Neue Polizeistatistik: Mehr Jugendkriminalität. Was soll die Gesellschaft tun?

Die Kinder- und Jugendkriminalität nahm zum zweiten Mal in Folge zu. Ob härtere Strafen oder eine Herabsetzung des Mindestalters der Strafmündigkeit eine gute Lösung wären, erfahren Sie hier.
Wie jedes Jahr zwischen Ende März und Mitte April wurde heute wieder die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) fürs Vorjahr vorgestellt. Dafür schicken die Landeskriminalämter die Daten zu den bei der Polizei angezeigten Straftaten ans BKA, das daraus den Bericht fürs ganze Bundesgebiet erstellt. Das Bundesministerium des Innern übernimmt dann die Veröffentlichung. Die Presse schaut gebannt.
Es geht jetzt also um die Zahlen für 2024. Das ist, wohlgemerkt, seit 2019 das erste Gesamtjahr ohne Coronamaßnahmen, die zum Teil bis zum 7. April 2023 bestanden. Das ist relevant, weil die Jahresstatistiken allein nicht sehr aussagekräftig sind. Die Bevölkerung will vor allem wissen: Nehmen Straftaten zu oder ab?
Trendumkehr
In der Coronapandemie war die Mobilität stark eingeschränkt. Teils verlagerte Kriminalität sich dadurch mehr in den häuslichen und Online-Bereich. Insgesamt wurden von der Polizei aber weniger Anzeigen erfasst. Der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer freute sich: Die Zahlen waren auf dem niedrigsten Stand seit 1993, “über eine Million weniger erfasste Straftaten als noch vor fünf Jahren!”
Ähnliches berichtete ein Jahr später Seehofers Nachfolgerin Nancy Faeser: 2021 war die Anzahl der Anzeigen um weitere 5 Prozent gesunken, insbesondere bei Gewaltkriminalität, Diebstählen und Wohnungseinbrüchen. Demgegenüber war aber die Online-Kriminalität um 12 Prozent gestiegen.
Doch schon 2022 kam es mit der Rücknahme von Einschränkungen wieder zu mehr Straftaten. Was zuvor stark gefallen war, nahm nun wieder zu: Diebstähle, Raubdelikte und Körperverletzungen. Man sprach hier von “Nachholeffekten nach Corona-Beschränkungen”.
Steigende Jugendkriminalität
Ein ähnliches Bild zeigte sich 2023: Ein weiterer Anstieg um 5,5 Prozent. Doch während Kinder und Jugendliche 2022 noch als Opfer von Missbrauchsdarstellungen genannt wurden, standen sie bei der Veröffentlichung des Berichts ein Jahr später auf der Täterseite. Bei Jugendlichen habe es 9,5 Prozent und bei Kindern gar 12 Prozent mehr Tatverdächtige gegeben als noch im Vorjahr.
Diese Aussage gibt uns auch die Gelegenheit, die Statistik besser zu verstehen: Erfasst werden nur die polizeilichen Anzeigen, keine Verurteilungen. Zu wie vielen Verurteilungen es kommt, was im Rechtsstaat – im Zweifel für den Angeklagten – den Beweis einer Schuld erbringt, zeigt die PKS nicht. Ebenso fehlen bei der Polizei nicht bekannt gewordene Fälle.
Zur Kriminalität gibt es keine perfekte Statistik. Ein Anstieg kann sich auch durch veränderte Definitionen ergeben, wie in jüngerer Zeit zum Beispiel bei den Sexualstraftaten oder Straftaten gegen Vollstreckungsbeamte. Oder er kann schlicht an einer intensiveren Suche durch die Polizeibeamten liegen, wenn bestimmte Themen in die Aufmerksamkeit der Behörden rücken.
Umgekehrt können Straftatbestände auch aufgegeben werden, wie es durch die neuen Cannabisgesetze der Fall ist. Dadurch verschwinden diese auch aus der Statistik.
Dennoch war der Anstieg bei Kindern und Jugendlichen 2023 auffällig. Er wurde mit den psychosozialen Belastungen für diese Altersgruppen während der Pandemie erklärt. Ministerin Faeser kommentierte: “Wie massiv Kinder und Jugendliche in der Pandemie gelitten haben und welche sozialen Verwerfungen … das nach sich gezogen hat – das muss aus meiner Sicht zu dieser umfassenden Evaluierung der Corona-Maßnahmen dazu gehören, die jetzt erfolgt.”
Null Toleranz?
Doch schon vor den Bundestagswahlen zeichnete sich eine andere Tendenz ab: Die Herabsenkung des Alters für die Strafmündigkeit unter die heutigen 14 Jahre stand im Raum. Dabei spielte die Vergewaltigung einer 18-Jährigen durch mehrere zwölf- bis 14-jährige Jungen in Mülheim an der Ruhr im Jahr 2019 eine Rolle. Die Ermittlungen gegen zwei Zwölfjährige wurden wegen der fehlenden Strafmündigkeit eingestellt; der Rest bekam Jugendstrafen.
Auch nach der Tötung einer zwölfjährigen Schülerin im nordrhein-westfälischen Freudenberg durch strafunmündige Klassenkameradinnen im März 2023 kam die Forderung nach einer Herabsetzung der Altersgrenze wieder auf. Nach solchen schweren Verbrechen und Meldungen über steigende Straftaten profilieren sich insbesondere Rechts- und Sicherheitspolitiker mit “Null Toleranz!”-Rufen.
Strafen haben aber mehrere Funktionen: Erstens sollen sie mit ihrer Abschreckungswirkung Taten verhindern. Zweitens sollen sie den durch die Tat am Opfer und der Rechtsordnung entstandenen Schaden wiedergutmachen. Hierin äußert sich am ehesten das alte menschliche Bedürfnis nach Vergeltung, doch im Verhältnis zur Schwere der Tat und nach einem fairen rechtsstaatlichen Verfahren.
