“Ein Philosoph muss sehr nah bei denjenigen sein, die denken, den Menschen in der Praxis”

Mein Ex-Kollege Hans Harbers über das Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik und was eine praxisbezogene Philosophie dazu beitragen kann

Hans Harbers (Jahrgang 1954) promovierte 1986 über die Beziehung zwischen Wissenschaft und Politik. 1989 wurde er Assoziierter Professor für Philosophie der Wissenschaft, Technologie und des Zusammenlebens an der niederländischen Universität Groningen.

Aus Unzufriedenheit mit dem akademischen Betrieb kündigte er 2012 den Forschungsteil seiner Stelle, um mehr Zeit in die Organisation öffentlicher Debatten zu investieren. Am 1. September 2019 verließ er die Universität dann ganz, um bis zum Eintritt in das Rentenalter (für ihn mit 66 Jahren und vier Monaten) etwas ganz Praktisches zu machen: Er wurde Putzmann und reinigte die Wohnungen hilfsbedürftiger Menschen.

Obwohl wir an ähnlichen Themen arbeiteten, begegneten wir einander in zehn Jahren vielleicht ein Dutzend Mal. Unterschiedliche Fakultäten – hier: Verhaltens- und Sozialwissenschaften, dort: Philosophie – sind doch unterschiedliche Welten. Typisch niederländisch war man schnell per Du. Hans erinnerte mich äußerlich immer an Mick Jagger von den Rolling Stones. Sein inhaltsstarkes Auftreten wurde stets durch seine Körpergröße sowie seine raumfüllende Stimme unterstrichen: Wenn er das Wort ergriff, hörte man automatisch zu.

Über einen Artikel in unserer Universitätszeitung erfuhr ich von seiner Tätigkeit als Putzmann. Ich freue mich sehr, dass er für ein Interview für meine deutschsprachigen Leserinnen und Leser zur Verfügung steht. Für Fotos von Hans beim Putzen sei auf den Artikel in der Unizeitung verwiesen, da wir diese hier aus lizenzrechtlichen Gründen nicht zeigen können.

Trotz der ernsthaften Themen wirkte Hans immer fröhlich. Diesen Eindruck vermittelte er auch beim folgenden Gespräch. Im ersten Teil des Interviews geht es um das Verhältnis zwischen Wissenschaft, Philosophie und Politik. Im zweiten Teil erfahren wir mehr darüber, warum Hans Harbers schließlich den Universitätsbetrieb verließ und Putzmann wurde.

Frage: Hans, für jemanden mit deinem Erfahrungshorizont habe ich gleich am Anfang eine sehr einfache Frage: Was ist eigentlich die Aufgabe eines Philosophen in der Gesellschaft?

Hans Harbers: [lacht] Ich habe erst kürzlich wieder einen Kurs für Manager gegeben. Da sagte ich zum Einstieg: Wir Philosophen stellen Fragen. Wir geben keine Antworten. Wir hinterfragen vor allem die “Frames” unseres Denkens, also den begrifflichen Rahmen, in dem wir oft festsitzen. Damit kreieren wir Denkraum, Raum für freie, neue Gedanken. Auf meiner Homepage spreche ich auch vom Querdenken, vom Mit- und Gegendenken.

Darum muss der Philosoph sehr nah bei denjenigen sein, die denken, den Menschen in der Praxis. Eine Kollegin aus Amsterdam, Professorin Annemarie Mol, sprach einmal von “praktischer Metaphysik”. Auch eine Krankenschwester oder eine Ärztin haben ein Weltbild, eine Metaphysik, und praktizieren dies implizit. Ein Philosoph untersucht dies, befragt dies – und macht es explizit.

Und wie verhält sich das zu dem, was die meisten Philosophen heute an der Universität tun?

Leider sehr schlecht. Das war genau der Grund, warum ich 2012 den Forschungsteil meiner Stelle kündigte. Die allermeisten Kolleginnen und Kollegen schrieben und schreiben immer nur für andere Philosophen.

Unser Institut gehörte immer zur Weltspitze. Doch wie wurde das gemessen? Das weißt du wahrscheinlich besser als ich: Es ging nur um Publikationen in Fachzeitschriften. Dieses System funktioniert vielleicht für die Medizin und die Lebenswissenschaften, wie wir gerade in der Corona-Krise wieder sehen. Da müssen neueste Forschungsergebnisse international ausgetauscht werden.

Bei der Philosophie ist das aber doch anders. Im Endeffekt suchen akademische Philosophen nur noch nach den Antworten für Fragen, die sie einander stellen. Historisch kommt man dann zu Fragen wie: “Was hat Hegel über Kant gesagt?” Und dann später: “Was sagte dieser Hegel-Schüler über Hegel über Kant?” Aber auch in der zeitgenössischen Philosophie sehen wir dasselbe Muster, beispielsweise die zigste Interpretation von John Rawls’ Gerechtigkeitstheorie. Oder Philosophen, die am Autonomiebegriff puzzeln.

Für mich fügte das wenig Neues hinzu. Man kann endlos so weitermachen, doch eigentlich geht es dann um nichts. Da spiele ich lieber mit einem richtigen Puzzle. Was soll das Ganze, wenn man die Untersuchungen zur Autonomie nicht auf die “praktische Metaphysik” bezieht, also was das beispielsweise für die Krankenschwester bedeutet, die sich um hilfsbedürftige Patienten kümmert? Oder denk an die Diskussion zur Sterbehilfe.

Wenn deine Überlegungen zum Autonomiebegriff in solchen Zusammenhängen nichts bedeuten, dann geht es eigentlich um heiße Luft. Meinem Eindruck nach drehen sich 80% der philosophischen Forschung um heiße Luft. Und dabei wollte ich nicht mehr mitmachen.

Haben Philosophen deiner Meinung nach eine besondere Verantwortung gegenüber ihren Studentinnen und Studenten? Oder geht es im Endeffekt um dieselben Gedanken, wie du sie für die Gesellschaft ausgeführt hast?

Philosophieunterricht finde ich sehr wichtig. Darum habe ich diesen Teil meiner Anstellung – neben finanziellen Gründen – länger behalten. Dabei denke ich nicht nur an unsere eigenen Philosophiestudenten, die doch oft die Neigung hatten, sich in den rein begrifflichen Fragen zu verkriechen.

Am schönsten fand ich immer den Unterricht für Studierende anderer Fakultäten. Die bezogen die philosophischen Gedanken schnell auf Fragen ihrer eigenen Disziplinen: Was bedeutet das für die Psychologie, die Chemie oder was auch immer? In interdisziplinären Kursen haben wir uns beispielsweise mit den Pressekonferenzen führender Politiker und Wissenschaftler beschäftigt. Die haben wir mit philosophischen Mitteln der Begriffsanalyse auseinandergenommen und so Aussagen über Fakten und Werte auf den Zahn gefühlt. Dadurch lernten die Studierenden die Bereiche besser kennen, in denen sie selbst bald als Fachleute arbeiten würden.

In diesem Zusammenhang spreche ich oft von einem “begrifflichen Werkzeugkasten”, den man auf die Welt loslassen kann. Manchmal braucht man einen Schraubenzieher, manchmal eine Säge, manchmal einen Hammer. Das hängt ganz vom Problem ab, mit dem man sich beschäftigt. Mir ist wichtig, diese Werkzeuge auf konkrete Probleme anzuwenden, während sich die akademische Philosophie allein mit dem Werkzeugkasten beschäftigt.

Daran schließt meine nächste Frage gut an. In deiner 1986 abgeschlossenen Doktorarbeit beschäftigtest du dich nämlich mit der Verbindung zwischen Wissenschaft und Politik. Was war damals deine Schlussfolgerung und wie siehst du das heute?

Ich untersuchte damals eine konkrete Fallstudie, nämlich die Diskussion über ungleiche Bildungschancen. Nach meiner Ausbildung zum Bildungssoziologen war ich mit der empirischen Forschung und der theoretischen Diskussion bestens vertraut.

Im Vergleich der – übrigens schon sehr alten – politischen Diskussion mit der wissenschaftlichen Forschung zum Thema fiel mir auf, dass Politik und Wissenschaft Hand in Hand gingen, wenn sie von denselben Grundannahmen ausgingen. Das schließt an die “Frames” an, die ich vorher schon erwähnte, den gedanklichen Rahmen. Konkret ging es um die meritokratische Ideologie, also die Überzeugung, dass Leistung belohnt wird. Unter dieser Voraussetzung ließ sich zeigen, dass wissenschaftliche Studien politische Entscheidungen unterstützten.

Sobald man die meritokratische Ideologie selbst aber hinterfragte, wurden auch die wissenschaftlichen Ergebnisse in Zweifel gezogen, denn diese basierten ebenfalls auf dem meritokratischen Denken. So konnte ich zeigen, dass die wissenschaftliche Forschung – hier konkret: die Bildungssoziologie – vielmehr eine philosophische als eine empirische Rolle spielte.

Meine Schlussfolgerung war somit, dass das Verhältnis von Wissenschaft und Politik von dem begrifflichen Rahmen abhängt, in dem sie sich bewegen. Mir ging es auch darum, dass die Wissenschaft nicht nur stur technokratisch die Vorgaben aus der Politik ausführt, sondern auf der begrifflichen Ebene miteinbezogen wird.

Das war 1986. Für mich hört sich das aber auch im Jahr 2020 nach einer sehr aktuellen Fragestellung an. Vielleicht sind die “Frames”, die begrifflichen Rahmen, heute vielleicht sogar noch wichtiger als damals. Wie siehst du das?

Absolut! Dahinter steckt natürlich auch die Beziehung zwischen Technokratie und Demokratie. In einer Technokratie gibt es eine eindeutige Aufgabenverteilung zwischen Politik und Wissenschaft.

Ein hervorragendes Beispiel hierfür ist der niederländische Virologe Jaap van Dissel in der Corona-Pandemie. Der behauptet felsenfest, für den Nutzen von Schutzmasken gebe es keine harten wissenschaftlichen Beweise. Daher könne er das Tragen der Masken auch nicht empfehlen. Politiker beziehen dann aber auch andere Fachleute ein, etwa aus der Psychologie und Soziologie. Diese heben beispielsweise hervor, dass das Tragen der Schutzmasken die Menschen daran erinnert, sich an die Sicherheitsregeln zu halten.

Zwischen Politik und Wissenschaft bleibt so ein Spannungsverhältnis bestehen, das sich nicht ohne Weiteres auflösen lässt. Die amerikanische Sozialwissenschaftlerin Sheila Jasanoff hat aufgezeigt, dass diese Felder nicht zu nahe beieinander sein sollten – aber auch nicht zu weit voneinander entfernt. In diesen beiden Fällen geht es schief.

Aus ihrer Sicht muss immer eine Spannung bestehen und genau dieses Grenzgebiet finde ich so interessant. Mit meinen Studentinnen und Studenten habe ich dann auch verschiedene Beratungsgremien besucht, die die Aufgabenverteilung zwischen Politik und Wissenschaft anders interpretierten.

Das ist ein Thema für sich. Aus meiner Perspektive haben aber sogar die Gremien, die für sich beanspruchen, rein wissenschaftlich zu arbeiten, bestimmte Grundannahmen und Theorien, die eher philosophisch begründet sind. Siehst du hier einen Ausweg oder bleibt Spannungsfeld für immer erhalten?

Ich finde es eigentlich gar nicht so schlecht, wie wir das in den Niederlanden gelöst haben. Zum 25. Jubiläum unseres “Wissenschaftlichen Rats für politische Führung” (WRR) hat der berühmte französische Wissenschaftssoziologe Bruno Latour eine Festrede gehalten. Darin erklärte er, dass so eine Institution in Frankreich undenkbar wäre, und pries er unser “Poldermodell”.

Das heißt, dass wir sehr viele Meinungen zu Wort kommen lassen, sowohl von wissenschaftlicher als auch von politischer Seite, dass wir beinahe endlos gesellschaftliche Interessenvertreter miteinbeziehen. Natürlich führt das zu einer gewissen Trägheit. Im internationalen Vergleich kommen so aber Entscheidungen zustande, die auf der größtmöglichen Unterstützung von verschiedenen Parteien basieren.

Daher finde ich es auch gar nicht schlimm, dass wir unterschiedliche Beratungsgremien haben, die alle zu unterschiedlichen, teilweise sogar entgegengesetzten Ergebnissen kommen. Im Gegenteil! Dass wir diese verschiedenen Sichtweisen institutionalisiert haben, halte ich für sehr wichtig.

Ich halte es vor allem für wesentlich, dass man seine Grundannahmen, sozusagen seine “Unternehmensphilosophie”, als solche offenlegt und nicht für sich beansprucht, die Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu verbreiten. Denn das führt schnell zu Dogmatismus und sinnlosen Wortgefechten.

Genau! Und hier kann die Philosophie einen wichtigen Beitrag leisten. Solche Analysen lernen unsere Studierenden. Daher bekam ich nach vermittelten Praktika in die genannten Beratungsgremien oft die Rückmeldung: “Schick uns noch einmal so jemanden vorbei!”

Solche Praktikantinnen und Praktikanten könnten gut nachdenken, gut schreiben, dabei die Grundannahmen sauber herausarbeiten und so weiter. Scheinbar nutzt es also doch, die zig Interpretationen von Hegel und Kant zu studieren. [lacht] So lernt man gutes und kritisches Lesen und Denken. Oder, wissenschaftlicher formuliert, Signal und Rauschen voneinander zu trennen.

Überrascht es dann aber nicht, dass so wenige Philosophinnen und Philosophen in der Politik sind?

Das stimmt. Wobei unsere Absolventen durchaus politisch aktiv sind. Im Stadtrad von Groningen sitzen beispielsweise gerade zwei meiner früheren Studenten.

Ich dachte eher an Parlamentarier und Minister. Das scheinen viel häufiger Betriebswirte und Anwälte zu sein.

Ja – aber denken wir noch einmal an das von Jasanoff beschriebene Spannungsfeld zwischen Politik und Wissenschaft. Man muss als Philosoph aufpassen, sich nicht zu stark von einer Seite vereinnahmen zu lassen.

Um den begrifflichen Werkzeugkasten, von dem ich sprach, gut anwenden zu können, bedarf es einer gewissen Unabhängigkeit. Das ist für einen Politiker im Rampenlicht schwierig. Die Philosophinnen und Philosophen arbeiten daher eher in beratender Funktion in den Büros. Das mache ich hin und wieder auch. Würde ich aber ins politische Tagesgeschäft einsteigen, dann wäre meine philosophische Unabhängigkeit schnell verloren.

Im zweiten Teil wird es um die konkreten Gründe gehen, aus denen Hans Harbers die Universität schließlich ganz verließ, und was er in seiner Zeit als Putzmann über die Gesellschaft lernte.

Hinweis: Dieser Beitrag erscheint auch auf Telepolis – Magazin für Netzkultur. Titelgrafik: jmexclusives auf Pixabay.

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Die Diskussionen hier sind frei und werden grundsätzlich nicht moderiert. Gehen Sie respektvoll miteinander um, orientieren Sie sich am Thema der Blogbeiträge und vermeiden Sie Wiederholungen oder Monologe. Bei Zuwiderhandlung können Kommentare gekürzt, gelöscht und/oder die Diskussion gesperrt werden. Nähere Details finden Sie in "Über das Blog". Stephan Schleim ist studierter Philosoph und promovierter Kognitionswissenschaftler. Seit 2009 ist er an der Universität Groningen in den Niederlanden tätig, zurzeit als Assoziierter Professor für Theorie und Geschichte der Psychologie.

80 Kommentare

  1. Philosophen sind diejenigen, die für andere denken. Die Philosophie gehört deshalb zu den Dienstleistungen, die aber schlecht entlohnt wird. Wie die Maler bekommen sie ihre Würdigung erst nach ihrem Tode. Geschieht das noch zu Lebzeiten, dann ist Vorsicht angezeigt, denn dann haben sie sich vielleicht schon mit dem Mainstream arrangiert.

  2. @Stephan

    »Typisch niederländisch war man schnell perdu.«

    Das perdu könnte sprachphilosphisch etwas irritieren, findest Du nicht?

  3. Stephan Schleim,
    machen Sie eine Unterscheidung zwischen den Geschlechtern? Wie ist es erklärbar, dass es so wenige Philosophinnen gibt.
    Und….. sehen sie die Verbindung zur Psychologie oder mehr zur Soziologie als wichtig für philosophische Einsichten an ?

    [Bitte diskutieren Sie hier nicht mit Nutzern mit Hausverbot. Danke. S. Schleim]

  4. Die Philosophie beschäftigt sich wahrscheinlich mit der SINN Gebung von Gedanken während die Psychologie sich mit der Interpretation von Gedanken befasst. Der Buddhismus taucht noch tiefer und sucht ihre Herkunft.
    Descartes :”Ich denke also bin ich” , ist so gesehen falsch, da das Denken keine philosophische Kategorie ist…

  5. @hwied: Denker

    Interessanter Vergleich, das mit den Künstlern…

    …aber ich würde sagen, dass die Menschen schon selber denken müssen (war da nicht einmal etwas mit Vernunftbegabung, homo sapiens und so?).

    Philosophen können idealerweise Denkmuster aufzeigen, Systematik ins Denken bringen, nützliche von unnützen Denkmustern unterscheiden. Doch ich fürchte, dass das in der Praxis eher die (gut und philosophisch ausgebildeten) Yogalehrer machen müssen, weil man sich da im Elfenbeinturm zu fein für ist.

