Erst Rekordinflation, jetzt Zinswende und Rekordhochs: Was bedeutet das für Ihr Geld?

Warum hadert man in Deutschland immer noch mit der Börse? Ein ökonomisches Einmaleins – und was das mit sozialer Ungleichheit zu tun hat.

In der Coronaviruspandemie trieben verschiedene Faktoren die Preise in die Höhe: Einerseits führten Probleme bei den Lieferketten zur Verringerung des Angebots; andererseits sorgten finanzielle Stimulierungspakete zu einer höheren Nachfrage. Dazu kam der nun schon seit über zwei Jahren anhaltende offene Krieg in der Ukraine, der den Zugang zu wichtigen Rohstoffen wie Gas und Getreide erschwerte und damit die Preise weiter anfeuerte. Kurzum, es gab immer mehr Geld für immer weniger Waren.

Weil steigende Preise vor allem ärmere Haushalte in Probleme brachte, die einen hohen Anteil ihres Einkommens fürs Wohnen und den Lebensunterhalt aufwenden müssen, reagierten viele Nationalbanken mit einer Anhebung der Leitzinsen: Durch eine Verteuerung von Krediten sollte die Wirtschaft abgekühlt werden. Da Wirtschaftswachstum und damit einhergehende Arbeitsverhältnisse aber auch für die Steuereinnahmen wichtig sind, handelte es sich um eine Gratwanderung. Auf der einen Seite sollte der Preisanstieg gestoppt, auf der anderen aber die Ökonomie nicht in eine Rezession geschickt werden.

Die Leitzinsen waren nach der vorherigen Finanz- und Schuldenkrise jahrelang niedrig gehalten worden. Mitunter waren sie sogar negativ, wurde man gewissermaßen fürs Sparen bestraft. Damit war die Verschuldung vieler Länder, auch im Euroraum, länger zu verkraften; und auch Unternehmen kamen an billiges Geld, konnten sich somit mehr auf schnelles Wachstum als auf nachhaltige Gewinne richten.

Die Notenbanken wie die Europäische Zentralbank oder die US-amerikanische Federal Reserve (Fed) sind dabei bewusst politisch unabhängig, um sich nicht von kurzfristiger Parteipolitik vereinnahmen zu lassen. Man hat aus der Vergangenheit gelernt, dass (kurzfristige) Gesellschafts- und (langfristige) Geldpolitik mitunter andere Zielsetzungen haben. Letztere ist aber wichtig fürs Vertrauen: Denn Geld verliert seinen Wert mit der Erwartung, dafür später einmal einen Gegenwert zu erhalten, wenn man es in eine Ware, Dienstleistung oder Wertpapier tauschen will.

Zinswende

Nachdem die Europäische Zentralbank bereits im Juni die Zinswende einläutete und die Leitzinsen erstmals wieder senkte, folgte am 18. September um 20 Uhr mitteleuropäischer Zeit nun auch die amerikanische Fed. Dass dieser Moment kommen würde, war mehr oder weniger klar. Wie hoch die Zinssenkung ausfallen würde, darüber stritt man sich bis zuletzt. Und außergewöhnlich: Normalerweise laufen die anderen Notenbanken der bedeutenden Fed hinterher; diesmal ist es andersherum.

Nachdem die wichtigen Zinsen in den USA seit März 2022 in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent verharrten, kam es nun zu einer auffällig großen Senkung auf 4,75 bis 5,00 Prozent – also um 0,5 Prozent. Das klingt zwar nicht nach viel, bewegte aber viel an den Märkten. Bis Ende 2024 steht nun eine Zinssenkung um insgesamt 1,0 Prozent und bis Ende 2025 um 2,0 Prozent im Raum. Was bedeutet das für ihr Geld?

Für diejenigen (in Deutschland bekanntermaßen nicht wenige), die ihr Geld auf dem Tagesgeld- oder Sparkonto parken, sind das schlechte Nachrichten. Nachdem es wenigstens für kurze Zeit einmal wieder echte Zinsen gab, die über der Inflationsrate lagen, wird sparen schon wieder unattraktiver. Positiv ist die Zinssenkung aber für diejenigen, die sich Geld geliehen haben oder leihen wollen: Schuldenmachen wird günstiger. Für Endverbraucher, die einfach ihr Konto überziehen, bedeutet das aber oft immer noch zweistellige Zinsraten.

