Gehirn-Upload teilweise geglückt

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Siemens MRTHirnforscher in Wien sind der Möglichkeit eines Gehirn-Uploads einen Schritt näher gekommen. Bisher war es der Science Fiction-Literatur vorbehalten, die Integration des Menschen in Computersysteme vorwegzunehmen. Das gerade publizierte Experiment zeigt jedoch, dass mit neuen Methoden Teile der Persönlichkeitsstruktur von Menschen in Computer übertragen werden können.

Die revolutionären Ergebnisse wurden durch einen Kernspintomographen ermöglicht, der 2007 am Exzellenzzentrum Hochfeld-Magnetresonanz der Universität Wien installiert wurde. Das Gerät der Firma Siemens erzeugt ein Magnetfeld der Stärke 7 Tesla und ist damit 140.000-mal so stark wie das natürliche Magnetfeld der Erde. Diese hohen Feldstärken ermöglichten es nun erstmals, die Persönlichkeitsstruktur einer Versuchsperson mit hoher Genauigkeit aus ihrem Gehirn zu lesen. Dafür musste sie in mehreren Sitzungen von insgesamt zwölf Stunden Dauer mehrere Messungen über sich ergehen lassen (siehe Foto). Die Ergebnisse sind jedoch erstaunlich.

„Durch den Upload der Messergebnisse konnten wir zentrale Aspekte der Persönlichkeit in einen Computer übertragen“, erklärt Ewald Kloser, Studienleiter und Professor für Medizinische Physik der Wiener Uni. „Unsere Versuchsperson ist ein begeisterter Schachspieler; die Computer-Kopie, die wir jetzt geschaffen haben, spielt ebenso gerne Schach.“ Peter M., der für die Untersuchung sein Gehirn zu Verfügung stellte, ist von den Ergebnissen fasziniert: „Ich kann jetzt gegen mich selbst Schach spielen, ohne im Voraus meine eigenen Züge zu kennen.“ Dies habe seine Lebensqualität entscheidend verbessert. Allerdings scheint dieser Effekt nicht stabil zu sein. „Am Anfang ergaben die meisten Partien ein Unentschieden, doch inzwischen gewinnt meine Computerkopie die meisten Spiele“, klagt M. Die Forscher vermuten, dass dieser Unterschied durch das schnellere Denken des Computers erklärt werden könne.

„Unsere Ergebnisse beziehen sich nur auf einen Nebenaspekt der Persönlichkeit“, räumt Kloser auf Nachfrage zur Tragweite des Experiments ein. „Mithilfe eines 9 Tesla-Geräts, das gerade in Entwicklung ist, möchten wir unser Experiment aber auf weitere Persönlichkeitszüge ausdehnen.“ Nick Blossom, Professor für Philosophie am Future of Humanity Institute der Oxford University und Vorsitzender der World Transhumanist Association, äußerte sich kürzlich zu dem Experiment. Er sieht darin einen entscheidenden Fortschritt für die Menschheit: „Ihre Computerkopie kann beliebig lange laufen und Sie können potenziell beliebig viele Kopien davon erzeugen. Wir können alle unsterblich und multipel sein. Ist das nicht toll?“ Tatsächlich bekennen sich Transhumanisten schon seit Jahren zu der Idee, die menschliche Natur hinter sich zu lassen. Der Computer-Upload wurde dafür schon mehrmals als Lösung vorgeschlagen.

