Gemälde abgehängt: Gelten rauchende ältere Herren nun schon als anstößig?

Eine Doktorandin an der Universität Leiden fand das Gemälde unpassend. Mitarbeiter hängten es kurzerhand ab. Wie geht es weiter?

Vergangene Woche twitterte eine Doktorandin der Politikwissenschaften an der Universität Leiden, welches Signal von einem Gemälde mit rauchenden älteren Männern an der Uni ausgehen würde. Das Kunstwerkt hängt in einem nicht-öffentlichen Besprechungszimmer. Daraufhin reagierte die Kriminologieprofessorin Joanne van der Leun, Dekanin der dortigen rechtswissenschaftlichen Fakultät, sie habe den größten Teil ihrer Karriere in Zimmern mit Männern oder Gemälden von Männern verbracht.

Am 10. November hängten dann Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universität das Kunstwerk kurzerhand ab und stellten es umgedreht an die Wand. Daraufhin twitterte die Dekanin erfreut, dass es eine unmittelbare Reaktion gegeben habe.

Das Gemälde wurde am 10. November abgehängt. Quelle: @JoannevdLeun auf Twitter

Das Gemälde stammt aus dem Jahr 1976 und ist eine Dauerleihgabe des heute 89-jährigen niederländischen Künstlers Rein Dool. Es zeigt frühere Führungskräfte der Uni, darunter den früheren Präsidenten und Geschichtswissenschaftler Dolf Cohen (1913-2004). Dieser musste sich während der deutschen Besetzung im Zweiten Weltkrieg wegen seiner jüdischen Abstammung vor den Nazis verstecken.

Reaktion des Künstlers

Der Künstler nannte die Aktion in den Medien “engstirnig“. Das Gemälde vermittele einen guten Eindruck der damaligen Zeit: Nur rauchende Männer, keine Frauen. Der Rauch habe alles blau gefärbt. Zudem sei das Kunstwerk ironisch gemeint.

Er fordert es zurück, falls die Universität es nicht mehr haben wolle. Dool sieht es aber auch Gelassen und freut sich über die jetzige Diskussion: “Ich habe noch nie so viel Aufmerksamkeit für mein Werk bekommen. Es ist kostenlose Publicity. Außerdem erreichen sie das Gegenteil, denn gerade durch das Entfernen des Gemäldes ist nun ein großer Aufruhr entstanden und wird die Aktion kritisiert.”

Tatsächlich wurde das Entfernen des Kunstwerks sogar schon im Parlament in Den Haag aufgegriffen. Ein Sprecher der Universität unterstrich in den Medien, dass die Aktion auf keiner offiziellen Entscheidung beruhe. Man diskutiere intern aber bereits seit 2016 die Einseitigkeit der ausgestellten Kunst an der Bildungseinrichtung und gebe Frauen immer mehr Raum. Zusammen mit den Studierenden und der Kunstkommission soll das Thema weiter besprochen werden.

Gemälde zurück

Am Dienstag dieser Woche kehrte das Gemälde dann zurück. Einen Tag später, am 15. November, veröffentlichte die Universitätsleitung schließlich eine offizielle Stellungnahme.

Das Kunstwerk Rein Dools in seiner ursprünglichen Form. Bild: Universität Leiden

Darin heißt es, das Kunstwerk werde “vorläufig” wieder an seinem ursprünglichen Platz aufgehängt. Man sehe die Aktion als Ausgangspunkt für eine inhaltliche Diskussion. Eine “divers zusammengestellte Kommission” solle jetzt untersuchen, wie das Gemälde am besten zu seinem Recht kommt.

In der Erklärung heißt es auch, dass es sich bei den sechs abgebildeten Männern um “sehr geschätzte frühere Führungspersönlichkeiten unserer Universität handelt”. Das Gemälde gebe ein einzigartiges, historisches Bild der damaligen Zeit wieder. Es handle sich um ein “großartiges” Kunstwerk und man sei Stolz auf die abgebildeten Personen. Daran habe die Aktion nichts geändert.

Die heutige Universitätspräsidentin, Annetje Ottow, verweist aber auch auf eine längere Diskussion über das Gemälde. Nicht jeder fühle sich dadurch repräsentiert. Bei der heutigen Präsentationsform fehle zudem der historische Kontext. Die Uni stehe aber für Inklusion und sei ein “Bollwerk der Freiheit”.

Damit verweist die Jura-Professorin auf das Motto der ältesten Universität der Niederlande (lat. libertatis praesidium). Die Bildungseinrichtung entstand im Jahr 1575 als Geschenk von Prinz Wilhelm von Oranien, Graf von Nassau-Dillenburg, an die Stadt an der Westküste. Damit Bedankte er sich bei der Bürgerschaft für deren tatkräftige Unterstützung bei der Vertreibung der spanischen Besetzer.

Repräsentation

Die Repräsentation verschiedener Bevölkerungsgruppen ist ein wiederkehrendes Streitthema. Doch sollte man ältere Abbildungen darum schlicht entfernen? Oder sollte man sie ergänzen oder anders anordnen? Was denken Sie?

