San Francisco, Golden Gate Bridge: Jahrhundert-Bauwerk, reitende Affen und fischende Robben
BLOG: Meertext
Für San Francisco hatten wir uns vorgenommen, über die Golden Gate-Brücke zu wandern – eine großartige Idee mit großartiger Aussicht. Wegen der besonderen Bedeutung dieser 2.737 Meter langen Brücke gibt es am Brückenkopf in San Francisco reichlich Informationen dazu. Das Motto “Making the impossible possible“ zur Story der Golden Gate Brücke ist gut gewählt.
Unser Hotel lag im alten Stadtbereich, der nach dem Erdbeben 1906 mit viel Art Deco wiederaufgebaut worden war und recht nahe an der Küste und der Brücke. Mit vielen Stopps waren wir etwa fünf Stunden unterwegs und haben damit eine herrliche Wanderung durch die Stadt- und Naturgeschichte gemacht.
Das Golden Gate ist die enge Stelle, an der heute das Wasser des Pazifiks in die Bucht von San Francisco strömt. Diese Meeresverbindung hat sich erst gegen Ende der letzten Eiszeit gebildet, als das Schmelzwasser das innere Tal flutete und dabei die San Francisco-Bay füllte. Rund 60 % allen Regens und Schnees, der im Staat Kalifornien fällt, fließt durch dieses diese Lücke in den Bergzügen der nördlichen kalifornischen Küste in den Pazifik.
Wärme und Feuchtigkeit sorgen für ein reiche, teils tropisch anmutende Flora. Der Park am Brückenkopf wirkte mit tropischen Pflanzen wie Calla, gigantischer Kapuziner Kresse und vielen anderen farbenfrohen Blüten wie ein Botanischer Garten.
Wegen der Enge der Golden Gate Straße herrschen dort starke Gezeitenströme und Windströmungen, dazu kommen Nebel und salzige Luft – alles davon sind gewaltige Herausforderungen für die Konstruktion einer Brücke. Zusätzlich droht durch den nur 11 Kilometer vor der Küste verlaufende berühmte Sankt Andreas-Graben – dieser aktive Grabenbruch hatte 1906 San Francisco in einem spektakulären Erdboden und dem folgenden Großbrand zu drei Vierteln zerstört.
Die in der Bucht lebenden Indianer vom Stamm der Muwekma Ohlone beobachteten 1775, wie die ersten Europäer per Schiff landeten. 1776 errichteten die Spanier erstmals eine Siedlung namens Yerba Buena im Bereich des heutigen Downtowns, später wurde die Siedlung nach dem Heiligen Franziskus umbenannt. Kaliforniens Küsten waren noch lange dünn besiedelt, 1848 lag die Bevölkerung dieser Stadt trotz ihres günstigen Klimas und ihrer natürlichen Schätze bei unter 500 Menschen. Erst mit dem Goldrausch strömten neue Einwohner in die Siedlung, die um 1849 etwa zehnmal grösser war.
Nach 1900 wuchs die Population San Franciscos und der Bay-Region schon auf eine Million Menschen an, die Infrastruktur musste mitwachsen. Der große nord-südliche Highway 101 Kaliforniens brauchte dringend eine Brücke über die Meeresstraße zum Anschluss an die anderen Verkehrs- und Transportwege. Eine solche Brücke musste länger werden, als andere bisher existierenden Bauwerke und war bereits mehrfach diskutiert und wieder verworfen worden. Als in den frühen Dekaden des 20. Jahrhunderts die Ingenieurswissenschaften gigantische Fortschritte im Design und der Konstruktionsweise von Brücken mit großer Spannweite machten, wurde aus der Vision einer langen Hängebrücke eine machbare Herausforderung. Obwohl viele Politiker sich dagegen aussprachen und die finanziellen Mittel während der großen Depression, die 1929 begann, gering waren, machten sich zivile Führungspersönlichkeiten, Ingenieure und Konstrukteure mit Vorstellungsvermögen, Mut und Kompetenz an dieses Jahrhundertwerk.