  6. @hwied: Geschlechterunterschiede

    Nun ja, ich unterscheide nicht so sehr die Geschlechter; die Gesellschaft tut es.

    Um Ihre Frage zu beantworten, müsste man sich erst einmal darauf einigen, wer als Philosophin zählt. Für die Uni-Lehrstühle in Deutschland gilt das aber leider so. Und wenn es dann eine weibliche Kollegin gibt, dann hat die oft ein sogenanntes “Frauenfach” wie Ethik, Philosophie der Sozialwissenschaften oder Philosophie der Emotionen.

    Die institutionalisierte Philosophie ist leider oft ein Männerclub. Übrigens war aber eine Philosophin dafür hauptverantwortlich, dass ich im Philosophiestudium geblieben bin, in das ich eher zufällig hereingerutscht war.

    Die Laufbahn als Philosoph(in) ist sehr riskant. Anders als in vielen anderen Fächern gibt es nicht unbedingt ein zweites Standbein. Am besten hat man schon reich geerbt o.ä. Allein das schreckt schon viele ab, die bei Sinnen sind. Im Lehramtsstudiengang Philosophie gab es meiner Erinnerung nach sehr viel mehr Frauen als im Magisterstudiengang.

  7. @Querdenker: Philosophie, Psychologie…

    Ich weiß nicht, ob ich dem zustimmen kann. Man spricht ja z.B. auch von buddhistischer Philosophie und Psychologie. Dann käme man mit den Kategorien durcheinander. Zudem ist die Psychologie auch historisch aus einem Teil der Philosophie entstanden, sind die Grenzen hier also ohnehin vage.

    Vielleicht könnte man sagen, dass sich die Philosophie mit allgemeineren, abstrakteren Fragen des Denkens beschäftigt; die Psychologie mit dem eher individuellen Denken (und Wahrnehmen und Fühlen und Verhalten) und die Soziologie mit den gesellschaftlicheren Aspekten.

    Dass “Denken” keine philosophische Kategorie ist, könnten Sie einem “Philosophen des Geistes” wahrscheinlich nur schwer vermitteln.

  8. @Fachgebiete

    Nun ja, so schön wie die Fachgebiete Physik, Chemie, Biologie und Medizin aufeinander aufbauen, haben wir es bei Philosophie, Psychologie und den Sozialwissenschaften nicht. Dazu gesellt sich wohl noch Theologie und Religionswissenschaft. Und neuerdings drängen sich auch Psychiater, Genetiker und Hirnforscher noch dazwischen.

    Das scheint mir ganz schön unübersichtlich geworden zu sein. Ich selbst bin kein ausgebildeter Wissenschaftler, und interessiere mich doch für allerhand, vor allem wenn es mit meinem eigenem Menschsein zu tun hat und wenn es um Kenntnis und Verständnis des Kosmos geht.

    Wobei die Philosophie noch die allgemeinste Disziplin zu sein scheint, die in einigen Bereichen direkt in die Mathematik übergeht. Insofern bildet Philosophie und Mathematik, wenn sie als Geisteswissenschaft verstanden wird, die Grundlage für alle anderen Disziplinen, was die Methodik angeht.

    Aber was jetzt dann noch wesentlich ist, ist natürlich die Beobachtung der realen Welt, inclusive des Menschen in allen seinen Dimensionen. Die Evidenz systematischer Untersuchungen ist genauso wesentlich wie die Methoden der Verarbeitung, aber auch unser Weltwissen und unsere ganz persönlichen Erfahrungen sind unbedingt maßgeblich, auch wenn sie weder repräsentativ noch wiederholbar sind. Hier bin ich als Nichtwissenschaftler wohl auch relativ ungebunden, und kann meinen persönlichen Erfahrungen einen größeren Raum geben.

    Der Mensch als erkennendes Subjekt ist zugleich auch Objekt der Forschung, und die organisierte Kultur der methodischen Forschung wiederum Folge der Erkenntnis des erkennenden Subjektes. Was soll man da machen, das ist eben etwas unübersichtlich.

  9. @ Schleim

    Dass “Denken” keine philosophische Kategorie ist, könnten Sie einem “Philosophen des Geistes” wahrscheinlich nur schwer vermitteln.

    Naja, wenn man “Denken” auch ausschliesslich auf “Kognition” reduziert, dann funktionieren eigendlich nur noch Logik-Disziplinen.
    Dabei kann man den “Geist” auch aus das mentale erweitern. Nicht jeder Gedanke ist voller scharfer begriffe und präzisen Sprachgebrauch, aber das macht das Denken nicht weniger Wert, wenn es zum konitiven Teil auch fühlt und Empfindet.
    Weil man letztlich nur aus dem Sein herraus schaut. Nicht aus dem Logarythmus ins Sein hinein.

    Wie Desscartes das eigendlich meinte, mit seiner auf Schlagworte reduzierter Aussage, das werden wir wohl nie mehr herrausfinden. Denken allein, wie es mit logischer und begrifflicher Kognition verknüpft ist, wäre aber eben zu wenig, um das “Sein” als Ganzes für gegeben bewiesen zu meinen.

    Aber weil man in der sekulären Welt diese spirituelle Ebene sowieso nigiert und für obsolet hält, geht da schnell der “Gedanke mit einem durch”… Verhaltenspsychologisch könnte man das “Übersprungsverhalten” nennen, wenn aufgrund unzureichendem Rechtfertigungsfundament Entsdcheidungen gefällt werden…. also “vorgesprescht” wird.

    Ob Descartes wirklich so genial war, wie man es ihm nachsagt, kann auch täuschen. Manchmal bewundert man Menschen, die einfach banalstes nur originel neu aufkochen. Eine geschickte Analogie hier, eine schlagfertige Widerlegung dort, dann noch einen schönen Aphorimus oben drauf und manch Rezipient ist gleich aus dem Häuschen.

    Kognition ist oft auch völlig überbewertet. Auch, wenn Sprache und pragmatische Vernunft von Vorteil sind, ist ein Leben in der reinen, intrinsischen Logokratie doch erbärmlich, oder?

    Praktische Vernunft ist da dann doch auch was anderes als der reduktionistische Pragmatismus und Logarythmus.
    Und die ist dann immer auch begleitet vom Sein in Welt.. mit dem Fühlen der Welt.
    Insofern: Der Professor, der sein Amt aufgab, weil der selbsreferenzielle Kreislauf der akademischen Philosophie zu abgehoben ist, um die Wirklichkeit noch zu integrieren…

    Aber aus eigener Erfahrung weiß ich, das unter bestimmten BEdingungen es gar kein Zurck mehr gibt. Und der allgemeine, kategorische Optimistismus will es ja, das es nur nach Vorne geht, weiter, als bisher und möglichst produktiv für Andere. Und vergisst, das Leben selbst ein Selbstzweck ist.

    Die Bildungsphilosophie der vergangenen 100- 200 Jahre krankt schon lange daran, das er nur den Profit aus der “Formung” der Geister der Schüler zum Nutzen einer größeren Entität missbraucht. Keine Ahnung, was Humboldt einst im Sinne von Bildung meinte, aber das kann es nicht gewesen sein, wenn alles, was man tut, zum Zwecke des Mehrwertes tut, aber mit Idealen rechtfertigt.

    In diesem Duktus der verkapten Mehrwertphilosophie in Sachen Bildung im Mantel der Idee der Npützlichkeit der größeren Entität “Zukunft” und Gemeinschaft werden Menschen zum Werkzeug reduziert, anstatt ihnen wirklich eine Erweiterung der Innenwelten zu ermöglichen (was nicht auf Kosten der Innenwelt geschehen sollte).

  10. Bei der Geburt der Venus war ich nicht dabei, die Geburt des Denkens durfte ich erleben.
    Da sagte ein 2 ¾ jähriger Junge zu uns „ Wenn meine Eltern sterben, dann bin ich ja ganz allein !“

    Was soll man darauf antworten . Dieser Junge hat zum ersten Mal existenziell gedacht, er ist von einer Tatsache ausgegangen und hat eine existentielle Schlussfolgerung daraus gezogen. Das nennt man philosophisches Denken.

    Und diese Art zu denken unterscheidet uns von den Tieren. Philosophie hat mit unserer Existenz zu tun, sie ist grundlegend, wertvoll , ja, man kann sogar behaupten, Philosophie ist religiös.
    Anmerkung: Die letzte Schlussfolgerung wird nicht jedem behagen und ruft zum Widerspruch auf.

  11. @hwied: religiöse Philosophie

    …was uns auf die Frage bringt, was Sie mit “religiös” meinen. Wortwörtlich stammt es von lat. religere = zurückführen.

    Ich würde sagen, dass Philosophie eine transzendente Komponente hat, die über “das Gegebene” (= Daten) hinausgeht und fragt, wie es zustande kommt und interpretiert werden kann.

    In diesem Sinne äußern sich Wissenschaftler regelmäßig eher als Philosophen, machen das jedoch nicht kenntlich. Das halte ich für gefährlicher als jemand, der offen auf metaphysischem Gebiet (also über Möglichkeiten des Seins) spekuliert.

  12. Ich kritisiere an der Philosophie, dass bei ihr, anders als in der Theologie, das „Subjekt“ sozusagen „einzig“ im Mittelpunkt steht.

    Ich unterstelle einmal, sie hält nicht wirklich eine Existenz Gottes in irgend einer Form für denkmöglich und ist so auf das „Subjekt gekommen“.

    Soweit ich das als Nicht Philosoph und Nicht Theologe mitbekommen habe, gehen manche „neuzeitliche Theologen“ kurzerhand davon aus, dass Gott eben „dasjenige“ (z.B. auch alle real existierenden Naturgesetze ….) ist, was es eben tatsächlich „ist“, also eine Art hoch komplexes transzendentes „Objekt“.

    Das erscheint mir heutzutage insofern realistischer, weil einem klar wird, dass nicht immer ein Mensch (also nur ein Subjekt), ich sage es „ganz technisch“ so: „Ausgangspunkt einer „auch sensitiven Prozesssteuerung“ sein muss.

    Mir scheint, dass das Konzept der Wechselbeziehungen (wie es auch Informatiker sehen) von „Prozessoren, Prozessen und Information“ absolut grundsätzlich sind.

    Bei diesen Wechselbeziehungen „kumulieren“ alle 3 Komponenten und die werden zum Ausgangspunkt jeglichen „Seins“. Ein besonderes Subjekt (z.B. Mensch) erscheint unnötig, die 3 (genannten) Komponenten können sich zu Subjektfunktionen „zusammenrotten“ und sozusagen das Subjekt ersetzen.

    Das „Subjekt“ scheint letztlich eine „geistige Krücke“ für die Philosophen und führt zu logischen Problemen, z.B. zur „Subjekt-Objekt-Spaltung“.

    Meiner Meinung nach gibt es bessere Krücken….

  13. Stephan Schleim,
    mit religiös war die Rückbindung gemeint , abgeleitet von religio, was oft mit confessio verwechselt wird.
    Ich dachte dabei an Jean Paul Sartre mit der Existenzphilosophie. Oder, mal mit wenigen Worten an Samuel Beckett, der das Wesen der Menschheit auf den Punkt gebracht hat.
    Hto versucht ja auch mit dem Wesen der Menschheit zu argumentieren, deshalb möchte ich Sie bitten Ihn nicht auszuschließen, auch so eine Meinung muss gehört bleiben, die Niederländer haben ja ein besonderes Verhältnis zur Freiheit und zur Freiheit des Denkens.

  14. @hwied: Diskussion

    Die Diskussionsregeln (stehen in Kurzform unter jedem Post) sind hier schon extrem frei und ich will auch weder den Moderator noch die Polizei spielen…

    …doch dieses Individuum hat über Jahre hinweg gegen diese Regeln verstoßen, über Jahre hinweg meine Warnungen ignoriert und wurde am Ende grob beleidigend. Von den drei Personen, die hier in >13 Jahren überhaupt nur Hausverbot bekommen haben, ist diese die einzige, die sich nicht daran hält. Es ist völlig ausgeschlossen, dass so jemand hier wieder mitdiskutieren kann, so lange ich hier noch ein Wörtchen mitreden kann.

    Und jetzt möchte ich auch Sie bitten, sich mit dem Thema des Blogbeitrags zu beschäftigen.

  15. @hwied: P.S. Freiheit in den Niederlanden

    Es bliebe zu überprüfen, ob die oft so hoch gelobte Freiheit in den Niederlanden wirklich einem Idealismus entspringt – oder eher dem Geschäftssinn.

    Es stimmt, dass in dem Land, in dem wahrscheinlich der Kapitalismus erfunden wurde und meines Wissens die erste Aktie ausgegeben wurde (liegt wohl in irgendeinem Keller in Amsterdam), Philosophen, Theologen und andere Denker ihre Bücher veröffentlichten konnten, die beispielsweise in Frankreich oder Deutschland verboten waren (man denke an Descartes, La Mettrie…). Vielleicht ging es dabei aber auch schlicht um Profite, die man sich nicht entgehen lassen wollte.

    Der heutige liberale Umgang mit z.B. Drogenkonsum oder Prostitution entspringt meiner Wahrnehmung nach eher einem Pragmatismus, dass man weiß, dass die Alternativen schlechter wären. Die Toleranz ist meinem Eindruck nach eher eine Indifferenz, nach dem Motto: Was der Andere macht, das geht mich nichts an. Das ist aber natürlich besser als eine Blockwartmentalität, wie man sie in der deutschen Geschichte mehrmals gesehen hat.

    Das nur am Rande. Es wäre einmal ein Thema für einen eigenen Beitrag.

  16. Stephan Schleim,
    nicht zu vergessen wäre Erasmus von Rotterdam, ein Wegbereiter des Protestantismus.
    Was jetzt die Freiheit betrifft, da habe ich eine andere Vorstellung. Freiheit im Denken hängt mit dem Horizont zusammen, ganz wörtlich zu nehmen, den man jeden Tag vor Augen hat.
    Die Küstenvölker sind da offener als ein Hinterwäldler in den Bergen oder ein Hirte in den unendlichen Weiten der Steppe.

  17. Neben der ‘Dunklen Triade’ in Person,Projekt und Prozess trifft man in Strukturen auf Arroganz und Eitelkeit. Das spitz sich zu.
    Insofern Begriffe mehrdeutig bleiben und Deutung und deren Durchsetzung mit Herrschaft impliziert ist.
    Mir ist ihr Kollege sehr sympathisch. Er hat das Wesen der Philosophie und des Lebens verstanden. Schade,dass er Autonomie und Autarkie erst mit 66 für sich umgesetzt hat. Eine Bedingung der Systeme,die durch die o.g. Umstände nicht unbedingt sind.
    Nicht beherrscht werden,aber auch nicht beherrschen wollen{müssen=zwang} scheinen mir noch eine Aufgabe für die politische Philosophie.

  18. @Demolog 18:10 02:00

    Zustimmung von mir. Das Sein ist sehr viel mehr als nur begriffliches Denken.

    „…aber das macht das Denken nicht weniger Wert, wenn es zum konitiven Teil auch fühlt und Empfindet.
    Weil man letztlich nur aus dem Sein herraus schaut. Nicht aus dem Logarythmus ins Sein hinein….

    …Aber weil man in der sekulären Welt diese spirituelle Ebene sowieso nigiert und für obsolet hält, geht da schnell der “Gedanke mit einem durch”…

    … Auch, wenn Sprache und pragmatische Vernunft von Vorteil sind, ist ein Leben in der reinen, intrinsischen Logokratie doch erbärmlich, oder?…

    …Praktische Vernunft ist da dann doch auch was anderes als der reduktionistische Pragmatismus und Logarythmus.
    Und die ist dann immer auch begleitet vom Sein in Welt.. mit dem Fühlen der Welt.“

    Die innere Erlebniswelt ist wesentlich mehr als nur begriffliches Denken, ein Fühlen von Welt, und ein Fühlen von Mitmenschen und Mitgeschöpfen, macht doch einen wesentlichen Teil der Qualität des Seins aus. Und sich in diesem Fühlen als ein Ganzes zu erleben, das ist doch erst der Mensch, wie er lebt und liebt.

    „Und der allgemeine, kategorische Optimistismus will es ja, das es nur nach Vorne geht, weiter, als bisher und möglichst produktiv für Andere. Und vergisst, das Leben selbst ein Selbstzweck ist.“

    Unsere Wachstumswirtschaft beruht ja gerade auf der Armut der Gefühlswelten, ohne gegen diese Leere wirklich zu helfen. Ein gelebter Selbstzweck braucht offenbar mehr Gefühlsleben, und kommt am Ende vielleicht auch an Spiritualität nicht vorbei.

    „..im Mantel der Idee der Npützlichkeit der größeren Entität “Zukunft” und Gemeinschaft werden Menschen zum Werkzeug reduziert, anstatt ihnen wirklich eine Erweiterung der Innenwelten zu ermöglichen“

    Es hat sowieso keinen Sinn, zu versuchen, aus reiner Zweckdienlichkeit eine Weltgemeinschaft zu schaffen. Meine ich. Ohne ein Mitfühlen der Menschen, ohne ein sich als Weltbürger fühlen, werden wir damit vielleicht nicht weit kommen. Und ein Mensch, der sein eigenes Dasein nicht als Sinn fühlt, wird immer auf der Suche bleiben, und letztlich auch dem Gemeinsinn nicht folgen, dessen Basis immer erst der Eigensinn ist.

