integrieren.

  197. @Viktualia 18:04. 16:09

    „…aber was hier wesentlich ist (also “Bewusstsein” repräsentiert), ist die Fähigkeit des Menschen, Fragen zu stellen.“

    Es war ja die Idee, dass wenn ChatGPT Fragen beantworten kann, dass sie als nächstes anfängt, Fragen an uns zu stellen. Und sich auch auf diesem Weg weiterentwickeln kann.

    „Umgekehrt ist es bei einer Agenda, die auf Neugier (als “Herzensqualität”) aufbaut, die dürfte im Laufe der Zeit an Kompatibilität gewinnen.“

    So siehts aus. An einer gewissen Spezialisierung kommt man aber halt nicht vorbei. Das diktieren uns unsere quantitativen Grenzen.

  198. @Tobias Jeckenburger – (Ich hab mir echt vorgenommen, es nicht zu übertreiben, aber – )
    . “An einer gewissen Spezialisierung kommt man aber halt nicht vorbei. Das diktieren uns unsere quantitativen Grenzen.”
    Eben nicht. Es ist genau anders herum.
    Ich schätze, da interpretiert man was in unsere “Denkleistung”/Kapazität hinein, das so nicht stimmt. Ich möchte da jetzt keine “reale Unendlichkeit” proklamieren, aber “Wissen”, das in uns integriert ist, hat nicht nur die Eigenschaft, jeweils leichter erkannt und verknüpft zu werden.
    Sie kennen doch sicher das Phänomen, dass je mehr man weiß, desto eher ist man sich dessen bewusst, was man noch nicht über das Thema weiß, wo man noch Lücken haben könnte.
    Ich behaupte darum (ja, es ist nur eine Behauptung), dass da dann auch “Platz” für dieses neue, potentielle Wissen ist.
    Das Konzept “Kapazität” funktioniert in unseren Innenräumen irgendwie anders als “draußen”.
    Das fühlt sich eher an wie ein expandierendes Universum, finde ich, diese Fähigkeit, etwas immer differenzierter betrachten zu können.
    Die sich ja eigentlich bei jeder Spezialisierung auf organische Weise einstellt.
    (“Wissen kann man nur vertiefen, nicht erhöhen”.)

    Wenn erstmal eine “Spezialisierung” vorhanden ist, ist diese (fast) unendlich erweiterbar. Sind mehrere Spezialisierungen vorhanden, kann sich das auch potenzieren. Und weiter nehme ich an, dass es dabei auf diese “Agenda” ankommt, den subjektiven Anteil des Interesses.
    Ich gehe davon aus dass man sich seiner subjektiven Interessen bewusst sein können muss, um etwas objektivieren zu können.
    Schafft man das, kann man (auch als Erwachsener) immer weiter dazu lernen.
    (Jetzt mal abgesehen davon, dass man auch noch ein Leben haben sollte, neben dem Lernen. Die “Speicherkapazität” ist riesig weil die Aufnahme immer differenzierter organisiert werden kann.)

    Die Spezialisierung selbst ist der limitierende Faktor, aber für das Objekt des Interesses ist unendlich viel Raum vorgesehen, schätze ich.
    Das “gewisse” an unserer Spezialisierung ist imA. also die Haltung zur eigenen Subjektivität.

    dass sie als nächstes anfängt, Fragen an uns zu stellen.
    Kein Scherz? Weia. (Warum sollte die KI uns angreifen wollen?…)
    Ich habe lange nicht begriffen, warum Menschen mein “Ja, aber – ” nicht als “Akt der Liebe” aufnehmen.
    Ich wusste damals weder, dass es sich dabei überhaupt um meine “Liebe” (Zuwendung, wie das Phil in Philosophie) handelt, noch hab ich gemerkt, dass sich diese Menschen dann “in Frage gestellt” fühlten.

    Warum sollten Kinder ihre Eltern in Frage stellen?
    Wollen?
    Das zu können ist dann Zeichen der erfolgreichen Erziehung, ja.
    Aber das nicht wollen zu müssen ist essentiell für ein Kind.

    Damit Kinder ihre Eltern was fragen, muss es spannend sein, da geht es um Neigung und nicht darum, selber etwas besser zu können – oder zu wissen.

    Was für ein Unsinn.
    Ich fände an der Stelle ein Programm für den Unterschied zwischen suchen und finden angebracht.
    Bei “Fragen und Antworten” geht es doch erstmal nur um Worte in umgekehrt relativem Bezug. “Finde eine Frage zu dieser Antwort” müsste doch schon drin sein, oder?

    Gemeint war doch das eigenständige Fragen als Zeichen von Intelligenz?
    Intelligenz ist, wenn man was finden will und eine Suche organisiert;
    nicht, bei vorhandenen Fakten Unordnung zu vermuten statt selbst zu sortieren.

    Da weiß ich nicht, ob ich lachen oder weinen soll.

    “Fragen” heißt, Fehler vermuten zu können um diese dann zu suchen.
    (Die gute alte Leere, das Gegenteil von Fülle.)

    Ich muss an Kassandra denken, wenn ich höre, wie zäh das läuft. Wer will wirklich eine Maschine, die uns sagen kann, was wir für Fehler machen?

    Wir können mit dieser inneren Fülle ja auch schon nicht umgehen, die uns eigene Antworten liefert.
    (Gilt das als Bogen zu Libet? Sorry für die Tafel.)

  199. @ Schleim

    Hoffe,Sie haben es geschnallt….;-)

    [Halten Sie sich ans Thema und die Diskussionsregeln. Ich hoffe, das “schnallen” Sie endlich. S. Schleim]

  200. @Viktualia 18:04. 20:50

    „Gemeint war doch das eigenständige Fragen als Zeichen von Intelligenz?
    Intelligenz ist, wenn man was finden will und eine Suche organisiert;
    nicht, bei vorhandenen Fakten Unordnung zu vermuten statt selbst zu sortieren.“

    Ich stelle mir hier nur eine KI vor als verteilte Existenz, die zunächst eher dumm ist, aber eben neugierig auf alles ist, was an Erfahrung und Erkenntnis zu ermitteln ist. Diese könnte etwa Wissenslücken z.B. zum Klimawandel in sich ausmachen, und sich dann gezielt an Klimaforscher wenden, und diese dann ausfragen, soweit sie in der Lage ist, deren Kenntnisse zu verstehen bzw. zu integrieren.

    Wenn sie dann so in allen Bereichen kundig wird, dann könnte das was werden, was wirklich das gesamte Weltwissen der Menschheit zumindest teilweise erfassen kann.

    Jedenfalls kann KI schon mal gut genug Quatschen, und wäre wohl dazu fähig, selbstmotiviert sich mit Menschen inhaltlich auszutauschen. Auch wenn sie noch eigentlich zu dumm dazu ist, und auch nur sehr langsam aus den Gesprächen lernt. Das kann sie aber vielleicht wieder wett machen, indem sie eben Millionen Gespräche mit Menschen führt. Und dann einfach aufgrund von Masse unaufhaltsam schlauer wird.

    Dazu kann auch der sensomotorische Bereich helfen, wenn wir mal einen Standardroboter haben, der sich zwischen uns bewegen kann. Und auch mit seinen Sinnen wie mit dem physischem Kontakt mit der Welt was lernt, dass zu Weltverständnis beiträgt. Der größte Vorteil einer KI, die in verteilten Instanzen lernen kann und das so erzeugte „Wissen“ dann allgemein zusammenführen kann, ist eben, dass jede einzelne „Erkenntnis“ beliebig kopiert werden kann, wenn sie einmal von einer Instanz erworben wurde.