Die größten Herausforderungen waren natürlich die Arbeiten unter Wasser. Bei der Konstruktion des südlichen Brückenpfeilers spielten Taucher eine kritische Rolle, sie mussten bis zu 33 Metern tief in dem von Gezeitenströmen durchspülten Wasser der Golden Gate Straße abtauchen. Neben den Strömungen erschwerten Kälte, Dunkelheit und Trübung diese gefährliche Arbeit. Da es noch keine transportablen Lufttanks gab, hing das Überleben der Taucher von der Zuverlässigkeit des Luftzustroms von der Oberfläche ab. Die Konstruktion der Brücke begann dann 1933, mitten in der großen Depression mit einer Arbeitslosenquote von 25 Prozent. Mit Ausnahme der hochspezialisierten Jobs wurde die Brücke durch lokale Arbeiter errichtet, die neben ihrer Bezahlung auch durch das gigantische Werk an sich motiviert wurden – damals eines der ambitioniertesten Ingenieurs-Vorhaben der Welt. So standen sie auch das oft kalte, windige und neblige Wetter durch, was ihre Arbeit gefährlich und manchmal sogar furchterregend machte. Diese gefährlichen Arbeiten über dem Abgrund wurden unter anderem erstmals durch Sicherheitsnetze geschützt. Dadurch gab es nur einen schwereren Unfall: Im Februar 1937 stürzten 10 Männer in den Tod. Mit einem weiteren Todesopfer waren insgesamt 11 Tote zu beklagen. Für ein Projekt dieser Größenordnung war das zu der Zeit eine sehr kleine Anzahl von tödlichen Unfällen.
Die installierten Auffangnetze sollen 19 abgestürzten Arbeiter gerettet haben, diese Überlebenden wurde als „Half-Way-to-Hell-Club“ genannt.
Der Chefingenieur der Golden Gate-Brücke Joseph Baermann Strauss beantwortete in einem Interview die Frage, wie lange das Bauwerk halten solle, mit „Forever“. Aber obwohl sie stark und haltbar konstruiert ist, sind stetige Restaurierungen nötig – starke Winde, salzige Luft und andere Naturgewalten zerren an ihr, dazu kommt die Abnutzung durch den immer stärkeren Verkehr.
Wir haben an einem der Pylone selbst Reparaturarbeiten beobachtet – die Arbeiter waren nicht nur durch ein Sicherheitsnetz geschützt, sondern auch noch durch eine volle Klettermontur, Schutzbrillen, Helme und sicherlich noch andere Schutzkleidung. Dennoch erschien mir aus der Sicherheit der Brücke ihre Arbeit absolut furchterregend, ich würde mich nicht trauen in dieser Höhe auch nur einen Fuß von der sicheren Fahrbahn hinabzusetzen.
Neben vielen Informationen zum Brückenbau, aus denen ich diesen Text zusammengestellt habe, gibt es in der Freilichtausstellung auch Brückenmodelle, mit denen man selbst ausprobieren kann, wie die Hängekonstruktion auf Belastungen etwa durch Erdbeben reagieren würde.
Auch wenn die Brücke ein überwältigendes Monument ist, wurde sie für mich von einer tollen Tierbeobachtung in den Schatten gestellt: Auf dem Hinweg zum südlichen Marin County hatten wir schon eine Seehundsgruppe beobachtet, ein erwachsenes Tier mit seinem Jungen und einer weiteren halbwüchsigen Robbe. Körperform und Farbe waren klarkeine Seelöwen. Sie schienen dort im Gezeitenstrom zu fischen und bewegten sich deutlich schneller als wir. Auf dem Rückweg vom südlichen Marin County wurde es dann richtig interessant: Die große Robbe hatte einen Fisch erbeutet. Um ihren Kopf herum breiteten sich im Sonnenlicht aufblitzende Schuppen aus, die kurzen schnellen Kopfbewegungen zeigten, wie sie den Fisch schüttelte. Genau solche schnellen Bewegungen werden auch von Sendern aufgezeichnet, die mit Beschleunigungsmessungen diesen Moment des Zuschnappens und Beute-Schüttelns anzeigen. Die Robbe war damit eine ganze Weile beschäftigt, auch die zustoßenden Seevögel zeigten den Jagderfolg des Meeressäugers an. Und von der Brücke aus konnten wir das Geschehen aus der Luft perfekt beobachten – wie es sonst nur per Drohne möglich ist.