Drittens geht es – insbesondere bei schweren Verbrechen – darum, die Gesellschaft dadurch sicherer zu machen, dass der Täter für einen bestimmten Zeitraum weggesperrt wird. Dabei verlangt es aber die europäische Tradition der Menschenrechte, dass der- oder diejenige zumindest eine minimale Aussicht auf Freiheit hat. Darum gibt es in Deutschland selbst bei einer “lebenslangen” Haftstrafe mitunter nach 15 Jahren die Möglichkeit einer Freilassung auf Bewährung.
Und viertens schließlich sollen auch Angebote zur Resozialisierung gemacht werden. Das ist nicht nur ein Ausdruck von Menschlichkeit, sondern soll auch Wiederholungstaten vorbeugen. Ich werde gleich darauf eingehen, warum dieser Aspekt bei Kindern und Jugendlichen von besonderer Bedeutung ist.
Altersgrenzen
Manche Länder ziehen die Altersgrenze für die Strafmündigkeit niedriger – oder auch höher. Und auch in Deutschland lag sie nicht immer bei 14 Jahren. Bei Gründung des Deutschen Kaiserreichs wurde 1871 die gerade erst im Norddeutschen Bund festgelegte Grenze von zwölf Jahren übernommen.
Im 20. Jahrhundert wurde – wie ich in meinem neuen Buch über Gehirnentwicklung und Recht (gratis Download) näher ausführe – der rechtliche Sonderstatus von Kindern und Jugendlichen stärker ausgeprägt. Das hatte viel mit der Ausdehnung der Schulpflicht zu tun. Damit einhergehend wurde die Altersgrenze für die Strafmündigkeit 1923, also in der Weimarer Republik, auf 14 Jahre angehoben.
Das schränkten die Nationalsozialisten später wieder ein: Erst 1939, indem Jugendliche schon ab 16 Jahren den Erwachsenen gleichgestellt und damit härter bestraft werden konnten, wenn ihre Entwicklung und die Umstände der Tat das zuließen. Nach einer weiteren Verschärfung 1943 war das schon ab 14 Jahren möglich. Außerdem wurde die Strafmündigkeit auf zwölf herabgesetzt, wenn “der Schutz des Volkes” das wegen der schwere einer Tat erfordere.
Heute empfiehlt die UN-Konvention für Kinderrechte, dass die Altersgrenze nicht unter zwölf Jahren liegen sollte. Die meisten Länder haben sie demnach auf 14 Jahre festgelegt. Aufgrund der anhaltenden psychologischen und neurobiologischen Entwicklung sollten die Länder gar eine Anhebung auf 15 oder 16 Jahre prüfen. Im Kommentar des UN-Komitees für Kinderrechte vom 18. September 2019 heißt es:
“Dokumentierte Erkenntnisse zur Kindesentwicklung und aus den Neurowissenschaften deuten darauf hin, dass sich die Reife und die Fähigkeit zum abstrakten Denken bei Kindern im Alter von zwölf bis 13 Jahren aufgrund des noch wachsenden Frontallappens des Gehirns noch in der Entwicklung befinden. Daher ist es unwahrscheinlich, dass sie die Auswirkungen ihrer Handlungen verstehen oder ein Strafverfahren begreifen. […] Darüber hinaus deuten entwicklungs- und neurowissenschaftliche Erkenntnisse darauf hin, dass sich das Gehirn von Jugendlichen auch nach der Pubertät weiter entwickelt, was sich auf bestimmte Entscheidungen auswirkt. Der Ausschuss lobt daher Vertragsstaaten, die ein höheres Mindestalter festlegen, beispielsweise 15 oder 16 Jahre, und fordert die Vertragsstaaten dringend auf, das Mindestalter für die Strafmündigkeit gemäß Artikel 41 des Übereinkommens unter keinen Umständen zu senken.” (UN-Kommentar vom 18. September 2019, Absatz 22)
Entwicklung und Grenzen
Ich beschäftige mich in meiner Forschung seit Jahren mit solchen Argumenten, insbesondere mit Blick auf die Unterscheidung von Jugendlichen und Erwachsenen. Wie im neuen Buch ausführlicher erklärt wird, kennt die Neurobiologie nur fließende Übergänge und keine harten Altersgrenzen, wie Gesellschaft und Recht sie sich wünschen. In der Diskussion um die mögliche Absenkung der Strafmündigkeit geht es nun um die Altersgrenze am anderen Ende: Ab wann sollen Kinder den Jugendlichen rechtlich gleichgestellt werden?
Die Antwort ist kompliziert. Die zitierten UN-Experten machen es sich hier meiner Meinung nach aber zu leicht. Neurobiologisch ist die Entwicklung im Alter von zwölf Jahren schon sehr weit fortgeschritten, wie in Kapitel 2 meines Buchs nachvollzogen werden kann. Insbesondere sieht man auf dieser Abbildung die Ergebnisse neuester struktureller Untersuchungen des Gehirns.
Demnach ist die für die Hirnfunktionen zentrale graue Substanz bei zwölf Jahren schon sehr ausgeprägt – und zieht sich die Entwicklung der weißen Substanz, also insbesondere der Vernetzung verschiedener Gehirnareale miteinander, bis weit in die 20er. Wichtig ist aber auch die Feststellung, dass das am Ende nur noch eher kleine Unterschiede sind. Und davon abgesehen gilt sowieso, dass jeder Mensch einzigartig ist und darum auch eine individuelle körperliche und psychische Entwicklung hat.