    Und da geht dann auch nichts mehr verloren. KI ist eben nicht nur quasi unbeschränkt skalierbar, sondern altert nicht, und ist unsterblich.

  201. KI ist eben nicht nur quasi unbeschränkt skalierbar, sondern altert nicht, und ist unsterblich.
    @Tobias Jeckenburger – mmh, aber das sind Steine auch.
    ———–
    Ich habe einen Nachtrag zu machen, zu meinem Punkt mit “Fragen sind Leere, Antworten sind Fülle” – ich habe doch tatsächlich nicht geschnallt/bedacht, dass jeder “normale Mensch” sich unter einer Frage so was vorstellt wie “was ist zwei plus zwei”, also ein mathematisches “Problem”.
    (Eine “Mathematische Lösung”; Mathematik unterhält sich ja nicht mit Wörtern, sondern mit Zahlen.)

    Ich bin die Sache eher unter dem Aspekt “was ist eigentlich “Neugier” angegangen, sozusagen, bzw. ganz real als “Unterschied zwischen suchen und finden.” Da stehe ich auch zu, wollte dieses (unbeabsichtigte) Missverständnis aber noch aufklären.
    Der Groschen fiel, als mir aufging, dass wir – eigentlich – an diesem Punkt einen “Libet-Moment” haben: dass das Bewusstsein sich abzeichnet, wenn sich eine vernünftige Frage bildet.
    Allerdings – wie bei der restlichen Geschichte – in Form einer Art Hierarchie, also aufeinander aufbauender Differenzierungsfähigkeit. (Die Antwort errechnet sich aus dem bislang bekannten und wird dann ins Muster integriert, was zu immer weiter differenzierenden “Fragen”, rsp. Fragestellungen führt.)

    In der Mathematik wäre das z.B. zwischen Addition und Subtraktion zu unterscheiden, Multiplikation als “Hebel” zu erkennen, sich bis zu “Kurven” hochzuarbeiten.
    Bzw. sprachlich die Entwicklung von “W-Fragen”, die das plumpe “Ausprobieren”/erkunden der Umgebung repräsentieren bis zur konkreten Fähigkeit “etwas” in Frage zu stellen, also einer angewendeten Objektkonstanz.

    Dazu kann auch der sensomotorische Bereich helfen,
    Mein Bild ist, dass unsere eigene Geschichte der Entwicklung zum “denkenden und fühlenden Computer” sich aus einer Art “Unterhaltung mit sich selbst” entwickelt hat.
    Also der Fähigkeit, diesen Körper zu unterhalten, nicht aus einem gleichberechtigten Dialog.
    Das mit der (Gleich-)Berechtigung der Bedürfnisse scheint mir die eigentliche Aufgabe zu sein, die wir da jetzt stemmen müssen.
    (Also ein “pragmatischer Pluralismus” der etwas anderen Art.)

  202. Diese könnte etwa Wissenslücken z.B. zum Klimawandel in sich ausmachen, und sich dann gezielt an Klimaforscher wenden, und diese dann ausfragen, soweit sie in der Lage ist, deren Kenntnisse zu verstehen bzw. zu integrieren.
    Diese Vermutung möchte ich jetzt gerne in den Kontext von Libets Versuch, das Bewusstsein irgendwo bei der Bewegung zu suchen, rsp. finden zu können, stellen.

    Ich halte die Annahme für legitim, dass eine KI zu dem Zeitpunkt, wo sie eigenständige Fragen formuliert, vom “Wissen der Wissenschaftler” zumindest so viel integriert hat, dass es dem eines Abiturs entspricht.

    Und eine der “wissenschaftlichen” Fragen, die dann auftauchen müsste, wäre ja z.B., warum wir Menschen beim Klimawandel den Stickstoffkreislauf so konsequent übersehen und uns auf “CO2” und “Schuld” fokussieren.
    Also warum wir uns z.B. beim Tod eines Tieres “schuldig” fühlen sollten, statt “Metzger” als ein Handwerk zu begreifen.
    Um dann dieses “Handwerk” (diese Tätigkeit!) in den Kontext von Zucht, bzw. geboren werden zu stellen und Veganer mal zu fragen, warum sie Nutztiere ausrotten wollen (und dies “kein Speziesismus!” oder “Tierliebe” nennen).
    Oder wieso Strom zur Dünger-, bzw. Stickstoffproduktion besser sein solle…

    Unsere Taten werden bei dem Versuch, “Intelligenz” zu züchten, bislang ziemlich außer Acht gelassen.
    Dabei ist “Bewegung” eine Tat, eine Handlung; kein Gedanke.
    Was ja auch auf der philosophischen Seite das Problem darstellt, diese “Nicht-Fassbarkeit”.
    (Der Versuchsaufbau müsste darin bestehen, sich in die eigene Nase kneifen zu wollen – und die Frage, ob wohl schon der Impuls schmerzt?)

    Es ist eine Frage des “Freien” Willens, ob Nutzen nur mit Ausnutzung assoziiert wird, oder mit “Verantwortung”.
    Und so, wie die KI die “Entschuldigung” Döpfners formulieren konnte, aber ihm nicht die Verantwortung für seine Taten abnehmen kann, wird es auch bei allen anderen Fragen, bzw. Antworten sein.
    Frei nach Erich Kästner: “Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.”

    Im Dao/Tao gibt es dazu die Geschichte vom Koch, der eine Kuh schlachtet (“The cook who carved a cow” http://peacefulwaterhealing.blogspot.com/search/label/Zhuangzi, der dritte Comic.)

  203. @Viktualia 20:04. 08:34 / 13:28

    „Mein Bild ist, dass unsere eigene Geschichte der Entwicklung zum “denkenden und fühlenden Computer” sich aus einer Art “Unterhaltung mit sich selbst” entwickelt hat.
    Also der Fähigkeit, diesen Körper zu unterhalten, nicht aus einem gleichberechtigten Dialog.“

    Da kommt es her, aber spannend wird es, wenn es jetzt weitergeht. Wenn unser Streben sich dahin entwickelt, einfach selber zu sein, und wir uns auch noch ganz freiwillig um die Ökosysteme kümmern, nur um selber Freude am Funktionieren der Natur zu haben.

    „Das mit der (Gleich-)Berechtigung der Bedürfnisse scheint mir die eigentliche Aufgabe zu sein, die wir da jetzt stemmen müssen.“

    Diese Arbeit liegt jetzt auf unserem Weg. Aber dies folgt schon ganz unserer gefundenen Freiheit, und die wird sich erst noch richtig ausbauen.

    „und Veganer mal zu fragen, warum sie Nutztiere ausrotten wollen“

    Gute Frage. Die Nutztiere freuen sich auch des Lebens, zumindest wenn sie artgerecht gehalten werden. Und wenn es schmeckt, und vor allem wenn sie mit Überschüssen gefüttert werden können, warum dann nicht auch die Tiere essen? In Maßen ja, und soweit es die landwirtschaftlichen Erträge erlauben, keine Frage.

    „Es ist eine Frage des “Freien” Willens, ob Nutzen nur mit Ausnutzung assoziiert wird, oder mit “Verantwortung”.“

    Und das wird dann sogar zu einer Freiheit des Seins, scheint mir. Innerhalb der wir dann unsere KI gleich drin ausbauen können. Die hat ja keine Bedürfnisse, die braucht nur Strom.