    Ein Eigensinn, der sich wirklich selbst genug ist, braucht letztlich eine gewisse Spiritualität. Ich glaube nicht, dass das anders geht. Eine persönliche Beziehung zum Universum ist sehr hilfreich, und macht vieles einfacher, finde ich.

  19. @Mussi: besser spät als nie

    Nun ja, den Teilausstieg hat er ja schon mit 58 gewagt und als er mit dem Debattenprojekt anfing, da war er 48 Jahre jung (das steht vielleicht erst im zweiten Teil).

    Wer nicht zufällig in der Erbschaftslotterie oder im Lotto gewinnt, der muss in unserer Gesellschaftsform eben irgendwie seine Rechnungen bezahlen, sonst kommt der Gerichtsvollzieher, danach die Polizei.

    Statt nur zu kritisieren, wäre es schön, wenn Sie einen praktisch umsetzbaren Alternativvorschlag machen.

  20. @Schleim
    Ich habe bereits den Vorschlag gemacht, über das Prinzip der Umlage nachzudenken.

  21. @Schleim
    Im Urgedanken ist die Umlage ein durchweg ‘familiäres’ Prinzip. Wie es Tomasello bestätigt.
    Umlage wird seit Dekaden aus dem Mainstream verbannt.

  22. @Schleim
    Und wenn Sie aufmerksam wären,dann hätten Sie es beiIhrem Kollegen erkannt. Es kennt nur kaum noch einer.

  23. HWied
    “Wenn meine Eltern sterben dann bin ich ja ganz allein. Der Junge hat zum ersten Mal gedacht….Das nennt man philosophisches Denken ”
    Ich würde es Existenzangst nennen. Eltern sind für Kinder-auch im Tierreich- die bestimmende feste Bindung, die dazu beiträgt, dass ein Kind in Geborgenheit aufwachsen kann, was dann wiederum Auswirkung auf seine psychische Konstitution hat(Bindungstheorie Bowlby). Hier handelt es sich meiner Ansicht nach um eine emotionale Bewertung einer für das Kind schlimmsten Bedrohung, nämlich eine verlorene Bindung. Die Philosophie/Psychologie dabei ist, dass Kinder mit solchen gestörten Bindungen im Erwachsenenalter
    abnorme Verhaltensmuster entwickeln um diese fehlende Bindung (Liebe) zu kompensieren wie: Geltungssucht, Gier nach Anerkennung, überhöhte Selbstdarstellungen und diverse Traumata .Der Junge hat also intuitiv gehandelt und eine mögliche Gefahrensituation gefühlsmäßig bewertet.

  24. @Schleim
    Genossenschaften gründen auf diesem Prinzip der Umlage.
    Ich habe es erlebt,das Genossenschaften sich auf Grund des Mainstream in AG’s gewandelt haben.
    Ich bin für eine Rückbesinnung,die mit dem New Publikum Management aufgegeben wurde.

  25. @Mussi: Umlage/Genossenschaft

    Wenn Genossenschaften die Lösung sind, was ist dann das Problem?

    Allgemein denke ich, dass das eine gute Organisationsform ist; man sollte aber bedenken, dass – meines Wissens – die Genossenschaftler im Falle eines Bankrotts mit ihrem Privatkapital(!) für die Genossenschaft haften müssen.

    Aber wo ist jetzt der Bezug zum Interview mit Hans Harbers?

  26. @ Mussi

    Beim „Prinzip der Umlage“ oder der „Kapitaldeckung“ kommt es wie praktisch immer im Leben, auf so etwas wie ein „gesundes Optimum“ an, zumal eigentlich jedes System und sei es noch so gut gemeint, „entarten“ kann.

    Früher gab es ein Umlage System in dem Sinne, dass die „gesunden und stärksten“ Menschen (innerhalb der Familie) für den Unterhalt der nicht voll arbeitsfähigen Nachkommen und der Alten aufkommen mussten. Dieses System zu verwalten war halbwegs kostengünstig. Für die Einhaltung der Regeln und auch für eine Unterstützung sorgten z.B. die Bürgermeister und die Pfarrer.

    Die Kirchen übernahmen soziale Dienstleistungen (Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, Altenheime, förderten Kunst und Kultur, …), beschäftigten in der Landwirtschaft nicht mehr benötigtes Personal und unterbanden gleichzeitig ein ausuferndes Bevölkerungswachstum (Ehelosigkeit). Dadurch sollte vermutlich auch das „verheizen der Menschen im Krieg“ gemildert werden. Die Errichtung von Kulturbauten (Kirchen) dienten sozusagen der „wöchentlichen Erbauung“ der Menschen (sie konnten z.b. Höhepunkte des musikalischen Schaffens genießen) und verringerten mit den Kulturbauten die konjunkturbedingte Arbeitslosigkeit.

    Natürlich gab es auch Entartungseffekte. Familien wollten möglichst reich werden damit ihre „Nachkommen“ möglichst lange versorgt sind, womöglich ohne wirklich arbeiten zu müssen. Auch in den Klöstern wurde man „bequem“ und es kam zu Missständen. Das „Patronat“ wurde als lästig empfunden. So mancher „Patrone“ drohte unbotmäßigen „Abhängigen“ sie könnten sich jederzeit eine Arbeit suchen, was mitunter „Angst und Schrecken“ ausgelöst haben soll….

    Danach kam das System der „Kapitaldeckung“ der „Vorsorgegelder“ und das entartete noch schneller. Von der Privatpensions- oder Krankenvorsorge, besser Abzocke, leben besonders in Amerika ganze Geschäftszweige, nur die die wirkliche Arbeit leistenden, wie Ärzte, Pfleger, … erhalten einen geringen Anteil. Das Kapital und ihre „Tempeldiener“, die Provisionsjäger, Keiler, Werbewirtschaft, Medien, ….. „naschen“ ganz wesentlich mit.

    Mich wundert es nicht, dass der „Berufsaussteiger“, wenn auch nur mehr rund 1 Jahr, auch einmal an der „Front“ arbeiten wollte. Er wird wohl einen großen „Erfahrungsschatz“ gehoben haben.

  27. Ganz im Ernst. Der Aussteiger hat kapiert, dass man bei den Alten mehr Weisheiten lernt, als aus professionellen Büchern.

    Als Kind hörte ich lieber den Erwachsenen zu. Die Impulse waren für mein Denken tiefsinniger, wo ich manchmal nur über ein bestimmtes Fragment, immer wieder nachsinnierte. Bis, bei einer nichtigen Situation, wieder so ein Impuls ausgelöst mir die Antwort lieferte.. Genormte Studienfächer werden mit zu viel Unnötigem gefüllt, das Lernen keinen Spaß macht. Die Fächer sollten
    zentriert werden auf das Wesentliche und dann noch mit knapper Formulierung auf den Punkt. So würde man viel mehr Schüler gewinnen für Berufsfelder..

    Momo

  28. St. Schleim:
    Dass Denken keine philosophische Kategorie ist, könnten sie einem “Philosophen des Geistes” nur schwer vermitteln…”
    Ist dieser “Philosoph des Geistes” nicht schon in sich ein Anachronismus, da Philosophie eine wissenschaftliche Bezeichnung ist ,während GEIST eine metaphorische, religiöse, mystische Komponente in sich trägt ? Jahrelang habe ich versucht diesen Begriff für mich zu definieren und bin immer wieder an die Grenzen der Nicht-Wissenschaftlichkeit/Subjektivität gestoßen. Unter GEIST versteht jeder etwas anderes und ist für mich nur erklärbar durch die buddhistische Definition.
    GEIST ist also -wie Seele oder Materie – eine Schimäre die vom Geist in der Flasche ( Weingeist) über Geisteblitze, Geistlos, Geist-er, Geistes-Wissenschaften, kosmischer Geist, Geistes krank, Geist Heiler, Zeit Geist etc…
    benutzt wird um etwas zu beschreiben, was schon die alten Medizinmänner vor 5000 Jahren in ihrer Mystik versuchten. Goethes FAUST : Du bist der Geist den du erkennst. Erkenntnis = Geist ?

  29. Geht es beim “Begrifflichen Werzeugkasten” jetzt nur um den (Sammel-) Behälter bzw. um das Sichern und zur Verfügungstellen aller vorhandener Ideen oder auch um die kritische Analyse und Weiterentwicklung der danach vorliegenden “Sammlung”. Oder ist der Sammelbehälter in Bezug auf den Inhalt von eher untegeordneter Bedeutung oder gar bedeutungslos? Der Anfangsteil des Interviews lässt das m. E.etwas unklar.

    Läge die Bedeutung nur auf dem (Sammel-) Kasten oder besser nur auf dem “Sammeln” (von Ideen oder Theorien), handelte es sich um eine Art von rein “Enzyklopädischer Philosophie”, von der ich mal gelernt habe , dass es eine (weniger bedeutende oder weniger produktive) historische Phase in der Entwicklung der europäischen Philosophie (gewesen) sei.

  30. Zum Folgenden Kommentarzitat:

    “…………GEIST ist also -wie Seele oder Materie – eine Schimäre die vom Geist in der Flasche ( Weingeist) über Geisteblitze, Geistlos, Geist-er, Geistes-Wissenschaften, kosmischer Geist, Geistes krank, Geist Heiler, Zeit Geist etc…
    benutzt wird um etwas zu beschreiben, was schon die alten Medizinmänner vor 5000 Jahren in ihrer Mystik versuchten. Goethes FAUST : Du bist der Geist den du erkennst. Erkenntnis = Geist ?………”
    (Zitatende)

    Man sollte sich aber schon darauf einigen könenn, dass irgendetwas existiert , das irgenetwas tut und/oder bewirkt.

    Ansonsten sollten wir uns doch lieber ausschließlich mit den (anderen?) “schöngeistigen ” bzw. rein ästhetisch- individulpsychologisch befriedigenden Dingen beschäftigen. Wie z.B. Kunst. Und die hormongeriebene dann eben überwiegend mit Sex und wenn nicht dann wenigstens mit (Drogen- ) gesteuerter oder sonstwie evozierter irgendwie “zufriedenstellender” Hysterie.

    (-: (-:

  31. little Louis,
    das mit der Existenz wird dir klar, wenn dir der Schraubstock auf den Fuß gefallen ist. Der Schraustock existiert und dein zerquetschter Zeh existiert auch und wird nicht mehr so sein wie vorher.
    Deshalb gehört zu der Existenz die Zeit.
    Auch dein Schmerz existiert, und er wird langsam immer weniger dank der Zeit.

    Der Geist dagegen der ist nicht von der Zeit abhängig. Die Erinnerung an den Schmerz , die bleibt auch nach 50 Jahren. Das ist mit Geist gemeint. Er manifestiert sich in der Erinnerung immer dann, wenn du an den Unfall denkst.
    Das war jetzt Lektion 1 für Dummies.

  32. @ Querdenker
    19.10.2020, 11:29 Uhr
    Zitat:
    Ist dieser “Philosoph des Geistes” nicht schon in sich ein Anachronismus, da Philosophie eine wissenschaftliche Bezeichnung ist ,während GEIST eine metaphorische, religiöse, mystische Komponente in sich trägt ?

    -> Aber wieso sollte man das so kritisch sehen? Der Fachausruck für Geist in dieser Szenerie ist “Bewusstsein”. Aber Bewusstsein ist eben nicht das ganze Ding, sondern nur ein Aspekt des ganzen Mentalen.
    Wer so technokratisch an das Leben und seine Eigenschaften herrangeht, muß aufpassen, an welcher Stelle er zu sehr mechanisch und logisch darüber denkt. Wenn insofern Leben unmittelbar mit Geist zusammenfällt, dann könnte man das schlüssigerweise auch Lebensphilosophie nennen. Aber diese Terminologie ist ja wohl schon besetzt. Ausserdem gehts dabei eben um den Geist und was er ausser dem Bewusstsein noch so alles in den Philo- und Theologien bedeutet. Die beseeltheit des Menschen aus dem Geist… all diese theologischen Terminologien haben ja auch in sekulären Perspektiven einen Gehalt und Sinn… falls die Bedingungen dafür individuel hinreichend sind.

    Und die neurologischen Fragen wären hier der Brückenschlag zwischen der theologischen und der weltlich-/Medizinischen Sichtweise, weil sie (idealerweise irgendwann) die Antworten auf die ewigen Fragen des Seins zu geben können versprechen.

  33. Mussi
    18.10.2020, 16:06 Uhr

    @Schleim
    Im Urgedanken ist die Umlage ein durchweg ‘familiäres’ Prinzip. Wie es Tomasello bestätigt.
    Umlage wird seit Dekaden aus dem Mainstream verbannt.

    -> Da bist du in Westeuropa leider auf vollkommen verlorenem Posten. Die von den Westchristen geprägten Zivilisationen haben da ja seit 1500 Jahren ein Prinzip der Kernfamilie erzwungen, und diese Zerstörung von Familienstrukturen werden nun als der springende Punkt der modernen westlichen Welt und der “WEIRD”-People angeführt, obwohl es eigendlich eine Katatstrophe im Sinne der menschlichen Wurzeln war – Siehe hier:

    https://www.nzz.ch/feuilleton/der-westen-mit-einer-neuen-psychologie-eroberte-er-die-welt-ld.1581437

    Der “Vorteil” dieser 1500 Jahre anhaltenden “konditionierugn” auf die kernfamilie und daher auf den Individualismus hin, der als die ursache des modernen Menschen der westlichen Welt und seiner Denkstruktur gedeutet wird. Ich habe das Buch nicht gelesen, aber ich vermute eine ernsthaft überspringende Lobhudellei des Verfalls eben dieses westlichen Menschens – bei aller Vorteile, die es natürlich auch gibt.

    Insofern nicht Dekaden, sondern Äonen, die dieses Prinzip von Umlage und integrativer Gemeinsachft auf Stammes-Ebene aktiv bekämpften.

    Und diese “kultivierungs-Praxis” hat inzwischen auch Auswirkungen auf die Gene der Populationen hinterlassen. Einerseits ist diese Population die mit den variabelsten Genomen auf der Welt, andererseits ist es aber auch die Population, die am meisten Mutationen und Genanomalien aufweisst. Und daraus kann man folgern, das diese Populationen vor allem in Zeiten der Seuchen um so mehr anfällig/instabil sind.

  34. @ hwied
    18.10.2020, 10:44 Uhr

    Philosophie ist Religion?

    Verstehe, das man das als falsch empfindet. Aber vielleicht ist da was dran, was uns allen nicht gefällt.
    Denn insofern wäre ja die Folge der Philsophie, wenn sie erfüllend betrieben wird, das man Schlußfolgerungen auf die mägliche Zukunft macht (wie sie in ihrem Sinne beschreiben: Eltern tot, Kind allein), das dann Angst macht, und man dann Abstand von den ermittelten Bedingungen und Entwicklungen nimmt, die in diese Zukunft führen könnten.

    Die dazu handelsübliche Theologie tut ja nichts anderes: Warnen vor dem Fegefeuer und so Folgen der Sünde.

    Das “religere” “zurückführen” heisst, könnte man an dieser kognitiven Abwägung und das darauf entschiedene “Zurückweichen” von den Situationen und Begebenheiten, die in diese befürchtete Situation führen, ganz gut nebeneinanderstellen.

    Und leider ist es in der Politik und in den Gesellschaften natürlich nicht anders: Es wird vor allem und jeder ansatzweise bedenklichen Begebenheit gewarnt.

    So wird jede “Möglichkeits-Idee” zum beliebten Jahrmarktspiel “Whac-A-Hole” https://de.wikipedia.org/wiki/Whac-A-Mole, wo man sich gedanklich hinauswagt, aber dann von einem wuchtigen Hammer (die befürchtete Gefahr) wieder zurück ins Loch befördert wird. Und bei aller Vorstellungskraft und Fähigkeit bleibt dann doch alles, wie bisher.

    Und dann gibt es da noch die jüngere Praxis, die Nahrung der Menschen mit Nervengiften zu kontaminieren, woraus sich neben der damals hohen Partikel-Anreicherung durch Atombombenversuche (und andere Emissionsarten) dann immer eine dauerhaft höhere neuronale Aktivität ergibt, die automatisch dazu führt, das diese Ängste viel schneller und direkter durch die auch immer mehr existenten äußeren Reizen entstehen.

    Ein Sonderfall ist die akute vergiftung mit Metallionen und Nervengifte, die angewendet wird, wenn die schleichenden Vergiftungen nicht mehr wirken, wie (von den Tätern) erwünscht.
    Meistens landen diese Betroffenen in der Psychiatrie, weil sie eine Panikattakke haben, da die Belastungen durch das akut aus dem gwohnten Aktivitätsniveau geratene Gehirn eben solche Auswirkungen hat.

    Was ein Grund dafür sein wird, das wir heute (nach den verhehrenden Kriegen und Katastrophen der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert), im öffentlichen Raum teilnehmen können, ohne, das eine höhere Wahrscheinlichkeit besteht, das wir einer Gewalt irgendeiner art zum Opfer fallen.
    Weil die Angst den einen Teil der Gesellschaft davor bewahrt selbst Gewalt anzuwenden, und ein anderer Teil der Gesellschaft wegen der neuronalen Manipulationen seinen Gewaltaffinen Impuls verliert (Neurodegeneration), sodass diese aus diesen Ursachen keine Gewealt mehr anwenden.

    ….