Die Ergebnisse sind allerdings nicht unumstritten. Beispielsweise hält es Thorsten Schmalert von der Europäischen Akademie zur Technikfolgenabschätzung für voreilig, den Begriff der Persönlichkeit auf dieses Experiment anzuwenden. „Computer, die Schach spielen konnten, hatten wir auch vorher“, gibt Schmalert zu bedenken. „Außerdem zeigt der Unterschied in der Spielperformance, der sich schon nach kurzer Zeit ergeben hat, dass es sich nicht zweimal um dieselbe Person handeln kann.“ Von einer anderen Seite hat Felicitas Cremer, Ethikerin an der Universität Düsseldorf, die Ergebnisse beleuchtet: „Das Schachspiel des Computers ist keinesfalls als authentische Leistung des Herrn M. anzusehen.“ Sie argumentiert daher dafür, dass Preisgelder, welche die Computerkopie auf Schachturnieren gewinne, der Medizinischen Fakultät in Wien zustünden. Das Experiment wirft also ethische Fragen auf und es ist beruhigend, dass diese bereits von Philosophen beantwortet wurden. Die zukünftige Forschung und weitere Methodenentwicklung müssen zeigen, ob sich andere Persönlichkeitsaspekte ebenfalls in einen Computer uploaden lassen.

Postscriptum vom 2. April: Es handelt sich bei diesem Artikel um einen Aprilscherz.

Foto: Siemens Medical

 

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21 Kommentare

  1. Skepsis am Studiendesign

    Früher hat man bei solchen Sachen danach wenigstens die Versuchsperson abgemurkst, damit sie nicht noch in die wissenschaftliche Auswertung und Unsterblichkeits-Interpretation reinquatschen und alles wieder fragwürdig machen konnte. Wahrscheinlich hat uns das irgendeine Ethik-Kommission versaut.

    Immerhin konnte mit der Studie endlich gezeigt werden, wo die Persönlichkeitsstruktur beim Mann denn jetzt genau liegt. Schön, das mal wissenschaftlich bewiesen zu sehen.

  2. Ich bin auch hocherfreut, dass es nun endlich soweit ist. In der Therapie wird dadurch vieles einfacher für uns, jedenfalls sobald die Geräte in Serie gehen. Wir können uns die viele Fragerei endlich sparen. Stattdessen werden Patienten einfach angewiesen, ihre Persönlichkeitsstruktur auf einem USB-Stick mitzubringen. Die kann man sich mit der geeigneten Software dann direkt anschauen und ganz genau sehen, an welchen Stellen Veränderungsbedarf besteht. Interventionen können von nun an viel gezielter eingesetzt und fast unmittelbar auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden. Da therapeutische Interventionen über die Kommunikation ja bekanntermassen ganz direkt instruktiv wirken, würde ich vorschlagen, zukünftig von Persönlichkeitsdesign, statt von Psychotherapie zu reden. Heureka!

  3. Und wer denkt an die arme Kopie?

    Der Gedanke, einen Computer-Klon von sich selbst zu erschaffen, um somit Unsterblichkeit zu erlangen, ist absurd und höchst unethisch.

    Selbst wenn es gelänge, eine perfekte Kopie eines menschlichen Bewusstseins in digitale Form zu bringen und diese dann auch noch selbstreflektierend nachdenken könnte, würde es dem Original kaum etwas bringen, außer seinen narzistischen Trieb zu befriedigen, eine Kopie seines Bewusstseins für die Ewigkeit zu bewahren. Es selbst würde jedoch trotzdem am Ende sterben.

    Versetzen wir uns jedoch einmal in die digitale Version des Menschen: Diese müsste ja theoretisch ebenso funktionieren, wie das menschliche Original, sofern sie wirklich ein 1:1-Kopie ist. Das beeinhaltet sämtliche Denkstrukturen und somit auch die Emotionen. Da wir davon ausgehen können, dass das Original Freunde und Verwandte hat, die ihm nahestehen, empfindet die Kopie also genau das gleiche für diese Menschen. Wie grausam es doch wäre, von diesen liebgewonnenen Personen auf ewig getrennt zu sein, nie wieder ihre Berührungen und Wärme zu spüren und nie wieder in ihre Augen zu blicken. Und überhaupt niemals wieder das machen zu können, was man als Mensch machen konnte.