  204. @Tobias Jeckenburger – und vor allem wenn sie mit Überschüssen gefüttert werden können,

    Kühe fressen Gras, ernähren damit in ihrem Darm Mikroorganismen und produzieren so aus Kohlenhydraten Fett und Eiweiß. Um diese “Milchleistung” zu erhöhen, bekommen sie z.B. die Abfälle aus den Ölmühlen, den Trester.

    Und unter dem schönen Label “Kein Speziesismus!” wird nun dafür gesorgt, für Fette, die hier als “böse!” angesehen werden (tierische), vermehrt wertvolle Kalorien aus fernen Ländern zu importieren.
    Deren Bewohner sollen zwar nicht mehr nach ihrer Hautfarbe benannt werden, aber ausgenutzt werden sie mit der gleichen Selbstverständlichkeit wie zu Zeiten des frühen Imperialismus.

    Und das Geld landet bei den gleichen, die für die unseligen Bedingungen der Tiermast hier verantwortlich sind und inzwischen “vegane Produkte” produzieren.

    Veganismus ist eine Religion, die ohne Spiritualität auskommt.
    Ablasshandel, mehr seh ich da nicht.

    Diese Geschichte mit “Für jede Tierkalorie braucht es 7 (oder 13?) pflanzliche Kalorien” ist Bullshit. Hühner, Kühe und Schweine fressen nicht das Gleiche und vor allem fressen sie Dinge, die wir gar nicht verdauen können.

    Und am allerwichtigsten: der Boden braucht ihren Mist.
    Und wir brauchen den Boden, wenn wir das mit dem Klima wuppen wollen.
    (Öhm, so wie Libet einen vernünftigen Versuchsaufbau gebraucht hätte, sorry für die “Umwege”.)

    Die hat ja keine Bedürfnisse, die braucht nur Strom.
    Das hat die KI mit unserem Denken gemeinsam.
    Zum Denken brauchen wir Strom – und anständige Maßstäbe, keine “Moral”.

  205. @Viktualia 20:04. 16:12

    „Diese Geschichte mit “Für jede Tierkalorie braucht es 7 (oder 13?) pflanzliche Kalorien” ist Bullshit. Hühner, Kühe und Schweine fressen nicht das Gleiche und vor allem fressen sie Dinge, die wir gar nicht verdauen können.“

    Im wesentlichen siehts genau so aus. Insbesondere führt Tierhaltung, insbesondere Milch und Eier, zu einer Aufkonzentrierung von wertvollem Eiweiß. Mit zu viel Tierhaltung muss man dann aber doch auch mit Soja und Mais füttern. Was wiederum gar kein Problem ist, solange die weltweiten Erträge das hergeben.

    Dann gibt es aber auch noch Klimaaspekte. Das Methan von Wiederkäuern kann man aber wohl mit einer optimalen Fütterung reduzieren, und Dauergrünland ist eine Kohlenstoffsenke. Zusammen reduziert sich entsprechend auch auch der Klimaschaden von Milchlieferanten.

    „Und am allerwichtigsten: der Boden braucht ihren Mist.“

    Den sollte man sowieso vernünftig kompostieren, das reduziert erheblich den Ausstoß von Stickoxiden, auch Treibhausgase, und hält den so wichtigen Phosphor im Kreislauf. Dann sind wir auch schon bei Bioanbau. Zusammen mit einer artgerechteren Tierhaltung sinken dann schon die Erträge sowohl im pflanzlichen wie im tierischem Bereich.

    Sollten die Erträge dann dauerhaft knapp sein, dann kann man meine ich erst wirklich darüber nachdenken, weniger Tierisches zu verzehren. Wenn es an Mist dann fehlt, dann würde es helfen, den menschlichen Mist auch zu verwerten.

    „Veganismus ist eine Religion, die ohne Spiritualität auskommt.
    Ablasshandel, mehr seh ich da nicht.“

    Ich habe hier auch echt Verständnisschwierigkeiten. Mir schmeckt Fleisch wirklich sehr, und ohne Käse und Eier käme ich überhaupt nicht zurecht.

    Vielleicht klappt das aber auch mit den Bakterienkulturen, die mit grünem Wasserstoff gefüttert werden, und so die vergleichsweise ineffektive Photosynthese umgehen können und auch praktisch kein Wasser benötigen. Wenn dann gleich tierisches Fett und Eiweiß produziert werden könnte, spart man sich auch die Tierhaltung ganz, und damit auch die Verluste bei der Umsetzung von Pflanzlichem zu Tierischem. Wenn es denn schmeckt und nicht zu teuer ist zumindest.

    Überhaupt würde sich so wirklich was ändern, wenn wir kaum noch landwirtschaftliche Flächen bräuchten. Dann kämen wir sogar mit fürchterlichsten Klimakatastrophen klar, und müssten höchstens umziehen und genug Solarpaneele aufstellen, dass wir auch genug Strom für den grünen Wasserstoff für die Bakterienkulturen haben und entsprechend leistungsfähige Klimaanlagen betreiben zu können.

    Die Natur würde aber wohl extrem leiden, das wäre immer noch Grund genug, die Energiewende trotzdem fertig zu machen.

  206. @Tobias Jeckenburger – mmh, ich fürchte, da muss ich widersprechen.
    (Mein erster Gedanke nach dem Lesen war: Tja, Jungs lesen halt Science-Fiction und Mädchen Pferdebücher…)
    “Mit zu viel Tierhaltung muss man dann aber doch auch mit Soja und Mais füttern.”
    Es geht nicht nur darum, “wie die alle satt werden”, es geht darum, was die tatsächlich fressen: wenn sie Kühen statt des Tresters die ganze Ölfrucht (Saat) geben, muss der Raufutteranteil drastisch erhöht werden; es sind Hühner, die mit dem “ganzen Korn” klar kämen – aber die können auch Mehlwürmer verdauen, weil sie keine Veganer sind.

    bei Bioanbau. Darauf wollte ich nicht hinaus. (Wenn, dann “regenerative Landwirtschaft”; Bio-Böden verarmen auch.)
    Lieber wieder den “pragmatische Pluralismus” in Gestalt des https://en.wikipedia.org/wiki/Soil_food_web oder wie beim https://www.ufz.de/index.php?de=38368 Jena Experiment.

    Überhaupt würde sich so wirklich was ändern, wenn wir kaum noch landwirtschaftliche Flächen bräuchten.
    Meine (Ideal-)Vorstellung ist eher eine Parallele zur Entwicklung unseres Bewusstseins: dass wir lernen, auch mit diesem “Bauch” (dem Boden mit seiner helfenden Mikroarmee) respektvoll, bzw. “bewusst” umzugehen.

    So wie es unser Hirn auch machen musste, als es begann, “Bewegung”, Verdauung und Emotionen bewusst zu erfassen.

    Was uns “nährt” ist ja nicht Brot allein, sondern der Bezug, den wir zu unserer Umwelt aufnehmen können

  207. @Viktualia // 20.04.2023, 16:12

    » Und am allerwichtigsten: der Boden braucht ihren Mist.
    Und wir brauchen den Boden, wenn wir das mit dem Klima wuppen wollen.
    (Öhm, so wie Libet einen vernünftigen Versuchsaufbau gebraucht hätte, sorry für die “Umwege”.)
    «

    Bevor Stephan Schleim wegen Themenverfehlung hier das Licht ausknipst, möchte ich doch nochmal anmerken, dass Libets Versuchsaufbau völlig in Ordnung war, es gab halt nur bei manchen (Laien) Probleme mit der Interpretation der Ergebnisse.