Auch Staaten und Unternehmen können sich jetzt wieder günstiger Geld leihen. Das ist erst einmal gut – wenn es dadurch nicht zu Spekulationsblasen und neuer Inflation kommt. Damit steigen auch Aktienkurse und die Werte bestimmter Rohstoffe: Wenn Unternehmen weniger für den Schuldendienst aufbringen müssen und einfacher an billiges Geld kommen, bedeutet das potenziell Wachstum und größere Gewinnspannen.

Gier und Angst

Natürlich muss am Ende ein rentables Produkt stehen, das Kunden kaufen wollen; so bleibt beim derzeitigen KI-Boom nach wie vor die Frage offen, wie, abgesehen von den Chipherstellern wie Nvidia, damit Geld verdient werden soll. Bei der Geldanlage kommt es aber schnell zur Angst, das nächste große Ding zu verpassen: FOMO, Fear Of Missing Out. Damit treiben steigende Kurse in einem Sektor oft weitere Anstiege. Ab wann aus “hoch” ein “zu hoch” wird, weiß man meist erst hinterher.

Bekannte Negativbeispiele in Deutschland waren die einstigen Pandemiegewinner wie Hellofresh oder Zalando. Anders als bei reinen “Meme-Werten” handelte es sich bei diesen Firmen immerhin um Unternehmen mit funktionierendem Geschäftsmodell: eben zum Beispiel einen Lieferdienst für Mahlzeiten oder ein Online-Modehaus. Als Bürgerinnen und Bürger wegen der Lockdowns zuhause bleiben mussten, wuchsen die Fantasien der Anleger ins Unermessliche:

Von Ende 2019 bis zum Sommer 2021 verfünffachte sich so der Wert von Hellofresh auf bis zu 91,3 Euro pro Aktie in nur rund eineinhalb Jahren – um danach wieder 90 Prozent seines Börsenwerts zu verlieren. Bei Zalando hat sich der Kurs in dieser Periode immerhin etwas mehr als verdoppelt – um dann von seinem Spitzenwert bei 102,5 Euro wieder über 70 Prozent abzugeben.

Als Anfänger und Spekulant verbrennt man sich hier schnell die Finger. Vielleicht rennt man schlicht der Masse hinterher, wenn die Kurse schon ein gutes Stück gestiegen sind. Schließlich will man auch dabei sein. Und wenn dann die alten Hasen Kasse machen, weil sie Bilanzen verstehen und sehen, dass die Gewinnerwartungen weit überzogen sind, schaut man in die Röhre – mit hohen Buchwertverlusten im Depot.

Kleinere Durststrecken kann man vielleicht geduldig aussitzen. Wer aber bei den genannten Höchstwerten eingestiegen ist und den Ausstieg verpasst hat, muss schon auf eine Verdreifachung (Zalando) oder gar Verzehnfachung (Hellofresh) hoffen. Wie viel Geld lässt sich mit Mode aus der Ferne oder Essenslieferungen wohl verdienen? Zumal dann, wenn es um die Ecke schon ein günstigeres Angebot von der Konkurrenz gibt.

Sogenannter “sicherer Hafen”

Wer sich von solchen Negativbeispielen abschrecken lässt, verpasst aber auch die Gewinnstrecken.

Wenn die Wirtschaft wieder wächst, steigt zum Beispiel auch die Nachfrage nach bestimmten Rohstoffen. Der Handel hiermit ist ein Thema für sich. Doch auch bei Kleinanlegern beliebt ist das Edelmetall Gold, das insbesondere in Krisenzeiten als “sicherer Hafen” gegen Wertverlust gilt. Und an Krisen herrscht zurzeit leider kein Mangel.

Goldmünzen oder -Barren “tun” zwar – anders als gewinnorientierte Unternehmen – nichts und werfen weder Dividenden noch Zinsen ab. Das Edelmetall profitiert aber von fallenden Zinsen: Da Gold als Anlage in Konkurrenz zu verzinsten Anleihen steht, wird es attraktiver, wenn die Zinsen fallen.