    Es wäre eine noch krassere Situation wie die von Stephen Hawking: Ein Locked-In-Syndrom mit der Möglichkeit zur Kommunikation nach draußen, aber ohne einen Körper, der eigene Befehle ausführt.

    Erst die Robotertechnologie würde es diesem Bewusstsein ermöglichen, ein einigermaßen lebenswürdiges Dasein zu führen. Und ja, ich spreche hier bewusst von Leben, denn auch wir sind laut modernster Gehirnforschung im Prinzip nichts weiter als hoch komplexe Programme in einem sich selbst organisierendem Zellstaat.

    Dennoch ein sehr interessanter Artikel, der zum Denken anregt. Vielen Dank Herr Schleim.

  4. “Hirnforscher in Wien sind der Möglichkeit eines Gehirn-Uploads einen Schritt näher gekommen.”

    Leider ist es ihnen nicht gelungen, den Schniepel mit zu kopieren, so daß am 1.April eines Jahres die Persönlichkeit nicht durch den selbigen niesen kann. Daraufhin stand zu befürchten, daß die Software multipel wird und eine künftige Therapie nicht auszuschließen ist.

  5. zweiter Schritt notwendig!

    Diese neue Errungenschaft kann nur der erste Schritt sein, der zweite muß unbedingt folgen. Wer hat schon gerne eine Kopie von sich. Das erinnert mich an meine Jugendzeit, wenn mich jemand nachäffte oder wenn ich etwas neues hatte, der andere es auch haben maßte. Nein, das muß ich nicht weiter verfolgen, ganz klar will ich keine Kopie von mir. Obwohl, wenn ich es mir so überlege, ich bin schon ein dufter Typ. Vielleicht sollte es auf jedem Kontinent eine Kopie von mir geben …

    Interessanter ist doch aber, wenn man diese Kopie zwischenspeichern könnte und dann aus diesem Zwischenspeicher eine weitere Kopien ziehen könnte und sie einem anderen Menschen aufzuspielen. Wenn ich verheiratet wäre, würde ich dann gerne mal als Kopie von mir in meine Frau schlüpfen und sie könnte mich dann mal besuchen. Vielleicht würde dann so einige klarer (oder es wird sofort die Scheidung eingereicht).
    Aber ich will es nicht nur aufs Private beziehen. Wie wäre es mit der Völkerverständigung? Das wäre doch ein prima Weg zum Weltfrieden.

    Wenn dieser gesichert wäre könnten wir auch ans Vergnügen denken. Wer träumt denn nicht vom fliegen? Man könnte doch mal als Kopie ein Adler sein und durch die Lüfte schweben. Oder ein starker Bär, der den Hönig schlürft. Einmal als Wal in die Tiefe der Meere tauchen. Einmal als Schwein in der Massentierhaltung, damit das nächste Schnitzel mal wieder so richtig schmeckt. hach, da gäbe es noch soooooo viel zu erleben.

  6. @ Dellé

    Ich sehe vieles ganz ähnlich; allerdings bin ich der Meinung, dass uns auch die Robotik nicht den Traum der Unsterblichkeit erfüllen wird. Denn selbst wenn man meine Eigenschaften in einen solchen kopieren können wird: die Person, die in diesem Körper instantiiert wird, die wird dennoch sterben müssen.

    Insofern finde ich die Versprechungen, die manche Transhumanisten oder Science Fiction-Enthusiasten im Zusammenhang mit dem Brain-Upload machen, nicht für ganz seriös.

  7. @ Martin

    Tja, das wäre schon schön, wenn man so einmal die Perspektive eines anderen erleben könnte; aber meinst du, dass unsere psychologische Ausstattung nicht schon hinreichend dafür ist, uns in die Situation der anderen und sogar der Tiere hinein zu versetzen…? Vielleicht müssten wir es einfach nur versuchen!

    Was eine Computerkopie deiner Persönlichkeit betrifft, würde auf jeden Fall der Spektrum Verlag sehr davon profitieren, dich auch während deines Urlaubs präsent zu haben, um etwaige Probleme mit den Blogs zu beheben.