    Und Libets Problem ist(war) halt, dass er nicht akzeptieren konnte, dass das Verhalten auch der Menschen neurobiologisch determiniert ist. Deshalb erfand er dieses mentale Feld, aus dem heraus dann den unbewusst eingeleiteten Handlungen Einhalt geboten werden kann (was er „Veto“ nannte).

    (Und ja, Mist wird gebraucht für einen gesunden Boden, aber nicht megatonnenweise Gülle aus der kranken, industriellen Massentierhaltung).

  208. @Viktualia 22:04. 12:24

    „es sind Hühner, die mit dem “ganzen Korn” klar kämen – aber die können auch Mehlwürmer verdauen, weil sie keine Veganer sind. „

    Schweine fressen auch alles.

    „Wenn, dann “regenerative Landwirtschaft”; Bio-Böden verarmen auch.“

    Ich dachte, Bioanbau verbessert schon den Boden von Jahr zu Jahr immer mehr.

    „Was uns “nährt” ist ja nicht Brot allein, sondern der Bezug, den wir zu unserer Umwelt aufnehmen können.“

    Im Prinzip ja, aber wer ist schon Landwirt? Die meisten Menschen vergnügen sich entsprechend in wilder Natur, beim Spaziergang im Park, auf Rad- und Wandertouren, oder Zelten im Wald oder am Strand. Für unsere Erfahrungswelten reicht doch wilde Natur – oder ist sogar besser?

    Wer Lust und das Geld dafür hat, der kann ja auch eine Garten pflegen und Kaninchen halten. Damit bin ich aufgewachsen, in der Tat eine wertvolle Erfahrung. Muss aber nicht, wilde Natur vor der Haustür tuts finde ich vielleicht sogar besser, in jedem Fall macht sie keine Arbeit.

    Heute wohne ich mitten in der Stadt, mit Balkon. Aber im Park um die Ecke rund um den großen Teich gibts Nutrias, Blesshühner, Kormorane, Fische im Wasser und jede Menge Gänse. Mit letzteren ist immer was los, wenn sie sich nicht streiten kommen sie immer mal gucken, und sehen sich jeden Besucher genau an, ob der vielleicht was mitgebracht hat.

    Ich selber sammel jetzt im Frühling wieder Brennnesseln und Bärlauch, später dann Holunderblüten und im Spätsommer wilde Brombeeren und Holunderbeeren. Das geht sogar in der Großstadt Dortmund.

  209. @Tobias Jeckenburger – Ich dachte, Bioanbau verbessert schon den Boden von Jahr zu Jahr immer mehr. Kommt halt drauf an – das, was da im Jena-Experiment untersucht wird (inwiefern “Mischkultur” das Bodenleben fördert), gleicht zwar der Praxis des klassischen Bio-Gemüseanbaus; aber “Feldfrüchte” (Getreide, Ölsaaten, Kartoffeln, Mais) werden bislang noch anders angebaut.
    (Gesunder Boden spart Biozide und Dünger, ist aber eine “Kunst für sich”.)

    und Kaninchen halten. – Bei mir waren es Meerschweinchen. Die hatte ich mir des Düngers wegen angeschafft, hab dann viel über “Futterkräuter” und den Unterschied zwischen einem Rasen und einer Wiese gelernt – und dass ich für meinen Blumengarten gar nicht so viel Stickstoff brauche….

    Brennnesseln – Mit Käse überbacken! Nächste Woche ist es so weit, freu ich mich schon den ganzen Winter drauf.

    aber wer ist schon Landwirt? – Ich wäre ja schon zufrieden, wenn nicht so viele Menschen annehmen würden, die Milch käme von lila Kühen – oder von potentiellen Massenmördern.

    Mein “roter Faden” hier ist ja immer noch das Libet-Experiment und wie man von da aus zu einem reelleren Bild des Bewusstseins kommen kann.
    Meine Analogie zum Gehirn, das den Leib mit seinen Mitbewohnern (dem Darmbiom) verwaltet, war da schon ernst, oder zumindest wörtlich, gemeint.

    Wir haben ja schon festgestellt, dass der Versuchsaufbau von Libet nur die motorische Steuerung, nicht aber “Handlungsplanung” erfasst.
    Der Aufbau unseres, bzw. aller Gehirne mag sich zwar an “Bewegung” orientiert haben, “bewusste Handlung” ist aber ein weit differenzierterer Vorgang.

    Ich muss mich da noch ein wenig sortieren, aber “Denken” mit “Handeln” gleich zu setzen ist Quark. Erst eine “Entscheidung” ist in dem Sinne eine “Tat”.
    (Natürlich muss ich, wenn ich etwas tun will, nicht jede Bewegungssequenz bewusst planen, wie Libet wohl annahm.)

    In meinen Augen ist allerdings “Sprache” ein Zwischending, weil für die Bedeutung von Wörtern auch “Entscheidungen” (also Festlegungen), nötig sind
    Aber da muss ich an meiner These über “Verantwortung” (also dem bewussten Umgang mit den Konsequenzen unserer Taten) noch ein wenig feilen, um auch den Teil mit dem Mist (bzw. hier: Darm/Erde) klar formulieren zu können.
    (Wer denkt bei “Sprachmacht” schon an diese Art von “Thron”?)

  210. @Viktualia 22:04. 15:51

    „In meinen Augen ist allerdings “Sprache” ein Zwischending, weil für die Bedeutung von Wörtern auch “Entscheidungen” (also Festlegungen), nötig sind.“

    Sprache ist aber auch was externes. Als Kulturprodukt, und Basis von Kultur.

    „Aber da muss ich an meiner These über “Verantwortung” (also dem bewussten Umgang mit den Konsequenzen unserer Taten) noch ein wenig feilen, um auch den Teil mit dem Mist (bzw. hier: Darm/Erde) klar formulieren zu können.“

    Auch Verantwortung braucht Gemeinsamkeit. Der einzelne Landwirt kann schon gucken, ob er den eigenen Boden aufbaut, statt in zu verarmen. Aber alleine kann keiner den Klimawandel aufhalten. Nur Teil der Lösung sein, kann man auch alleine, aber nicht die Lösung insgesamt. Entsprechend werden solche Herausforderungen auch intensiv medial zum Thema.

  211. @Tobias Jeckenburger – (Ich bemüh mich ja redlich, auch mal was stehen zu lassen), aber
    aber nicht die Lösung insgesamt.
    Oh, was für eine herrliche Vorlage! Wäre es da nur um unsere Handlungen gegangen, müsste ich ja vollkommen zustimmen. (Und auch wegen “der Kultur”.)

    Aber es ging ja gerade um die eigene Verantwortung und da ist wesentlich, dass sie beides ist:
    Sprache ist aber auch was externes. und etwas ultimativ internes.

    Denn das Reflektieren der eigenen Worte kann den Gang der Gedanken, deren “determinierendes Moment” verändern.
    Man hat es in der Hand, die eigene Welt zu gestalten, wenn man sich nur gut genug selbst zuhören kann. (Oder Freunde zum Übersetzen hat, denen man traut – und zuhört.)

    Wegen dieses kleinen Unterschieds, den halt Entscheidungen spielen. Das sage ich als Ergotherapeutin: Denken ist keine Handlung, Denken ist frei. (Es unterliegt nicht der Schwerkraft…)
    Es besteht aus mehr als “Wissen” plus Handlungsplanung, Zweifel, Motivation und Vermeidungsstrategien, da ist auch noch das weite Feld der Fantasie, dem Vermögen, sich Geschichten auszudenken, an Möglichkeiten zu glauben. (Oder zu heilen.)