Für Anleger mit einem Depotkonto bietet zum Beispiel eine Tochtergesellschaft der Deutsche Börse AG das sogenannte Xetra-Gold, benannt nach dem bedeutendsten Handelsplatz Deutschlands. Damit lässt sich zu fast 100 Prozent physisch hinterlegtes Gold so einfach wie eine Aktie kaufen und wieder verkaufen. Für Zweifler: Die wenigen fehlenden Prozent sichert sie sich über Verträge mit Goldherstellern, von denen es in Deutschland überraschend viele gibt. Der gut informierte Anleger recherchiert das natürlich im Voraus.

Für die Aufbewahrung sorgt der Anbieter gegen eine kleine Gebühr. Auf Wunsch kann man sich das Edelmetall auch ausliefern lassen. Seitdem die Deutsche Börse diesen praktischen Dienst anbietet (Ende 2007), hat sich der Wert von Gold fast verfünffacht. Allerdings gab es zwischen 2012 und 2020, also von der Finanz- zur Corona-Krise, auch eine Phase mit einem Rücksetzer.

Profite

In Reaktion auf die Leitzinsentscheidung vom Mittwoch stiegen sofort die wichtigsten Börsenindizes – allerdings erst einmal nur für kurze Zeit. Viele Marktteilnehmer verkauften noch am selben Tag in die steigenden Preise und nahmen ihre Gewinne mit. Interessanter ist, was nun an den Folgetagen passiert.

Der Aktienindex der größten deutschen Unternehmen, der DAX, erreichte am gestrigen Donnerstag einen historischen Höchstwert von über 19.000 Punkten. Das entspricht einem Gewinn seit Jahresbeginn von rund 14 Prozent. Auch Gold stieg auf ein neues Allzeithoch von über 2500 US-Dollar pro Feinunze. Das ist seit Jahresbeginn sogar ein Anstieg von 25 Prozent! Mit solchen Performances kann das Sparkonto, noch weniger der heimische Sparstrumpf mithalten.

Erst Anfang August, als es ausgehend von Asien einen größeren Rücksetzer gab, meldeten sich die Crashpropheten wieder zu Wort: Alles schlimm, dramatisch, Spekulanten, manipulierte Preise! Natürlich kann ein Verlust von 10 bis 20 Prozent, vielleicht sogar über Nacht, sehr schmerzhaft sein. Nach ein bis zwei Wochen hatten sich viele Werte aber schon wieder erholt. Und jetzt gibt es sogar neue Rekordhochs.

Wer aus Angst vor Verlusten sein Geld lieber auf dem Giro- oder Sparkonto lässt, ist vor allem von den Entscheidungen der Notenbanken abhängig. Die hohe Inflation der letzten Jahre bedeutete einen zweistelligen Kaufkraftverlust. Wer mit diesem Geld irgendwann Produkte kaufen will, bezahlt dann also höhere Preise – und bekommt weniger Wert fürs Geld. Daran ändert sich auch nichts, wenn die Inflation jetzt auf “nur” noch 2,0 Prozent fällt, was als stabiler Wert angesehen wird.

Risikominimierung

Natürlich lässt sich aus vergangenen Kursen nicht die Zukunft vorhersagen. Sonst wären alle Marktteilnehmer längst Millionäre. Aber dass man mit Aktien langfristig die besten Renditechancen hat, belegen jahrzehntelange Daten. Um die Risiken zu minimieren, sollte man sein hart verdientes (oder einfach geerbtes) Geld daher verteilen.

Mit börsennotierten Fonds (Exchange Traded Funds, ETFs) geht das einfacher und günstiger als je zuvor. Man kann sich zum Beispiel entscheiden, sein Geld in die Weltwirtschaft zu investieren; oder defensiver in Gesundheitswerte; oder offensiver in Schwellenländer mit jüngeren Bevölkerungen, größeren Wachstumsraten – doch auch größeren geopolitischen Risiken. Viele Banken bieten dafür inzwischen Sparpläne an, um auch mit kleinen Monatsraten ohne Transaktionsgebühren über einen längeren Zeitraum ein Vermögen aufzubauen.