    Und die Existenzphilosophie war zum Beispiel auch keine neu entdeckte Art oder Perspektive der Philosophie, sondern eine Notwendigkeit aus den verhehrenden Zerfetzungen der Populationen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, aus der dann die “Seelenlosigkeit” hervorging, aus der dann die Existenzphilosophie entsprang.
    Etwa so, wie es eine notwendige Entwicklung in der Kunst war, das zu Beginn des 20, Jahrhunderts die Malerei in Surreale Bebilderungen abglitt, weil die damalig schon massiv angewendeten Nervengift-Vergiftungen in breiter Bevölkerung angewendet wurden und gleichzeitig auch das Metall-Enhancemend in gleicher Breite angewendet wurde.
    Die Industrielle Revolution – so könnte man annehmen – war also erst um 1900 soweit wirksam, das sie erhebliche Veränderungen in den Populationen un dderen Ästhetik-Empfinden bewirkte. Abgesehen davon, das die Fotografie die Malerei natürlich auch veränderte, weil ab dann realitätsnahe Abbild-Malerei Konkurenz bekamen. Aus dieser Zeit stammt auch die Postkarten-Kultur. Kommunikation auf surreale Weise reduziert auf Grußworte mit Bild.

    Was vorerst nur Menschen betraf, die dann Künstler der entsprechenden Epochen (der entarteten Kunst) wurden, betraf dann nach den Weltkriegen geradezu alle Menschen. Und so wurden dann Philosophen und Literaten, wie Heidegger, Satre, Camus, … und solche Beispiele der aus vehehrenden Zeiten hervorgehenden Menschen.
    Die Nachkriegszeit war eine öde und wenig beschwingende und ermüchternde intellektuelle Sphäre/Epoche. Was nicht heisst, das darin kein intellektueller Wert enthalten sei. Nur, das es eine Phase war, die jeden in eine existentielle Ernüchterung und Krise stürzen könnte und man das dann eben an der Philosopie eindeutig erkennen kann.

    Samuel Beckets “Warten auf Godot” könnte man auch als ein Paradebeispiel der fundamentalen Ernüchterung dieser zeit ansehen: aus diesem absurden und ereignislosen (eine analogie auf die innere Leere) Inhalt, wo auf jemanden gewartet wird, den man sogar als den Heilsbringer und Heiland deuten könnte. Und soweit ich das in Erinnerung habe, ist in der ganzen Erzählung nicht eindeutig beschrieben, wieso die beiden Protagonisten auf diesen einen Warten – sie warten eben einfach vollkommen Sinn und Zwecklos.

    Dieses 20. Jahrfhundert hat also jeden Sinn und jedes Seelenheil aus der Welt getilgt, und das konnte man an den Menschen aus dieser Zeit auch erkennen.

  35. @ Tobias Jeckenburger
    18.10.2020, 14:08 Uhr

    @Demolog 18:10 02:00

    Das mir zugestimmt wird, habe ich ja erwartet. Aber wissen sie auch, woran es liegt, das die Menschen eben diese “Seelentiefe” verlieren?
    ich habe es vielfach versucht zu erklären, aber das Verständnis für diese Erklärungen scheint nicht (mehr) da zu sein (etwa, weil die Seelentiefe längst verschwunden ist und der Begriff absolut notwendig für Verstehen ist). Ich habe auch Descartes und Wittgenstein für ihre idiotische Haltung zur Sprache / zum Begriff und dem Denken kritisiert. “Ich denke, also bin ich” oder Wittgensteins Formel, das ohne Wort kein Sinn in der Welt ist. Das verstehen nur am Wort selbst dingfest gemacht werden kann… das Sprache die Welt ist, die mich umgibt. Das ist, wie bei eMathematik-Enthusiasten, die da die Natur “out of Mathematik” erkennen…nicht, das in allem auch mathematische Formeln stecken können, sondern das alles aus Mathematik hervorgeht. Die Natur tangiert das wenig, ob da eine Formel etwas beschreiben kann und wächst, wie es ihr gefällt.

    Es liegt an der modernen Praxis, neurologische “Bildungsprozesse” zu beschleunigen und taktisch zu erzeugen. Das natürliche Bewusstsein könnte noch diese Seelentiefe enthalten, aber das “künstliche” Bewusstsein dieser Folgen der Manipulation, die dazu führt, das der spirituelle Raum immer kleiner wird, während der kognitive Raum immer größer und präsenter wird, ist wie eine krankheit… und nicht unrealistisch führt sie zum Lebensende hin zu den üblichen Demenzformen dieser Neuzeit…

    Ganz zu schweigen davon, das inzwischen jeder Mensch in viel größerer Gefahr sein soll, in seinem Leben eine psychischen Störung erleiden zu müssen, was früher einmal in dieser quantitativen Erwartung nicht der Fall war.

    Besondere Menschen, wie ein beliebter Deutschlands Dichter, der sein späteres Leben in einem Turm-Anbau verbrachte, und seeeehr seltsame Verhaltensweisen aufwies, waren Anzeichen der schon damaligen Versuche, Genialität und Göttlichkeit durch Metallionen in die Gehirne der Menschen zu bringen.
    Oder der Hammer-Philosoph (Nietzsche), der als Sohn eines Pfarrers wohl zu viel von den Hostien stibitzt hat, woraufhin er erst zu dem wurde, was wir heute von ihm kennen.

    Mit welcher Rechtfertigung also werden Menschen an ihrem Fundament ihres Seins (dem Gehirn) derart Manipuliert? Frieden, Freiheit und Intelligenz? Göttlichkeit und Macht? Alles auf einmal, weil sich die Eigenschaften gegenseitig bedingen?

  36. demolog,
    das mit Wittgenstein hat mir am besten gefallen. Philosophen sind aber notwendig um den Zeitgeist zu erklären und an ihrer Position den Zeitgeist sichtbar werden zu lassen.
    Im Augenblick macht sich ja die Ernüchterung breit, weil der Glaube an einen grenzenlosen Fortschritt durch die Umweltverschmutzung und die Umweltzerstörung argen Schaden genommen hat.

    Deswegen hat die Religion wieder eine neue Chance bekommen. Sie ist trotz aller Skandale ein Halt für Menschen , die nicht nur an Geld und Selbstverwirklichung interessiert sind.

    Ihre Vorstellung von der Umweltverschmutzung durch Metallionen ist richtig, mit jedem Geigerzähler kann man messen und erkennen, dass der Nulleffekt der natürlichen Radioaktivität zunimmt. Die toxischen Metallionen sind dabei noch gar nicht berücksichtigt.

  37. Zitat @ little Louis 19.10.2020, 18:24 Uhr (im Zusammenhang mit „Geist“): “Man sollte sich aber schon darauf einigen können, dass irgendetwas existiert, das irgendetwas tut und/oder bewirkt.“

    Das ist auch für mich ein ganz besonderer Aspekt von „Geist“, ich würde moderner von „Information“ sprechen. Information hat zweifellos auch eine „Prozess steuernde“ Bedeutung.

    Information hat aber auch einen „Sachverhalt beschreibenden“ Aspekt, ähnlich wie Naturgesetze. Mit den Methoden der Mathematik können diese Naturgesetze, als auch die Prozessoren und die Prozesse „beschrieben“ werden.

    Letztlich kommt man zu einem Konzept von bestens realisierbaren „Wechselbeziehungen“, wie es auch Informatiker sehen. Dem Konzept von „Prozessoren, Prozessen und Information“.

    Es ist absolut grundsätzlich und auch noch milliardenfach in der Technik realisiert. In modernen Autos sind z.B. derzeit bis zu 30 Prozessoren verbaut, die die Steuerungsprozesse gemäß der Software, für den Betrieb eines Autos realisieren.

    Abstrakt: Bei diesen Wechselbeziehungen „kumulieren“ alle 3 Komponenten und die werden offenbar zum Ausgangspunkt jeglichen „Seins“.

    Auch auf physikalisch/chemische Prozesse ist dieses Konzept übertragbar, wenn es gemäß der Naturgesetze, zu Verknüpfungen von einzelnen Teilchen zu Atomen, bis hin zu immer komplexeren Strukturen, letztlich zum (auch Information verarbeitenden) lebenden Menschen kommt.

    Es gibt z.B. auch von Information (Gesetzmäßigkeiten) gesteuerte soziologische Prozesse, die z.B. das Verhalten von Menschengruppen steuern. Der einzelne Mensch hat in diesem Fall „Prozessorfunktion“.

  38. Zu demolog
    “Bewusstsein”
    Bewusstsein ist für mich eine ähnliche Schimäre wie GEIST und wird von jedem anders interpretiert. Neurowissenschaftlich gesehen beginnt Bewusstsein erst ab einem bestimmten Gehirnwellenbereich ,dem Wachbewusstsein, und dient der Reizverarbeitung und wird über Neurotransmitter reguliert. Je wacher ich bin, um so schneller werde ich mir etwas bewusst. Kann man gut regulieren durch aufputschende Drogen(Je mehr Drogen ich allerdings nehme, um so schizophrener wird dieses Bewusstsein, da es die Reizflut nicht mehr verarbeiten kann und somit spinnt) .Es ist also ein normaler mentaler/evolutionärer Ablauf aus denen die Menschen ganze Religionen und Philosophien basteln. Siehe im Hinduismus das Brahman/Atman. Das höchste Bewusstsein ist nichts weiter als eine simple Innenschau mit Betrachtung von Bewusstseinsabläufen(Denken/Fühlen). Diese Transzendenz unseres Bewusstseins, die angeblich so magisch beeinflusst wird, diese esoterische Bewusstseinserweiterung , ist nichts weiter als eine weitere Flutung der Nervenzellen mit Dopamin, was ,je nach dem wie man geistig gestrickt ist, neue Glaubensmuster produziert . Bewusstsein ist eh nur sekundär wichtig, da es lediglich bestehende Glaubensmuster interpretiert, womit Karl Marx Recht hat wenn er sagt: Das SEIN bestimmt das Bewusstsein.

  39. Querdenker,
    „Flutung der Nervenzellen mit Dopamin „, das ist so, als ob man ein Auto auftankt.

    Dazu eine Vorüberlegung.
    In 2 Milliarden Jahren finden Aliens bei uns in der Wüste einen vergrabenes Gerät, das blinkt.
    Sie untersuchen es und kommen zu dem Schluss, das ist kein natürliches Ding, das ist im Innern sehr komplex aufgebaut und vorallem, es ist nicht biologisch.
    Der eine Alien meint, es diente zu Erzeugung von Wärme, weil das Gerät während des Blinkens immer wärmer wird.
    Der andere Alien meint, es ist eine Warnboje, die dem Wanderer vor dem Abgrund warnt.
    Der dritte Alien sagt, es ist eine Uhr, weil die Blinkimpulse absolut gleich sind.

    Was ist es also ? Aus dem technischen Aufbau lässt sich nicht einwandfrei erschließen, welchem Zweck es gedient hat.

    Wer hat sich dieses Gerät ausgedacht? Es war eine Intelligenz, ein Ding, ein Wesen, das einen Zweck verfolgt, das einen Willen hat.

    Und dieser Zweck, das Vorhandensein eines Willens ist es, was wir mit Geist bezeichnen. Der Mensch hat einen Willen, jedes Tier hat einen Willen, alles was wächst und biologisch ist, hat einen Willen. Und wenn es im einfachsten Fall nur der Lebenswille ist.

    Also, mit einer mechanischen Reduktion auf die Ursachen von Veränderung ist es nicht getan. Ganz im Hintergrund lauert der Wille der belebten Natur.

  40. Ich finde die (Teil) Aspekte über „Bewusstsein“, die hier im Blog von „demolog“, „Querdenker“, „hwied“, aber auch von den zitierten Personen Wittgenstein, Marx …. angeführt wurden, eigentlich interessant und auch recht zutreffend, besonders die von „Querdenker“ klingen recht professionell (Neurologe?).

    Allerdings scheinen sie keinesfalls vollständig, was aber auch nicht so bald der Fall sein wird.

    Die Natur (wenn man ihr ein Bewusstsein unterstellen würde) „tangiert“ unsere Mathematik nicht, aber uns Menschen hilft die Mathematik, alles besser beschreiben, allenfalls sogar simulieren oder sogar steuernd auf die Prozesse in der Natur eingreifen zu können. Die Mathematik „bildet ab“ was z.B. die Natur so „macht“ und wie sie ist.

    Dass ohne „Wort kein Sinn“ (im Sinne von „Information“) in der Welt ist, haben dir „Ur- Theologen“ („am Anfang war das Wort“…. „und das Wort ist Fleisch geworden“) herausgefunden. Das war zum damaligen Zeitpunkt eine Sensation, zumal heutzutage in der Informatik die Wechselbeziehungen zwischen Prozessor- Prozess- Information, absolut selbstverständlich sind. Die beschreibenden Funktion von “Information” war immer schon klar.

    Auch „hWied“ scheint die Informationskomponente im Zusammenhang mit „Bewusstsein“ wichtig zu sein.

    Die Manipulation des Menschen dürfte hauptsächlich von den Medien und an „Geschäftsbeziehungen“ oder besser, an der „Ausbeutung von Menschen“ interessierten Kreisen ausgehen. „Manipulation“ hat auch motivierenden Charakter und fördert die Aktivitäten, allenfalls auch die Entwicklung.

    Ich vermute, psychischen Störung nehmen deswegen in der Gesellschaft zu, weil die Öffentlichkeit für Behandlungskosten aufkommt und Gewinne erzielt werden können.

    Dass jegliche Umweltverschmutzung, letztlich auch Pandemien zunehmen dürften, liegt offensichtlich an der zunehmenden Weltbevölkerung und den stärkeren Beziehungen auf beengtem Raum.

    Ich sehe vom Standpunkt der elektronischen Informationsverarbeitung die „Bewusstseinsfrage“ eigentlich so ähnlich wie „Querdenker“.

    Allerdings liegen die Details der Informationsverarbeitung einerseits in den höchst komplexen Verknüpfungen auf denen Information „abgebildet“ wird und die relevanten Prozesse „ablaufen“. Andererseits ist das „eigentliche Bewusstsein“ nur ein kleiner Teil der Informationsverarbeitung im Gehirn, und so etwas wie eine „Bewusstseinsabbildung“ erfolgt, anschaulich gesagt, in einer Art von „Hirnkino“,. Bedeutet diese Information kommt sozusagen an flächigen Zwischen- bzw. Endschichten der Hirnorgane zur „Anzeige“. Z.B. Netzhaut.

    In der Technik, bei den von Neumann Maschinen, ist die Informationsspeicherung und Verarbeitung getrennt. In der Biologie erfolgt die Informationsspeicherung (Wissen) mittels der synaptischen Verknüpfungen die E. Kandel erklärt hat, und die Informationsverarbeitung in den „logischen Gatterverknüpfungen“ im Sinne von W. McCulloch.

    Meiner privaten Vermutung nach, könnten die Empfindungen z.B. in einer Empfindungssensorik dann entstehen, wenn durch verschiedene Einflüsse verursacht, Elektronen aus ihrem Valenzband, anschaulich aus ihre „Umlaufbahn“ (um die Atomkerne), fliegen und sich an bestimmten Stellen anreichern. Dies kann im neuronalen System hinsichtlich ihrer Örtlichkeit und ihres zeitlichen Verhaltens ausgewertet werden.

    Es dürften tatsächlich „Erfahrungsmuster“ aus besonderen mental/evolutionären Abläufen sein, aus denen sich Menschen Ideologien, ganze Religionen und Philosophien basteln. Gewisse Anlagen und besondere Umstände könnten schon Voraussetzung für derartige Gedanken sein.

    Das höchste Bewusstsein wäre nichts weiter, als eine Art von Innenschau mit Betrachtung von Bewusstseinsabläufen (Denken/Fühlen), zu der Menschen, vermutlich unterschiedlich stark, befähigt sind.

  41. @Querdenker 19.10. 11:29 / 21.10. 10:12

    „GEIST ist also -wie Seele oder Materie – eine Schimäre die vom Geist in der Flasche ( Weingeist) über Geisteblitze, Geistlos, Geist-er, Geistes-Wissenschaften, kosmischer Geist, Geistes krank, Geist Heiler, Zeit Geist etc…
    benutzt wird um etwas zu beschreiben, was schon die alten Medizinmänner vor 5000 Jahren in ihrer Mystik versuchten.“

    Hier werden wohl generell die psychischen Leistungen als eine eigene Kategorie dann auch mit dem Begriff Geist bezeichnet. Heute weiß man wohl, das zumindest ein wesentlicher Teil davon auf unserm Gehirn und den dort ablaufenden Prozessen beruht. Wer jedoch einen entsprechenden Glauben hat, oder über eigene spirituelle Erfahrungen verfügt, wird jedoch davon ausgehen, dass zumindest ein Teil der psychischen Leistungen auch tatsächlich was mit geistigen Effekten zu tun hat, die nicht ganz von dieser Welt sind.

    Also eigentlich doch von dieser Welt, in der sich auch die Geister dieses Universums tummeln, aber nicht in der rein materiellen Welt des wissenschaftlichen Mainstreams.

    „Bewusstsein ist für mich eine ähnliche Schimäre wie GEIST und wird von jedem anders interpretiert.“

    Naja, die lebendige Innenwelt, in der wir uns befinden ist ja nun schon ziemlich faktisch, auch wenn sie wohl unterschiedlich beschrieben wird, und vielleicht auch wirklich verschiedene, persönliche Eigenschaften hat. In der Innenwelt eingebaut ist auch ein differenziertes Bewusstsein, das Denken wie auch die Willensfreiheit spielt sich hier ab. Und ist hiermit auch Basis aller menschlichen Kultur.