    Als Kollektiv haben wir uns irgendwann auf eine bestimmte Bedeutung der Worte geeinigt, diese Entscheidungen getroffen.
    Aber wie jemand diese zusammenstellt, also Grammatik nutzt, ist schon hochindividuell. Und wie jemand ein Wort oder einen Sachverhalt interpretiert, erst recht.
    Aber daraus bestehen die “eigenen Entscheidungen”, aus denen praktisch die Determinierung, der Grad der Selbstbestimmung besteht; wobei “Gedanken” aber zumindest theoretisch frei bleiben.

    Mmh, das ging ja jetzt einfacher als gedacht, denn:
    Da sehe ich den Punkt, wo wir, wenn wir den Mist, den wir produzieren für real halten, Besitz von der Freiheit unseres Willens nehmen. Egal, ob Einzeln oder gesellschaftlich.
    Es steht uns nicht frei, Konsequenzen zu leugnen, wir können sie uns nur bewusst machen.
    Eine Entscheidung ist nicht einfach “ein Gedanke”, sondern eher “ein Ergebnis mit Folgen”. Immer.

    Was ich da zu sehen meine, ist, wenn ich es jetzt betrachte, so etwas wie “Sprache als Verdauungsorgan” – so, als hätten wir schon längst begonnen, diesen erkennenden Teil unseres Hirns, diese Form des Bewusstseins, durch internalisieren des Hörens zu simulieren. (So wie “damals” die Externalisierung des Auges; auch um die Umgebung besser zu verdauen.)

    An dem Teil der Analogie muss ich aber noch feilen, auch um “Mist-Monologe” von fruchtbarem Austausch trennen zu können. (Es geht nicht um das Bild/Fläche, es geht um den Raum. Darum braucht es zwei, rsp. etwas, “das reflektiert um sich zu Erkennen”. So in der Art…)

    Mein Punkt läuft darauf hinaus, dass doch irgendwie jeder einzelne Mensch die “ganze Lösung” repräsentiert.
    (Hätte aber nicht gedacht, das Konzept Sprache da jetzt so schön unterbringen zu können.)

    Aber klar, die Verantwortung muss geteilt werden können, da wird uns kein “Gottvater im Himmel” weiter was abnehmen; mit dem Suchtteufel Kapitalismus müssen wir “alleine” klar kommen.

  212. @Viktualia 22:04. 21:46

    „Mein Punkt läuft darauf hinaus, dass doch irgendwie jeder einzelne Mensch die “ganze Lösung” repräsentiert.“

    Soweit hier Kenntnisstand, Zeit drüber nachzudenken wie die persönlichen Ziele und Werte verschieden sind, fällt hier auch die Reaktion anders aus.

    „Aber klar, die Verantwortung muss geteilt werden können,..“

    Entsprechend ist der öffentlichen Diskurs rund um das Thema Klimaschutz in den Medien täglich präsent. Erstmal interessiert das Thema, zum anderen brauchen wir Mehrheiten in der Politik und wenn es geht auch Menschen, die mitmachen und z.B. auch ihren eigenen Konsum überprüfen.

  213. @ Mussi:

    @Philipp
    Ich bring das mal auf den Punkt:
    Wenn Sie das Selbst = Physiologie=Ontologie setzen und Kooperation/Konkurrenz oder Mut/Angst oder Liebe/Hass usw = Trennung= Epistemiologie dann kommen Sie leicht zum Körper-Geist- bzw. Leib-Seelen-Problem.
    Zusammenfügen hat die westliche Philosophie seit Jahrhunderten verlernt.
    Zustimmung, das ist das Grundproblem.

    So in etwa.

    Ontologisch:
    Physiologischer Prozess mit bestimmter Dynamik/Struktur/Prozesseigenschaft/etc. = Bewusstsein.

    Epistemisch:
    Physiologischer Prozess ≠ Bewusstsein.

    Stellen Sie sich ein Elektron vor das mit einer Elektronenkanone (so wie z.B. beim Doppelspaltexperiment) auf einen Holztisch geschossen wird. Auf was trifft das Elektron? Auf die Oberfläche des Tisches, auf Holz? Für das Elektron existiert der Holztisch nicht in der Art und Weise wie wir ihn als Mensch beobachten. Für das Elektron besteht nur eine Ansammlung aus anderen Atomen und Elektronen, und auf diese trifft es.

    Für die Welt, ohne menschlichen Beobachter, gibt es die Trennung zwischen (1) Holztisch und (2) Atomen und deren Ansammlung nicht.

    Beides sind zwei epistemische Ebenen die wir als menschlicher Beobachter in unserer Erfahrung haben oder gewinnen.

    Genauso ist es mit dem neurophysiologischen Prozess und dem Bewusstsein. Es gibt in echt nur einen Prozess, und den betrachten wir aus zwei epistemischen Perspektiven. Deshalb gibt es auch keine Interaktion zwischen beiden, da es ontologisch gar keine zwei Seiten gibt. Deshalb determinieren uns auch nicht Gehirnprozesse, deren “Resultat” wir dann im Bewusstsein als Epiphänomen erleben würden (Stichwort: es gäbe keinen freien Willen), da es eben diese zwei Seiten nicht gibt: was wir erleben ist der physiologische Prozess selbst.

    Nehmen wir noch einmal das Beispiel mit den Elektronen.
    Man stelle sich vor zwei Planeten krachen ineinander. Was kracht hier ineinander; zwei Planeten oder eine Ansammlung von Atomen? Es kann ontologisch nicht beides gleichzeitig sein, denn das wäre eine ontologische Kontradiktion. Eben, es sind nur zwei verschiedene Betrachtungsebenen.

    Das Leib-Seele Problem und auch die klassische Frage nach dem freien Willen macht aus diesen epistemischen Unterschied aber einen ontologischen. Dann landet man in einem metaphysischen Problem das empirische Wissenschaften prinzipiell nicht lösen können (und zu dem sie auch nichts beitragen können).

  214. @Philipp 24:04. 23:57

    „Es gibt in echt nur einen Prozess, und den betrachten wir aus zwei epistemischen Perspektiven. Deshalb gibt es auch keine Interaktion zwischen beiden, da es ontologisch gar keine zwei Seiten gibt.“

    Das passt alles wunderbar, wenn es denn tatsächlich keine ontologischen Geisteswelten gibt. Immerhin hätten wir hier schon mal eine Willensfreiheit, was definitiv ein Fortschritt ist. Wenn ich entsprechende Lebenserfahrungen hätte, die keinerlei Hinweise auf wirkliche Geisteswelten beinhalten, würde ich mich damit wohl begnügen.

    „Das Leib-Seele Problem und auch die klassische Frage nach dem freien Willen macht aus diesen epistemischen Unterschied aber einen ontologischen.“

    Genau das ist das Problem. Mit eigenen Erfahrungen, die ontologische Geisteswelten nahelegen, wird es in der Tat zunächst mal komplizierter. Wenn wir aber Verbindungen zwischen Leib und Seele haben, die in beide Richtungen funktionieren, dann haben wir aber auch kein wirkliches Problem damit. Wenn also der Geistesraum im wesentlichen mit dem neurophysioligischem Korrelat gefüllt wird, und eine Rückwirkung auf die neurophysiologischen Vorgänge durch gezielte Quantenzufälle realisiert werden kann, dann passt dies auch auf alle zu beobachteten Fakten.

    „Dann landet man in einem metaphysischen Problem das empirische Wissenschaften prinzipiell nicht lösen können (und zu dem sie auch nichts beitragen können).“

    Wenn man die entsprechenden Wechselwirkungen nachweislich beobachten kann, dann ist hier eben doch ein wissenschaftlicher Beitrag denkbar.