So ein ETF ist also eine Art Warenkorb aus vielen Einzelwerten. Der Anbieter sorgt dafür, dass sein Finanzprodukt eine bestimmte Größe widerspiegelt. Bei einem DAX-ETF sind das zum Beispiel die Aktien der vierzig größten Unternehmen an den deutschen Börsen, über deren Wohl und Wehe man auch in den täglichen Nachrichten informiert wird.

Dass der DAX steigt, selbst wenn die heimische Wirtschaft schwächelt, hängt übrigens mit deren internationalen Aktivitäten zusammen. So wird etwa die Software der SAP AG mit Sitz im baden-württembergischen Walldorf rund um den Globus angewandt. Wer in einen DAX-ETF investiert, besitzt damit indirekt ein kleines Stückchen des erfolgreichsten deutschen Softwarehauses.

Einzel- versus Gruppenrisiken

Durch einen Vergleich der erfolgreichen SAP mit der betrügerischen Wirecard AG, die im September 2018 bis zu ihrem Ruin in den DAX aufgenommen worden war, erkennt man übrigens den Unterschied von Einzel- versus Gruppenrisiken. Während der gesamte DAX seit Jahresbeginn “nur” um 14 Prozent stieg, wuchs der Börsenwert des Walldorfer Softwareunternehmens allein im selben Zeitraum um satte 50 Prozent!

Umgekehrt implodierte der Börsenwert der Wirecard AG von seinem Spitzenwert im Sommer 2018 im Jahr 2020 völlig, als ein Betrug unvorstellbaren Ausmaßes aufflog. Die Anleger verloren so gut wie alles – bis heute laufen Gerichtsprozesse. Doch der DAX als Ganzer – und damit auch ein DAX-ETF – stieg nach dem Corona-Crash sogar.

Wer also alles auf eine Karte setzt, kann mehr gewinnen – aber auch verlieren. Indem man sein Geld über verschiedene Bereiche und Anlageformen streut, lassen sich die Risiken abfedern. Mit den gängigen ETFs geht das einfacher und günstiger als je zuvor. Dabei schadet es nicht, einen Blick auf die Verwaltungskosten (idealerweise deutlich unter 1 Prozent pro Jahr) zu werfen. Bei kleinen Investitionen über einen Sparplan sollten die Transaktionskosten niedrig oder sogar gratis sein, weil sie sonst die Gewinne auffressen.

Am Anfang wird man sich – leider – auch mit ein paar steuerrechtlichen Fragen auseinandersetzen müssen. Fortgeschrittene können sich mit dem Unterschied synthetischer und physischer, thesaurierender oder ausschüttender ETFs auseinandersetzen. Für die meisten Anleger wird das aber keine Rolle spielen. Die sollten vor allem aufpassen, nicht an einen fragwürdigen Anbieter zu gelangen.

Zum Nachdenken

In der existenzialistischen Philosophie gelangte man zur Feststellung, dass man eigentlich nicht nichts tun kann – denn selbst dann verhält man sich irgendwie zur Welt. In diesem Sinne sind wir alle zur Freiheit verdammt (Sartre).

Ähnlich verhält es sich mit dem Geld: Da dessen Tauschwert von externen Faktoren wie den Entscheidungen von Notenbanken abhängt, ist auch ein Nichtstun – wie auf dem Konto, im Sparstrumpf lassen – folgenreich. In Zeiten von hoher Inflation und niedrigen Zinsen ist der Wertverlust dann bestenfalls schleichend, doch trotzdem garantiert.

Ich habe hier ein paar Anregungen zum Nachdenken gegeben. Die Verantwortung für seinen Besitz muss jeder und jede für sich selbst übernehmen.

Natürlich steckt hinter unserem kapitalistischen System eine große soziale Ungerechtigkeit: manche arbeiten hart und treten auf der Stelle oder gleiten sogar in die Armut, andere arbeiten hart und bringen es zu Wohlstand, manche haben einfach “Glück” und treffen im richtigen Moment eine gute Entscheidung und manche erben einfach ein großes Vermögen und bekommen dabei sogar noch mit Steuerschlupflöchern Hilfe vom Staat.

In Deutschland kann man sich ja nicht einmal unter sozialdemokratischer Führung auf eine Vermögenssteuer oder gerechte Erbschaftssteuer einigen, mit der sich die Ungerechtigkeit reduzieren ließe.

