Klimakrise: Schwächelt das Golfstrom-System vor 2050?
BLOG: Meertext
Nach aktualisierten Modellen könnte die Atlantische Umwälzzirkulation (Atlantic Meridional Overturning Circulation, AMOC, Golfstrom-System) früher als bislang befürchtet zusammenbrechen: 2050 (Mittelwert von 2037 und 2064), die Wahrscheinlichkeit eines AMOC-Kollapses vor dem Jahr 2050 schätzen diese KlimaforscherInnen auf 59 % ± 17 %.
Die Klimakrise hat längst auch die Ozeane erreicht, für die meisten Menschen weit weg und unsichtbar.
Dass die rapide Erwärmung für Nordeuropa (und Nordamerika) möglicherweise statt eines ganzjährigen mediterranen Badewetters vielmehr eine erhebliche Abkühlung bringen könnte, erklären Klimaforschende seit Jahrzehnten. Die Atlantische Meridionale Umwälzzirkulation (AMOC), die den für Nordeuropa so wichtigen warmen Golfstrom antreibt, ist eine wichtige Strömung im Atlantischen Ozean mit globaler Fernwirkung. AMOC fließt als Oberflächenwasser als Teil des Golfstroms nach Norden und transportiert warmes Wasser in Richtung Arktis. Dort kühlt es ab und sinkt in die Tiefe, um als tiefe Meeresströmung nach Süden zurückzukehren. Die AMOC inkl. Golfstrom-System bringt also als Wärmepumpe warmes Meerwasser aus dem Golf von Mexiko bis vor unsere Küsten – so schwimmen Riesenhaie und sogar Lederschildkröten bis vor die nordnorwegische Küste.
Dass diese Meeres-Fernwärme zum Erliegen kommen könnte, ist nicht neu, in dem Blockbuster „The Day After“ wurde 2004 das Szenario für US-amerikanische Ostküste zu Ende gedacht. Sicherlich völlig übertrieben. Allerdings sollte man trotz eines unglaubwürdigen Hollywood-Spektakels die zunehmende Gefahr des Versiegens der AMOC sehr ernst nehmen.
Die Meere erwärmen sich rapide – weit oberhalb der Prognosen
Gerade die irrsinnig schnelle, geradezu sprunghafte Erwärmung der Meere seit etwa 2020 ist ein absolutes Alarmsignal, dessen Auswirkungen und Ausmaße bisher wohl fast nur Klima- und Meeresforschende begriffen haben. Für die meisten Menschen sind 1 bis 2 Grad Erwärmung eben kein Grund zur Sorge. Wenn man sich allerdings die gewaltige Ausdehnung der Weltmeere bewusst macht und dann mitbekommt, wie diese Wasserkörper abrupt die weitere globale Erderwärmung nicht mehr kompensieren können, sollte man eine Vorstellung davon bekommen, dass dort sehr Großes vorgeht. Die entsetzten Reaktionen in wissenschaftlichen Kreisen, die sich mit den Ozeanen beschäftigen, haben mich frösteln lassen. Seit etwa 2020 sagen Klimaforscher immer wieder, dass die Schätzungen sich ab jetzt außerhalb der bis dahin üblichen Klima- und Wettermodelle bewegen und wir seitdem in „unkartierten Gewässern“ unterwegs sind. WissenschaftlerInnen erstellen Klima-Modelle konservativ, um nicht als alarmistisch zu gelten. Mit den neuen Messungen wurde klar, dass einige Prozesse wesentlich schneller ablaufen, mit den neuen Daten mussten die Modelle neu durchgerechnet und ergänzt werden. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal deutlich sagen, dass die Schätzung solcher WissenschaftlerInnen auf solider Datenbasis geschieht. Das ist keine Kaffeesatz-Leserei, sondern eine Schlußfolgerung auf der Basis von Myriaden von Datensätzen von Schiffen, Satelliten, Unterwasser-Drohnen und anderen Quellen.
Nur kann man aufgrund fehlender Erfahrungswerte aus der Erdgeschichte nicht exakt abschätzen, was genau wie und wann ablaufen wird.