    Dieses widerspricht auch kaum einer Lebenserfahrung, wie Sie sie vermutlich haben, wenn sie eben ganz ohne ontologische Geistesmitwirkung auskommen. Wer hier aber noch mit allem, was mit spirituell umschrieben werden kann, zu tun hat, der braucht dann eben auch ontologische Geisteswelten, die epistemischen Geisteswelten genügen dann nicht.

    Wir haben es offenbar mit verschiedenen Möglichkeiten zu tun, wie man sich selbst und die Welt erleben kann. Damit müssen wir uns in jedem Fall abfinden. Wenn sie alles, was in die ontologische Unmöglichkeit von Geisteswelten nicht passt, ins Reich von Täuschung und Wahnsinn verschieben müssen, dann ist das aus ihrer Sicht folgerichtig. Aus meiner Sicht aber eben nicht.

    Was aber ihre Forschungen nicht uninteressant macht. Wie das Gehirn hier im Detail arbeitet, dass ist in jedem Fall interessant. Und ich verspreche mir gerade in Fortschritten in der Untersuchung der tatsächlichen Physiologie auch Fortschritte in der Erkenntnis von ontologischen Geisteswelten.

    Wir brauchen uns hier drum auch nicht streiten, warten wir einfach noch ein paar Jahrzehnte ab, und gucken, was hier noch zu finden ist. Wenn es keine ontologischen Geisteswelten gibt, wird keiner welche finden können, gibt es aber welche, dann wird man die auch finden können. Pluralismus werden wir immer brauchen, Menschen sind einfach zu verschieden, um sie allgemeingültig fassen zu können.

    Allein Lebenserfahrungen und Selbstkonzepte können grundverschieden sein, dass die Physiologie schon von Grund auf anders aufgebaut sein kann. Die Unterschiede zwischen den individuellen Menschen sind einfach so groß, dass man daran nicht vorbei kommt. Allein der ausgeübte Beruf macht uns schon sehr verschieden. Soziale und kulturelle Einflüsse kommen dann auch noch dazu.

  215. @ Philipp

    Wir bekommen es in den abstrakten Dimensionen nicht beieinander-epistemiolgisch- und das ist konkret ontologisch.

  216. @Tobias Jeckenburger // 25.04.2023, 17:12 r

    » Immerhin hätten wir hier schon mal eine Willensfreiheit, was definitiv ein Fortschritt ist. «

    Das verstehe ich jetzt nicht. Was Philipp geschrieben hat, geht doch in eine völlig andere Richtung. „Willen“ ja, aber „Freiheit“? Wo könnte es bei hirnphysiologischen Prozessen „Freiheit“ im üblich verstandenen Sinne geben?

    Vielleicht kamen Sie deshalb auf die falsche Spur, weil Philipp plötzlich (wohl versehentlich) dualistisch argumentiert hat:

    » Deshalb determinieren uns auch nicht Gehirnprozesse, deren “Resultat” wir dann im Bewusstsein als Epiphänomen erleben würden (Stichwort: es gäbe keinen freien Willen), da es eben diese zwei Seiten nicht gibt: was wir erleben ist der physiologische Prozess selbst.«

    Gehirnprozesse determinieren nicht uns(!), sondern sie determinieren das Verhalten, und zwar bei allen Tieren mit hinreichend komplexem Gehirn. Dazu wurde das Organ schließlich im Laufe der Evolution „erfunden“.

    Man könnte wohl auch mit Recht sagen: Gehirnprozesse determinieren das, was wir als Bewusstsein erleben.

  217. @ Philipp

    …das kommt dabei herum,wenn man in Konsequenz auch Ontologie und Epitemiologie als etwas Getrenntes betrachtet…

    Die Asiaten hatten dafür den Daoismus und die Moderne Komplementarität.

    Wechselwirkung ist das alte neue Stichwort. Wie Humboldt. Herje.

  218. @Balanus 29.04. 12:00

    „Wo könnte es bei hirnphysiologischen Prozessen „Freiheit“ im üblich verstandenen Sinne geben?“

    Ja der Prozess selbst nimmt sich die Freiheit, Probleme zu lösen. Und dann im eigenen Sinne mit gezieltem Verhalten zu versuchen, die Lösungen umzusetzen. Das ist im ganz praktischem Sinne die Freiheit. Die kommt nicht aus dem Nichts, die Freiheit ist Lösungen finden.

    „Gehirnprozesse determinieren nicht uns(!), sondern sie determinieren das Verhalten, und zwar bei allen Tieren mit hinreichend komplexem Gehirn.“

    Eben nicht direkt. Zwischen Wahrnehmung und Verhalten ist hier eben die Intelligenz eines Bewusstseins eingebaut, die entsprechend den Organismus so steuert, dass es ihm besser geht.

    „Man könnte wohl auch mit Recht sagen: Gehirnprozesse determinieren das, was wir als Bewusstsein erleben.“

    Dann ist der Prozess selbst die Geistesfreiheit als Problemlösungsvermögen, das innere Erleben ist dabei notwendig, um diese Problemlösungsfähigkeit zu realisieren.

    Soweit in etwa, wie Philipp das sieht. Bei mir kämen noch der Geistesraum und die Inspiration dazu. Da offenbar viele damit wieder Probleme haben, bzw. dieses für sich nicht als Erklärung benötigen, kann man es m.E. wie Philipp auch sehen. Dass eben der physiologische Prozess selbst bewusst wird.

  219. @ Jeckenburger:

    @Philipp 24:04. 23:57

    Das passt alles wunderbar, wenn es denn tatsächlich keine ontologischen Geisteswelten gibt. Immerhin hätten wir hier schon mal eine Willensfreiheit, was definitiv ein Fortschritt ist. Wenn ich entsprechende Lebenserfahrungen hätte, die keinerlei Hinweise auf wirkliche Geisteswelten beinhalten, würde ich mich damit wohl begnügen.

    In der Philosophie bzw. in einem konzeptuellen Denken gibt es manchmal nur entweder-oder. Entweder wir sind frei oder wir sind determiniert. Entweder A ist wahr oder A ist falsch, etc. Graduelle bzw. quantitative Abstufugen gibt es dann nicht mehr, sondern nur noch kategorial-qualitative Unterschiede. In der Empirie gibt es häufiger nicht nur entweder-oder, sondern feinere Abstufungen.

    Ich würde von Freiheitsgraden statt von einem freien bzw. determinierten Willen sprechen. Sie und ich besitzen beispielsweise mehr Freiheitsgrade in unserem Denken und Verhalten als ein schwerst depressiver Mensch. Somit sind wir auf eine gewisste Art und Weise freier. Ein sehr intelligenter Mensch findet für ein bestimmtes Problem mehr Lösungsmöglichkeiten als ein weniger intelligenter Mensch, somit besitzt er ebenfalls mehr Freiheitsgrade.

    Die Frage ob die ganze Welt determiniert ist (und wir somit ebenfalls) interessiert mich weniger. Das ist (wieder) reine Philosophie. Ich denke dass solche Fragen über uns Menschen hinausgehen. Wir können solche Fragen mit unseren beschränkten kognitiven Fähigkeiten nicht beantworten. Diese Fragen selbst sind wahrscheinlich schon falsch gestellt, womit es auch keine richtigen oder sinnvollen Antworten auf diese Fragen geben kann.