Arm und Reich

Dass, wie es so oft heißt, die Schere zwischen Armen und Reichen immer weiter auseinandergeht, hat aber auch viel mit dem Thema dieses Artikels zu tun: Wir sehen seit Jahrzehnten einen enormen Anstieg der Preise von Sachwerten – darunter Rohstoffe und Edelmetalle, Immobilien (indirekt auch die Mieten) und Aktien (Unternehmen). Wer an diesem Anstieg nicht teilhat, wird relativ gesehen ärmer.

Wenn schließlich die Lebenserhaltungskosten steigen, kann die Luft dünner werden. Dazu vielleicht eine Krankheit, Arbeitslosigkeit oder ein Schicksalsschlag – und auf einmal wird man aus der Wohnung geklagt und muss weiter wegziehen oder steht sogar als Obdachloser da.

So gut wie alles gehört irgendwem. Für viele unsichtbar fließt darum selbst beim Besuch in der Kneipe, beim Friseur oder im Supermarkt ein Teil seines Geldes an den Eigentümer der Immobilie – eben über die Mietpreise. Und die steigenden Mieten treiben wiederum die Inflation, da Wirte, Friseure und Einzelhändler ihre Kosten für Waren und Dienstleistungen natürlich an die Endverbraucher weitergeben müssen, um wirtschaftlich arbeiten zu können.

Demnach verdient beim Bestellen eines Bieres und sogar beim Arztbesuch wegen einer Grippe derjenige mit, der rechtzeitig bestimmte Sachwerte erworben hat. Es klingt nicht nur zufällig wie ein Monopolyspiel. Der Kapitalismus funktioniert schon gut – für diejenigen, die Kapital haben und damit umgehen können.

Niemand weiß heute, ob der DAX, der Goldpreis, die Immobilien oder irgendein anderer Wert weiter steigen wird – aber wer nicht dabei ist, der ist halt nicht dabei.

Hinweis: Dieser Artikel dient nur der allgemeinen Information und stellt keine persönliche Anlageberatung dar. Der Autor übernimmt darum keine Haftung für Ihre Entscheidungen.

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6 Kommentare

  1. Wirtschaft ist einfach: China pflanzt Bananen und verteilt sie als Almosen auf die Käfige im globalen Zoo, dort lausen sich die Affen gegenseitig im Austausch dafür und so werden die Bananen umverteilt. Weil sie gar nicht so viel fressen können, wie sie lausen wollen, basteln sie sich aus Pelzhaaren und Kacke Bananengutscheine namens Geld, so haben sie auch dann das Gefühl, immer fetter zu werden, wenn sie sich die Gutscheine in der Ecke stapeln. Die Beschäftigungstherapie ist notwendig, weil die Äffchen nur dann einander nicht umbringen und auffressen, wenn sie sich gegenseitig dafür bestechen, nett zueinander zu sein. Das Gefühl, einander zu brauchen, hält die Affengang zusammen und der ganze Affenzirkus hat einen Riesenspaß.

    Könnte man so lassen, aber A) die Betteläffchen nehmen das ganze Spiel viel zu ernst und neigen dazu, die Verlierer als „Sozialfälle“ zu lynchen, ohne dass irgendein Anlass dafür bestünde, denn schließlich sind sie ja alle Sozialfälle. Und B) China will im Austausch für seine Bananen alle Mittel, um Bananen herzustellen, die dummen Äffchen rücken sie liebend gerne raus, weil sie dann nicht selber schuften müssen, und so geraten sie in eine ähnliche Zwangslage wie Natascha Kampusch: Sie werden de facto zu Sklaven des einzigen Versorgers, und der ist nicht gerade der Typ liebender Papa.