    „Bewusstsein ist eh nur sekundär wichtig, da es lediglich bestehende Glaubensmuster interpretiert, womit Karl Marx Recht hat wenn er sagt: Das SEIN bestimmt das Bewusstsein.“

    Keiner kann bei null anfangen. Zunächst lernt man was von der bestehenden Kultur, von dieser Basis aber denkt man dann weiter. Bewusstsein ist sicher nicht der ganze Kosmos, aber ich finde, dass Bewusstsein und unsere Innenwelt zumindest für uns Menschen das absolut Wesentlichste ist.

    Wie sich das alles im Detail verhält, wird vermutlich die Hirnforschung mal heraus finden können. Hier braucht man wohl ein komplettes Konnektom, und muss dieses dann auch noch verstehen, und in Computern simulieren können. Das kann eher 100 als 20 Jahre dauern, fürchte ich. Bis dahin bleiben die angesprochenen Unklarheiten wohl Unklarheiten.

  42. Tobias Jeckenburger,
    sehr gute Ausführung. Das Wesentliche des Biologischen ist die Lebenskraft, wenn man will auch der Wille. Den wird man nirgends finden. Man kann die Gehirnhälfte lokalisieren, wo sich Wille gestaltet, aber was der Wille ist kann nicht erklärt werden, weil Wille geistig ist
    In früheren populärwissenschaftlichen Zeitschriften wurde ja nach dem Gottesgen gesucht. Das geht in die gleiche Richtung. Die Naturwissenschaften versuchen die Geisteswissenschaften zu dominieren.

  43. Tobias Jeckenburger,
    sehr gute Ausführung. Das Wesentliche des Biologischen ist die Lebenskraft, wenn man will auch der Wille. Den wird man nirgends finden. Man kann die Gehirnhälfte lokalisieren, wo sich Wille gestaltet, aber was der Wille ist kann nicht erklärt werden, weil Wille geistig ist
    In früheren populärwissenschaftlichen Zeitschriften wurde ja nach dem Gottesgen gesucht. Das geht in die gleiche Richtung. Die Naturwissenschaften versuchen die Geisteswissenschaften zu dominieren.

  44. @hwied 22.10. 08:18

    „Die Naturwissenschaften versuchen die Geisteswissenschaften zu dominieren.“

    Die Hirnforscher wildern in der Tat im Gebiet der Psychologie, allerdings auch mit einer gewissen Berechtigung. Das Gehirn spielt offenbar eine wesentliche Rolle, und kann auch von der Ebene der Nervenzellen und ihrer Verschaltung her angegangen werden. Aber das ist eine extrem schwierige Aufgabe, die noch Jahrzehnte und Jahrhunderte braucht, und es nervt schon, wenn Hirnforscher voreilige Aussagen machen, und psychologische Erkenntnisse ohne hinreichende Evidenz verwerfen.

    „Man kann die Gehirnhälfte lokalisieren, wo sich Wille gestaltet, aber was der Wille ist kann nicht erklärt werden, weil Wille geistig ist.“

    Inwieweit unser Wille und andere Komponenten unserer erlebbaren Innenwelt auch wirklich geistige Anteile haben, so könnte dieses gerade mit einem vollständigem Konnektom geklärt werden, wenn es gelänge, dieses erfolgreich im Computer zu simulieren. Irgendwo muss ja eine Schnittstelle zu den Nervenzellen im Gehirn existieren, wenn ein geistiger Wille ins gesamte psychische System eingreift und sich verwirklicht.

    Eine Schnittstelle könnten in den Zufälligkeiten bei chemischen Reaktionen an den Synapsen und innerhalb der Nervenzellen existieren. Wenn diese Zufälle intelligent gestaltet sein könnten, wäre hier eine Schnittstelle, die auch keinen bekannten Naturgesetzen zuwider laufen würde. Eine grundlegende Geistigkeit als Funktion der Gegenwart könnte hier mitspielen, und unsere Innenwelt wäre der Teil dieser Geistigkeit, der sich auf den Bereich unseres Gehirns konzentriert, aber auch darüber hinaus in der näheren Umgebung aktiv ist. So dass auch ein Erleben der Außenwelt und ein Erleben von sozialen Kontakten geistige Anteile haben kann.

    In einer Simulation eines Konnektoms müsste man analoge Zufallszahlen in großen Mengen verwenden, in den Teilprozessen, die im Vorbild Gehirn von chemischen Zufällen abhängig sind. Sollte man statt echten analogen Zufallszahlen mathematisch generierte Pseudozufallszahlen verwenden, würde das simulierte Gehirn einfach nicht aufwachen können. Wenn hier die Geisteswelt funktional wesentlich ist, würde die Simulation nur mit den echten analogen Zufallszahlen wach sein können.

    So könnte man letztlich nachweisen, dass Geistiges existiert und seine Rolle spielt. Was dann der geistige Wille selber wieder ist, bliebe dabei immer noch verborgen. Aber man könnte so dennoch künstliches Bewusstsein bauen, das echte geistige Anteile hat und nur damit wirklich funktioniert. Die geistigen Funktionen kämen einfach gratis dazu, wenn die Strukturen es erlauben. Sicher könnte es sein, dass der Weltengeist keine Lust hat, sich am Innenleben von Maschinen zu beteiligen, aber einen Versuch einer Einladung wäre es wert.

    So könnte die Wilderei der Hirnforscher dann Ergebnisse haben, die wiederum auch die Naturwissenschaften verändern könnten. Wenn es geistige Effekte im Gehirn gibt, dann wohl auch anderswo in der Welt. Nicht nur das Gehirn, die Zellchemie z.B. könnte auch geistige Unterstützung haben, das würde dann die Biologie und die Medizin betreffen.

  45. @ Tobias Jeckenburger 22.10.2020, 12:15 Uhr

    Zitat: „…. und es nervt schon, wenn Hirnforscher voreilige Aussagen machen, und psychologische Erkenntnisse ohne hinreichende Evidenz verwerfen.“

    Mich würde es sehr interessieren, welche psychologischen Erkenntnisse Sie konkret meinen?

    Hirnforscher und Psychologen sind aus meiner Sicht fast schon ein „Herz und eine Seele“.

    Allerdings zwischen Naturwissenschaftlern und Philosophen da „kracht“ es mitunter recht ordentlich. Besonders dann, wenn womöglich auch noch die Elektroniker ihren Senf beisteuern.

    Da geht es z.B. um das Problem, dass Geist nicht mit Materie „wechselwirken“ könne.

    Vor sehr langer Zeit hielten es Philosophen für unmöglich, dass der „Geist“ will, dass das „Licht angeht“ und man drückt einfach auf einen Schalter und „es wird Licht“.

    Ich habe einmal im Internet eine eigentlich sehr plausible Begründung dafür gelesen und wäre fast schon von meinem Glauben an die Elektronik „abgefallen“. Aber ich hatte damals tagtäglich Programmtext (Geistiges), formuliert in einer Programmiersprache, mittels der Tastatur in den Computer „gehämmert“ und der Computer hat alles so gemacht wie ich es wollte, zumindest meistens, und wenn ich keinen Fehler gemacht habe. Das hat mich dann wiederum in meinem „Elektronikerglauben“ bestärkt.

    Leider konnte ich diesen philosophischen Text nicht mehr im Internet finden und kann den Widerspruch nicht erklären. Vielleicht könnten Sie helfen?

    Als „Programmierer“ meine ich, dass es hauptsächlich dann Probleme mit Computerprogrammen, letztlich auch mit „gedanklichen Konstrukten“ gibt, wenn die Begriffe nicht sorgfältig „deklariert“ werden.

    Was durchaus schwierig sein kann, wenn die Problemstellung noch nicht völlig klar, vor allem nicht einfach beschreibbar ist. Die Philosophen klagen zurecht, sie hätten (fast) keine geeigneten Begriffe um bestimmte Sachverhalte zu beschreiben. Wenn sie ihn nicht beschreiben können, so können sie den Sachverhalt auch nicht verstehen und wenn sie ihn nicht verstehen, können sie ihn auch nicht beschreiben…..

    Die Techniker die irgendwie weitermachen müssen, erfinden einfach Begriffe, sozusagen „quick and dirty“ und können sich untereinander verständigen. Sie kennen die Begriffsproblematik weil sie dauernd mit Neuem zu tun haben, sie sind derartiges gewohnt. Aber den Philosophen stehen die Haare zu Berge und sie flippen aus.

    Geist, Wille, Erleben, Bewusstsein, Ich, Spiegelneuronen, Innenwelt, Weltengeist, Erkennen, Wahrheit, …. sind vage Begriffe und haben eigentlich auch noch begrenzte Gültigkeit, wie die Informatiker so sagen. (Informatiker grenzen Begriffe ein und „deklarieren“ sie z.B. als „lokal“ oder „global“).

  46. @Elektroniker 22.10. 15:26

    „Da geht es z.B. um das Problem, dass Geist nicht mit Materie „wechselwirken“ könne.“

    Ein Geist, der mit der Welt nicht wechselwirken kann, wäre nicht zu beobachten. Also würde er auch nicht das Geringste zählen, wenn es um Angelegenheiten innerhalb dieses Universum geht.

    Wenn unser Bewusstsein reiner Geist wäre, der nicht wechselwirken kann, wären wir ja komplett handlungsunfähig. Was wir ja offenbar nicht sind.

    Also entweder gibt es überhaupt keinen Geist, oder wenn es doch Geist gibt, muss er auch wechselwirken können. Würde ich sagen.

    „Mich würde es sehr interessieren, welche psychologischen Erkenntnisse Sie konkret meinen?“

    Ich würde die Frage zunächst an Stephan Schleim weiterleiten: wenn Hirnforscher voreilige Aussagen machen, und psychologische Erkenntnisse ohne hinreichende Evidenz verwerfen, kennen Sie hier gute Beispiele?

  47. Tobias Jeckenburger,
    Entschuldigung, dass ich mich einmische. Sie argumentieren mit der Wechselwirkung von Geist und Materie und gehen davon aus, dass es entweder eine Einwirkung gibt oder nicht.
    Wie wäre es wenn die Einwirkung nicht sprunghaft einsetzt oder nicht, sondern ganz ganz behutsam bis zu einem Maximum, das in der religion als Wunder bezeichnet wird.
    Gedankenübertragung ist verbürgt, ebenso der Einfluss der Gedanken auf unsere Handlungsweise. So betrachtet ist die Wechselwirkung von Geist auf Materie die Grundlage alles Biologischem.

    Wenn man die Kulturgeschichte der Menschheit betrachtet, dann ist die Wahrscheinlichkeit von Geistigem größer als die Unwahrscheinlichkeit.

  48. @Stephan

    Wie kommt’s, dass der zweite Teil des Interviews noch nicht bei Scilogs und aktuell nur bei TP lesbar ist?

    BTW, die plakative Umbetitelung der TP-Version vom Teil 1 erscheint mir geradezu als eine Einladung an die philosophischen Ignoranten unter den Kommentatoren, ihrer Ignoranz freien Lauf zu lassen…

  49. Tobias Jeckenburger, hwied

    Auch wenn ich mich hier im Forum konkret auf jemanden beziehe, nehme ich sehr gerne auch andere Ansichten zur Kenntnis. Bin ein sehr neugieriger Mensch und schätze alle Meinungen. In einer Art von „Brainstorming“ kann man aus den verschiedensten „Denkmustern“ auch neue interessante Erkenntnisse gewinnen.

    Habe doch noch einen Beitrag zum Problem der Interaktion zwischen „Geist und Materie“ gefunden. Die Wechselwirkung könnten, vielleicht scheinbar, den Energieerhaltungssatz verletzen, was durchaus ein gewaltiger „Schuss vor dem Bug“ eines Elektronikers sein kann.

    Quelle: LEXIKON DER BIOLOGIE: :
    Leib-Seele-Problem
    Martin Mahner

    Leib-Seele-Problem

    Zitat: „Die Natur der Wechselwirkung zwischen Geist und Gehirn ist nicht nur unbekannt, sondern es gibt auch keine Theorie der Wechselwirkung von immateriellen und materiellen Gegenständen. Darüber hinaus würde eine solche Wechselwirkung den Energieerhaltungssatz verletzen: Um z.B. auf ein neuronales System einzuwirken, müßte Energie aus dem Nichts produziert werden, und bei der Rückwirkung auf den immateriellen Geist würde Energie verschwinden. Zudem ist der Interaktionismus unprüfbar bzw. unwiderlegbar: Alles, was wir durch neurophysiologische, d.h. materielle, Vorgänge erklären können, kann zusätzlich durch beliebig viele damit korrelierte immaterielle Vorgänge erklärt werden. ……“

    Es sind in der Technik „Interpretermechnismen“ die bewirken, dass Geistiges (deren „Ausprägungen“) „erkannt“, interpretiert und in die materielle Welt umgesetzt wird. Z.B. die genutzte Tastatur (und die nachgeschaltete Elektronik) bewirken dass zur Zahl 3 die Zahl 4 dazu addiert werden soll.
    Umgekehrt wird z.B. auf Displays oder Bildschirmen das Ergebnis von Verarbeitungsprozessen, etwas „geistiges“ angezeigt.

    Mir kommt vor, dass diese auch in der Philosophie früher so selbstverständliche Sichtweise fast „verschwunden“ scheint, weil diese Wechselwirkungen offensichtlich geworden sind.

    Religion hat meiner Meinung nach viel mit Transzendenz zu tun. Viele Sachverhalte existieren offenbar, man versteht sie aber nicht.

  50. @hwied 23.10. 09:04

    „Wie wäre es wenn die Einwirkung nicht sprunghaft einsetzt oder nicht, sondern ganz ganz behutsam bis zu einem Maximum, das in der religion als Wunder bezeichnet wird.“

    Kann sein das es so läuft, das Geist nur dazu kommen kann. Aber es kann auch sein, dass unser Gehirn alleine gar kein Bewusstsein erzeugen kann, und das Bewusstsein selbst ein Geistesfaktum ist. Was ich für wahrscheinlich halte.

  51. @Elektroniker 23.10. 10:42

    Ihr Zitat aus dem LEXIKON DER BIOLOGIE:

    „Die Natur der Wechselwirkung zwischen Geist und Gehirn ist nicht nur unbekannt, sondern es gibt auch keine Theorie der Wechselwirkung von immateriellen und materiellen Gegenständen. Darüber hinaus würde eine solche Wechselwirkung den Energieerhaltungssatz verletzen.“

    Meine Idee ist, dass chemische Zufallsprozesse auf die Zukunft hin gezielt sein können, und so den Lauf der Dinge beeinflussen, insbesondere bei den Details von Gehirnprozessen.

    Der Zusammenbruch der Wellenfunktion im Zusammenhang von Chemischen Reaktionen erzeugt in gewissem Umfang zufällige Ergebnisse, was eben keine zusätzliche Energie benötigt. Das gehört zum normalen Gang der Dinge auf Skalen der Vorgänge in der Quantenwelt.

    Die Intelligenzleistung der Geisteswelt dahinter befindet sich offenbar in geistigen Sphären, dessen Eigenschaften uns wohl verborgen bleiben müssen, ob hier physikalische Energie verbraucht wird, muss wohl unbekannt bleiben.

  52. Zum Energieerhaltungssatz:

    Die Übertragung, Darstellung und Speicherung von Information benötigt Energie. Die eigentliche, logische Informationverarbeitung dagegen benötigt keine Energie!! Ohne Übertragung, Darstellung und Speicherung ist Informationsverarbeitung aber nicht möglich.

    Zu Mahner: Das Wesentliche ist nicht das Verhältnis von Materiellem (einschließlich physikalischer Energie) zu Immateriellem, sondern die Frage, ob es wahrhaft Immaterielles in der realen Welt überhaupt gibt. Die Sprache macht es möglich, beliebige Wörter und beliebige Ideen und Vorstellungen zu generieren, die mit der realen Welt nichts zu tun haben. Aber auch diese Wörter und Ideen sind an die materiellen Gegebenheiten des Gehirns, an die Strukturen des Nervensystems, gebunden. Sie haben keine Eigenexistenz. Auch Raum und Zeit sind Begriffe unseres Denkens ohne physische Eigenexistenz.

    Zur Unabhängigkeit des Geistes von der Zeit (@hwied):
    Zunächst ist zu unterscheiden zwischen der Funktion des Geistes und seinen Inhalten. Selbstverständlich unterliegt der Geist, in beiderlei Sinn, der zeitlichen Entwicklung vom Neugeborenen zum Erwachsenen und bei Demenz und Alzheimer wieder zurück. Immaterieller Geist und Alzheimer sind nach meiner Überzeugung nicht vereinbar.

    Manche Philosophen drehen sich ewig und weltfremd nur um die eigene Achse. Anscheinend war das einer der Gründe für Harber, die Philosophie zu verlassen. Der Hauptgrund dafür ist, dass es in der Philosophie keine neutrale Instanz gibt, wie Erfahrung und Experiment in den Naturwissenschaften.

    Zitat Harber oben: Meinem Eindruck nach drehen sich 80% der philosophischen Forschung um heiße Luft. Und dabei wollte ich nicht mehr mitmachen.

  53. @anton reutlinger 25.10. 10:49

    „Aber auch diese Wörter und Ideen sind an die materiellen Gegebenheiten des Gehirns, an die Strukturen des Nervensystems, gebunden. Sie haben keine Eigenexistenz. Auch Raum und Zeit sind Begriffe unseres Denkens ohne physische Eigenexistenz.“

    Wie passt das den zusammen: die Strukturen des Nervensystems sind real, Raum und Zeit nicht?