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45 Kommentare

  1. Diesmal sind es alte weisse Männer, die abgehängt werden (immerhin besser als aufgehängt), viel häufiger aber sind es Frauenbilder, die angeblich den sexualisierten männlichen Blick demonstrieren/offenbaren, die nicht nur abgehängt, sondern diskreditiert werden.
    Es müssen aber nicht einmal Bilder sein. Vor ein paar Jahren genügte ein Spruch an einer Hauswand, der die Schönheit von Frauen feierte und dem vorgeworfen wurde, Frauen auf das Äusserliche zu reduzieren.

    Ich möchte hier aber den Blickwinkel etwas öffnen über das nun selbst in Europa mindestens 20 Jahre alte Thema der politischen Korrektheit hinaus und auf die Beschädigung von Kunstwerken kürzlich durch Klimaaktivisten hinweisen. Was mir dabei spontan durch den Kopf ging: Warum beschädigen die Klimaaktivisten nicht die weiter laufenden und neu angeworfenen Kohlekraftwerke in Deutschland, wohl aber bekannte Kunstwerke?
    Das scheint mir klar: Wenn Strom und Wärme jetzt mitten in der Energiekrise angegriffen werden, dann gibt es dafür absolut kein Verständnis in der Öffentlichkeit. Wenn aber Kunst wegkommt, weggesperrt oder beschädigt wird, dann ist das für die meisten Deutschen, Schweizer, Österreicher kein allzu grosses Problem, weil hier im deutschsprachigen Raum Kunst beim breiten Publikum oft als unnötiger Luxus betrachtet wird.

    Mein Eindruck: Nie erhält Kunst im deutschsprachigen Raum mehr Aufmerksamkeit als wenn sie beschädigt oder als politisch unkorrekt angeprangert wird.

  2. @Holzherr: Aktivisten

    Vor diesem Wandgedicht (in Berlin-Marzahn) stand ich tatsächlich schon mehrmals in meinem Leben.

    Die Aktivisten haben die Kunstwerke aber meines Wissens nicht beschädigt: Diese hingen hinter Glasplatten.

    Tja, warum sie wohl keine Farbe auf Kraftwerke schmeißen? Weil die auf Firmengelände eingezäunt sind und man da nicht einfach so hereinspazieren kann, wie in ein Museum, vielleicht? Und weil man dafür keine mediale Aufmerksamkeit bekommt vielleicht?

  3. Tja die Kulturevolution ist in vollem Gange. Wir haben endlich wieder einen Sündenbock, den es zu ächten und bekämpfen gilt – den alten, weißen Mann. Dieser ist schuld an allem Schlechten auf der Welt, dem Patriarchat, dem Rassismus, dem Kolonialismus, dem Antisemitismus und der Zerstörung des Klimas. Ursache ist vermutlich die “toxische Männlichkeit”, die allen Personen mit Hoden gemein ist.
    Nun aber haben endlich die besseren Menschen das Ruder übernommen und tilgen mit Eifer die Überreste der alten Welt. Endlich sind die “Kinder an der Macht”, die in ihrer Weisheit jeden alten Mann in den Schatten stellen.

  4. @Müller: Wobei interessant ist zu sehen, dass nun auch viele dieser Aktionen wie ein Bumerang zurückkommen.

    Aber die Medien gewinnen immer: Die haben dann immer etwas, worüber sie berichten können.

  5. “Nicht jeder fühle sich dadurch repräsentiert. Bei der heutigen Präsentationsform fehle zudem der historische Kontext. Die Uni stehe aber für Inklusion und sei ein “Bollwerk der Freiheit”.”

    Eine Erklärung, wer die Dargestellten sind, wäre sicherlich sinnvoll, an sie soll ja erinnert werden. Es muss aber auch nicht jedes Kunstwerk irgendwie “alle” repräsentieren und das von einem historischen Werk zu verlangen, ist unsinnig. Deswegen Gemälde abzuhängen, ist absurd.

    Man kann sicherlich in die Vergessenheit verdrängte Forscherinnen wieder ihre verdiente Beachtung zurückgeben, was eine sinnvolle Aufgabe für die Wissenschaftshistoriker an der Uni wäre (wobei ich annehme, dass Frauen früher eher privat wissenschaftlich tätig sein mussten, wenn es die Umstände erlaubten).

    Vielleicht fällt dann ja noch ein Auftrag für einen Künstler ab.

  6. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte man dieses schreckliche Bild von Anfang an woanders aufgehängt, wenn überhaupt.

  7. Vielleicht hatten sich die Doktorandin und die Bildabhänger einfach nur ‘unwohl’ gefühlt beim Anblick des Bildes. Etwa so wie die Konzertbesucher:innen beim Anblick von hellhäutigen Musikern mit Rasta-Locken.