Der Salzgehalt als Datenfluß
Längst besteht die zunehmende Sorge, dass die Atlantische Meridionale Umwälzzirkulation (AMOC) noch in diesem Jahrhundert zusammenbrechen könnte. Mit verheerenden nicht nur klimatischen, sondern auch gesellschaftlichen Auswirkungen auf große, dicht besiedelte Teile der Welt. Vorläufige Schätzungen der Wahrscheinlichkeit eines solchen AMOC-Zusammenbruchs basierten bisher auf konzeptionellen Modellen und statistischen Analysen von Proxy-Daten. Im Februar 2024 hatte das Forscherteam René M. van Westen, Michael Kliphuis und Henk A. Dijkstra der Universität Utrecht neue Schätzungen publiziert: „Probability Estimates of a 21st Century AMOC Collapse“.
Ihre Berechnungen basieren nicht mehr wie in älteren Studien auf Proxydaten (z B aus Eisbohrkernen, Hölzern, fossilen Algenablagerungen, …), die extrapoliert werden, sondern auf aktuellen Messungen von Ozean-Parametern. Ein solcher wichtiger Parameter ist der Salzgehalt der Ozeane, der gemeinsam mit der Temperatur Meerwasser unterschiedlich dicht macht und so Wassermassen zum Absinken oder Aufsteigen bringt. In diesem Fall erwiesen sich Salzgehaltsdaten in der Nähe der Südgrenze des Atlantiks als optimal, um in diesem Modell aktualisierte Schätzungen des Zeitpunkts des AMOC-Kollapses zu liefern. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass es mit zwischen 2037 und 2064 (10–90 % KI) zum Zusammenbruch der Atlantische Umwälzzirkulation kommen wird – den Mittelwert schätzen sie auf 2050. Außerdem schätzen sie die Wahrscheinlichkeit eines AMOC-Kollapses vor dem Jahr 2050 auf 59 ± 17 %.
Guter Beitrag der NASA zur Messung des Salzgehalts in den Ozeanen (eine exzellente Ausstellung dazu ist z B im Zoologischen Museum in Kiel zu sehen):
AMOC ist ein Kipppunkt für Nordwesteuropa und fürs Weltklima
Andere etwas ältere und neuere Studien bestätigen diese Befürchtungen immer wieder.
So erklärt Niklas Boers den Sachverhalt und seine Folgen auf Basis seiner eigenen Forschungsarbeit und anderer Projektgruppen in seinem The Conversation-Artikel „Weakening or collapse of a major Atlantic current has disrupted NZ’s climate in the past – and could do so again“ vom Juni 2024 noch einmal deutlich auch für Laien. Ein Erlahmen der AMOC bedeutet neben einer Abkühlung für Europa eine Erwärmung für Neuseeland. Boers hatte schon 2021 selbst aus Beobachtungen und einigen Indikatoren der AMOC-Variabilität mehrere signifikante Frühwarnindikatoren für bevorstehende kritische Kipppunkte (tipping points) ausgemacht und beschrieben. Immerhin hatten die letzten Jahrzehnte bereits Hinweise auf eine allmähliche Abschwächung der wichtigen Strömung gegeben. Die AMOC selbst wird seit über 60 Jahren erforscht, so dass komplexe Datensätze zum Vergleich mit aktuellen Vorgängen vorliegen. Nun beschrieb die Forschenden signifikante Frühwarnsignale in acht unabhängigen AMOC-Indizes, die auf Beobachtungsdaten (Messungen) der Meeresoberflächentemperatur und dem Salzgehalt aus dem gesamten Atlantikbecken basieren. Für solche Messungen sind mittlerweile bis in größere Tiefen neben direkten Beprobungen eine ganz Flotte von Forschungsbojen und Unterwasser-Drohnen unterwegs. Diese Ergebnisse, so schrieb er in vorsichtiger wissenschaftlicher Sprache 2021, „zeigen räumlich konsistente empirische Beweise dafür, dass sich die AMOC im Laufe des letzten Jahrhunderts möglicherweise von relativ stabilen Bedingungen zu einem Punkt nahe einem kritischen Übergang entwickelt hat.“ – einen Kipppunkt.