    Und natürlich C): Geld lässt sich in unendlichen Mengen herstellen, doch im Gegensatz zu Bananen verschwindet es nicht wieder. Die Affen entsorgen es auf einer Mülldeponie namens Börse, wo die Inflation, aufgrund eher dürftigen Verständnisses von Buchhaltung bei den meisten Primaten, irrtümlich als Profite verbucht wird. Doch damit spielen sie einfach unbekümmert weiter, erzeugen ein Spiel, bei dem sie so tun, als gäbe es unendlich viele Äffchen, die immer mehr Bananen bräuchten, obwohl es nur noch um SIMS-Affen und SIMS-Bananen geht. Die Umverteilung realer Bananen spielt immer weniger eine Rolle, also bekommen auch viele Äffchen aus Versehen keine, werden wütend und machen Randale, und deswegen geht es nicht mehr nur um Bananen, sondern auch um Keulen, denn schließlich ist die Keule der universelle Joker im Ärmel, der jedes Spiel gewinnen kann. Und wenn China zufällig weniger Bananen in den Käfig wirft, zeigt sich halt der wahre Wert von Gutscheinen – sind bloß Versprechen, die jemand erfüllen muss. Und wer pflanzt Ihnen schon Bananen, wenn Sie sich schon mit dem Versprechen von Bananen reich und fett fühlen?

    Schätze mal, Wirtschaft hat auch ihren Stolz und wenn Sie diesen Blödsinn „Wirtschaft“ nennen, ist sie beleidigt und geht weg.

  2. @Paul S: Also das ist nicht das Diskussionsniveau, das ich mir für MENSCHEN-BILDER wünsche; das kann man nicht einmal als Polemik durchgehen lassen; eine Auseinandersetzung mit dem Thema ist für mich nicht erkennbar.

  3. Normale Menschen können durch Aktien nur verlieren. Diese Seite fehlt in dem Text: Die Vorherrschaft der Aktionäre der letzten Jahrzehnte führt zur Finanzialisierung der Unternehmen. Produkte und Arbeitsbedingungen werden schlechter, um mit kurzfristig besseren Quartalszahlen die Börsen zu befriedigen.

    Gleichzeitig ist die Frage, woher das Geld an der Börse kommt. Von anderen Anlegern. Steigende Kurse bedeuten, dass mehr Menschen mehr Geld für Aktien bezahlen. Wie in einem Pyramidensystem. Und wie in einem Pyramidensystem kommen die Probleme, wenn die Leute ausgezahlt werden wollen. Dann muss jemand anderen die Aktien auch wirklich zu dem Preis kaufen, den der Kurs verspricht.

    Das Machenrothsche Theorem besagt aber, dass “aller Sozialaufwand immer aus dem Volkseinkommen der laufenden Periode gedeckt werden muß. Es gibt gar keine andere Quelle und hat nie eine andere Quelle gegeben, aus der Sozialaufwand fließen könnte, es gibt keine Ansammlung von Periode zu Periode, kein ‚Sparen‘ im privatwirtschaftlichen Sinne, es gibt einfach gar nichts anderes als das laufende Volkseinkommen als Quelle für den Sozialaufwand […] Kapitalansammlungsverfahren und Umlageverfahren sind also der Sache nach gar nicht wesentlich verschieden. Volkswirtschaftlich gibt es immer nur ein Umlageverfahren.”

    Individuell kann man vielleicht seine Rente mit Aktien aufbessern – aber eben auf Kosten der Leute, die sich keine Aktien leisten können. Dann sogar dreifach: Das Geld aus den Aktien fehlt im Umlageverfahren und die Finanzialisierung verschlechtert ihre Arbeitsbedingungen und die Produkte gehen schneller kaputt.

    Aktien bleiben Umverteilung von unten nach oben. In dem Punkt Stimme ich ihren Artikel zu. Man kann sich aber nicht aussuchen, ob man unten oder oben ist.

  4. @Voß: Gewinne mit Wertpapieren

    Normale Menschen können durch Aktien nur verlieren.

    Wenn ein “normaler Mensch” Anfang des Jahres z.B. mit einem DAX-ETF in die deutsche Wirtschaft investiert hätte oder mit Xetra-Gold Gold gekauft hätte – dann stünde er oder sie jetzt ca. 15 bzw. 25 Prozent im Plus.

    Da es sich um liquide, an der Börse gehandelte Werte handelt, könnte er/sie diese Wertpapiere nun jederzeit verkaufen – je nach Broker zu geringen Gebühren (z.B. 10 Euro oder weniger pro Transaktion).

    Wo ist mein Denkfehler?

    Mit einem DAX-ETF z.B. muss man gerade keine Entscheidung treffen, welchem Einzelunternehmen man vertraut. Etwa mit Mercedes-Benz (ca. -13 Prozent) sähe das zurzeit nicht gut aus, weil Chinesen weniger dicke Benziner wollen, als man sich das in Deutschland dachte.