  8. Man stelle sich vor die Reinigungskraft die täglich dieses Zimmer reinigen muss würde dieses Bild als anstößig empfinden . Kein Schwanz würde sich darum kümmern. Da muss erst eine kleine Göttin in Form einer Doktorandin am Medienhimmel erscheinen und ,dank ihrer einhundertfünfzigjährigen Erfahrung, hochgeistiges in Sachen Kunst ausschwitzen. Vielleicht sollten diese älteren Herren Drogen rauchen um dem künstlerischen Geschmack dieser heutigen Zeit zu entsprechen ? Eine Uni, ein Bollwerk der Freiheit- gehts vielleicht noch eine Nummer größer- muss natürlich eine unbedarfte Doktorandin -man hat ja studiert- unbedingt zur Kenntnis nehmen .Politikwissenschaftler sollen ja auch eine Art Künstler sein- mediale Überlebenskünstler ….

  9. Ich halte es für problematisch, wenn man Kunstwerke aus ideologischen Gründen zensiert.

    Zum 100. Geburtstag von Helmut Schmidt kam vor kurzem eine 2-Euro- Gedenkmünze heraus. „In der Begründung der Jury für die Entscheidung heißt es: „Diese Münze würdigt das politische Lebenswerk von Helmut Schmidt anlässlich seines 100. Geburtstages. Der Entwurf besticht durch eine außergewöhnlich lebendige Darstellung. Helmut Schmidt erscheint in einer für ihn typischen Haltung; im Dialog mit seinem Gegenüber.“ Leider hat man die für ihn typische Zigarette entfernt, so dass die gespreizten Finger nun etwas seltsam wirken. Dabei war „Smoky“, wie Helmut Schmidt liebevoll genannt wurde, ja als Kettenraucher bekannt und vermutlich fand sich kein einziges Foto ohne Zigarette von ihm, das als Vorlage hätte dienen können.

  10. Im Gegensatz zu den meisten Menschen dieser Debatte, die hauptsächlich zum Geschlecht der Personen Stellungnahmen abgeben, finde ich persönlich den Rauch einfach nicht sonderlich ausstellungswürdig – es sei denn, in einem Museum oder einer größeren Halle, in der ich nicht längere Zeit verweile.

    Aber an einem für alltägliche Dinge genutzten Raum, in dem ich mich längere Zeit aufhalte, würd ich mich auch lieber mit angenehmen, nicht schädlichen Dingen umgeben. Ein Bild prägt die Atmosphäre eines Raumes, und da kann ich mir wahrlich bessere Motive vorstellen, als Menschen (egal welchen Geschlechts) im Zigarettenqualm.

    Sollten nicht jene Personen, die diese Räume bewohnen, das Recht haben, sie so einzurichten, wie es ihnen behagt?

    Einen historischen Wert würd ich in dem Bild aber sehr wohl sehen. Es kann zum Andenken auch gut anderswo aufgehängt werden, in der Aula oder sonstwo….

  11. Eine Gegenwart, die die Vergangenheit nicht erträgt, taugt nichts.

    Ich find’s lustig, dass wir immer wieder glauben, wir hätten uns verändert, wären einzigartig und würden auf ganz neue Weisen denken, während wir im Grunde nur bessere Werkzeuge und neue Symbole erfinden, um immer wieder das Gleiche zu machen, was wir schon lange machten, bevor wir überhaupt auf Bäume kletterten und lernten, die Banane zu lieben. Wir haben das Ende der Welt – eine Ordnung ist tot, eine neue müssen wir uns noch Frankenstein-mäßig aus den Leichenteilen zusammenflicken. Ist so tragisch, wie das, was man daraus macht, Abi, Geburtstag und Tod des Hamsters sind auch Enden von Welten, wir haben uns für den globalen Tod für das ganz große Apokalypsen-Affentheater entschlossen, wer’s mag, ich finde, die Show sieht zwar im Kino geil aus, doch in echt nervt sie viel zu sehr, aber mich fragt ja keiner. Da gehört Ikonoklasmus halt dazu: Der alte Silberrücken hat die Welt mit seinen Symbolen bepinkelt, jetzt will jeder der neue Silberrücken werden und deswegen läuft er mit dem Wischmopp alle Laternenpfähle ab, wo der tote Gott sein Beinchen gehoben haben könnte, und hebt gleich sein eigenes, während hinter ihm bereits lauter rebellische Möchtegern-Luziferchen wie er mit Wischmopps Schlange stehen, weil auch sie den Gottesthron wollen. Es ist einfach nur albern, nur – ohne Gott ist jeder Gott, und da kriegen wir Ragnarök der Diadochen-Kindergartenliga.

    Gott meine ich nicht religiös, nur als Symbol für all die Selbstverständlichkeiten der Welt, die wir normalerweise ohne zu denken akzeptieren – die Erde ist rund, der Himmel blau, es gibt Staaten, einer heißt Deutschland und da leben wir drin, der Silberrücken sitzt in Berlin, der erlässt Gesetze und an die muss man sich halten. Dinge allgemein zu wissen erspart uns das selbständige Denken sehr vieler Leute, all die Verschwörungsmythen, den Rassismus, jeglichen Ukraine-ist-Russland-und-Russland-deutsches-Siedlungsgebiet-Bullshit. Und eben das Dafürhalten sehr vieler Kontrollfreaks, die sich mal durch Kleckse auf Leinwand, mal durch braune Menschen in der Fußgängerzone, mal durch Ketchup im Restaurant gestört fühlen. Der Konsens bricht zusammen, jeder will möglichst viele seiner Spleens, Wahnvorstellungen, Machtfantasien, Neurosen, Profitgier in den neuen einfließen lassen, denn jeder meint, die Welt wäre nur dazu da, ihm den Hintern zu küssen, sein Dafürhalten göttliche Weisheit und seine Gier, Geiz, Neid, Herrschsucht wären Sorge ums Allgemeinwohl.