Relevanz von Unterschieden
Meinem Ergebnis nach ist es problematisch, wenn einige Psychologen, Psychiater und Hirnforscher jetzt meinen, der Gesellschaft strafrechtliche Normen diktieren zu können. Bei entsprechenden Tests und Vergleichen lassen sich im Prinzip immer irgendwelche Unterschiede zwischen verschiedenen Gruppen feststellen. Doch was diese normativ bedeuten, ist eine ganz andere Frage.
Dabei besteht die Gefahr, dass Fachleute, wie es meiner Meinung nach hier auch bei dem UN-Kommentar passierte, aus einem vermeintlich liberalen Impetus und zum Schutz einer bestimmten Gruppe für eine Anhebung von Altersgrenzen plädieren. Dem steht aber gegenüber, dass diese (vermeintlich) schützenswerten Gruppen mitunter in der Lage sind, erheblichen Schaden für Leib und Leben anzurichten. Die beiden extremen Fälle aus jüngerer Zeit habe ich oben genannt.
Ein Problem ist, dass ein Großteil der Kinder- und Jugendkriminalität impulsiv, spontan aus der Situation und in einer Gruppe entsteht. Unter diesen Umständen sind Menschen und insbesondere Jugendliche eher weniger durch Normen ansprechbar. Das bedeutet auch, dass die häufig von Sicherheitspolitikern geforderte Strafverschärfung hier weniger wirkt: In so einer Konstellation wägen die Täter kaum oder gar nicht ab, ob der Angriff gegenüber einer Strafandrohung von ein, zwei, drei oder mehr Jahren es wert ist. Er oder sie schlägt einfach zu – oder zieht ein Messer und sticht zu.
Folgen und ihre Abwägung
Ich denke, dass es aus wissenschaftlicher Sicht keinen schlagenden Beweis dafür gibt, Zwölf- oder 13-Jährige prinzipiell nicht strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Es wäre aber wichtig, hier den Gerichten genug Spielraum für eine individuelle Abwägung der Umstände der Person sowie auch der Tat zu lassen. Außerdem sollte man in der öffentlichen Diskussion die familienrechtlichen Möglichkeiten bei fehlender Strafmündigkeit stärker herausstellen.
Die Entscheidung im Einzelfall ist schon bei der Grenze zwischen Jugendlichen und Erwachsenen schwierig. Hier stehen immerhin “objektive” Daten darüber zur Verfügung, wie selbstständig jemand lebt, über das Pflegen von Beziehungen zu Menschen und das Funktionieren in sozialen Institutionen. Bei Zwölf- und 13-Jährigen steht aber der Blick auf die Täter und ihre Familien im Vordergrund, die an solchen Untersuchungen nicht mitwirken müssen – und in der Sache natürlich nicht neutral sind.
Wer eine niedrigere Grenze für die Strafmündigkeit und/oder höhere Strafen für junge Straftäterinnen und Täter fordert, sollte über die Folgen nachdenken: Schwere strafrechtliche Maßnahmen lassen sich zwar gut in den Medien “verkaufen” und mögen die tatsächliche oder auch nur angenommene öffentliche Meinung schnell befriedigen.
Gefängnisse sind aber nicht gerade die Umgebungen, in denen Menschen aufblühen und gedeihen. Das heißt, wer dort wegen eines impulsiven Fehltritts für einige Jahre festsitzt, knüpft im Gefängnis womöglich erst die nötigen Kontakte und lernt die besten Tricks für eine professionelle kriminelle Karriere. Davon abgesehen, dass auch Gefängnisstrafen mit (hohen) fünfstelligen jährlichen Kosten pro Person einhergehen, ist der langfristige Schaden bei fehlender Resozialisierung am Ende noch sehr viel höher.
Schadensbegrenzung
Wer also in einer sicheren Gesellschaft leben will, sollte Straftaten besser vorbeugen. Bis auf Weiteres sind sie in der jungen Altersgruppe eher selten: Im Jahr 2024 ging es nach den brandneuen Zahlen um 13.755 erfasste Fälle von Gewaltkriminalität von Kindern, ein plus von 11 Prozent, und 31.383 bei Jugendlichen, plus 4 Prozent. Wohlgemerkt, in der PKS für das Jahr sind insgesamt 5,8 Millionen angezeigte Straftaten erfasst.
Dass die Gesamtzahl der Straftaten abnahm, lag übrigens zum Großteil an der Abschaffung von Delikten zum Cannabisbesitz. In diesem Sinne war die Gesetzesinitiative erfolgreich. Wieso sollte man Bürger auch für das Vorhalten einer natürlichen Heil- und Genusspflanze strafrechtlich verurteilen?
Übrigens findet der größte Teil der “jungen” Kriminalität – das gilt für viele, wenn nicht alle westlichen Länder – im Alter von 14 bis 20 seinen Höhepunkt. Bei den meisten Täterinnen und Tätern verschwindet er dann wieder von selbst. Darum sollen Polizei und Justiz diese Taten natürlich nicht ignorieren. Die Gesellschaft hat aber auch ein Interesse daran, die Probleme nicht unnötig zu vergrößern, insbesondere bei sich noch in der Entwicklung befindlichen Personen.
Der Preis sozialer Härte
Auch von der Bundesinnenministerin wurden psychosoziale Härten, insbesondere durch und nach der Coronapandemie, zur Erklärung der steigenden Jugendkriminalität angeführt. Das weist darauf hin, dass funktionierende Schulen sowie soziale Kinder- und Jugendarbeit zur Verbesserung der Situation beitragen können. Wenn nun beispielsweise wegen der militärischen Aufrüstung nach außen die soziale Förderung nach innen gekürzt wird, dürften sich solche Probleme eher vergrößern.
