Konferenz der Schneckenforscher

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Mit Nacktschnecken auf Tauchstation
Meldung vom Meer

Mit dem Fertigstellen einer Publikation für eine Konferenzsonderausgabe zum „Third International Workshop on Opisthobranchs“ lasse ich die Konferenz Revue passieren, die für mich ein besonderes Erlebnis während meines letzten Forschungsaufenthaltes in Banyuls sur mer war. Der „International Workshop on Opisthobranchs“ ist eine Konferenz von Forschern, die sich speziell mit den Opisthobranchia, den sogenannten Hinterkiemerschnecken, beschäftigen. Der Name Hinterkiemerschnecken stammt daher, dass innerhalb des Schneckenkörpers die Kiemen hinter dem Herzen liegen. Der Großteil der Hinterkiemerschnecken lebt im Meer und viele haben ihre Schale teilweise oder komplett zurückgebildet. Daher werden viele Hinterkiemerschnecken auch allgemein als Meeresnacktschnecken bezeichnet.
 

Workshop Vigo Heft

 

Nachdem der letzte „International Workshop on Opisthobranchs“ 2006 in Bonn stattgefunden hatte, war dieses Mal die Hafen- und Industriestadt Vigo am Atlantik im Nordwesten Spaniens der Ort des Geschehens. Vom südfranzösischen Banyuls sur mer aus machte ich mich auf die Reise – die lange sperrige Papprolle mit meinem zu präsentierenden Poster unter den Arm geklemmt – zunächst mit dem Zug nach Barcelona und von dort mit dem Flugzeug nach Vigo im nordspanischen Galicien.

Die dieses Mal von dem Meeresbiologen Jésus Troncoso von der Fakultät der Meereswissenschaften der Universität Vigo veranstaltete Konferenz zählte nur etwas mehr als dreißig Teilnehmer, einen kleinen Kreis von auf Hinterkiemerschnecken spezialisierten Wissenschaftlern. Ein sehr überschaubarer Rahmen daher, aber mit umso internationaleren Ursprüngen. So kamen die Teilnehmer aus etwa zehn verschiedenen Ländern, darunter Spanien, Chile, Portugal, Deutschland, Mexiko, Italien, Dänemark, Russland, und den USA.

Das dreitägige Vortragsprogramm zeigte sich ebenso vielfältig wie die speziellen Fachgebiete der einzelnen Teilnehmer und gab somit einen Überblick über die verschiedenen aktuellen Forschungsbereiche. Von übergreifenden Schwerpunkten wie Evolution, Biogeographie, Biochemie, Stammesgeschichte und Systematik ging es bis in detaillierte Spezialbereiche wie Parasitenbefall der Hinterkiemerschnecken und Entwicklung von Besonderheiten bei manchen Schneckenarten wie die Fähigkeit zur Fotosynthese oder verschiedene Verteidigungsmechanismen.

Als besonderes Highlight erwies sich das Geschenk, das alle Teilnehmer erhielten: Ein Buch über Hinterkiemerschnecken in Brasilien, dass der Veranstalter Jésus Troncoso mitverfasst hat. Nicht zuletzt der freundlichen Art des Veranstalters war es zu verdanken, dass die Konferenz in netter, familiärer Atmosphäre verlief. Von Konkurrenzgerangel war hier nicht viel zu spüren. Stattdessen wurde beraten und wurden Pläne geschmiedet: Was könnte an Datenaustausch stattfinden? Was für mögliche Kooperationen könnten sich ergeben?

 

Buch Opisthobranchia Brasil

 

Neben dem Vortragsprogramm wurden verschiedene Besichtigungsziele angefahren, so z. B. die meeresbiologische Außenstation. Hier hatten diejenigen, die gerne selbst vor Ort Material sammeln wollten, Gelegenheit zu tauchen. Die übrigen konnten sich bei einer Filmvorführung ein Bild von der regionalen Unterwasserwelt machen. Im Film wirkte der Atlantik in dieser Region eher dunkel und rau. Starker Algenwuchs sorgt für eine relativ geringe Sichtweite. Dichte Kelpwälder wiegen sich in starkem Wellengang und lassen nicht viel Sonnenlicht durchdringen. Für meinen Geschmack sind die Wassertemperaturen in dieser Gegend ohnehin deutlich zu niedrig. Mir reichte es daher vollkommen, den düsteren Charme der galicischen Meereswelt im Film zu bestaunen. Tatsächlich ins kalte Nass zog mich in diesem Fall nichts.

Stattdessen zog es mich zurück Richtung Mittelmeer. Da die Tage eines Forschungsaufenthalts ohnehin immer viel zu schnell vergehen, hatte ich den Besuch bei der Konferenz möglichst kurz geplant. Am vierten Tag der Tagung gab es noch die Möglichkeit, an einer Exkursion mit Bootsausfahrt teilzunehmen, doch zu diesem Zeitpunkt befand ich mich schon auf der Rückreise nach Banyuls sur mer, um die Restzeit meines Aufenthalts anzugehen.

 

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Veröffentlicht von

Valérie Schmitt, Diplom-Biologin, Science Writer und Online-Redakteurin, schreibt ihre Doktorarbeit über Meeresschnecken mit einer besonderen Eigenschaft: In ihrer Reihe berichtet sie von dem spannenden Phänomen der Einlagerung von Chloroplasten - den Organen der Fotosynthese - bei Meeresnacktschnecken, das in dieser Form im Tierreich einzigartig ist.

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