    Für mich sind das alles Krankheitssymptome – ob man sich nun von Kerlen in Röckchen herausgefordert fühlt, von Typen, die unter anderen Wahnvorstellungen bezüglich bärtiger Tyrannen in den Wolken oder Fantasie-Reviergrenzen leiden, von uralten Ruinen mit hübscher Deko oder Steinpuppen, die irgendwelche Leute mal angebetet haben, ob man in Witwen und Waisen Terroristenhorden sieht, die das Abendland überrennen, während man wegen ein Bisschen Gassparzwang gleich vorm Zaren den Kotau macht – eine solche Welt ist vor allem eins: Krank und schwach. Kranke Menschen kann man nicht zur Gesundheit zwingen, es ist gut und richtig, sie vor kalten Luftzügen, grellen Farben und lauten Geräuschen zu schützen, die sie nicht vertragen, sie zu hegen, zu pflegen und ihnen ein möglichst erträgliches Leben zu ermöglichen. Nur, es sind zu viele Napoleons hier, als dass jeder das Irrenhaus regieren könnte. Also muss sich schon jeder damit abfinden, dass er bloß seine eigene Gummizelle bekommt, sein eigenes Zimmer, in dem er Gott spielen kann, ohne den anderen auf den Zeiger zu gehen. Und irgend jemand muss den Pfleger machen, der das Essen, die Pillen und die warmen Decken von Zelle zu Zelle fährt und jedem sagt, dass er wirklich der einzig wahre Messias ist, der Alleinherrscher des Universums und es keinen Gott neben ihm gibt, damit der Patient ruhig schlafen kann.

    Irgend jemand muss den Silberrücken machen, damit die anderen bloß glauben können, sie wären welche, ohne dass sie es der Welt, einander oder sich selbst beweisen müssen. Irgend jemand muss das Essen kochen, die Heizungsrohre reparieren, die Spritzen geben und die Zwangsjacken verwalten. Leider gibt’s weder Ärzte noch Pfleger in dieser Klapse, deswegen müssen die Götter schon häufiger in die Realität hinausschauen und den diensthabenden Napoleon in einer virtuellen demokratischen Zwangsjacke halten, damit er nicht vor lauter Machtrausch durchdreht. Wir können nur das System ändern, nicht uns selbst.

    Ein starkes, funktionierendes System hat keine Angst vor anderen, denn es hat genug Selbstachtung, Selbstbewusstsein, Stolz, nicht von ihnen bezwungen zu werden. Da hängt ein Bild an der Wand, es bedeutet etwas, es sieht irgendwie aus. Aber da ist auch einer, der es betrachtet, und der kann sich dazu positionieren, wie er will. Geistesschwache und kleine Kinder müsste ich vielleicht davor schützen. Aber ich bin fähig, mir alte, rauchende Kerle anzugucken, ohne gleich Alice Schwarzer auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen und das Kalifat auszurufen. Und wenn ich gegen den möglichen Schaden gewappnet bin, kann ich auch alles Gute herausschöpfen, was in diesem Bild sein könnte. Früher nannte man das „Stark im Glauben“. Nur der Glaube war scheiße, der Rest passt schon.

  12. @Paul Stefan, @all: Ich habe das Beispiel heute (spontan, nicht geplant) mit Studierenden im Seminar diskutiert. Eigentlich ging es um Kolonialismus/Rassismus.

    Ein Student meinte, man hätte eine Kommission einschalten müssen, bevor man das Gemälde zurückhängt. Wir hatten eine konstruktive Diskussion. Aber tja, wenn man alles gleich abhängen würde, was irgendwem irgendwie missfällt, was bliebe dann eigentlich noch hängen?

  13. @Balanus: Du kannst ja anbieten, das Gemälde bei dir im Keller aufzuhängen. Dann stört’s jedenfalls keinen mehr und du müsstest es wohl auch nicht zu oft sehen.

  14. @Satiriker: Das Reinigungspersonal hätte vielleicht den Zigarrenqualm vom Gemälde wischen können? 😉 Gab’s da nicht mal was mit Butter in einer Museumecke…? Könnte teuer werden…

  15. @Mona: Helmut Schmidt ohne Zigaretten? Dann ist es kein echter Schmidt.

    Sie werden lachen (oder weinen?) doch über mich/meine Forschung wurde gerade ein Magazinartikel geschrieben. Ich darf wohl öffentlich nicht sagen, um welches Medium es geht. Der Hinweis, dass ich mein nächstes Buch (über Substanzkonsum) teils auch unter Alkoholeinfluss geschrieben habe (geringe Mengen, 0,3-0,5 Promille), wurde von der Redaktion einkassiert. Das passe nicht zur Gesundheitspolicy der Institution.

    Tja – man schafft sich eine Welt, wie sie wohl gefällt.