    „…dass es in der Philosophie keine neutrale Instanz gibt, wie Erfahrung und Experiment in den Naturwissenschaften.“

    Naja, Philosophie alleine macht zunächst mal immerhin Selbsterfahrung des philosophierenden Menschen. Weltbilder haben Folgen, mit den einen lebt es sich gut, mit anderen nicht so gut. Aber experimentelle Evidenz gibt es auch: Wenn die philosophischen Konzepte z.B. in der Physik angewendet werden. Die Ergebnisse der physikalischen Experimente werden dann auch in den Grundlagen der Philosophie relevant.

    Auch ihre Aussage, dass Sprache an die Strukturen des Nervensystems gebunden ist, macht ohne die Evidenz, dass wir ein Nervensystem haben, keine Sinn.

    Auch führt Philosophie zur Mathematik, und diese ist ein fast universelles Grundwerkzeug, dass wissenschaftliche Erkenntnisse erst ermöglicht, ob theoretisch oder experimentell.

    Gerade die Konzepte von Raum und Zeit sind doch fast das Realste, was es an Erkenntnissen überhaupt gibt. Sowohl die von Newton als Annäherung, als auch die Weitergehenden von Einstein.

    Wörter und Ideen sind zur Zeit außerdem dabei, auch von KI-Systemen immer mehr „Verstanden“ zu werden. So ist auch die Philosophie dabei, in Ansätzen den Rahmen des menschlichen Nervensystem zu verlassen.

  54. @Jeckenburger
    Philosophie ist hauptsächlich das Denken über das Denken selber. Das Denken über die reale Welt und über den Menschen ist Sache der Natur- und der Humanwissenschaften. Wir nehmen an, dass das Denken im Gehirn geschieht, so dass es Überlappungen zwischen Philosophie und den Wissenschaften, sowie zwischen dem Materiellen und dem vorgeblichen Immateriellen gibt. Die Produkte des Denkens sind einerseits immateriell, andererseits materiell, sofern sie sich auf Dinge der Welt beziehen.

    Selbstverständlich arbeitet die Philosophie auf der Grundlage und mit den Wissenschaften zusammen, wo es sinnvoll ist, z.B. die Naturphilosophie und die Philosophie des Geistes. Eine Philosophie über die Zukunft des Menschen und der Menschheit ist ohne Wissenschaft nicht denkbar, hier insbesondere die Klima- und die Umweltforschung. Da die Wissenschaften immer lückenhaft sind, z.B. bezüglich der Erkenntnisfähigkeiten des Menschen und auch bei Prognosen und bei Wirkungen für Gesellschaften, bleibt auch innerhalb der Wissenschaften Raum für (Wissenschafts)Philosophie.

    Die Frage ist, was eine Philosophie wert ist, die vollständig den Boden der Wissenschaften verlassen hat oder die Wissenschaften ignoriert. Diese Frage hat sich offenbar auch Harber gestellt.

    Die Mathematik entstammt der menschlichen Erfahrung und Erkenntnis, dass es verschiedenartige und gleichartige Dinge gibt, die man abzählen kann, allen voran die Körperglieder. Dazu brauchte es noch keine Philosophie. Inzwischen ist die Mathematik allerdings so abstrakt geworden, dass sie auch Gegenstand der Philosophie ist.

    Die KI kann nichts anderes als Logik auf Sprache anzuwenden. Das macht sie allerdings mit immenser Schnelligkeit und mit riesigen Datenmengen in komplexen Zusammenhängen. Das Verstehen bleibt noch immer dem Menschen überlassen: dem Verstand und der Vernunft, den Gefühlen und Emotionen, dem Erleben und den Erfahrungen, den Motiven und den Vorstellungen – alles im Rahmen des menschlichen Nervensystems.

  55. Stephan Schleim schrieb (17. Okt 2020):
    > […] Ich halte es vor allem für wesentlich, dass man seine Grundannahmen, sozusagen seine “Unternehmensphilosophie”, als solche offenlegt und nicht für sich beansprucht, die Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu verbreiten. […]

    Genau! — Jemandes Grundannahmen, insbesondere diejenigen, auf deren Grundlage weitergehende Annahmen bzw. Aussagen bzw. Äußerungen ggf. als “Wahrheit” oder “Unwahrheit” oder “nicht als »entweder wahr, oder ansonsten unwahr« bewertbar” bewertet würden, können ihrerseits nicht beanspruchen, als entweder wahr, oder ansonsten unwahr bewertbar zu sein.
    (Sondern lediglich als entweder nachvollziehbar, oder ansonsten nicht nachvollziehbar.)

    Und: Genau! — Auch ich halte es (deshalb) für wesentlich, dass man seine Grundannahmen als solche offenlegt.
    (Im Interesse vollständiger Offenlegung wäre das meinerseits, ausschließlich Solches von vornherein anzunehmen, das anzunehmen man gleichermaßen auch allen anderen zugestehen müsste, die von sich selbst oder von anderen guten Gewissens fordern könnten: »Lege doch bitte mal Deine Grundannahmen offen!«.)

    p.s.
    Stephan Schleim schrieb (18.10.2020, 11:59 Uhr):
    > […] drei Personen, die hier in >13 Jahren überhaupt nur Hausverbot bekommen haben […]

    Recht so, aber:
    Ist dafür gesorgt, dass jede/jeder dieser drei (trotzdem) wenigstens ein entsprechendes “Haus” hat, um insbesondere ggf. eigene Grundannahmen als solche offenzulegen; und ist auch offengelegt, welche derartigen “Häuser” das im Einzelnen sind ?

  56. @ Frank Wappler 26.10.2020, 17:48 Uhr

    Ihrer Sichtweise bezüglich der „Wahrheit“ stimme ich fast schon begeistert zu. „Fast“ deswegen, weil „Grundannahmen“ wegen des Umfanges und der Komplexität fast nicht vollständig beschrieben werden können.

    Irgendwie bereitet auch mir „das Hausverbot“ (ich habe nur letzteres mitverfolgt), ein gewisses „Unbehagen“.

    Seine „Grundannahmen“ lassen sich nur erahnen, sie gehen in stakkatoartig ausgestoßenen Worthülsen unter, die vom Leser nicht so leicht nachvollzogen werden können. Mir scheint, es sind „süße“, aber derzeit absolut unrealistische „Träume“ und eine schwere Provokation für realistisch denkenden Menschen, die für ihren Lebensunterhalt arbeiten müssen und wollen.

    Vermutlich ist es S. Schleim einfach zu viel geworden.

    Vielleicht leben wir tatsächlich in einer Zeit des völligen (technologischen) „Umbruchs“ und Menschen, die sozusagen aus „Verzweiflung“ weil sie selber keine Arbeit finden können, „ganz wild“ darauf sind, Arbeit damit einen „realen“ Lebenssinn vom Staat zugewiesen zu bekommen, bzw. dass der Staat „absolut“ für sie sorgt. Arbeit, neuerdings sogar „KI-Arbeit“, wird zunehmend auf technische Systeme umgeschichtet und macht zunehmende Probleme, um die sich die Politik zu wenig kümmert. Zumindest scheint es so und die Existenzängste in der Gesellschaft nehmen eher zu.

    Höchsttechnologie, KI und auch massive Fortschritte in der Psychologie/Soziologie (um den „Luxus“ nichts arbeiten zu müssen, überhaupt ertragen zu können), könnten „Denkkonzepte“ die derzeit völlig abwegig scheinen, vielleicht in Zukunft realistischer machen.

    Ein kleines Häuschen, zumindest eine „Hütte“ sollte jeder bekommen.

  57. @ Frank Wappler 26.10.2020, 17:48 Uhr

    Ihrer Sichtweise bezüglich der „Wahrheit“ stimme ich fast schon begeistert zu. „Fast“ deswegen, weil „Grundannahmen“ wegen des Umfanges und der Komplexität fast nicht vollständig beschrieben werden können.

    Irgendwie bereitet auch mir „das Hausverbot“ (ich habe nur letzteres mitverfolgt), ein gewisses „Unbehagen“.

    Seine „Grundannahmen“ lassen sich nur erahnen, sie gehen in stakkatoartig ausgestoßenen Worthülsen unter, die vom Leser nicht so leicht nachvollzogen werden können. Mir scheint, es sind „süße“, aber derzeit absolut unrealistische „Träume“ und eine schwere Provokation für realistisch denkenden Menschen, die für ihren Lebensunterhalt arbeiten müssen und wollen.

    Vermutlich ist es S. Schleim einfach zu viel geworden.

    Vielleicht leben wir tatsächlich in einer Zeit des völligen (technologischen) „Umbruchs“ und Menschen, die sozusagen aus „Verzweiflung“ weil sie selber keine Arbeit finden können, „ganz wild“ darauf sind, Arbeit damit einen „realen“ Lebenssinn vom Staat zugewiesen zu bekommen, bzw. dass der Staat „absolut“ für sie sorgt. Arbeit, neuerdings sogar „KI-Arbeit“, wird zunehmend auf technische Systeme umgeschichtet und macht zunehmende Probleme, um die sich die Politik zu wenig kümmert. Zumindest scheint es so und die Existenzängste in der Gesellschaft nehmen eher zu.

    Höchsttechnologie, KI und auch massive Fortschritte in der Psychologie/Soziologie (um den „Luxus“ nichts arbeiten zu müssen, überhaupt ertragen zu können), könnten „Denkkonzepte“ die derzeit völlig abwegig scheinen, vielleicht in Zukunft realistischer machen.

    Ein kleines Häuschen, zumindest eine „Hütte“ sollte jeder bekommen.

  58. @ anton reutlinger 25.10.2020, 10:49 Uhr

    Zitat: „Zu Mahner: Das Wesentliche ist nicht das Verhältnis von Materiellem (einschließlich physikalischer Energie) zu Immateriellem, sondern die Frage, ob es wahrhaft Immaterielles in der realen Welt überhaupt gibt. Die Sprache macht es möglich, beliebige Wörter und beliebige Ideen und Vorstellungen zu generieren, die mit der realen Welt nichts zu tun haben. Aber auch diese Wörter und Ideen sind an die materiellen Gegebenheiten des Gehirns, an die Strukturen des Nervensystems, gebunden.“

    Beim “Hardcore Materialismus” ging es darum, dass Information (Wörter, Ideen, Computerprogramme … ) absolut untrennbar, sozusagen für immer und ewig, an die gleichen materiellen Gegebenheiten (z.B. Gehirns, Computer ….) „gebunden“ sind. Mit der Verschrottung oder dem Tod endet prinzipiell die Wirkung der „Software“.

    Es gibt auch keinen eindeutigen physikalischen Zusammenhang zwischen Information und Materie, wie z.B. zwischen Materie und Energie (Einstein).

    Steuerbehörden haben lange Zeit nicht gestattet, dass Software getrennt von der Hardware verkauft, bzw. von der Steuer abgesetzt werden kann. Sie wollten bei Millionen teurer Software nur den vergleichsweise lächerlichen Preis des Datenträgers akzeptieren. Mit der materialistischen Begründung, dass Software eben prinzipiell nicht „eigenständig“ wäre, was eben auch das „Credo“ der Philosophie ist (oder war?).

    Die ersten Juristen und Steuerberater die ehemals rechtlich durchgesetzt haben dass der Software ein völlig eigenständiger (realistischer) Wert zugestanden werden muss, sind stinkreich geworden.

    Einer hat sich ein Anwesen mit (Stil gerecht) eigenständigem „Dienertrakt“, mit Dienstwohnungen für Butler, Haushälterin und einer eigenständigen Garconniere für die Büglerin (Studentin die jeden Tag um 5 Uhr in der früh die Rüschenblusen der Hausherrin gebügelt hat) zugelegt.

    Allerdings gegen die Gründer von SAP war er ein „armer Schlucker“. Die konnten die Idee vom Verkauf in völliger Eigenständigkeit entwickelter, konfektionierter Software in eine Goldgrube verwandeln….

    Es verhielt sich ganz im Sinne Mahners: Das Wesentliche (fürs Reich werden) ist das Preisverhältnis von Hardware (einschließlich physikalischer Energie) zur Software. Ob es wahrhaft Immaterielles in der realen Welt überhaupt gibt, oder Materielles auf Immaterielles, oder umgekehrt „angewiesen ist“, ist praktisch ohne Bedeutung.

    Immaterielles wird einfach verkauft, es hat einen Marktwert, weitgehend unabhängig vom Materiellem.

    Die Sache um die „heiße Luft“ sehe ich ähnlich….

  59. @ Elektroniker
    23.10.2020, 10:42 Uhr

    Zitat:
    Habe doch noch einen Beitrag zum Problem der Interaktion zwischen „Geist und Materie“ gefunden. Die Wechselwirkung könnten, vielleicht scheinbar, den Energieerhaltungssatz verletzen, was durchaus ein gewaltiger „Schuss vor dem Bug“ eines Elektronikers sein kann.

    -> Also, dieser zitierte Absatz (woher denn?) tut womöglich annehmen, das ein Gehirn einfach so aus dem Nichts funktioniert. Dabei braucht das Gehirn einen Körper, der sich seine Grundbedürfnisse selbst erfüllt. Er tut also Nahrung zu sich nehmen. Und also wäre hier der Energieerhaltungssatz gerade nicht verletzt.

    Da Bewusstseinsinhalte performativ aufrecht erhalten werden müssen, also als Lebewesen, das in die Naturprozesse eingebunden ist, verstehe ich diesen Absatz aus einem ansonsten offenbar anerkanntem Sachbuch nicht. Ausser, man ignoriert demonstrativ, was tatsächlich die Aufgabe des Gehirns ist und wie es funktioniert.

  60. @ anton reutlinger
    25.10.2020, 10:49 Uhr

    Zitat:
    Der Hauptgrund dafür ist, dass es in der Philosophie keine neutrale Instanz gibt, wie Erfahrung und Experiment in den Naturwissenschaften.

    -> In der Nagturwissenschaft existieren diese “neutralen” Perspektiven auch nicht. Ganz im Gegenteil: Sie sind immer per Prämisse ultimativ unneutral. Denn jeder Versuch/jede Studie hat konkreteste Eingangsannahmen und Bedingungen, die aufgrund der Durchführbarkeit und der Verlässlichkeit vorher eindeutig festgelegt werden müssen.

    Wie man da noch von Neutralität sprechen kann, ist mir unklar.
    “Objektivität” träfe es schon eher. Nur ist es mi tdem Begriff auch nicht so gut bestellt, wenn man immer annehmen muß, das man genau das nicht kann: Alle Bedingungen der Gegenstände vorher zu kennen, um diese ultimative, optimale Objektivität auch zu erreichen.

    Man sagt also in dem Absatz dieses Werkes, das es den Energieerhaltungssatz verletzen würde, aber man weiß noch gar nicht, wie alles funktioniert und zusammenhängt. Insofern ein performativer Widerspruch.

    Würde ich zu den kognitiven Verzerrungen/Fehlleistungen rechnen.

  61. @ anton reutlinger
    25.10.2020, 15:46 Uhr

    Zitat:
    @Jeckenburger
    Philosophie ist hauptsächlich das Denken über das Denken selber. Das Denken über die reale Welt und über den Menschen ist Sache der Natur- und der Humanwissenschaften

    -> Ja , also auch das ist natürlich unsinn. “Philosophi ist…” und dann das… höchstens noch, wenn die Philosophie dysfunktional wird, wie der interviewte eben beklagte. Aber selbstverständlich ist auch das Denken über das Denken wichtig. Je nachdem, was gerade Problem ist, und man meint, nicht weiter zu kommen, müsste man das (übliche) Denken ansich mal hinterfragen.

    Philosophie wegen der Philosophie wegen, ist, wie Grundlagenforschung in der Naturwissenschaft: manchmal erheblich ineffizient, weil gerade keine technologischen und Erkenntnistechnischen Quantensprünge…also sowas, wie Zünglein an der Waage… in die Welt kommen und man sozusagen sogar im Kaffeesatz stochert, um noch den winzigsten Faktor finden zu können. Notwendig, aber mühsam und in der Summe sehr unergiebig.

    Deswegen nicht unnötig, sondern trotzdem notwendig. Denn wenn nichts mehr passiert, dann passiert auch nichts mehr.

    Jedes konstruktive Denken hat eine Perspektive. Wenn die wegfällt, so nehme ich an, kann es keinen plausiblen Gedanken mehr geben. Wie wichtig diese perspektive für den Inhalt des Denkens ist, erkennt man erst, wenn man mit der Perspektive Probleme bekommt und die Orientierung verliert.

    Die Frage ist meisst nur, ob andere (an)erkennen, das eine (relevante) Perspektive besteht. Wenn Menschen plötzlich meinen, das (ganz christlich) die Menschheit auf dem falschen Weg ist, und “umkehren” muß (weil Gott das bestrafen wird), dann ist das in der sekulären Moderne meist eine unrelevante Perspektive, weswegen auch der Gedanke als Unrelevant verworfen wird.
    Wenig später aber plötzlich: Siehe da, der Klimawandel und die Umweltprobleme….sind die von religiösen Eiferern angesprochenen Fehlleistungen der Menschheit wieder im Fokus. Nur ohne den religiösen Habitus/Stil, aber mit einer strukturel ähnlichen Grundproblematik.

  62. @ demolog 27.10.2020, 19:12 Uhr

    Aus dem „Mahner“ Beitrag habe ich nur den „Energieerhaltungssatz“ gemeint, nicht die angeführten Details.

    Eine Verletzung dieses Lehrsatzes wäre in den Naturwissenschaften geradezu ein „Verbrechen“, so scheint es zumindest.