Im aktuellen The Conversation-Artikel übersetzt er die vorsichtigen wissenschaftlichen Aussagen in direkte Sprache: „Ein Zusammenbruch der AMOC hätte verheerende Auswirkungen auf das Klima in Europa. Die Temperaturen in Großbritannien und Skandinavien könnten innerhalb weniger Jahrzehnte um 5–15 °C sinken.“ Die Erwärmung für Neuseeland und angrenzende Gebiete würde wohl moderater ausfallen, reicht allerdings bereits jetzt für das 5. Massensterben von Korallen des Great Barrier-Riffs in nur 5 Jahren und für den Zusammenbruch der Krill-Bestände in der Antarktis sowie einer daraus folgenden Hungersnot für Robben und andere Meerestiere.
Gleichzeitig ergänzt er diese Aussagen zu den Vorgängen im Nordatlantik durch aktuelle Forschungsergebnisse eines großen Teams aus der Südhemisphäre: In „Coupled atmosphere-ocean response of the southwest Pacific to deglacial changes in Atlantic meridional overturning circulation“ beschreibt ein Team um Shaun R. Eaves die Kopplung der Atmosphäre-Ozean-Reaktion des Südwestpazifiks und Veränderungen in der meridionalen Umwälzzirkulation des Atlantiks.
Selbst wenn der Golfstrom nicht ganz zum Erliegen kommt, sondern „nur“ schwächelt, wird das erhebliche Auswirkungen haben. Zu groß ist die bisher meßbare Abschwächung, als dass sie zufällig sein könnte.
Insgesamt ergibt sich ein beklemmendes Bild zum Fortschreiten der Klimakrise.
Natürlich kann, da die Fakten mittlerweile jenseits aller bisherigen Klimaänderungen und Klimakatastrophen der Erdgeschichte liegen, niemand so ganz genau sagen, was wann exakt passieren wird. Aber wir haben mittlerweile jede Menge ernst zu nehmender Hinweise, dass die extrem schnelle Erwärmung der Erdoberflächen, ob an Land oder in den Ozeanen, 1. schwerwiegende Folgen in 2. eher 50 als 90 Jahren haben wird.
Das Paris-Ziel, die Erderwärmung unter durchschnittlich 1,5 Grad zu halten, ist nicht mehr erreichbar.
Es werden auf jeden Fall 2 bis 3 oder mehr Grad. Wenn ich mir anschaue, was die von den Forschenden so prognostizerten Extremwetter-Events und der Temperaturanstieg bereits jetzt anrichten, frage ich mich schon, wieso ein Teil der politischen und wirtschaftlichen Führungskräfte sowie der der Bevölkerung in aller Seelenruhe klitzekleine Einzelziele bis 2023 erreichen möchte. Und wieso andere noch einmal nachverhandeln möchten, ob das überhaupt nötig ist.
Mittlerweile bin ich ratlos, wie man diesen akuten Handlungsbedarf noch kommunizieren kann, damit die Message ankommt.
Hinweis zu Diskussion von Klimakrise-Themen auf Meertext
Wie bei allen Beiträgen zur Klimakrise möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass diese Aussagen und Schätzungen auf Forschungsarbeiten von Tausenden von Arbeitsgruppen auf allen Kontinenten basieren. Und dass, auch wenn zurzeit niemand konkret sagen, an welchem Tag in welchem Jahr was genau passieren wird, alle Daten auf das Abschwächen des Golfstroms und einen engen Zusammenhang der globalen Meeresströmungen zeigen. Weiterhin gibt es zwar keinen 100%-igen Beweis, dass die menschengemachte Erderwärmung die Ursache für das Schwächeln dieser Meeresströmung ist, aber eine signifikante Menge von Indizien und Berechnungen. Ich lade zu einer faktenzentrierten Diskussion ein.
Trollereien hingegen werden nicht akzeptiert. Genauso wie das Unvermögen, zwischen Fakten und Meinung zu differenzieren.