    P.S. In der “personal conclusion” meines Buchs steht’s trotzdem drin.

  16. @Marliese: rauchen

    Ich habe im Sommer ’99 meine letzte Zigarette geraucht (davor jahrelang ein Päckchen pro Tag). Das Verlangen (craving) spüre ich hin und wieder immer noch, vor allem dann, wenn ich frischen Zigarettenrauch rieche. Ich müsste selbst eine Weile in dem Raum sitzen, um zu wissen, ob das Gemälde ähnlich auf mich wirkt.

    Ehrlich gesagt habe ich das nie verstanden, warum die Herren so erpicht auf Zigarren sind. Irgendwie muss ich dabei an Phallussymbole im Mund denken. Komisch.

  17. Was für ein Kasperle-Theater. Hat irgendeine Person, die sich mit dem Gemälde jetzt beschäftigt hat, eigentlich eine Ahnung von Kunst? Hat irgendjemand mal es genauer angeschaut?

    Das ist kein Abfeiern alter, weißer, rauchender Männer, sondern eine Ironisierung der Dargestellten. Das sagt ja auch der Künstler für alle Blinden:

    “Der Künstler nannte die Aktion in den Medien “engstirnig“. Das Gemälde vermittele einen guten Eindruck der damaligen Zeit: Nur rauchende Männer, keine Frauen. Der Rauch habe alles blau gefärbt. Zudem sei das Kunstwerk ironisch gemeint.”

    Mit diesen an den Haaren herbeigezogenen, völlig subjektiven Begründungen könnte man das halbe Rijksmuseum und Mauritshuis leerräumen.

  18. Es geht doch nur noch selten um die Sache und noch viel weniger darum, es besser zu machen, ich möchte es mal so ausdrücken:

    Mit den heutigen ßoschel midiah kann jeder aus seiner Gefühlsdarmblähung einen Hurrikan Stufe 5 machen.

  19. Im Gegensatz zu all den Empörten (natürlich meist Männern) hier find ich es ganz nachvollziehbar und recht erfrischend, dass die jungen Frauen den ganzen Alte-Männer-Mist nicht mehr sehen wollen. Ob das jetzt immer 100% reflektiert oder begründbar ist, finde ich nicht so wichtig. Das war es bei “Unter den Talaren, der Muff von 1000 Jahren” auch nicht immer und trotzdem war der Kerngedanke richtig.

  20. Warum ist das Bild “Alte-Männer-Mist”?

    Gibt es dafür irgendein sachliches Argument?

    Das ist doch reine Ressentiment-Rhetorik.

  21. @Behrens: Sachlich

    Warum bleiben wir nicht einfach ‘mal sachlich?

    Erstens haben sich hier nach meiner Wahrnehmung außergewöhnlich viele Frauen zu Wort gemeldet, was ich mir wünsche, weil ich gerne Vielfalt im Blog habe.

    Zweitens haben wir hier auch Argumente ausgetauscht und uns nicht nur “empört”. Ich würde sagen, ich habe mich nicht einmal empört, sondern gewundert und darum gestern im Zug diesen kurzen Artikel geschrieben.

    Drittens fühle ich mich durch ein Gemälde mit Zigarre rauchenden (ich hab’s ein, zweimal im Leben probiert und danach gelassen) älteren Herren, wie Uni-Präsidenten (bin ich nicht und werde ich nie sein), auch nicht repräsentiert. Ist das eigentlich die Aufgabe von Kunst? Und wenn ich das jetzt auf Twitter teilen würde, wen würde das mehr interessieren als ein in China umfallender Sack Reis?

    Viertens ist natürlich alles klar, wenn es um “Alte-Männer-Mist” geht. Gut, dass wir darüber gesprochen haben.

    P.S. Wer ist hier eigentlich der Empörte?

    P.P.S. Die Talare sind hier in den Niederlanden übrigens nie verschwunden – und das wurde zufällig gerade in unserer Universitätszeitung (hier auf englisch) problematisiert.

  22. wir erleben gerade einen neuen Pietismus, man fühlt sich eher in einer Kirche als in einem freien demokratischen Land. Der missionarische Eifer allerorten wird immer unerträglicher. und dann wundert man sich, wenn der Rest der Welt sich nicht derart bevormunden lassen will. Es ist eine Art innerer und äusserer Neokolonialismus.

  23. Zitat Paul Stefan: „

    Das ist kein Abfeiern alter, weißer, rauchender Männer, sondern eine Ironisierung der Dargestellten. „

    Ja, aber Ironie ist ja genau das, was nicht mehr erlaubt ist in einem politisch korrekten Umfeld. Fast jeder Satiriker, selbst wenn er Satire berufsmässig ausübt, hat darüber schon einmal berichtet. Das nämlich, dass er auf den Social Media sei es Twitter oder Facebook geblockt wurde wegen angeblich anstössigen Inhalten oder Rassismus. Denn über Rassisten darf man sich, wenn man politisch korrekt ist, nicht lustig machen, sondern man darf höchstens seine Verachtung in Klartext zeigen, wobei man noch die richtigen (politisch korrekten) Formulierungen wählen muss.