    Ich sehe es natürlich analog wie Sie. Es erfolgt offensichtlich eine externe Energiezufuhr (wie gering sie auch ist und woher auch immer sie stammt), hauptsächlich durch Nahrung oder einer externe Stromquelle in der Elektronik. Der Energieerhaltungssatz wird daher (praktisch) nicht verletzt.

    Beispiel: Die Sonne oder eine Lampe „leuchtet“ auf ein Eisenbahnsignal. Der Lokführer sieht „halt“ oder „freie Fahrt“ ohne dass das Signal „eigene Energie“ aussendet.

    Ich vermute, es geht darum, dass sozusagen (wenn auch auch nur sehr wenig) Energie „ins Spiel kommt“ sobald Information „auftaucht“. Das scheint das Argument von Herrn Reutlinger, dass es „immaterielle Information allein“ nicht geben kann, weil sie immer, zumindest gleichzeitig, mit Materie (ist auch Energie) „auftaucht“. Allenfalls besteht vielleicht so etwas wie eine Art von „symmetrischer Beziehung“ zwischen Materie und Energie.

    Allerdings dürfte es keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen Energie und Information geben, wie z.B. zwischen Energie und Masse. Daher steht für mich Information außerhalb der Gesetzmäßigkeiten der Physik und ist deshalb „eigenständig“. (Jedenfalls solange, bis man einen eindeutigen Zusammenhang findet.)

    Eine höchst sinnvolle eigene Kategorie ist „Information“ auf jedem Fall.

  63. @demolog
    Neutralität und Objektivität sind bezüglich der Wissenschaft sinnähnliche Begriffe, indem sie eine Unabhängigkeit von der subjektiven Erkenntnis beschreiben, z.B. durch gemeinsame, gleichartige Wahrnehmung. Man könnte die beiden Begriffe austauschen, ohne den Sinn zu verlieren. Da der Mensch sowohl über die Welt als auch über sich selbst und über sein Denken nachdenken kann, ist immer die Möglichkeit des rückbezüglichen und zirkulären Denkens gegeben, mit all seinen Irrtümern. Das kann man weder wegleugnen noch verhindern.

    Die Frage ist also, wie man damit umgeht, wie man Irrtümer erkennt, offenlegt und korrigiert oder vermeidet. Es gibt keine absolute Wahrheit und keine absolute Realität. Das kann man als Fundament und Rechtfertigung der Philosophie betrachten. Daher bildet die Wahrheitsphilosophie neben der Sprachphilosophie den Kern und die älteste Perspektive der Philosophie mit verschiedenen Theorien dazu. Unsere Gedanken kleiden wir als Informationen in Sprache und teilen sie den Mitmenschen mit. Dabei ist das Verständnis der Sprache selbst wieder ein rückbezüglicher Denkprozess.

  64. @Elektroniker
    Zu Ihrem Beispiel mit dem Lokführer:

    1. Die Sonne oder die Lampe beleuchtet das Eisenbahnsignal, das ist Energie, die von dem Material des Signalgegenstands reflektiert wird. Wenn die Beleuchtung ausfällt, dann entfällt auch die Wahrnehmung des Signals, bzw. die Eigenschaft des Gegenstands als Signal, bzw. seine Information und Wirkung. Moderne Signale leuchten daher mit eigener Energie, z.B. LEDs.

    2. Sie nehmen etwas vorweg, was zunächst nicht vorhanden ist. Würde ein Amazonas-Indianer das Eisenbahnsignal als solches erkennen? Der Lokführer erkennt es nur deshalb als Eisenbahnsignal, weil er eine entsprechende Ausbildung hat. Eigentlich ist es nur ein Gegenstand ohne bestimmte Bedeutung. Wo genau steckt die Information dieses Eisenbahnsignals also, wenn sie eigenständig ist, wie Sie behaupten?

    3. Man kann es drehen und wenden wie man will, die Information des Eisenbahnsignals ist nicht ohne Materie und/oder Energie als Substrat zu bekommen. Das Substrat ist Träger der Semiotik, d.h. eines Zeichens (oder syntaktische Zeichenkombinationen wie Wörter) als Bedeutungsträger. Die Semantik (Bedeutung) obliegt der Interpretation infolge objektiven oder subjektiven Lernens. Erst daraus entsteht die Information als Zuordnung von Zeichen zu Wissen oder zu Handlungen (z.B. Bremsen des Lokführers).

    4. Information gibt es in verschiedenen Formen äquivalenter Struktur:
    – als sprachlicher Satz mit Subjekt, Prädikat, Objekt,
    – als binäre Relation, z.B. A ist Vater von B,
    – als Tabelle mit Titel, Zeilen und Spalten, z.B. Temperatur 13Uhr 20°C,
    – als logische Aussage mit Individuum, Prädikat, Prädikatwert
    – als Graph mit Knoten, Kante, Knoten.

    Wenn man will, kann man diese Formen als immaterielle Gegenstände betrachten. Es ändert aber nichts daran, dass ein materielles oder energetisches Substrat zur Darstellung, Übertragung und Speicherung unverzichtbar ist. Alles andere wäre metaphysische Spekulation.

  65. @ anton reutlinger 28.10.2020, 20:31 Uhr

    Im Prinzip sehe ich es genau so wie Sie.

    Die Frage der „Eigenständigkeit“ ist für mich allenfalls eine individuelle Bewertungsfrage.

    Allerdings würde ich diese Sichtweise bezüglich „Information“ gerne erweitern.

    Die übliche Sichtweise baut auf die traditionelle Philosophie auf. Darauf dass die Semantik (Bedeutung) der Interpretation infolge objektiven oder subjektiven Lernens obliegt. Erst daraus entsteht die Information als Zuordnung von Zeichen zu Wissen oder zu Handlungen (z.B. Bremsen des Lokführers). Es geht sozusagen alles, ganz im Sinne der traditionellen Philosophie, von einem (erkennenden) „Subjekt“ aus.

    Allmählich erkennt man aber immer besser, dass die Evolution bereits auf das Konzept der „Informationsverarbeitung“ gestoßen ist, ganz ohne „erkennendes Subjekt“.

    Eine sozusagen riesige und über viele einzelne „Prozessor Komponenten“ verteilte „Zufallsgenerator Maschinerie“ erzeugt z.B. unaufhörlich neue „Zufallsvariable“ auf Datenträgern.
    Dies „Zufallsvariablen“ können absolut „zufällig“ sein, als auch von einer besonderen Systematik des zugrunde liegenden „Zufall Generators“ abhängen.

    Stichworte: Z.B. Gene, Viren, …. die letztlich wiederum Prozesse steuern, systematisch Mutationen generieren. Die so erzeugten biologischen Systeme stehen in Konkurrenz zueinander.

    Es entstehen zwar DNA-, RNA Moleküle, aber die besondere „wirksame Systematik“ liegt in der Information und den prozesssteuernden Variablen.

    Lebewesen dürften auf diese Art entstanden sein, sich auch so fortpflanzen und die „Maschinerie“ funktioniert, teilweise zu unserem Leidwesen, (Corona) noch immer, wie müssen sogar selber als „Mutationsmaschinen“ (für Viren) herhalten und können uns nicht einmal vernünftig dagegen wehren.

    Bedeutet, die 3 Komponenten Prozessor – Prozess – Information existieren, ganz ohne unser Zutun. Wir sind selbst „Erzeugnisse“ diese Konzepts der Informatik, was uns eigentlich erst seit relativ kurzer Zeit klar wurde. Das ist normale Wissenschaft, selbst wenn irgendwie der „Geruch von 3 Faltigkeit“ anhaftet….

    Und dann kommt noch dazu, dass bestimmte „Information“ sozusagen „implizit“ existiert, noch bevor irgend ein Information verarbeitendes System „explizit“ darauf „gestoßen“ ist um es konkret abzuspeichern.

    Die letzten rund 20 Billionen Stellen von Pi existierten sozusagen „vorher“ schon implizit als Algorithmus, noch bevor Google die Zahlen in der Realität berechnen ließ…..

  66. @Elektroniker
    Es ist zwar richtig, dass die Informationen überall in der Welt enthalten sind, auch dann wenn der Mensch sie nicht sieht, bzw. auch schon vor dem Auftauchen des Menschen vorhanden waren, aber es impliziert eine teleologische Sichtweise der Natur.

    Die Natur kennt keine Information, sie funktioniert strikt nach ihren Gesetzmäßigkeiten. Erst der Mensch hat daraus die Begriffe für Informationen und Gene und Viren geschaffen. Für die Menschen kann jede Information verschiedene Bedeutungen haben, oder gar keine. Ein deutliches Beispiel dafür ist die derzeitige Epidemie mit den Reaktionen der Menschen darauf.

  67. anton reutlinger schrieb (29.10.2020,08:51 Uhr):
    > Die Natur kennt keine Information, sie funktioniert strikt nach ihren Gesetzmäßigkeiten. Erst der Mensch hat daraus die Begriffe für Informationen und […] und […] geschaffen.

    Dieser Auffassung von “Natur” lässt sich die Auffassung von “Natur” entgegensetzen, die weder Begriffe für Information(en) noch für Gesetzmäßigkeit(en) noch irgendwelche andere an sich “kennt”, geschweige denn “danach funktioniert”,
    sondern die (lediglich, zumindest) wahrnehmbar ist und (bestenfalls) wiederum aus identifizierbaren Beteiligten besteht, denen sich jeweils die Befähigung des Wahrnehmens zugestehen lässt.

    Im Übrigen ist auch beim Begriff “Gesetzmäßigkeiten” eine Unterscheidung geboten; in

    – Theoreme, die sich von vornherein und logisch-zwangsläufig aus den Festsetzungen folgern lassen, wie gemessen werden soll (d.h. unter Anwendung welcher Messoperatoren aus ggf. vorhandenen Beobachtungsdaten jeweils bestimmte Messwerte ermittelt werden sollen),

    und im Unterschied dazu

    – die Menge der konkreten Messwerte, die (in Anwendung der jeweils festgesetzten Methodik) schon ermittelt wurden; einschl. ihrer eventuellen Zusammenfassungen, ggf. einschließlich zukünftiger Erwartungen, als bestimmte Modelle.

  68. @Frank Wappler
    Einverstanden, auch der Begriff “Gesetzmäßigkeiten” ist schon ein Produkt des menschlichen Denkens, nicht der Natur. Aus der Zirkularität unseres Denkens kommen wir nicht heraus. Wir können immer nur als Mensch die Welt betrachten und interpretieren und auch als Mensch sind wir selber Teil der Welt. Wir können der Natur durch Beobachtung und Messung das entlocken, was für uns in der Folge davon Information ist, indem es Bedeutung für uns hat, sei es nur wissenschaftlich oder technologisch oder auch alltagspraktisch. Wir dürfen nicht der Welt unsere Ideen aufprägen und dann so tun, als würde die Natur unseren Ideen entsprechen.

  69. @ anton reutlinger 29.10.2020, 08:51 Uhr

    Zitat: „Die Natur kennt keine Information, sie funktioniert strikt nach ihren Gesetzmäßigkeiten. Erst der Mensch hat daraus die Begriffe für Informationen und Gene und Viren geschaffen.“

    So ist es zunächst einmal.

    Aus psychologischen Gründen will „der Mensch“ überhaupt nicht, dass die Natur von selbst aus „intelligente Leistungen“ erbringt. Er selbst sieht sich, womöglich einzig, im „Mittelpunkt“ der Welt. Alles andere ist „dumm“, es gibt keinesfalls so etwas wie „natürliche Formen“ von Intelligenz außerhalb des Menschen. (Mache Menschen vermuten, wenn es sie doch geben sollte, so steht allenfalls die „Instanz Gott“, als eine Art „Repräsentant“ für eine derartige Intelligenz.)

    Es ist eigentlich eine „Beleidigung“ für uns Menschen, aber in der Natur dürfte es verschiedene Arten von Intelligenz geben, wir sind nur eine davon. Haben es aber immerhin erreicht, in künstlichen Computersystemen so etwas wie „Intelligenzfunktionen“ (KI) zu schaffen und gleichzeitig besser über „Intelligenz“, konkret über „Musterverarbeitung“, Bescheid zu wissen.

    Mir scheint es jedenfalls bemerkenswert, wenn der Mensch Konzepte entwirft, wie z.B. die Konzepte der „Informationsverarbeitung“ und dann stellt sich heraus, dass die Evolution auf vermutlich „zumindest stark ähnliches“ wie diese „Informationsverarbeitung“, schon längst „gestoßen“ ist. Wir sogar ein „Ergebnis“ dieses Konzeptes zu sein scheinen. Dies scheint durchaus eine „Beleidigung“ für uns.

    Zuerst wird sozusagen in „biologischen Zufallsgeneratoren“ ein abstrakter Plan (DNA) „generiert“, der danach ebenfalls in einer systematischen „Maschinerie“, realisiert wird. Natürlich gibt es auch systematische Wechselwirkungen.

    Das scheint ähnlich wie bei uns, wir „bilden die Realität“ mittels „Mathematik mit Sprache, Buchstaben und Zahlen“ ab und haben „interpretierende Umsetzungsmechanismen“ um sie in die Realität zu „übersetzen“. Die „Natur“ nutzt eine „System nähere Sprache“, die Chemie, um danach die „Codierungs- Decodierungsprozesse“ direkt zu realisieren.

    Darwins Prinzip selektiert aus was überlebt.

  70. @Elektroniker 28.10. 23:07

    „…die 3 Komponenten Prozessor – Prozess – Information existieren, ganz ohne unser Zutun. Wir sind selbst „Erzeugnisse“ diese Konzepts der Informatik, was uns eigentlich erst seit relativ kurzer Zeit klar wurde.“

    Unbedingt hat die Zellchemie Komponenten von Informationsverarbeitung, ähnlich derer unserer Computersysteme. Hier gibt es auch standardisierte Codes z.B. codieren immer 3 bestimmte DNA-Buchstaben genau eine bestimmte Aminosäure. Hier hat sich vor Jahrmilliarden ein Norm-Standard etabliert, der in etwa unserer ASCII-Codierung der Buchstaben in txt-Dateien entspricht.

    Die Möglichkeit von Informationsverarbeitenden Systemen hält unser Kosmos bereit, die Zellchemie ist eine Implementierung davon, die Nervensysteme eine zweite, und unsere Computer sind eine dritte Implementierung dieser Möglichkeit.

    „Die letzten rund 20 Billionen Stellen von Pi existierten sozusagen „vorher“ schon implizit als Algorithmus, noch bevor Google die Zahlen in der Realität berechnen ließ…..“

    Die Realität impliziert Informationen, die man nur entdecken kann, die man nicht herstellen muss, und auch nicht herstellen kann.

    @Anton Reutlinger 29.10. 10:49

    „Einverstanden, auch der Begriff “Gesetzmäßigkeiten” ist schon ein Produkt des menschlichen Denkens, nicht der Natur… … Wir dürfen nicht der Welt unsere Ideen aufprägen und dann so tun, als würde die Natur unseren Ideen entsprechen.“

    Die Gravitationsgesetze z.B. hat man nicht erfunden, sondern entdeckt. Die Wirkungen der Schwerkraft sind von den Ideen der Physiker vollkommen unabhängig, sie existieren einfach, und sie existierten auch schon vorher, bevor Newton einen Teil davon entdeckt hat.

    @Elektroniker 29.10. 12:27

    „Aus psychologischen Gründen will „der Mensch“ überhaupt nicht, dass die Natur von selbst aus „intelligente Leistungen“ erbringt.“

    Naja, religiöse Menschen suchen doch genau eine höhere Intelligenz, um Trost, Hilfe und Geborgenheit zu finden. Und schon die Schamanen glaubten, dieses in der Wirklichkeit auch finden zu können. Auch in moderne Zeiten, wo der Mensch mit seiner modernen Technik sehr viel mehr selber gestalten kann als früher, gibt es noch Menschen, die höheres nicht nur suchen, sondern auch zu finden glauben. Und ich vermute mal, dass die überhaupt nicht weniger werden.

    „…wir „bilden die Realität“ mittels „Mathematik mit Sprache, Buchstaben und Zahlen“ ab und haben „interpretierende Umsetzungsmechanismen“ um sie in die Realität zu „übersetzen“.“

    Hier haben wir die Grundlagen der menschlichen Kulturproduktion. Genau unsere Kultur ist wohl die wirkliche Macht auf Erden, die geht über den einzelnen Menschen weit hinaus. Ein Gemeinschaftswerk ist hier dabei, wirklich Alles auf den Kopf zu stellen. Nach anfänglichen Umwegen wie der Nutzung von fossilen Brennstoffen sind wir dabei, die Wildnis Welt in einen Kulturgarten zu verwandeln, in dem wir dauerhaft wohnen können. Und wir sind dabei, den Kosmos nicht nur zu erkunden, sondern wohl am Ende auch zu besiedeln.

  71. Tobias Jeckenburger schrieb (29.10.2020,14:42 Uhr):
    > Die Gravitationsgesetze z.B. hat man nicht erfunden, sondern entdeckt.

    Immerhin bedurfte schon die bloße Vorstellung bestimmter “Gravitationsgesetze”, und erst recht experimentelle Tests dieser Modelle, der Erfindung jeglicher Begriffe und insbesondere Messgrößen, unter deren Verwendung sie formuliert und festgehalten wurden.