Gerade habe ich einen Kommentar nicht freigeschaltet – Populismus der billigsten Sorte hat auf Meertext natürlich auch keinen Platz.
Für diesen Beitrag ist die Diskussion jetzt geschlossen.
Was ist Ihrer Meinung nach überhaupt noch möglich, um den Zusammenbruch von AMOC zu verhindern? Gibt es überhaupt noch kurzfristig umsetzbare Maßnahmen?
@Physiker: Ich bin keine Klimaforscherin. Aber WissenschaftlerInnen werden nicht müde, stetig zu wiederholen, dass wir jetzt sofort alles Mögliche tun müssen, um die zunehmend brisanteren Folgen der Erwärmung einzudämmen. Also vor Allem die sofortige erhebliche Reduzierung des CO2-Ausstoßes.
Dazu müssten viele einzelne Maßnahmen ab sofort umgesetzt werden. Und nicht erst 2030. Das fängt an beim Tempolimit, geht weiter über den Stopp von Waldrodungen und der Versiegelung von Flächen bis zur Enerietransformation. Es geht einfach darum, das jede Menge kleiner und großer Tools dafür auf dem Tisch liegen, man davon viele sofort umsetzen könnte, andere später. Auch eine Abkehr vom stetigen Konsumwachstum und der extremen Globalisierung wäre nötig. Wir müssen anders leben, weniger ressourcenintensiv. Statt immer weiter zu verhandeln, zu verzögern und zuzugucken.
Ganz viele gute Überlegungen dazu stehen in den IPCC-Berichten.
Dabei ist mit “Wir” immer der Teil der Weltbevölkerung gemeint, der es sich leisten, Ressourcen zu verschleudern, ein großer Teil der Weltbevölkerung spielt dabei eher keine Rolle. Selbst innerhalb der Industriestaaten ist die Ressourcennutzung ja sehr unterschiedlich verteilt. Zynisch ist, dass diejenigen, die am wenigsten CO2 verschleudern, am stärksten darunter leiden werden. Weil sie weder im Wohnbereich noch bei der Arbeit durch Klimaanlage, … geschützt sind..
“Aber WissenschaftlerInnen werden nicht müde, stetig zu wiederholen, dass wir jetzt sofort alles Mögliche tun müssen, um die zunehmend brisanteren Folgen der Erwärmung einzudämmen. Also vor Allem die sofortige erhebliche Reduzierung des CO2-Ausstoßes.”
Verstehe ich nicht. Wenn der Golfstrom abbricht, wird es bei uns doch empfindlich kälter werden. Warum sollten wir dann alles Mögliche tun, damit es noch kälter wird?
@Petra Müller: Das Problem ist etwas komplexer. Mehr CO2 befeuertdie Instabilität. Insgesamt bedeutet mehr Energie im Klimasystem, das die lange Zeit einigermaßen stabilen Luft- und Meeresströmungen zunehmend instabil werden und mehr Extremwetter. Kühleres Klima kann bei uns im bislang angenehm temperierten Westeuropa zu Mißernten und deutlich ungünstigeren Lebensbedingungen führen. Die sogenannte “kleine Eiszeit” hat zu Hungersnöten, Kriegen und großen Migrationsbewegungen geführt. Mißernten in Irland z B führten zu Hungersnot und Massenauswanderung nach Amerika. Die Wirkungen und Auswirkungen waren regional extrem unterschiedlich.
https://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php/Kleine_Eiszeit
In anderen Weltregionen wird/würde es gleichzeitig heißer. Indien hat aufgrund von Dürren schon Teile des Reis-Exports gestoppt, um die eigene Bevölkerung weiter versorgen zu können. Das werden sicherlich auch andere Staaten tun. Dann möchte ich nicht in Westeuropa sitzen und auf Nahrungsmittel aus anderen Ländern angewiesen sein.
Genau diese sozialen und politischen Instabilitäten als Folge von Klimainstabilität sind in allen IPCC-Berichten ausführlich beschrieben.
Wenn ich mir die aktuelle Weltlage anschaue, möchte ich nicht herausfinden müssen, wie sich weitere solcher Instabilitäten auswirken. Mir reicht es aktuell schon.