    Es gibt ja etwa unter den Briten die Meinung, Amerikaner verstünden keine Ironie, keinen Humor. Nur ist es jetzt so, dass die Briten nicht mehr den Ton angeben, in moralischen Dingen sowieso nicht: es sind die Studenten und Akademiker vorwiegend der Westküste, die heute sagen, was läuft, was geht und wie man die Welt wahrzunehmen hat. Das bedeutet auch, dass die gesamte westliche Welt jetzt so ironiefrei werden muss, wie es die US—Amerikaner schon sind und immer schon waren. Wir enden vielleicht in einer Welt wo selbst Western-Filme ernst genommen werden müssen. Weil auch die meisten US-Amerikaner sie ernst nehmen. Italo-Western („Spiel mir das Lied vom Tod“) sind in dieser Welt schon ein minderes Vergehen gegen die gebotene Ernsthaftigkeit.

  24. @ Stephan Schleim,

    zu Ihrem Beitrag vom 17.11.22, 20:28 h …:

    … Meine Wenigkeit, ich hätte ihren kleinen Klugsch….. (Wichtigtuer) darauf hingewiesen, dass ich es wie Obelix halte:

    zuerst die Feige …, die Ohrfeige — und anschließend eine Kommission …. ;D

    P.S.
    Vllt. sollten die heutigen Möchtegern-Neo-Leninisten mehr Asterix lesen, statt Mangas …. 😉

    [Wir wollen hier Sichtweisen und Argumente austauschen, keine Ohrfeigen. Danke. S. Schleim]

  25. “Unsachlich”, resp. “”politisch “unkorrekt”””, ist, heutzutage umso mehr, durchaus dringend angezeigt, wenn man, gleich ob hier oder anderswo, pubertär-unreifen Unsinn lesen muss …:

    Wenn es ausreichte, dass ein “”Kerngedanke”” richtig ist, dann wäre evtl. auch der “Kerngedanke”, dass die Krim von 1783 bis 1954 zu Russland gehörte usw., ausreichend für eine völkerrechtswidrige Annexion.

    Da die höchsten dt. und frz. Spitzen seit 2014 diese Brisanz nicht ernst genug genommen haben, weil Deutsche und Franzosen, und alle anderen auch …, mit “Wichtigerem” beschäftigt waren, sterben seit Feb. 2022 wieder junge Männer im ersten (territorial großangelegten) Angriffskrieg seit 1939/1945 in Europa … (die Kämpfe im Donbass seit 2014 sind mir bekannt …)

    Den richtigen “Kerngedanken” behaupteten auch der Steinewerfer Fischer und, noch viel mehr, all die ganzen RAF-Terroristen für sich wie einen
    Heiligenschein
    vorweisen zu können …
    Und dies auch noch als Marxisten-Leninisten …

    [Bleiben Sie bitte beim Thema. Danke. S. Schleim]

  26. pps.

    Platz 2 der Unsachlichkeiten finde ich (zumindest) hat übrigens das femo-populistische Zurechnen einer alten … okay, älteren Jura-Dekanin (s. FB …) zu den “jungen Frauen”. … Ich als älterer weißer Mann erwarte mir … Aber, lassen wir das (besser) … 😉

    Platz 1 … natürlich, und mit großem Sieger-Vorsprung:
    die, androgyne, Anti-Logik (der Hass auf Logik), hinterher(!) von der Gegenseite eine “”Vorher”-Kommission” einzufordern.
    (Der “Letzte-Generation”-Freifahrtschein von seiten bundes-dt. Staatsorgane usw. beschleunigt vielerorts das Absterben der “grauen Zellen” scheinbar noch mehr …)

  27. @Pror: Wir sind alle Lernende.

    Der Student mit der “Vorher-Kommission” hat meinem Eindruck nach am Ende der Diskussion verstanden, dass es auch andere berechtigte Sichtweisen gibt.

    Jedenfalls wurde ich nicht mit Eiern oder Farbe beschmissen.

  28. @all

    Zur künstlerischen Qualität des Gemäldes und dem Ort seiner Präsentation habe ich mich bereits geäußert (s. o.).

    Wichtiger scheint für die meisten Kommentatoren zu sein, (1) dass es überhaupt abhängt wurde, (2) wie das begründet wurde, und (3) wie die ganze Aktion medial verbreitet wurde.

    Es ist in der Tat ein Phänomen, dass ein so alltäglicher Vorgang wie das Abhängen eines Bildes solch einen Wirbel verursachen kann—wenn man denn nur die entsprechende mediale Begleitmusik spielt. Und zudem alle, denen man das Stöckchen hinhält, auch drüber springen. Wir leben in interessanten Zeiten … ;- )

  29. @Balanus “Zur künstlerischen Qualität des Gemäldes und dem Ort seiner Präsentation habe ich mich bereits geäußert (s. o.).”

    Allerdings ohne Argumente zu liefern.