Gleiches gilt für die zurzeit bei den Sondierungsgesprächen von CDU und SPD diskutierte Kürzung in der allgemeinen Sozialarbeit und Suchthilfe: Je schlechter es Drogenabhängigen und anderen Randgruppen geht, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihre Bedürfnisse mit kriminellen Mitteln befriedigen. Strafen kommen immer erst nach den Taten – und kosten, wie gesagt, in der Summe auch viel Geld.
Nicht zuletzt sei daran erinnert, dass das Argument der Gehirnentwicklung von konservativer Seite gerade erst bei der Cannabisgesetzgebung eingebracht wurde: Da wollten sie die Lockerungen bis weit in die 20er herausschieben. Dann ist es aber nicht konsequent, die Menschen am anderen Ende immer früher zur Verantwortung zu ziehen.
Schlussfolgerung
In der Summe: Der Gesetzgeber kann die Strafmündigkeit zum Beispiel auf zwölf Jahre herabsetzen. Andere Länder haben auch niedrigere Altersgrenzen. Unschön wäre dabei die gegenteilige Position der UN zu Kinderrechten – und für Deutschland insbesondere die Rückkehr zu zuletzt in den 1940ern von den Nationalsozialisten verwendeten Altersgrenzen.
Ein Umweg übers Familienrecht mit pädagogisch fundierten Zwangsmaßnahmen für straffällige Kinder wäre vielleicht ein besserer Zwischenweg. Bei Familiengerichten darf man wohl mehr Feingefühl für die Entwicklung von Kindern erwarten, natürlich informiert durch psychosoziale Gutachten, als bei den Strafgerichten. Darüber sollte dann auch die Gesellschaft besser informiert werden, um den Eindruck zu verhindern, gewalttätige Zwölf- oder 13-Jährige kämen selbst bei schweren Verbrechen ungeschoren davon.
Härtere Strafen dürften hier aber kaum der Abschreckung dienen. Schließlich geht es oft um spontane, impulsive Taten in Gruppen. Im Endeffekt würden sie vor allem die Haftanstalten füllen, wo es heute schon Personal-, Platz- und Geldmangel gibt, und Lebenswege langfristig auf eine kriminelle Schiene bringen. So würden sie die Gesellschaft langfristig unsicherer machen und viel teurer zu stehen kommen.
In eigener Sache: Ich bekam eigentlich eine Anfrage für ein Fernsehinterview zu diesem Thema. Weil mir bei diesen sensiblen Fragen die Nuancen wichtig sind, schrieb ich dazu lieber einen Text.
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Wir sind nicht weiser als die Generationen vor uns, wir sind reicher. Der globale Staat hat Europa eine Zeitlang zu Adel gemacht, die Leibeigenen hatten wir outgesourct. Wenn das Amerikanische Imperium in kleinere Staaten zerfällt und wir wieder alle Gesellschaftsschichten in Europa unterbringen müssen, kehren auch die alten Probleme einer hierarchischen Ordnung zurück, in der wir nicht mehr so tun können, als wären die Probleme der unteren Kasten Drittwelt-Probleme.
Wir brauchen mehr Billiglöhner und mehr Kanonenfutter, und, wie z.B. die USA zeigen, wird beides bevorzugt im Slum hergestellt: Durch Armut und Brutalisierung entstehen verstärkt Menschen, die nur für beides taugen, denen Aufstiegschancen einerseits aufgrund ihrer Sozialisierung versperrt sind, andererseits der Tatsache, dass die höheren Schichten sich aus Selbstschutz pauschal gegen Menschen ihrer sozialen Herkunft sperren und sie in Gettos isolieren, worauf diese mit Trotz und Gewalt reagieren und erst recht Gründe für diese Isolierung liefern. Wenn ich solche Bandwurmsätze lese, möchte ich mir eine knallen, Sie auch?
Wenn man verstärkt Billiglöhner und Kanonenfutter braucht, liegt das daran, dass man die Wirtschaft versoffen und verzockt hat und das Zuckerbrot nur noch für die Oberschicht reicht. Da entstehen Slums von ganz alleine, so wie der Sachzwang, mehr mit der Peitsche zu walten als mit Zuckerbrot. Die Demokratie und Meinungsfreiheit müssen eingeschränkt werden, dadurch steigt das Potenzial zum Machtmissbrauch, da die legalen Geschäfte nicht mehr so viel Profit einbringen, widmet sich auch die Oberschicht verstärkt Verteilungskämpfen und Korruption, wodurch die Ungerechtigkeit und der Machtmissbrauch steigen, die Bevölkerung wütend machen, was wiederum mehr Peitsche heraufbeschwört, was wiederum zur Diktatur führt, und die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass man Kanonenfutter braucht, um die Aggressionen in Kriegen zu entladen und die Unzufriedenen zu entsorgen.
Es ist einfacher, Berlin niederzubrennen, als die Kriminalität in Berlin zu bekämpfen – Demokratie und Individualismus, auch individuelle Fallbetreuung von Jugendlichen, sind eine Ressourcenfrage, man muss sich viel Personal und sonstige Ausrüstung leisten können. Je mehr die Ressourcen schwinden, desto mehr muss sich der Mensch den Maßnahmen anpassen, statt die Maßnahmen den Menschen. Die Menschen werden in enge Kasten gepresst und haben sich uniform zu verhalten, damit die Maßnahmen, die man für ihr Management braucht, auch Erfolg haben. Wer nicht passt, bekommt keinen Individual-Betreuer, der sich in jeden einfühlen kann, sondern einen Universal-Henker, der alle Fälle am Fließband gleich verarbeitet.
