Orkney-Massenstrandung: Große Grindwal-Gruppe ausgelöscht
BLOG: Meertext
An der Küste der Orkney-Inseln sind heute, Do, 11. Juli 2024, 77 Grindwale gestrandet. Und gestorben.
Die Langflossen-Grindwale waren schon Stunden zuvor gestrandet und bis auf 12 beim Eintreffen der alarmierten Helfer British Divers Marine Life Rescue (BDMLR), der schottischen SPCA und auf Meeressäuger spezialisierte Tierärzte, bereits tot. Aber auch das Überleben der 12 noch lebenden Tiere am Tresness Beach auf der Insel Sanday war nach Angaben von Rettern der British Divers Marine Life Rescue (BDMLR) eher unwahrscheinlich: Die Grindwale waren nach dem Stranden auf die Seite gefallen. Für Ihr Überleben oder sogar wieder das Zurückbringen ins Meer war es wichtig, jeden einzelnen noch lebenden Wal schnell wieder in eine aufrechte Position zu bringen. Aber der Sand war zu weich, die schweren Körper der Wale fielen immer wieder in die Seitenlage. Neben dem Stress durch die Strandung und Überhitzung außerhalb des Wassers waren die Tiere auch durch das Sterben ihrer Familien und Freunde traumatisiert.
Eine der Helferinnen, Emma Neave-Webb, beschrieb gegenüber der Presse die Szenerie als “really quite horrible” und “hugely emotional”. Die Helfer versuchten, die überlebenden Wale mit Wasser kühl und feucht zu halten. Aber vergeblich. So wurden sie schließlich aufgrund der aussichtslosen Lage und des schlechten Gesundheitszustands euthanasiert. Damit ist nun die gesamte Gruppe aus bis zu sieben Meter langen Männchen, Weibchen und Jungtieren vollständig ausgelöscht.
Die jetzige Strandung könnte die größte Massenstrandung in Schottland seit 1995 sein, als das Scottish Marine Animal Stranding Scheme (SMASS) gegründet wurde.
Damit sollte eine schnellere und bessere Versorgung von auf den Britischen Inseln gestrandeten Wale, auch größerer Gruppen, sichergestellt werden, sowie deren systematische wissenschaftliche Dokumentation und Auswertung.
Die vorgelagerten Inseln wie Orkneys, Hebriden und Shetlands reichen weit in den Nordatlantik hinein, dort ziehen häufig große und kleine Wale vorbei. Der Auslöser für diese Grindwalstrandung ist, wie oft bei Massenstrandungen, nicht bekannt.
Erst letztes Jahr starb eine Gruppe von 55 Langflossen-Grindwalen nach der Strandung auf der Hebrideninsel Isle of Lewis. Beim Eintreffen der Helfer lebten davon noch 15 der Wale, ein einziger konnte wieder ins Meer geleitet werden. Die anderen mussten aufgrund des schlechten Gesundheitszustands eingeschläfert werden. Nur einer wurde erfolgreich wieder flott gemacht.
Die Überlebenschance eines einzelnen Überlebenden, der seine Familie und Freunde sterben sah und hörte und der ein Leben in der Gruppe, mit vielen sozialen Interaktionen wie Kommunikation und Spielen gewohnt ist, dürften sehr gering sein.
Im Jahr 2011 gerieten etwa 60 der Tiere in seichten Gewässern in Sutherland in Schwierigkeiten, etwa 25 starben. Eine größeren Gruppe von Überlebenden hat auch langfristig bessere Überlebenschancen.
Nach Angaben des Natural History Museums, dessen Dokumentationen weit zurückreichen, ereignete sich die größte Strandung im Vereinigten Königreich im Jahr 1927, als 126 von mehr als 130 Schwertwalen im Dornoch Firth in den Highlands starben.
Die heute gestrandeten Grindwale werden nun wissenschaftlich untersucht. Neben der Erfassung von Größe und Alter aller Tiere der Gruppe werden sicherlich einige autopsiert, um Details herauszufinden. Darum wird die Öffentlichkeit immer noch um Abstand von diesem Strand gebeten.
Vielleicht hätte man der Öffentlichkeit auch direkt sagen können, dass so ein toter Wal aufgast und explodieren kann?
Interessant finde ich die Aussage von Andrew Brownlow vom Scottish Marine Animal Stranding Scheme said mass strandings of this scale are becoming more common in Scotland. Gegenüber den BBC-News sagte er: “It used to be quite unusual to have a mass stranding event, certainly of this size.” […] “But over the last ten years or so we have seen an increase both in the number of mass stranding events around Scotland and also the size of the mass and the number of animals that it involves.” […] “So that is slightly concerning and that might be because there are just more animals out there, or it could be that there are more hazards that these animals are exposed to.”
Jetzt bleibt noch das Problem der Entsorgung:
77 tote Grindwale sind eine ganze Menge stinkender, sich schnell zersetzender Kadaver. Einzelne Tiere hätte man für Museen präprarieren oder am Strand vergraben können. Aber jetzt geht es um 77 verrottende Walkadaver, deren Verwesungsflüssigkeiten und faulendes Fleisch an einem öffentlichen Strand ein erhebliches Hygiene-Problem wäre, wie Andrew Brownlow der BBC erklärte.
Im Fall der 55 an der Küste der Isle of Lewis im Juli 2023 gestrandeten Grindwale, hatte man sie in Mülldeponien gebracht.
Aber, so Dr. Brownlow, Walkadaver sind wertvolle Teile der marinen Ökosysteme, darum sollten so viele wie möglich auch wieder im Meer und seinen Stoffkreisläufen landen. Solche Whale Falls – also ein auf den Meeresboden abgesunkener toter Wal – sind kleine Nährstoffparadiese wie Inseln im Ozean und ernähren eine ganz eigene Nahrungskette. Haie und andere Aasfresser Von Haien und kleineren Aasfressern mit Flossen und Beinen bis zu Zombiewürmern, die die Knochen zernagen, und Mikroorganismen.
Gerade Grindwale, die in großen Gruppen umherziehen, stranden auch in anderen Teilen der Welt wie Neuseeland regelmäßig.