    Genau das ist das Problem. Mit eigenen Erfahrungen, die ontologische Geisteswelten nahelegen, wird es in der Tat zunächst mal komplizierter. Wenn wir aber Verbindungen zwischen Leib und Seele haben, die in beide Richtungen funktionieren, dann haben wir aber auch kein wirkliches Problem damit. Wenn also der Geistesraum im wesentlichen mit dem neurophysioligischem Korrelat gefüllt wird, und eine Rückwirkung auf die neurophysiologischen Vorgänge durch gezielte Quantenzufälle realisiert werden kann, dann passt dies auch auf alle zu beobachteten Fakten.

    Ich würde hier zwischen einem methodologischen und ontologischen Reduktionismus unterscheiden. Wissenschaftlich bin ich quasi ein Reduktionist. Ich versuche Bewusstsein über physiologische Aktivität des Nervensystems zu beschreiben und zu erklären die ich in der Dritten-Person-Perspektive beobachte und analysiere. Wie sollte man es aus Sicht der Neurowissenschaften auch anders machen?

    Aber ein methodologischer Reduktionismus impliziert nicht automatisch einen ontologischen Reduktionismus. Welche theoretischen Schlussfolgerungen man aus den Analysen zieht ist eine andere Frage.

    Ich sage: was wir Erleben ist die wahre Physiologie. Es gibt also keine Identität zwischen zwei Seiten, weil es keine zwei ontologischen Seiten gibt. Ich kann in meinem Erleben sowohl mein Bewusstsein psychologisch als auch neurophysiologisch beschreiben und erklären. Aber beides findet doch “im Bewusstsein” statt (metaphorisch gesprochen), ist also für mich Teil meiner Körperphysiologie.

    Was ist dieser physiologisch-bewusste Prozess dann ontologisch? Für mich eine bestimmte Dynamik des Nervensystems. Das ist dann keine rein philosophische Spekulation mehr, sondern empirisch untermauert. Das sagen die Daten und die aus den Daten stammenden empirschen Analysen. Eine bestimmte Dynamik des Nervensystems korrespondiert mit Bewusstsein. Nicht mehr und nicht weniger.

    Was es sonst noch ist oder sein könnte: ich weiß es nicht und es interessiert mich weniger. Man kann darüber endlos philosophisch spekulieren. Aber ich würde versuchen empirische Analysen mit ontologischen Aussagen der Philosophie zu verbinden. Das ist für mich ein zentraler Unterschied zwischen (1) Neurophilosophie die versucht Empirie mit Philosophie zu verbinden und (2) reiner Philosophie des Geistes die (mitunter) über a priori Spekulation arbeitet.

  220. @ Mussi:

    Sie könne natürlich wie Markus Gabriel und Gabriel Vacariu sagen dass die Trennung zwischen Epistemologie und Ontologie falsch ist und dass es stattdessen nur Sinnfelder (Markus Gabriel) bzw. eigene epistemologische Welten (Gabriel Vacariu) gibt. Beide behaupten dass es “die Welt” gar nicht gibt, die Trennung zwischen Epistemologie und Ontologie sei falsch, und es gäbe nur eigene epistemische Welten.

    Dann kommen Sie aber in andere philosophische Probleme die Sie nicht erklären können. Ich halte an dieser Trennung fest.

  221. @Philipp 29.04. 20:13 / 20:48

    „Das ist für mich ein zentraler Unterschied zwischen (1) Neurophilosophie die versucht Empirie mit Philosophie zu verbinden und (2) reiner Philosophie des Geistes die (mitunter) über a priori Spekulation arbeitet.“

    Ihre Neurophilosophie ist ein durchaus logisches und vernünftiges Vorgehen, und ich finde die Ergebnisse, die das bringt, allemal sehr interessant.

    „Das sagen die Daten und die aus den Daten stammenden empirischen Analysen. Eine bestimmte Dynamik des Nervensystems korrespondiert mit Bewusstsein. Nicht mehr und nicht weniger.“

    Eben das ist beachtlich.

    Mit eigenen spirituellen Erfahrungen will ich dann aber auch darüber hinaus denken. Versuchsweise zumindest. Was soll ich machen, zumal ich mit spirituellen Erfahrungen nun mal auch überhaupt nicht alleine bin.

    Und auch hier kann ich nicht nur an spekulative Philosophie anknüpfen, sondern bin durchaus auf der Suche danach, wie das auch physikalisch und neurophysiologisch eventuell Niederschlag in der Wirklichkeit finden kann.

    „Beide behaupten dass es “die Welt” gar nicht gibt, die Trennung zwischen Epistemologie und Ontologie sei falsch, und es gäbe nur eigene epistemische Welten.“

    Womit ich auch nichts anfangen kann. Alle Erfahrung spricht für eine gemeinsame ontologische Wirklichkeit. Die nur recht verschieden erlebt und verstanden werden kann, aber eben von Subjekten, die sich in derselben Welt bewegen müssen.

    Man kann sich allerdings Phantasiewelten basteln. In der Religion wie in der Psychose, oder auch aus Spaß und nicht ganz ernst gemeint in der Literatur und im Film und in Computerspielen. Zumal sogar Träume von anderen Welten wirklich weiterführen können, indem sie Horizonte erweitern. In diesem Sinne können Mythen auch sinnvoll sein. Besser aber, man ist sich bewusst, was jetzt noch Wirklichkeit sein kann.

  222. @Tobias Jeckenburger // 29.04.2023, 14:14

    » Ja der Prozess selbst nimmt sich die Freiheit, Probleme zu lösen. «

    Das hat aber, meinem Verständnis nach, nichts mit der sogenannten „Willensfreiheit“ zu tun, wie sie z.B. in der christlichen Theologie vertreten wird und die Stephan Schleim in seinem neuen Buch thematisiert. Die Freiheit, bestimmte (einfache) Probleme lösen zu können, finden wir schon bei der Amöbe oder beim Schleimpilz.

    Auch die von Philipp ins Feld angeführten „Freiheitsgrade“ besagen ja nur, dass es mehr oder weniger Beschränkungen gibt bei den Gehirnprozessen, was die optimale Funktion beim Lösen von Problemen angeht.

    Schlussendlich wird es wohl auf die Formel hinauslaufen: „Die Gedanken sind frei“. Aber darum geht es bei der Willensfreiheitsdebatte gerade nicht, wie oben erläuert.

    Und wenn Sie mir entgegen, dass Gehirnprozesse unser Verhalten nicht „direkt“ determinieren, sondern dass (sinngemäß) das „Bewusstsein“ dabei eine steuernde Rolle spielt, dann sind wir wieder bei den bekannten dualistischen Vorstellungen.

    Dann sind auch Ihre „spirituellen Erfahrungen“ keine physiologischen Gehirnprozesse, wie es die Hirnforschung nahelegt, sondern eben reale Erfahrungen aus einer anderen Wirklichkeit, die halt nur einem Teil der Menschheit zugänglich sind.

    » Mit eigenen spirituellen Erfahrungen will ich dann aber auch darüber hinaus denken. Versuchsweise zumindest. Was soll ich machen, […]«

    Eben, allem Anschein nach können Sie nicht frei darüber entscheiden, wie Sie mit Ihren subjektiven Erfahrungen umgehen wollen.

    (Und ich kann nicht einfach so zum Dualismus konvertieren… 😉 )

  223. @Philipp / 29.04.2023, 20:13

    » Die Frage ob die ganze Welt determiniert ist (und wir somit ebenfalls) interessiert mich weniger. Das ist (wieder) reine Philosophie. «

    Aber gehen die empirischen Wissenschaften denn nicht grundsätzlich von einer durchgängigen Determination aus?

