Pismo Beach:
Pismo Beach ist ein Touristenort zwischen Los Angeles und Monterey, dessen größte Attraktion der phantastische Strand und die gewaltige historische hölzerne Seebrücke sind.
Deswegen haben wir hier einen Stop eingelegt.
Diese Seebrücke ragt etwa 500 Meter (1/4 Meile) über den Pazifik und ist perfekt zur Beobachtung von Meeressäugern und Seevögeln.
Wir waren dort schon einmal, unwissend um die Bedeutung des Ortes.
Standen damals auf der Seebrücke und guckten den Surfern beim Surfen in den Sonnenuntergang zu. Die meisten gingen in den Wellen baden. Dann tauchten aus dem Nichts zwei Große Tümmler auf und zeigten den Surfern, wie man richtig surft. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass ich wegen der Delphine fast ausflippte und sooo gern mit den Surfern getauscht hätte.
Außerdem zogen dort jede Menge der riesigen Braunen Pelikane vorbei.
Das wollten wir gern wiederholen und erreichten nach langer Fahrt spät abends das Hotel, direkt am Strand.
Natürlich zog es uns dann noch in der Dunkelheit auf den Pier. Auf ein Klackern hin schaute ich übers Geländer nach unten und spähte ins Wasser. Da war doch etwas! Nach und nach konnte ich im schwachen elektrischen Licht die Geräuschquelle erkennen: Ein Meerotter schwamm dort, auf dem Rücken liegend. Und er hatte offenbar eine Muschel auf dem Bauch liegen, die er mit einem Stein beharrlich aufhämmerte. Eigentlich waren es sogar zwei Otter – ein Mutter-Kind-Paar.
Am nächsten Morgen stärkten wir uns mit Kraken-Kaffee, im einzigen Café mit Porzellan-, statt Wegwerf-Geschirr.
Danach ging es schnell an den Strand.
Im ersten Moment erstarrte ich, weil ich dachte, der breite Sandstrand läge voll mit Plastik.
Dann sah ich die transparenten Strukturen genauer an und wollte meinen Augen kaum trauen:
Der vermeintliche Kunststoff waren die chitingen Reste von Segelquallen.
Die Segelqualle Velella velella besteht aus einem leuchtend ultramarin-violetten scheibenförmigen Floß und einem halbkreisförmig aufgerichteten transparenten Segel, sie hat ein Chitingerüst. Von ihrem Floß hängen kurze Tentakel, nach unten , damit fängt sie Plankton. Sie segelt auf der Meeresoberfläche im sogenannten Neuston, dem Ökosystem an der Grenzschicht, dahin. Sie ist oft vergesellschaftet mit anderen, ebenfalls transparent-blau-violetten Tieren wie der Himmelblauen Veilchenschnecke Janthina, der Seeschwalbe oder Seeschmetterling genannten Schnecke Glaucus, der Polypenkolonie Porpita und Physalia, der berüchtigten Portugiesischen Galeere mit ihren todbringenden Nesselzellen auf den meterlangen langen Tentakeln. Diese Schnecken, Quallen und anderen Organismen sind Spielbällchen der Meeresströmungen, sie driften vor dem Wind und werden oft von Wirbeln und Winden zu Inseln zu großen Ansammlungen zusammengeschoben. Alle zusammen werden wegen ihrer typisch bläulich-violett-transparenten Tarnfärbung auch die “Blaue Flotte” genannt. Ein märchenhaft undwirklich anmutendes Ökosystem, über das ich hier ganz bestimmt noch mehr erzählen werde.
In diesem Fall lagen aber nur Segelquallen am Strand. Die erst kürzlich gestrandeten Velella-Wellen waren noch ultramarin-violett schillernd. Nach der Strandung zersetzte sich offenbar das weiche organische Material, damit schwand auch die Farbe dahin. Zurück blieb das trasnparente Chitingerüst, das trocknete, einige davon habe ich aufgesammelt.
Außerdem ist Pismo Beach die Hauptstadt der Pismo-Clams.