Kurzum, das große Problem der heutigen Jugend ist der große Mangel an Verhaltensauffälligkeiten in der Gesamtgesellschaft. Wir verhalten uns alle völlig normal, genau wie alle anderen Menschen der Weltgeschichte in vergleichbarer Lage, und das führt – nach westlichen Maßstäben – in die Katastrophe. Die Normalität der Weltgeschichte ist ja die Katastrophe. Dank der Maschinen könnten wir es heute anders probieren, eine Welt ohne Leibeigene, ohne Sklaven anstreben, deren Arbeit, welche der Terminator noch nicht machen kann, unter uns aufteilen, sodass wir viel Freizeit hätten, Adel zu spielen, Privilegien wie Menschenrechte und Individualismus genießen, auch sehr viel Personal mit durchfüttern könnten, dessen Aufgabe es einzig und allein wäre, einander die Seele zu massieren und glücklich zu machen. Wir waren schon auf dem besten Wege dorthin – aber das Wirtschaftssystem macht nicht mit, es ist zu ineffizient und verschwenderisch, und auch das politische System hackt – es basiert auf der Unterdrückung der Armen durch die Reichen, sodass die Armen nicht reich werden können, ohne die Gelegenheit zur Rebellion zu nützen und das System zu sprengen.
Europa ist dazu noch ein Altenheim, und die Politik befindet sich in einem sehr fortgeschrittenen Stadium der Demenz, in dem sie nur noch sinnloses Lallen produzieren kann. Die Jungen werden von der Masse der Alten erdrückt, ohne dass die Alten es wollen, wie Benjamin Blümchen, der sich aus Versehen auf eine Maus setzt – es ist nicht böswillig, die Alten sind nur müde, sie machen nur den Fehler, das ganze Land zum Altenheim zu machen, statt sich darin Rückzugsorte einzurichten. Im Grunde erwartet man von den Jungen, dass sie uns Alte bis zu unserem Tode pflegen, füttern, verteidigen, damit wir friedlich in unseren Bettchen sterben können, danach sollen sie sich und den kümmerlichen Rest vom Erbe mit Benzin übergießen und anzünden, damit er nicht den Migranten in die Hände fällt.
Natürlich werden die Kids da rabiat. Was sollen sie tun? Sie sind Flüchtlinge im eigenen Land, eine weitere Migranten-Gruppe, die die ganze Baumwolle pflücken soll, während die Arische Herrenrasse den ganzen Tag im Schweiße ihres Angesichts in den Schaukelstuhl furzt, sich selbst toll findet und über die Faulheit der Sklaven schimpft.
Manche werden von Islamisten aufgefangen, andere von Rechtsradikalen, alle lockt ein Gelobtes Land in Vergangenheit und Zukunft, das mit dem Fleischwolf, in dem sie leben, nichts zu tun hat.
Und diese Last wir von den Schneeflöckchen-Eltern ihren zu noch perfekterer Empfindsamkeit geschliffenen Schneeflöckchen-Kinderschar aufgedrückt. Wir sind ja immer noch schweinereich und pflegen und hegen und streicheln einander bis zum Gehtnichtmehr, was ja schön ist, wenn alle Nerven blank liegen dürfen, um feiner genießen zu können, aber verflucht schlecht, wenn man Hornhaut braucht (schön wäre es, seine Haut je nach Situation an- und ausziehen zu können wie eine Ritterrüstung, dann wäre man für das Gute und Schlechte im Leben bestens gerüstet). Wir sind ganz oben auf der Achterbahn, doch rasen mit Vollgas nach unten, und in diesem Moment des absoluten Widerspruchs verbringen die Kids ihr Leben: Reich und allmächtig, und doch ohnmächtig und verdammt. Generation Falling Angels.
Was tun? Wie behandle ich eine steigende Zahl gestresster Kids mit schrumpfenden Ressourcen, in einer Welt, die auf einen Krieg aus ist, der nur dazu da ist, die Welt, in der sie aufwachsen, in Flammen aufgehen zu lassen, um Platz für eine neue zu machen? In solchen Fällen weiß ich nur, wie man anfängt: Nichts über einen ohne einen. Ich knalle den Sachverhalt den Kids auf den Tisch, danach können sie ihren Senf dazu abgeben, danach sehen wir, was sich damit machen lässt.
@Paul S: Haben Sie noch eine Kurzfassung für mich? Das wäre sehr freundlich.
Zum weiteren Kontext noch diese aktuelle Mitteilung von Legal Tribute Online (LTO), die freundlicherweise meinen Blog zitiert:
Gewaltdelikte auf neuem Höchststand
Sicher, jeder Mensch ist ein Unikat/Unikum in seinem Sein und seiner Entwicklung und wir können zudem nicht feststellen, welchen Einfluss die jeweilige zeitliche/zeitgeschichtliche und familiäre/gesellschaftliche Umgebung auf das Individuum hat. Insofern ist der Bezug auf historische Altersgrenzen informell, aber keine Handlungsanforderung. Die Statistik hilft auch nicht im Einzelfall.
Es bleibt festzustellen:
Eine Person tut etwas, was ‘wir’ nicht gutheißen wollen und ‘wir’ wollen erreichen, dass das im Maximum keine Nachahmer/auch-so-Macher findet und als Minimum, dass besagte Person das nicht noch einmal tut.
Meine Schlussfolgerung:
Unabhängig davon, in welche Stufe der Gehirnreifung ein Täter einsortiert wird, brauchten wir auf die jeweiligen Stufen ( x-Achse ) und die emotionale Umgebung ( y-Achse ) abgestimmte Maßnahmen ( z-Achse ).
Und Ihre Schlussfolgerung?
@Mayer: drei Achsen
Die Pointe dieser Abbildung hier im Buch ist ja, dass es keine “Stufen der Gehirnentwicklung” gibt, jedenfalls nicht in einem starken Sinne, sondern nur ein Kontinuum der Entwicklung.