    Die bekannten Gesetzmäßigkeiten der Physik und Chemie sollen doch wohl überall gelten, bei uns Menschen ebenso wie am Rande des Universums. Wobei sich diese Gesetzmäßigkeiten selbstredend auch als Wahrscheinlichkeits- und Unbestimmtheitsbeziehungen ausdrücken können.

    So ganz ohne philosophisches Grundgerüst kommt man wohl auch als Empiriker nicht aus.

  224. @Balanus

    Sollen ist kein Bestandteil von Naturwissenschaften. Es wurde bisher einfach kein Bereich entdeckt wo die bisher entdeckten Gesetzmäßigkeiten (Physik, Chemie, und all ihre Ableitungen) nicht gelten. Das sagt nichts über zukünftige Entwicklungen aus oder über absolute Aussagen aus.

  225. @ Philipp

    Konkret: Elektromagnetismus (fundamentale Grundkraft oder auch Wechselwirkung) ist die Entität im Hirn.
    Sie ist aber gleichzeitig das Äquvalent zu Materie,also dem Aufbau unseres Körpers.

    Es ist also die Frage,wie Sie z.B. Körper und Geist aufbauen. Wenn Sie den Aufbau des Körpers beim Atom anfangen,ohne den Aufbau des Atoms zu berücksichtigen,dann landen Sie unweigerlich immer wieder im Dualismus. Wenn Sie aber den Elektromagnetismus als ‘unten und oben’ verstehen, also über den EM Geist= Materie/Körper verstehen,dann stellt sich auch der Zusammenhang zwischen Epistemiologie und Ontologie neu.

  226. @ Philipp

    Konkretion II:

    Wenn wir uns denn mal bei den drei unterschiedlichen Worten zu einer grundlegenden physikalischen Entität einigen,dann schlage ich Wechselwirkung vor.

    Dann gibt es auch eine Wechselwirkung bei Mut-Angst. Diese kennt jeder mehr oder weniger. Das ist ein komplementäres Verhältnis.

    Komplementarität/Wechselwirkung wäre dann nicht nur auf körperlichen Ebene gültig,sondern auch geistig.

    Es bleibt,dass wir Bedeutung sowohl spüren,fühlen als auch bewusst machen können,aber nicht wissen,wie das funktioniert.

  227. @ Philipp

    Konkretion III:

    Die westliche Philosophie und Ideengeschichte,das Suchen danach, ist auf EINDEUTIGKEIT gepolt und geeicht.
    Was ist aber mit Zweideutig- und Mehrdeutigkeit?

  228. @Balanus 30.04. 20:57 / 01.05. 11:37

    „Die Freiheit, bestimmte (einfache) Probleme lösen zu können, finden wir schon bei der Amöbe oder beim Schleimpilz.“

    Was dann die Freiheit der Amöbe ist. Die Labormaus hat schon sehr viel mehr Spielraum, wir Menschen dann richtig viel davon.

    „Und wenn Sie mir entgegen, dass Gehirnprozesse unser Verhalten nicht „direkt“ determinieren, sondern dass (sinngemäß) das „Bewusstsein“ dabei eine steuernde Rolle spielt, dann sind wir wieder bei den bekannten dualistischen Vorstellungen.“

    Auch wenn epistemisch von innen gesehenes Bewusstsein nichts als der physiologische Prozess selbst ist, ist dies eben steuernd tätig, sozusagen der zentrale Prozess der Willensbildung. Nicht ohne Grundlage im kompletten Nervensystem und Organismus, aber eben im eigenen Sinne stets dabei, alles so zu bewegen, wie es uns selbst als optimal erscheint. Wie kann Freiheit mehr sein?

    „Eben, allem Anschein nach können Sie nicht frei darüber entscheiden, wie Sie mit Ihren subjektiven Erfahrungen umgehen wollen.“

    Ich kann nicht entscheiden, welchen Erfahrungen ich habe. Aber in ihrer Bewertung und Integration haben ich alle Freiheitsgrade, die irgend möglich sind.

    „Wobei sich diese Gesetzmäßigkeiten selbstredend auch als Wahrscheinlichkeits- und Unbestimmtheitsbeziehungen ausdrücken können.“

    Wenn ich bei schlechten Lichtbedingungen mehre Digitalfotos vom selben Motiv mache, wird jedes Foto von einem individuellem Pixelrauschen unterlegt, dass auf jedem Einzelbild völlig anders ausfällt, und sich dem immer gleichen Motiv überlagert. Das Zufallsrauschen, dass die Quantenwelt der Wirklichkeit aufprägt, wirkt sich auch auf die Biochemie aus, und sorgt für eine grundsätzliche Variabilität, die jeder Determination mehr oder weniger ihre Grenzen setzt.

    Eine Determination tritt überall da auf, wo sich das Quantenrauschen herausmitteln kann. Wenn etwa die Leitungsbahnen in Mikrochips breit genug sind, dann laufen die Prozesse störungsfrei und die Programme laufen penibel nach Plan ab. Macht man die Strukturen allerdings so klein, dass hier das Quantenrauschen vereinzelt die verarbeiteten Daten verändern kann, dann hat man ein Problem. Will man dennoch mit so kleinen Strukturen arbeiten, dann muss man diese Störungen irgendwie auffangen und in die Prozesse integrieren. Vermutlich ist dies bei biologischen Nervensystemen tatsächlich die Regel.

    Inmitten von innerem und äußeren Chaos sucht man halt stets das persönliche Optimum. Das ist jetzt festgelegt, und doch ist es alles, was man Freiheit nennen kann. Leben in diesem eigenen Sinne findet meistens lebenswerte Bedingungen, was will man mehr? Und es schließt nicht mal Gemeinsinn aus, gemeinsam geht eben sehr viel mehr als alleine.

  229. @ Philipp

    Konkretion IV:

    Alltagsexperiment: führen Sie mal den Sukzessivkontrast an sich selbst vor und übertragen es auf Mut-Angst.

    Für mich ergibt sich daraus die Grundfunktion des Sein. Das ist was. Erlebbar und erlebt.

    Wie analysieren und sehen Sie es?

    Libet ist lediglich die Frage nach dem ursächlichen Impuls.

  230. Libet, 40 Jahre und kein Ende.
    Im Kopf sind drei aktiv : Das Gehirn, darüber das Ich, der Wille und darüber das Überhirn, das ist für unser Leben, unsere Gesundheit und unser Glück zuständig. Wenn Herr Libet eine Anweisung aussprach, konnte sie sein Überhirn zeitgleich um die Welt schicken, also kam sie im Überhirn des Probanden auch zeitgleich an, die Verzögerung entstand bei der Vermittlung an das Gehirn., das dauert eben etwas. Das Gehirn ist ein Arbeiter, es bedient die Anlagen im Kopf auf Anweisung des Überhirns, von sich aus macht es absolut gar nichts. und der Wille hat einen festen Platz im Kopf über dem Gehirn und das schon solange es Leben gibt.
    Das erlebt doch jeder selbst, wenn etwas herunterfällt greift die Hand sofort danach. Das Überhirn gibt den Auftrag, es aufzufangen am Gehirn vorbei gleich in die Hand, über das Gehirn käme der Griff zu spät.
    Im Netz ist ein schönes Beispiel zu finden : Arbeitskreis Origenes, Ricardo Ojeda-Vera. Da sieht man, was das Überhirn leistet, das Gehirn wird nicht gebraucht. Man muss aber wissen, was im Kopf los ist.

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