Clams sind erstmal nicht näher bezeichnete Muscheln mit eher glatter Schale. Die Pismo-Clam ist Tivela stultorum, eine größere Venusmuschel-Verwandte (Veneridae). Einen deutschen Namen hat dieser pazifische Mollusk nicht. Ihre beige-braunen, schwach gemusterten, glatten Schalen sind dick wie Porzellanbecher und sie ist seit Jahrtausenden als leckeres Seafood in diesem Bereich der Küste bekannt. Da sie zwischen 7 und 150 m Tiefe im Sand vergraben lebt, können Menschen und Meeressäuger die Proteinbombe in Strandnähe leicht sammeln. Die Muschel wird mit zwei bis drei Jahren geschlechtsreif, kann aber bis zu 30 Jahre alt und 15 cm groß werden; das älteste Exemplar war ca 53 Jahre alt, das größte über 18 cm groß. Die meisten sterben aber lange vorher, sie stehen auf vielen Speiseplänen. Die Clam-Fischerei ist immer noch ein Wirtschaftsfaktor und streng geregelt, sie darf erst ab einer gewissen Größe legal gefischt werden. Otter werden allerdings nur selten kontrolliert.
Hier ist mehr wissenswertes über die Pismo Clam, ihr Leben und die Befischung zu lesen.
Ich bin kein Muschel-Fan, finde sie aber auch ganz lecker. Sie ist die wichtigste Zutat im Clam Chowder, dem ortsüblichen Eintopf aus Gemüse, Sahne und Muscheln. Für mich das ideale Essen, wenn es nichts Vegetarisches außer fetten Fritten gibt.
Der Pier war auch diesmal perfekt zum Beobachten de rnahe vorbeifliegenden Pelikane. Ich muss zugeben, dass auch diese großen Seevögel mich wegen ihres Schnabels und Kehlsacks an fischende Flugsaurier erinnern.
Außerdem waren gerade um und unter dem Pier viele Otter, oft Mutter-Kind-Paare. Es kann gut sein, dass sie dort auch Seafood von den Pfeilern pflückten, einige ruhten sich auf den Pfeilern auch aus. Solche künstlichen Inseln sind natürlich perfekte Ruhezonen, da dort keine Menschen und vor allem keine Hunde hinkommen. Surfer und Meerotter schwammen durcheinander, vermutlich nickten sie sich als Ozean-Eingeweihte im Vorbeischwimmen noch kurz zu.
Abends sahen wir im schwächer werden Licht einen Walblas. Leider weit weg. Da der Blow buschig und niedrig war und der Wal hin- und herschwamm, also jagte, war es vermutlich ein Buckelwal. Es hätte auch ein später Grauwal sein können, die jagen dort aber nur sehr selten, sondern fressen meist in nördlicheren Gewässern.
Pismo Beach hatte sich mit all diesen Beobachtungen mal wieder voll gelohnt.
Übel fand ich den reichlichen Plastikmüll. Es ist völlig normal ein To-Go-Getränk im Plastikbecher mit Strohhalm an den Strand mitzunehmen und es dort liegen zu lassen, wie auch andere Plastikverpackungen. Ich habe von jedem Strandspaziergang eine Tüte Müll mitgenommen und in einen der zahlreichen Mülleimer am Strand entsorgt. Der Strand wird morgens gereinigt, darum fällt die Vermüllung den wenigsten Strandbesuchern auf. Aber die nächtliche Flut nimmt vor dem morgendlichen Strandputz reichlich Plastikmüll mit hinaus aufs Meer, dagegen wollte ich zumindest etwas tun. Plastikverpackungen werden in den USA als mehrfach nutzbar etikettiert, so umgehen Handel, Gewerbe und Industrie das Einwegplastik-Verbot. Wirklich schade, dass so viele Leute nur bis zum nächsten Schluck Kaffee oder Zuckerwasser denken können.
Wenn ich die Wahl zwischen einem leckeren Meeresfrüchteintopf und fetten Fritten hätte, würde ich ersteren auch immer bevorzugt wählen. 🙂
@RPGNo1: 🙂