Dann bleibt von Ihrem Kommentar, dass jeder Mensch eine individuelle Umgebung hat – ich würde hier deren emotionale und kognitive Eigenschaften zusammen sehen – und es dazu eine individuell passende Lösung geben sollte. Da kann man ja nur zustimmen.
@all: Ansatz des Strafrechts
In Kürze: Bestraft werden diejenigen, die Wissen können, dass etwas, das sie tun, verboten ist; und sich noch so sehr unter Kontrolle haben, dass sie nach diesem Wissen handeln können.
Mit anderen Worten: Das Strafrecht geht von einem Menschenbild von (in der Regel) rational handelnden Personen aus.
In der Annahme ist eine individuelle und gesellschaftliche Komponente enthalten: Woher wissen Individuen, was verboten ist? Und wodurch lernen sie – mehr oder weniger – Selbstkontrolle? Erziehung und Bildung sind hier wichtige Aspekte.
Die Gesellschaft hat – aufgrund des Menschenbilds, doch auch aus Eigeninteresse – den Auftrag, Menschen ein Leben als rational handelnde Personen zu ermöglichen (was auch einschließt, dass diese Menschen ihre Gefühle wahrnehmen und miteinbeziehen). Wer trotzdem eine verbotene Handlung ausführt, gehört bestraft; bei wem individuelle Nachteile in Erziehung und Bildung oder gar eine schwere Störung bzw. Krankheit eine Rolle spielen, kommt unter Umständen eine Schuld- und Strafminderung in Frage.
Hinweis: Die Gesellschaft leistet sich ja gerade Gerichte mit teuer ausgebildeten Fachleuten (u.a. Richterinnen und Richter), um die Situation im Einzelfall zu prüfen und für Individuum und Gesellschaft eine “maßgeschneiderte” Antwort zu finden.
Wo sind die Vorbilder in Politik und Polizei?
Es gibt ein Problem mit Polizeigewalt (Schock Bilder.aus Berlin Kinder und Frauen werden schwer misshandelt exxpress-zeitung) und das momentane Säbelrasseln in einen Krieg gegen das Bekenntnis des dt Volkes zum Frieden zeigt, dass beim Klären von Konflikten nicht auf Diplomatie, Kommunikation, sondern auf Gewalt gesetzt wird.
johanna,
” das Klären von Konflikten.”
gut, damit sind wir beim Kern der Kriminalität, den Konflikten und ihren Ursachen.
Wenn man wissen will , wie in den anderen europäischen Ländern und den Städten mit den Konflikten umgegangen wird, es gibt eine Kriminalstatistik und das Gegenteil ,eine Sicherheitsstatistik.
Quelle: https://de.numbeo.com/kriminalit%C3%A4t/aktuelle-rankings-nach-region?region=150
Und beim Thema Sicherheit liegen die Niederlande mit Den Haag ganz weit vorn und Südfrankreich mit Marseille ganz weit hinten.
Tipp: Man fahre im Urlaub mal nach Marseille und zur Erholung eine Reise nach Den Haag. Damit nähert man sich schon mal emotional dem Thema-
Nur so viel vornweg, Deutschland liegt im Mittelfeld zwischen Südfrankreich und den Niederlanden.
@Johanna: Die Anzeigen gegen Polizeigewalt sollten selbstverständlich in der Statistik auftauchen. Danach können Sie auch selber suchen.
Dass es im Konfrontationsfall ein Machtgefälle zwischen der Institution Polizei auf der einen Seite und individuellen Bürgern auf der anderen gibt, ist klar; aber was denken Sie, wie die Gesellschaft ohne so eine Institution aussähe? Reine Anarchie, Recht des Stärkeren, Despotismus – und unterm Strich würden gerade Frauen häufiger “den Kürzeren ziehen”.
Wie man es dreht und wendet: Sowohl die Polizei hat (jedenfalls in einem Rechtsstaat) ein Interesse an guten Beziehungen zu den Bürgern als auch die Bürger zur Polizei. Diese ewigen einseitigen Anschuldigungen bringen uns nicht weiter.
Die soziale Eingliederung der jungen Menschen in die Gesellschaft war schon immer auch mit „Problemen“ verbunden. (Übrigens auch in der Tierwelt).
Jugendliche kommen einfach auf asoziale „Gedanken und Handlungen“, ohne dass ihnen das richtig bewusst ist. Die Erwachsenen reagierten (früher) normalerweise sofort, z.B. mit „an den Haaren ziehen“, allenfalls mit Ohrfeigen, jedenfalls mit so etwas wie „Schockhandlungen“. Danach gab es eine Erklärung, die meistens die völlig rational denkenden Jungen „einsichtig“ gemacht hat. Die “sofortige Reaktion” wäre aus psychologischen Gründen wichtig. (Tierpsychologie).
Allerdings denken nicht alle „Jungen“ so rational. Es gibt komplexe psychologische Mechanismen, so dass sich manche immer wieder asozial verhalten. Dann kommen zunächst Psychologen und Psychiater ins Spiel. Bei einigen genügt eine „ausgeklügelte „Gesprächstherapie“, andere „brauchen“ Medikamente.
Weiters gibt es die „Hartnäckigen“. Da war normalerweise immer wieder, oder auch dauernde Unterbringung in geeigneten Anstalten (Psychiatrie, Gefängnis,…) erforderlich.
Künftig könnten zusätzliche Möglichkeiten, z.B. eine externe elektronische Überwachung, womöglich sogar mit KI, in Erwägung gezogen werden. Wenn einer typisch problematische Handlungsmuster, auch nur im Ansatz „zeigt“, wird er halt eine Zeit lang stationär untergebracht und behandelt….
Heutzutage gibt es zusätzliche, z.B. kulturelle und sprachliche Probleme wegen der Zuwanderung. Was in einem Land strikt verboten ist, ist wo anders erlaubt. Auch die Erziehungsmethoden unterscheiden sich grundsätzlich….