    Im Übrigen bestehen diese Modelle und darin zusammengefassten Entdeckungen nicht zuletzt darin, dass bestimmte Regionen (z.B. unser Sonnensystem als Ganzes) in guter Näherung “geschlossen” und bestimmte deutlich wahrnehmbare Beteiligte (Planeten, Monde, reife Äpfel, …) in guter Näherung “ansonsten frei” gewesen sind; und dass wiederum andere (z.B. Bestandteile der Erdoberfläche) in guter Näherung “gegenüber einander starr gehalten bzw. geführt” wurden.
    Weder das eine noch das andere muss gesetzlich-zwangsläufig auch in allen noch kommenden Versuchen zutreffen; derartige Erwartungen konstituieren lediglich ein bestimmtes bislang bewährtes und auch weiterhin denkbares (Standard-)Modell.

    > Die Wirkungen der Schwerkraft sind von den Ideen der Physiker vollkommen unabhängig, sie existieren einfach, und sie existierten auch schon vorher, bevor Newton einen Teil davon entdeckt hat.

    Die Abhängigkeit besteht von den Ideen der Physiker hinsichtlich der Begriffe, die erforderlich wären, um Phrasen wie “Wirkungen der Schwerkraft” nachvollziehbar zu definieren; geschweige denn diesbezügliche Messwerte gewinnen zu können.

  72. @Frank Wappler 29.10. 17:33

    „Immerhin bedurfte schon die bloße Vorstellung bestimmter “Gravitationsgesetze”, und erst recht experimentelle Tests dieser Modelle, der Erfindung jeglicher Begriffe und insbesondere Messgrößen, unter deren Verwendung sie formuliert und festgehalten wurden.“

    Es gibt offenbar eine Korrespondenz zwischen menschlicher Mathematik und den Eigenschaften der Wirklichkeit. Grundlegend ist auch die mathematische Geometrie des euklidisch Flachen Raumes, die mit der Wirklichkeit des 3-Dimension Raumes, in dem wir leben, gut übereinstimmt. In der Tat ist dies aber nur eine Annäherung, offenbar ist unser Lebensraum durch die Gravitation unseres eigenen Planeten etwas verbogen. So weit ich weiß, muss man das beim Betrieb des GPS-Systems sogar mit einrechnen. Beim Bauen von Hochhäusern aber noch nicht.

    Sie haben Recht, dass Mathematik und Physik mit Denkmodellen arbeiten, die nur in Teilbereichen wirklich exakt sind, und in gewissem Sinne künstlich sind. Aber offenbar erfassen wir hier doch wesentliche Aspekte der Wirklichkeit, und gerade unsere Mathematik findet sich überall im Kosmos wieder.

    Wir haben hier eine Verbindung, die wir nur in Anfängen verstanden haben, die aber ganz intensiv zu sein scheint. Die zu beobachtenden Unstimmigkeiten und Unvollständigkeiten würde ich nicht zum Anlass nehmen, unsere grundsätzliche Verständnisfähigkeit anzuzweifeln, sondern als Ansporn, in der Wirklichkeit nach verfeinerten und weitergehenden Gesetzmäßigkeiten und Eigenschaften zu suchen.

  73. Tobias Jeckenburger schrieb (30.10.2020, 13:19 Uhr):
    > Es gibt offenbar eine Korrespondenz zwischen menschlicher Mathematik und den Eigenschaften der Wirklichkeit.

    Das ist sowohl richtig als auch trivial (selbstverständlich). Letzteres, weil jede wirkliche (nachvollziehbare, einvernehmliche) Beantwortung der Frage bzw. Messaufgabe “Was ist denn die Eigenschaft von: … ?” die Konkretisierung des Begriffes “Eigenschaft” zunächst als eine bestimmte Messgröße (mit einem bestimmten Wertebereich) und anschließend als einen bestimmten Messwert (im durch die Messgrößen-Definition festgesetzten Wertebereich) einschließt;
    was beides zwangsläufig ausschließlich unter Nutzung des verfügbaren (menschlichen, oder nachvollziehbar delegierbaren) Denk- bzw. Auswertungsvermögens erfolgen kann.

    Eine bestimmte, als Messergebnis festgestellte “Eigenschaft der Wirklichkeit” liegt zwangsläufig im Rahmen dessen, was durch die konkrete Methodik festgesetzt wurde, “wie wir uns vorgenommen hatten, zu einer Feststellung zu gelangen”.

    > […] offenbar ist unser Lebensraum durch die Gravitation unseres eigenen Planeten etwas verbogen. So weit ich weiß, muss man das beim Betrieb des GPS-Systems sogar mit einrechnen. Beim Bauen von Hochhäusern aber noch nicht.

    Wer die (Deine) ausdrückliche Definition von “Flachheit” bzw. “Verbogenheit” als Messgröße gar nicht kennt, in deren Anwendung diese (exakten) Ergebnisse womöglich erhalten oder die systematischen Unsicherheiten dieser (ungefähren) Aussagen womöglich abgeschätzt wurden, wüsste das jedoch keinesfalls an sich (sondern müsste sich dazu bestenfalls auf andere, ggf. “vertrauenswürdige”, ihrem Beruf entsprechend und sogar darüber hinaus tätige Geometer berufen).

    > Sie haben Recht, dass Mathematik und Physik mit Denkmodellen arbeiten, die nur in Teilbereichen wirklich exakt sind, und in gewissem Sinne künstlich sind.

    Ich schreibe ja ziemlich oft über Modelle — aber doch nicht sowas!
    (Sondern stattdessen: dass sich Modelle, im Unterschied zu Theorien, experimentell testen und ggf. falsifizieren lassen. Zum Beispiel: das spezifische Modell, als ein Teil des sogenannten “Standardmodell der Teilchenphysik”, dass der Verhältniswert der Masse des leichtesten freien Baryons und der Masse des leichtesten freien geladenen Leptons in allen bisherigen Versuchen kleiner als 2000 gemessen wurde, und auch in allen evtl. noch folgenden Versuchen kleiner als 2000 gemessen werden wird. (Auf dieses spezifische und offensichtlich ebenfalls denkbare und muster-beispiel-hafte Modell könnte z.B. jemand Geld wetten, und den Wetteinsatz unter Umständen verlieren; z.B. wenn morgen alle Elektronen, oder zunächst auch nur ein einziges Elektron, analog der elektro-schwachen Weise in leichtere Leptonen zerfallen, in der heutzutage Myonen in Elektronen plus Neutrinos zu zerfallen pflegen.)

    Das Wort “Modell” hat bekanntlich etliche konkrete Bedeutungen. Und ich bin dankbar, dass im zitierten Satz das durchaus gebräuchliche Wort “Denkmodell” benutzt wurde — ich wüsste nicht, dass ich dieses Wort selbst vorher schon mal benutzt hätte. Wenn also “Denkmodelle der Mathematik und Physik” in einem (sprichwörtlichen) Atemzug genannt werden, ist vermutlich gerade nicht das gemeint, was mich beschäftigt. (Ich finde es allerdings schwierig, eine andere, spezifischere Wortwahl oder Formulierung dafür zu finden. Gemeint sind jedenfalls nicht “vereinfachte oder illustrierende Darstellungen von Begriffen oder Methoden” …)

    Aber ja: die Modelle, an die ich denke, betreffen jeweils nur bestimmte “Teilbereiche”, nämlich: schon erhaltene oder noch erwartete Messwerte im Wertebereich jeweils einer bestimmten, festgesetzten Messgröße (oder, im Sinne jeweils eines Tupels, in den zusammengefassten Wertebereichen mehrerer bestimmter, festgesetzter und hinreichend kompatibler Messgrößen). In “seinem” entsprechenden “Teilbereich” kann ein Modell “ganz exakt” sein, wenn es sich Versuch für Versuch auf jeweils genau einen bestimmten Messwert aus dem Wertebereich der betreffenden Messgröße festlegt; oder ansonsten mehr oder weniger grob auf größere Teilmengen des Wertebereiches (wie z.B. das oben beschriebene Modell über Massenverhältnisse).

    Außerhalb des Wertebereiches der betreffenden festgesetzten Messgröße (bzw. außerhalb der zusammengefassten Wertebereiche der betreffenden festgesetzten Messgrößen) macht und enthält ein Modell (meines Interesses) allerdings überhaupt keine Aussagen und Erwartungen; auch keine unexakten oder ungefähren.

    > Aber offenbar erfassen wir hier doch wesentliche Aspekte der Wirklichkeit,

    Sicher: Wir können messen. Wir werden messen.
    Und wir werden bestimmt sogar immer noch mehr Messgrößen erfinden und gesetzesgleich festhalten und mitteilen, um auch deren Werte zu messen.

    Aber: ohne hinsichtlich irgendwelcher Erwartungen von “Gesetzmäßigkeit” der noch zu ermittelnden Messwerte voreingenommen zu sein.

  74. @Frank Wappler 30.10. 18:05

    „Aber: ohne hinsichtlich irgendwelcher Erwartungen von “Gesetzmäßigkeit” der noch zu ermittelnden Messwerte voreingenommen zu sein.“

    Ein Stück Erwartung, Hoffnung und auch Träumen darf doch wohl erlaubt sein. Als die Physiker ihre Gravitationswellendetektoren gebaut haben, waren sie dann auf der Suche nach genau den Signalen, die die Relativitätstheorie ihnen vorgegeben hat. Die wesentliche Herausforderung bei diesem Projekt war neben der Sensitivität der Anlangen die Suche nach den gesuchten Signalen in dem umfangreichen Rauschen der Messungen.

    Voreingenommenheit mag erlaubt sein, wenn man dennoch mit den Fakten realistisch umgeht, und ein Scheitern der eigenen Lieblingshypothese akzeptiert, falls es so kommt.

    Wir machen uns mit wissenschaftlichen Erkenntnissen auch Vorstellungen von der Welt, sozusagen eben Weltanschauungen. Ähnlich wie bei religiösen Weltmodellen beziehen wir auch Möglichkeiten ein, die uns gut ins Konzept passen, die aber eben nicht als gesicherte Erkenntnisse gelten können. Teils wissenschaftlich inspirierte Weltanschauungen sind heutzutage durchaus verbreitet, würde ich sagen. Ich finde dass das eine gute Sache ist, viel besser als wenn man sich z.B. so an die Bibel hängt, dass man deren Aussagen über gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse stellt.

    Wichtig ist hier, dass man die nur erhofften Hypothesen von den gesicherten Erkenntnissen sauber unterscheidet. Das ist dann letztlich die Basis von Weltoffenheit des Menschen inmitten von gelebter und vielfältiger Praxis.

  75. Tobias Jeckenburger schrieb (31.10.2020, 13:37 Uhr):
    > Ein Stück Erwartung, Hoffnung und auch Träumen darf doch wohl erlaubt sein. […]

    Sofern Erwartungen (Hoffnungen, Träume, Vorhersagen) nicht nur rein individuell-privat sind, sondern insbesondere falls verschiedene Interessenten ungleiche Erwartungen haben könnten (Stichwort: “Wetten”), sollte sich die Ermittlung (bzw. “Ziehung”) jeweils einen Messwertes eben grundsätzlich überhaupt nicht nach eventuellen Erwartungen richten, sondern nachvollziehbar und einvernehmlich sein.

    > […] Wichtig ist hier, dass man die nur erhofften Hypothesen von den gesicherten Erkenntnissen sauber unterscheidet.

    Für eine geeignete, nachvollziehbare, einvernehmliche Auffassung von “sauber”.

    p.s.
    > […] Voreingenommenheit […] Als die Physiker ihre Gravitationswellendetektoren gebaut haben, waren sie dann auf der Suche nach genau den Signalen, die die Relativitätstheorie ihnen vorgegeben hat.

    Die Phrase “vorgegeben hat”  ist an dieser Stelle: unsauber.

    Die RT gibt nicht vor, dass “unser” Universum nennenswerte nahezu Ladungs-freie Massen enthielte, deren Zusammentreffen zur Bildung einer einzigen geschlossenen Ereignishorizont-(Hyper-)Fläche führen könnte;
    sondern die RT gibt “lediglich” vor, wie zu messen wäre, ob

    Und die RT gibt auch nicht vor, dass Spiegel, die nicht gegenüber einander starr wären sondern deren Ping-Dauern gegenüber einander sich (meinetwegen quasi-periodisch, und meinetwegen mit speziellem Amplitudenverlauf) änderten, dabei trotzdem durchwegs “frei schwingend” gewesen und geblieben wären, und nicht stattdessen entsprechend “geführt” bzw. “angetrieben” bzw. “gezwungen” wurden;
    sondern die RT gibt “lediglich” vor, wie zu messen wäre, ob

  76. @Frank Wappler 02.11. 11:04

    „sondern die RT gibt “lediglich” vor, wie zu messen wäre, ob …“

    Man hat hier Detektoren gebaut, und dann vorausberechnet, welche Messwerte eine Gravitationswelle verursachen würde, wenn sie auf den Detektor trifft. Und genau dieses Muster hat man dann im umfangreichen Rauschen der Anlagen gesucht und irgendwann auch gefunden.

    Hätte man nicht nach den richtigen Signalen gesucht, und den Detektor zu einem ganz anderen Zweck gebaut, hätte man die gemessenen Gravitationswellen vermutlich sogar übersehen.

    Wo ist das Problem? Wie soll man sowas sonst machen? Voreingenommenheit ist öfter unvermeidlich, will man sich mit der Wirklichkeit beschäftigen. Päbstlicher als der Pabst muss niemand sein, man darf sich Vorstellungen machen, und gucken, ob die sich in der Welt wiederfinden. Wenn man bei der Auswertung der Messergebnisse alles richtig macht, funktioniert das doch.

  77. Tobias Jeckenburger schrieb (02.11.2020, 12:16 Uhr):
    > Man hat hier Detektoren gebaut, und dann

    … zweifellos auch schon vorher; vgl. Fig. 1 im oben (02.11.2020, 11:04) Uhr verlinkten Science-Artikel von 1992. (Zum Glück ist der Link noch nicht “verrottet.) …

    > vorausberechnet, welche Messwerte eine Gravitationswelle verursachen würde, wenn sie auf den Detektor trifft.

    Dabei wurden jeweils bestimmte Modelle von Quellen und Ausbreitung von Gravitationswellen und deren Auswirkungen insbesondere auf Detektoren durchgerechnet bzw. simuliert; vgl. z.B. https://arxiv.org/abs/1307.1757
    Und diese wurden (zwangsläufig) unter Verwendung von Begriffen bzw. Messgrößen der RT erstellt; Begriffen wie “Masse” bzw. “Massenverhältnis(se)”, “Binärsystem”, “Abstand”, “Umlaufdauer”, “Richtung”, usw. usf.

    > Und genau dieses Muster hat man dann im umfangreichen Rauschen der Anlagen gesucht und irgendwann auch gefunden. […] Wo ist das Problem?

    Ich erkenne dabei zwei wesentliche Probleme:
    Erstens und vor allem, dass die Suche nach den betreffenden Mustern als “Test der RT” aufgefasst und angesprochen würde (und das Auffinden den betreffenden Mustern gar als “Bestätigung der RT”); obwohl es sich doch stattdessen um Tests der betreffenden Modelle handelte (anhand deren simulierter “waveforms” das praktisch ständig vorliegende Strain-Signalen eines Detektors jeweils getriggert wurde) bzw. um die Bestätigung jeweils eines bestimmten dieser Modelle (dessen “waveform” jeweils nämlich einem Strain-Signale signifikant entsprach, das daraufhin auch als “chirp”-Signal klassifiziert würde, anstatt “sonstigem Rauschen”).

    Hätten die Detektoren gar kein “chirp”-Signal gefunden, sondern ausschließlich “Rauschen”, dann wären alle zum Trigger beitragenden Modelle (bislang) unbestätigt geblieben, wenn nicht sogar widerlegt worden;
    aber die RT, einschließlich ihrer zum Modellieren eingesetzten Begriffe und der damit verbundener Detektions-Methodik, wäre damit keineswegs “getestet und für falsch befunden” worden.

    Zweitens leisten die vorhandenen LIGO-Detektoren (d.h. Zwei-Arm-Interferometer) nun mal schlicht keine Unterscheidung zwischen Signalen, die von durchlaufenden Gravitationswellen verursacht wären, oder Signalen, die durch “(phasen-kohärentes) Schubsen der Spiegel” verursacht wäre; vgl. https://scilogs.spektrum.de/relativ-einfach/gravitationswellen-nachweis-durch-ligo-und-virgo/#comment-25551

    > Wie soll man sowas sonst machen?

    Erstens und vor allem davon ablassen zu behaupten, dass sich Theorien (also Systeme aus selbstverständlichen Begriffen, daraus konstruierten Definitionen, und deren logische Konsequenzen/Theoreme) experimentell testen ließen. Stattdessen lassen sich Modelle experimentell testen; wie beschrieben.

    Zweitens, hinsichtlich des eventuellen experimentellen Nachweises von Gravitationswellen (auf den ich übrigens wetten würde), besteht ja immerhin die Aussicht darauf, dass mit einer Ausbaustufe des LISA-Interferometers (“im Weltraum”) ein Zehn-Arm-Interferometer aufgebaut und Beobachtungen sammeln wird, das J. L. Synge’s “Fünf-Punkt-Krümmungsmesser” implementiert und somit unterscheiden kann, ob es von einer Gravitationswelle passiert wurde oder “nur” von astronomischen Quellen geschüttelt wurde.

    p.s.
    > […] Päbstlicher als der Pabst muss niemand sein […]

    Aber auch nicht weniger päpstlich sein, ist doch wohl erlaubt (?).

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