Angeblich sollen manchmal auch Weiße Haie in die Bay schwimmen – solch eine Beobachtung blieb uns leider verwehrt.
Einziger Wermutstropfen in San Francisco war für mich, dass das Sternenflotten-Hauptquartier noch nicht geöffnet hatte. Nicht ein einziges Raumschiff oder zumindest ein Flugtaxi war zu sehen.
Dafür hatten wir auf dem Hinweg noch ein interessantes Erlebnis: Vor uns ritten drei sehr haarige Gestalten. Bei genauerer Betrachtung hatten die Reiter keine langen Haare, sondern einen kurzen Pelz.
Als ich einen dort stehenden Polizisten darauf ansprach, ließ er mich nicht etwa einen Drogentest machen, sondern grinste breit: Ja, das sei richtig, da waren drei Affen zu Pferd unterwegs: Wir waren in Dreharbeiten zu einem Werbefilm für den neuen „Planet der Affen“-Film geraten.
Das mit den Affen auf den Pferden ist eine schöne Anekdote. Wenn ich Direktor der Nasa wäre, hätte das Bodenpersonal bei den Landungen der Raumkapseln und -fähren immer Affenkostüme zu tragen 😉
@Gunnar Ries: : )))) Das stelle ich mir sehr unpraktisch vor. Aber unterhaltsam
Bei eurer Besichtigung der Golden Gate Bridge habt ihr aber Wetterglück gehabt. Ich habe gelesen, dass neblige Tage in SF eher vorkommen sollen als sonnige.
@RPGNo1: Ja, das glaube ich bei den Witterungsverhältnissen gern. Es hat in Kalifornien ja auch extrem stark geregnet, was eine längere Wanderung weniger schön gemacht und die ebenfalls Sichtweite reduziert hätte. Gleichzeitig hatten wir das Glück des Frühlings, der eine subtropisch anmutende Flora aufblühen ließ. Diese ganze Reise war ein großes Glück : )
So hört sich übrigens ein Nebelhorn der Golden Gate Bridge an.
https://www.youtube.com/watch?v=xULf9aEuOt4
https://www.goldengate.org/bridge/history-research/bridge-features/foghorns-beacons/
@RPGNo1: Da fliegen einem glatt die Ohren weg : )
Als ich vor 18 Jahren im Juni einmal eine Sitzung nahe bei San Francisco hatte und mehrfach über die Golden Gate gefahren bin, war sie fast immer in dicken Nebel gehüllt, so dass man nichtmal den oberen Teil der Pfeiler sehen konnte. Doch ein einziges Mal war es sonnenklar und nebelfrei. Das habe ich dann genutzt um vom Aussichtspunkt auf der Nordseite das Bauwerk in seiner ganzen Größe zu bestaunen.
Sie haben wohl Glück gehabt, dass Sie einen nebelfreien Tag erwischt haben.
Der Nebel dort hat meines Wissens mit dem Zusammentreffen der durch den kalten Pazifikstrom abgekühlten Luft aufs warme Land zu tun.
@Wolfgang Richter: Ein tolles Erlebnis! Ja, genau, Nebel ist dort deshalb ein sehr häufiges Phänomen. Außerdem lenkt die Brücke den Nebel zusätzlich. Das ist der Grund, warum sie leuchtend orange gestrichen ist und außerdem drei eigene Nebelhörner hat
https://www.goldengate.org/bridge/history-research/bridge-features/foghorns-beacons/