    “Wichtiger scheint für die meisten Kommentatoren zu sein, (1) dass es überhaupt abhängt wurde, (2) wie das begründet wurde,”

    Ja, natürlich, das ist das Thema. Es kann durchaus relevant sein, warum man ein Bild abhängt und dann stellt sich auch die Frage nach dem Inhalt des Gemäldes (eventuell auch nach seiner Qualität oder seinem historischen Wert). Die Posse steht ja für eine gewissen Mentalität, die sich breit gemacht hat, auf allem herumzuhacken, was nach “alten weißen Männern” aussieht.

    Nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik wurden übrigens massenhaft Bilder abgehängt, weil sie politisch fragwürdig waren oder als solche erschienen.

    Dazu gibt es ein interessantes Buch: Matěj Forejt (Hg.), Kunst aus der DDR. Ein schwieriges Erbe? Prag 2021.

    Und natürlich befinden sich auch noch massenhaft Bilder aus der Nazizeit in den Museumsdepots.

    Es ist also nicht immer ein “alltäglicher” Vorgang.

  30. @Paul Stefan

    » …das ist das Thema. «

    Ja, das Abhängen (des Bildes) und die Begründung dazu wurden thematisiert, oder auch problematisiert.

    Rückblickend kann man aus Sicht der Doktorandin und Dekanin nur sagen: Dumm gelaufen!

    Hätte man das Bild einfach nur abgehängt, vielleicht mit der Begründung, man fände es nicht schön, um nicht zu sagen, misslungen, dann stünde es inzwischen wohl in der Asservatenkammer oder im Keller bzw. auf dem Dachboden.

    Öffentlich präsentieren, also an einem Ort mit reichlich Publikumsverkehr, wollte man es ja wohl von Anfang an nicht. Was ich, offen gestanden, durchaus nachvollziehen kann.

    » Nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik wurden übrigens massenhaft Bilder abgehängt, weil sie politisch fragwürdig waren oder als solche erschienen. «

    Ja, ich halte solche Aktionen durchaus für problematisch. Bei einem „Kunstwerk“ oder Bild kommen im Wesentlichen zwei Dinge zusammen: Die Botschaft, die es vermittelt, und die Art, wie es gestaltet ist.

    In Kassel war bekanntlich die Botschaft entscheidend für das Abhängen eines Bildes, in Leiden hätte ich (als Mann) die Gestaltung als Grund angegeben.

  31. Darauf hin möchte ich als Frau gerne meine erste “alt-‘herrische’ Zigarre” rauchen wollen. Ich lehne diese Art der Bilderstürmumg definitiv ab!!!

  32. Mir war nicht bewusst, dass Kunst alle repräsentieren muss.
    Fühle mich von Blumen, Häusern,… Frauen,… auch nicht repräsentiert. Wird das dann für mich abgehängt?

    Wieso muss eigentlich jeder und jede sich in allen wieder finden?

    Kann man nicht als Doktorandin vor den Bild sitzen und denken: “und 20 Jahre später gibt es hier eine Dekanin, eine Doktorandin,….”? Wie wenig Selbstwertgefühl haben die Frauen denn dort, dass Sie ein Bild nicht ertragen, das nicht sie zeigt, sondern ehemalige Mitarbeiter? Selbst wenn man nicht weiß, dass es ehemalige Mitarbeiter sind, kann man als Frau jetzt nur noch Frauen ertragen? Stimmt dann wirklich was mit dem Bild nicht oder vielleicht…

  33. Danke David für diesen Beitrag. Ohne Polemik sondern ganz einfach am Boden gebliebene Logik.
    Warum muss man alles vernichten oder verteufeln, was nicht in den momentanen Zeitgeist passt? Es ist -unsere – Geschichte und Entwicklung. Und hier handelt es sich sogar um reale Menschen, die dort gewirkt haben.

    Menschen, Geschmäcker, Situationen aus vergangenen Tagen. Das Bild muss sogar hängen bleiben, denn wo wären wir denn ohne die Möglichkeit die Vergangenheit und damaligen Zeitgeist zu sehen.
    Das würde ja auch bedeuten die alten Meister abhängen zu müssen weil sie Schlachten zeigen (Kriegsverherrlichung), halbnackte füllige Frauen (Sexismus), biblische Themen (es gibt mehr als eine Religion) etc.
    Diese Entwicklung macht mir Angst.

  34. Wir leben in einer Zeit, die an Lächerlichkeit nicht zu überbieten ist. Es gibt Menschen, die haben Probleme, andere schaffen sich welche in ihrer grenzenlosen Einfaeltigkeit.

  35. Wozu ist die Vergangenheit gut, wenn nicht dazu, uns die Gegenwart zu erklären und uns eine Chance zu geben, uns weiter zu entwickeln? Man kann natürlich ein Gemälde mögen oder nicht, keine Frage, aber zu sagen, durch dieses Bild fühle sich nicht jeder repräsentiert, ist ein wenig sonderbar, denn das ist ja gar nicht Sinn und Zweck des Werkes. Es zeigt uns die Vergangenheit wie sie nun einmal war, ob es einem gefällt oder nicht, und selbstverständlich will es niemanden abholen. Wie wäre es denn, wenn man einen zeitgenössischen Künstler bäte, ein weiteres Gemälde vom aktuellen Kollegium zu malen? Dann könnte man, sofern das räumlich möglich ist, beide Gemälde einander gegenüber hängen und hätte einen sehr schönen Vergleich – sofern die betreffenden Personen bereit wären, sich der eigenen Realität und der Kritik künftiger Generationen zu stellen.