@Realo: Überwachung durch KI?
Also in Ihrer Diagnose sehe ich viel Richtiges – aber in der Lösung?
Überwachung durch KI. Vielleicht sollten wir 24/7 Drohnen über den Städten alles beobachten lassen, wie es ja jetzt schon in Krisen- und Kriegsgebieten der Fall ist? Oder ist China das gute Beispiel?
Wie schon im Text stand, legt sich das Problem bei den meisten, die im Alter von 14 bis 20 Straftaten gehen, wieder von selbst; bei denen sollte die Gesellschaft die Probleme nicht durch zu harte Maßnahmen vergrößern.
Aber natürlich ist es auch wichtig, für die Sicherheit klare Grenzen zu ziehen.
Realo
“Jugendliche kommen einfach auf asoziale „Gedanken und Handlungen“, ohne dass ihnen das richtig bewusst ist”
Kleine Jungen sind anarchisch und auch asozial, das ist ihre Natur. Und das ist gut so. Und wenn man den Kindern genügend Freiraum lässt , dann kommen sie auch nicht so schnell mit den Verordnungen und Gesetzen in Konflkt.
Freiraum, das ist die erste Forderung an die Gesellschaft und die Kommunen.
Hier in S. scheint diese Einsicht verloren gegangen zu sein.
Man hat einen alten Stadtteil komplett abgerissen und eine höhere Bebauungsdichte zugelassen. Damit sind die Konflikte mit den Nachbarn schon vorprogrammiert.
Ob das ganze im Strafverfahren oder außerhalb läuft, ist praktisch vielleicht nicht so wichtig. Da kommt es dann auf die konkrete Ausgestaltung und Ausstattung der Institutionen (Gerichte, Jugendämter) an.
So steht auch bereits im Jugendstrafrecht vorrangig der Erziehungsgedanke. Nur ist hier eben eine andere Institution involviert. Es ist die Frage, ob Gerichte bei straffälligen Kindern hilfreich sein könnten. Im Einzelfall würde ich das nicht ausschließen, da den Kindern Einblick gegeben wird, was bei Straftaten folgt.
Lanzu
“Ob das ganze im Strafverfahren oder außerhalb läuft”
Wichtig ist, dass die Institutionen schnell reagieren.
Und…….man sollte Jugendliche nicht kriminalisieren.
die Frage wurde gestellt, wie sollte die Gesellschaft reagieren ?
Antwort: Sie sollte auf lange Sicht reagieren.
Sie sollte dafür sorgen, dass Jugendliche eine Beschäftigung haben.
1. ganz aktuell, wieder mehr Schwimmbäder bauen. Nicht mehr alle Schulabgänger können schwimmen.
2. Die Gebühren für Sportvereine begrenzen.
3. Die Eintrittspreise für Sportveranstaltungen für Jugendliche niedrig halten.
4. Jeder Schule einen Sportplatz zur Verfügung stellen.
5. Das Internet kontrollieren.
6. Darauf achten , dass Sozialbürgermeister/innen verheiratet sind und selber Kinder haben.
@ Stephan Schleim 03.04.2025, 11:30 Uhr
Zitat: „Überwachung durch KI. Vielleicht sollten wir 24/7 Drohnen über den Städten alles beobachten lassen, wie es ja jetzt schon in Krisen- und Kriegsgebieten der Fall ist? Oder ist China das gute Beispiel?“
Ich habe eine selektive Überwachung der „schweren Übeltäter“ gemeint, keine allgemeine Totalüberwachung.
Aber auch diese Gruppe hat letztlich Vorteile durch die elektronische KI Überwachung, weil sie sich sozusagen eine dauerhafte Unterbringung „erspart“ und „fast frei“ auf der Straße herumlaufen darf.
Ich meine, alle Jugendlichen, besonders die „Problemfälle“, brauchen Jobs die ihren Fähigkeiten und Kenntnissen möglichst angepasst sind, wo sie positive Anerkennung erfahren können und optimal unterstützt werden. Sie sollten problematischen „Umgang“ vermeiden und sich ihrer persönlichen Problematik möglichst bewusst werden.
@ N 03.04.2025, 12:34 Uhr
Das Problem ist, dass möglichst ökonomisch gebaut werden muss, um den Wohnungsmangel zu beheben. Die Eltern sind ohnehin das „Taxi“, für die Kinder, die sie überall hin bringen, in die Kita, Schule, Sport, Musik, ….
Es ist halt ein Problem, die Wohnungen so zu vergeben, dass ein möglichst harmonisches Zusammenleben möglich ist. Eine „unangepasste“ Familie reicht und der „Friede ist im Eimer“….
Mir wurde in den 80’ern noch nicht mal in der Schule mitgeteilt, dass ich jetzt strafmündig bin. Geschweige denn wurden mir Straftatbestände vermittelt, noch dass es dafür ein Gesetz gibt.
Es galt lange ein nur gefühltes Rechtsempfinden. Ich bin mir ziemlich sicher, das gilt erstmal grundsätzlich immer noch.
Ich halte es in erster Linie für die Aufgabe der Eltern, darüber aufzuklären, weil das Rechtsempfinden ebenso in erster Linie in der Familie gelehrt und erlernt wird.
Diebstahl z.B. lernt man ziemlich früh.
Körperverletzung möglicherweise bei Auseinandersetzungen auf dem Schulhof eher weniger, weil es zur Durchsetzung von Interessen geht. Durch Sport durch Ahndung eines Fouls. Aber auch da wird meistens nur eine gelbe Karte akzeptiert.
Summa sumarum: Im Grunde wissen die wenigsten die Definitionen des Strafrechts.
Vielleicht macht man mal ne Studie, wer im welchen Alter wie Gerechtigkeit empfindet und gleicht das mit dem Strafrecht ab.