Darum sollten wir alles tun, damit weder AMOC noch Golfstromsystem abbrechen. CO2 als Heizung zu benutzen, ist jedenfalls keine gute Idee.
Mißernten, Hungernöte, Kriege und Massenauswanderungen wären dann also der Preis den wir dafür zahlen müssten, damit es in Indien nicht wärmer wird? Ich glaube nicht, das sich dafür eine demokratische Mehrheit in Europa finden wird, die das mittragen will.
@Petra Müller: Nein, sie verdrehen den Sachverhalt. Extrem vereinfacht: Wir müssen den CO2-Ausstoß stoppen, damit bei uns nicht durch Abschwächen/Stoppen des Golfstrom-Systems eine Abkühlung und Instabilisierung des Klimas einsetzt.
“Wir müssen den CO2-Ausstoß stoppen”
Wie soll das denn gehen? Jeder Mensch atmet doch CO2 aus. Muss dann jeder für seine Atemluft CO2-Zertifikate kaufen, um “klimaneutral” zu werden?
@Petra Müller: Ich hatte für die Diskussion ein Minimum als Denkleistung vorausgesetzt. Schaffen Sie das?
Sonst müssen Sie leider ohne uns weiter selberdenken.
Wenn die AMOC kollabiert, dann wird es in Nordeuropa ser schnell sehr kalt werden und in Südeuropa bleibt es heiß und wird es durch die globale Erwärmung noch heißer werden. In Mitteleuropa wird sich die Temperaturdifferenz dann in extremen Stürmen austoben.
Sie verlinken und zitieren viele neue Artikel und Studien zum möglichen Zusammenbruch der AMOC. Hier ergänzend noch eine ganz neue Studie unter Beteiligung von Niklas Boers in Science Advances vom 2. Aug. 2024:
“Uncertainties too large to predict tipping times of major Earth system components from historical data”
https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.adl4841
@Wolfgang Richter: Ein scheinbarer Widerspruch zu seinen sonstigen Aussagen. Soweit ich sehe, geht es allerdings wohl eher die Genauigkeit der Voraussagbarkeit eines konkreten Zeitpunkts.
Dass dies schwierig ist, wird ja bereits aus den angegebenen Wahrscheinlichkeiten deutlich.
@Bettina Wurche
Ich habe nocmal den abstract durchgelesen und sehe gleich mehrere Zweifel, die Boers und Koll. hier äußern:
Im 2. und 3. Satz geht es erstmal um die Vorhersage des Zeitpunkts für einen solchen Kipppunkt der AMOC. Doch dann werden die bnutzten Modellierungen und die Zeitreihen in Zweifel gezogen und es werden die Auswirkungen der Unsicherheiten sowie der Vorverarbeitung der Datensätze als bedenklich bezeichnet. Am Schluss wird dann wieder auf das Anfangsthema eingangen, die wohl nicht mögliche Vorhersage eines Zeitpunkts für einen Kipppunkt.
Mir erscheinen diese Aussagen alles was bisher zu Kipppunkten der AMOC von wem auch immer berechnet oder prognostiziert wurde in Frage zu stellen.
Sehen Sie das auch so?
@Wolfgang Richter. Nö. Es geht um die üblichen Unsicherheiten und die “unkartierten Gewässer”, die ich auch erwähnt hatte.
Der abstract ist ein abstract. X-mal gekürzt,diskutiert, geändert. Die scheinbaren widersprüche bilden das Dilemmaab, sich als Wissenschaftler in “unkartierten Gewässern” seriös zu äußern.
@Bettina Wurche
Wenn man weder einen Zeitpunkt noch einen Zeithorizont für ein zukünftiges Ereignis berechnen oder abschätzen kann, dann ist das Ereignis auch nicht zu erwarten, es bleibt hypothetisch.
Diese Studie ist eine klare Entwarnung vor einem kurz bevorstehenden AMOC-Kipppunkt, wie es vorhergende Studien ja beschrieben hatten. Ob es einen in fernerer Zukunft auftretenden Kipppunkt geben könnte bleibt auch offen.