  36. @David: Nicht nur eine Doktorandin und Dekanin, sondern auch eine Unipräsidentin!

    Auffällig ist auch, dass keine der Damen, die Anstoß an dem Gemälde nahm, es selbst abgehängt hat. Auf dem Twitter-Foto oben sieht man vor allem zwei (weiße) mittelältere bis ältere Herren, die das Gemälde der noch älteren (weißen) Herren abhängen.

  37. @all: Fairerweise muss man aber dazu sagen, dass es nicht nur um ein Bild geht. Vielmehr entlud sich daran nun der Zorn.

    Ich wäre auch dafür, es durch andere Kunst zu ergänzen. Auf der diesjährigen Biennale in Venedig ging es sehr sehr stark ums Feminine, teils sogar ausdrücklich das schwarze Feminine (z.B. in den Pavillons der USA und Großbritanniens).

  38. @Stephan

    » Ich wäre auch dafür, es durch andere Kunst zu ergänzen. «

    Nein, bloß nicht!

    Entweder es handelt sich bei dem Gemälde um ein echtes Kunstwerk, dann steht es für sich allein und bedarf keiner Ergänzung oder eines erklärenden Kommentars.

    Oder aber es ist ein beliebiges gemaltes Bild von ehemals wichtigen Leuten der Uni (zufällig männlichen Geschlechts). Dann täte man diesem Bild womöglich zu viel der Ehre an.

    Bei einem echten Kunstwerk stellt sich ja nicht die Geschmacksfrage, also ob schön oder hässlich, anregend oder abstoßend, wie auch immer. Kunst ist Kunst!

    Bei einfachen Portraits wie bei diesem Gruppenbild mit Männern sieht die Sache etwas anders aus, da gelten andere Kriterien.

    Wenn ein solches Bild in einem Besprechungsraum überwiegend als störend empfunden wird, böte es sich vielleicht auch an, oberhalb des Bildes eine Rollleinwand zu montieren, die bei Bedarf heruntergelassen werden kann.

    (Christo steht für kunstgerechte Verhüllungen ja leider nichtmehr zur Verfügung)

  39. @ Balanus
    “Entweder es handelt sich bei dem Gemälde um ein echtes Kunstwerk, dann steht es für sich allein und bedarf keiner Ergänzung oder eines erklärenden Kommentars.”

    Warum soll jedes Kunstwerk sich selbst erklärend sein? Die meisten sind es nicht. Man muss fast immer den kulturellen Kontext kennen und die Bildsprache verstehen.

    “Bei einem echten Kunstwerk stellt sich ja nicht die Geschmacksfrage, also ob schön oder hässlich, anregend oder abstoßend, wie auch immer. Kunst ist Kunst!”

    Im Gegenteil. Das Geschmacksurteil kann man nur über Kunstwerke oder Gegenstande angewandter Kunst fällen.

  40. @Paul Stefan

    In aller Regel werden die in Museen und Kunstgalerien ausgestellten Kunstwerke nicht durch andere Kunstwerke „ergänzt“, sondern jedes steht, wie gesagt, für sich alleine da. Der jeweilige kulturelle Kontext sagt nichts darüber aus, ob ein Werk die Kriterien für ein Kunstwerk erfüllt oder eben nicht.

    Zu Ihrem Einwand, dass man „das Geschmacksurteil nur über Kunstwerke oder Gegenstande angewandter Kunst fällen“ könne: Wo steht das geschrieben?

    Nach Kant (und auch nach meinem Verständnis) sind Geschmacksurteile ästhetische Urteile, die sich auf alles Mögliche beziehen können. Natürlich auch auf Kunstwerke. Aber am subjektiven Geschmack entscheidet sich nicht, ob ein Werk als Kunst anzusehen ist, hier gelten, wie ich meine, objektive oder zumindest intersubjektive Kriterien (die einem z. B. auf der Kunsthochschule vermittelt werden).

  41. @ Balanus

    Ja, Geschmacksurteile sind ästhetische Urteile, aber das Wort “Geschmack” wird in diesem Fall nicht umgangssprachlich verwendet. Auch ästhetische Urteile basieren auf Begründungen und Argumenten, wenn man in einen Diskurs tritt.

  42. @Paul Stefan

    Nun waren im Falle der Gemälde mit nackten Frauen in einem niederländischen Rathaus die Geschmacksurteile hinreichend vieler Menschen ausschlaggebend dafür, dass man einige davon entfernt hat. Haben diese ästhetischen Urteile eine Bedeutung für den künstlerischen Wert dieser abgehängten Bilder? Begründungen und Argumente lagen ja offensichtlich vor.

    Ich meine, Nein, weder mein noch Ihr ästhetisches Urteil ist für die Kunstwelt (um nicht zu sagen: Kunstmarkt) von Belang. Wenn ich mich z. B. häufig in einem Raum aufhalten muss, in dem ein Gemälde hängt, das mich abtörnt, dann würde es mich freuen, wenn es abgehängt würde.

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