  8. Gratuliere zum Scherz

    Ich hab zuerst gedacht: Oh mein Gott, jetzt geht das also tatsächlich los –
    Aber im Grunde halte ich diese Form des “Künstlichen Bewusstseins” für totale Kacke – obwohl ich als SF-Fan früher immer fest mit sowas gerechnet habe. Und das mal in einer Story beschrieben habe (IBM hat sie nachgedruckt: “Der metallene Traum”, 1963)
    War jedenfalls ein wirklich genialer und höchst gelungener Scherz!
    Gratuliere.

  9. Niveau

    hm, hab den Artikel eben erst angelesen ohne aufs Datum zu achten.

    Ehrlich gesagt finde ich, bei der Bildzeitung wäre er besser aufgehoben.

    Ein Aprilscherz sollte doch wenigstens eine Chance haben von den Empfängern als glaubhaft eingestuft zu werden.

    Das gibt mir jetzt zu denken…

  10. @ Wald

    Sie können Ihn gerne an die Bildzeitung schicken.

    Wenn Sie wüssten, dass selbst einige meiner Kollegen bis zum Schluss nicht sicher waren, ob das ein Scherz ist oder nicht…

  11. Wieso Kopie?

    Ich fände es viel Intressanter wenn man ein “Bewusstsein” verschieben kann, das heißt der geistige Inhalt eines Gehirns in eine Maschine zu verschieben, wie das wohl sein mag- ein “Computer” zu sein, kann man dann durch das “Internet” spazieren oder sind allse nur 1en und 0en ??

    Wenn dann ein leerer Körper verbleibt könnte man doch auch ein anders Bewusstsein durch die umgekehrte Technik in das Gehirnverschieben? Das wäre doch einfach krank aber spannend.

    Wenn man sich 10x Klonen könnte, deren Gehirne “löschen” und das aktuelle Bewusstsein implementieren, so könnte man eine Art “Klonkrieger” schaffen. Das Militär dürfte daran doch intressiert sein. Den besten Soldaten tausendmal zu reproduzieren, oder ein Gehirn in einen Panzerroboter zu kopieren. Wooow, Ich fange an zu schwärmen! 😀 Überleg euch mal jemand würde euren Vatter entführen und das Bewusstsein eines Spions des BND’s implementieren. Alles ziemlich kranke scheisse.

    Wenn man einen perfekten Menschroboter oder Cyborg schaffen kann, würde ich mich Implementieren lassen und somit ‘fast’ unsterblich sein. Wir könnten überal leben, bräuchten keine Nahrung kein Sauerstoff. Nur… Energie.. ^^
    Einfach mal eben so auf Chernobyl spazieren gehen oder durch ein Endlager. Durch den Kugelhagel, durch das Feuer. All so dinge.. kraaank…

  12. @ Data: Und wer stirbt dann?

    Wenn man einen perfekten Menschroboter oder Cyborg schaffen kann, würde ich mich Implementieren lassen und somit ‘fast’ unsterblich sein

    Selbst wenn das gelänge, “Sie” in einen unsterblichen Cyborg zu kopieren — wer stirbt dann, wenn es mit Ihrem natürlichen Körper zu Ende geht?

    Meines Erachtens, wen oder was auch immer Sie mit diesem Cyborg auch schaffen, Sie sind das nicht.

  13. Ich möchte darauf hinweisen dass man entweder besser darauf hinweisen sollte dass das nur ein April Scherz war da ich fast darauf reingefallen wäre oder man sollte es nach dem upload am 1sten April löschen

    Danke

  14. @Anonym

    Zu früh hochgeldaden, nicht bis zum Ende gelesen? Da steht´s.
    Gern geschehen.

    PS. Das war 2009, mittlerweile ist man, so meine ich, sogar schon einen Schritt weitergekommen.

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