  5. @Voß: Pyramidensystem

    Gleichzeitig ist die Frage, woher das Geld an der Börse kommt. Von anderen Anlegern. Steigende Kurse bedeuten, dass mehr Menschen mehr Geld für Aktien bezahlen. Wie in einem Pyramidensystem.

    Genau aus diesem Grund kritisierte ich “Kryptowerte” – und investiere auch schon seit Jahren nicht mehr in sie. Da es hierfür immer noch keine sinnvolle Anwendung gibt (sofern man kriminelle Machenschaften nicht als “sinnvoll” ansehen will) und sich beliebig viele solcher “Coins” schaffen lassen, besteht meiner Meinung nach der einzige Grund für eine Wertsteigerung in dem Glauben, dass später jemand mehr dafür bezahlen wird.

    Diesen Vorwurf könnte man am ehesten noch Gold machen. Gold hat aber eine Jahrtausende alte Geschichte des Werterhalts. Viele, die in das Edelmetall investieren, wollen schlicht ihr Erarbeitetes sichern. Was ist daran falsch?

    Bei Aktien seriöser Unternehmen ist Ihr Einwand völlig daneben: Man investiert, weil man an deren Gewinnschöpfung teilhaben will (über Dividenden) und/oder weil man davon ausgeht, dass das Geschäftsmodell funktionieren und das Unternehmen weiter wachsen wird – stärker, als es der Konsens an der Börse heute erwartet, denn die heutigen Erwartungen sind bereits im Kurs reflektiert.

    Anders ist das bei sogenannten “Meme-Aktien”, die grundlos hoch gehypet werden, weil z.B. jemand wie Elon Musk einen entsprechenden Tweet postet. Wer dafür sein Geld hergibt, betreibt meiner Meinung nach Glücksspiel, wie bei den “Kryptowerten”.

    Meiner Meinung nach haben Sie Börse nicht verstanden. Macht nichts. Mit meinem Artikel und meinen Antworten (alles gratis) können Sie Ihr Wissen auffrischen. Trotzdem freue ich mich über Ihre kritischen Einwände.

  6. @Voß: Aktien und Umverteilung

    Aktien bleiben Umverteilung von unten nach oben. In dem Punkt Stimme ich ihren Artikel zu.

    Da haben Sie meinen Artikel missverstanden: Die Umverteilung findet (über steigende Preise von Sachwerten) von den Besitzlosen zu den Besitzenden statt. Aktien (am sichersten über ETFs) bieten eine Chance, zu den Besitzenden zu gehören (sonst ginge es z.B. auch über Immobilien, physisches Gold, Schmuck usw., alles mit eigenen Vor- und Nachteilen). Diese Chance lassen Sie mit Ihrem Denken fallen.

    Ich habe 1998, als ich zum ersten Mal wählen durfte, für die rot-grüne Bundesregierung (Gerhard Schröder) gestimmt. Ich denke, dass viele damals glaubten, dadurch würde die soziale Gerechtigkeit zunehmen. Was tatsächlich kam, waren Privatisierung, Deregulierung, “der Markt macht’s”, in der Bildung die Bologna-Bolognese mit Standardisierung und Gleichmacherei (und, anderes Thema, Kriegseinsätze der Bundeswehr).

    Wenn Sie nicht nur meckern, sondern eine bessere (und praktikable!) Alternative aufzeigen würden, kämen wir vielleicht weiter.

    Man kann sich aber nicht aussuchen, ob man unten oder oben ist.

    Das stimmt leider zu einem großen Teil; doch auch dann, wenn man wenig hat, kann man daraus mehr oder weniger machen.

    Finanziell kann oft z.B. schon ab nur 50 Euro im Monat ein ETF-Sparplan sinnvoll sein. Stimmt, selbst diesen kleinen Betrag wird jemand mit Hartz IV wahrscheinlich nicht übrig haben. Viele andere aber schon.

    P.S. Wenn mir jemand das, was in meinem Artikel steht, gesagt hätte, als ich für Schröder stimmte (also 18 Jahre alt war), dann könnte ich heute (44 Jahre) schon in “Ruhestand” gehen. So dauert’s etwas länger.

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