@Lanzu: Das klingt sehr vernünftig.
Aber mir fiel bei den genannten Fällen auf, dass in den Berichten in den ÖR-Medien nur der Hinweis stand, man habe die Verfahren eingestellt – aber nicht erklärt wurde, was dann mit den Täter*innen passierte. Wie will man das der Öffentlichkeit vermitteln?
@Realo: Es gibt schon so viel Videoüberwachung heute. Gerade wurden die Bürger nach einem Messerangriff wieder dazu aufgerufen, die Aufzeichnungen ihrer Aufnahmen bei den Wohnungstüren zu überprüfen.
Wie sinnvoll Überwachung ist, ist ein Thema für sich. Auf jeden Fall kommt sie i.d.R. erst nach einer Tat, ist also bestenfalls ein indirektes Präventionsmittel.
@Mussi: Aus solchen Gründen wäre ich für ein Schulfach “Jura”. Und “Psychologie”. Und “Staatsbürgerkunde” (worin man z.B. lernt, wie ein Widerspruchsverfahren funktioniert).
Es ist trivial, dass jede biologische Entwicklung und Eigenschaft kontinuierlich abläuft und nicht diskret. ich habe mich bei den ‘Stufen’ gedanklich auf die Altersgrenzen bezogen, die ja doch wohl eine Klasseneinteilung sind.
Um den Gedanken weiter zu erläutern ( was mir im Hinblick auf die Antwort nötig erscheint ), am Beispiel eines vielleicht 12-Jährigen (m/w/d):
Ein Parameter ist die Genetik, ein Parameter ist die Umwelt mit Eltern und Freundeskreis und ein Parameter ist das Lebens-Zeitalter, ein solcher 12-Jähriger ( m/w/d) in der heutigen Zeit denkt und handelt anders als einer, der 1932 12 Jahre alt war oder vielleicht 1648.
Meine im ersten Post unausgesprochene ( aber beabsichtige ) Frage war:
Was schlagen Sie denn vor, wie man Misstaten ( im Sinner der gesellschaftlichen Einschätzung ) individuell nicht geschehen lassen könnte oder sie unwiederholbar werden lässt?
Jugend und Kriminalität.
Beim Wort Kriminalität, werden alle hellhörig, das verlangt nach mehr.
Also, sind die Kinder von heute krimineller als die Kinder vor 10 Jahren ?
Altmodisch beantwortet, die Kinder von heute sind schlechter erzogen.
Warum das so ist ? Es hängt mit der Gesellschaft als Ganzem zusammen.
Die Anforderungen an die Berufstätigen sind gestiegen. Nur nebenbei; die Mieten sind auch gestiegen. Der Bedarf an Psychopharmaka ist auch gestiegen. Nur wenige Männer wollen heute noch Lehrer werden.
Die Erziehung von Kindern findet heute am Fernseher statt. Im Kinderkanal lernen die Kleinen ,dass das Leben bunt ist. Aber wenn sie sich ins Freie trauen, dann wird es laut, es stinkt und es wird lebensgefährlich. Welch ein Gegensatz !
Ist unsere Gesellschaft krank ? Und wie behandelt man die Krankheit „mangelhafte Sozialisation“ ?
Man behandelt sie am einfachsten mit Strafen.
Das war auch im Mittelalter so. Wenn ein Kind ein anderes Kind getötet hatte, machte man einfach den Apfel-Goldstück -Test. Man hielt dem Kindtäter einen Apfel und ein Goldstück hin.
Wählte das Kind den Apfel wurde es wie ein Kind behandelt, war also noch unfähig seine Handlung zu beurteilen. Wählte es das Goldstück , wurde das Kind bestraft.
Nur mal als Auflockerung und zum Nachdenken !
Grundsätzlich meine ich, spätestens mit Eintritt in das Berufsleben sollte man über die Grundzüge der drei wesentlichen Normen Bescheid wissen: Grundgesetz, Strafgesetzbuch und BürgerlichesGesetzBuch.
Schule wäre eine Institution, die maximale Objektivität, soweit man von Objektivität sprechen kann, gewährleisten. Die subjektive Perspektive wäre Familie und peergroup.
Es geht bei diesen drei Normbüchern ja nicht generell um Bestrafung, sondern sie bilden einen Rahmen, Leitplanken, wie nicht nur Gesellschaft verfasst ist, sondern auch darum, wie Individualität sich bilden und entwickeln kann.
Es geht um Menschen- und Weltbild.
Darüber früh normativ zu reflektieren, was eh spätestens pubertär passiert, halte ich für wesentlich.
Was wir momentan gesellschaftlich erleben, ist eine zunehmende Kompromisslosigkeit bei der Durchsetzung von Interessen und Willen.
Und zum Willen, frei oder bedingt, haben die drei wesentlichen Gesetze viel zu sagen.
Mussi,
“Es geht um Menschen- und Weltbild.” So ist es.
Und die vielseitigsten Erahrungen damit haben die Europäer.
Zwei Weltkriege haben die Grenzen der Möglichkeiten aufgezeigt. Die Rolle der Kirchen waren hilfreich und die Geschichte des Sozialismus und auch der Nationalismen lassen uns über unsere Grenzen hinwegsehen.
Was aber den Europäern neu ist, das ist der wirtschaftliche Aufschwung , die materielle Überversorgung, die bei der Jugend eine Hipp-Hopp-und tralala Mentalität erzeugt hat.
Und wer daran nicht partizipiert , der versucht es halt auf der kriminellen Ebene.
Man nennt das auch Wohlstandskriminalität. Dazu kommen dann noch die Cyberkriminalität, und auf der untersten Ebene Drogenabhängigkeit mit all ihren Folgen.