Hier haben sich Wissenschaftler und Kommentatoren, unter denen sich wohl auch Wissenschaftler befinden, vor einiger Zeit auch zu diesem Thema geäußert:
https://www.realclimate.org/index.php/archives/2024/02/new-study-suggests-the-atlantic-overturning-circulation-amoc-is-on-tipping-course/
In einem Kommentar ist zu lesen, dass das für die diskutierte Studie verwendete Klimamodell ausdrücklich nach dessen Beschreibung für den verwendeten Zweck nicht geeignet sei.
@Wolfgang Richter: Sportliche “Schlußfolgerung”.
Und nicht zutreffend, wie auch Ihre verlinkte Quelle klar sagt:
Rahmstorf schreibt dort:
“Given the impacts, the risk of an AMOC collapse is something to be avoided at all cost. As I’ve said before: the issue is not whether we’re sure this is going to happen. The issue is that we need to rule this out at 99.9 % probability. Once we have a definite warning signal it will be too late to do anything about it, given the inertia in the system.”
Michael Mann und Stefan Rahmstorf (die auf Ihrer verlinkten Quelle schreiben) warnen ausdrücklich vor der Klimakrise und auch immer wieder vor dem Schwächeln der AMOC und des Golfstroms, z B hier nachzulesen
https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2021-02/stefan-rahmstorf-klimaforschung-extremwetter-klimawandel
https://www.klimareporter.de/klimaforschung/studie-findet-kipppunkt-der-atlantik-stroemung
https://www.forschung-und-lehre.de/forschung/zeitnaher-kollaps-des-nordatlantik-stroms-erwartet-6258
https://michaelmann.net/content/gulf-stream-well-technically-amoc-could-shut-down-mid-century-july-25-2023
@Bettina Wurche
Ist ja alles recht, was Sie schreiben, aber vor was warnen und Maßnahmen gegen dessen Eintreten zu treffen, was gar nicht berechenbar und nicht fassbar ist, einfach nur aus Angst es könnte vielleicht doch eintreffen, das ist nicht mehr wissenschaftlich, das ist nur noch angstgetrieben.
Ich weiß, Rahmstorf ist sehr auf das erlahmen der AMOC fixiert, doch das ändert nichts daran, dass man einfach nicht feststellen kann, ob und wann die AMOC zum Erliegen kommen könnte. Das ist viel zu hyopthetisch.
Ich bin für mehr Realismus. Was ist denn naheliegend, was kann wirklich oder mit einer gewissen Sicherheit eintreten? Während es laut Copernicus nicht die mal wieder in der Presse auftauchenden Waldbrände sind, die durch den Klimawandel angefacht würden, sind es die heißen Tage und die Hitzewellen, die zunehmen. Darauf sollten und müssten wir uns besser vorbereiten und nicht auf so was wie das Stoppen der AMOC zu einem völlig unberechenbaren Zeitpunkt, falls es den überhaupt gibt.
@Wolfgang Richter: Haben Sie meinen Beitrag nicht gelesen oder nicht verstanden? Die Hypothesen treffen gerade ein. Die verlinkten neueren Studien stellen keine Hypothesen auf, sondern messen gerade, wie AMOC und Golfstrom-System abschwächen – u a mit Hilfe des Salzgehalts.
Wenn Sie nicht wissen, was die Messung der Salinität bedeutet, ist das kein Problem. Dann lesen Sie es bitte nach. Der Salzgehalt ist in diesem Beitrag und einigen verlinkten Studien der Dreh- und Angelpunkt, der wird gemesen. Dazu habe ich extra noch die guten Erklärungen von NOAA verlinkt. Jedes Forschungsschiff führt stetig CTD-Messungen durch, in allen Meeren – conductivity (Salzgehalt), temperature, depth. Damit vermessen Ozeanographen Strömungen und Wasserkörper, seit sehr langer Zeit.
Herr Rahmstorf kommt in meinem Artikel übrigens gar nicht vor.
Welche Copernicus-Daten meinen Sie?
Sicherlich nicht diese hier?
“It is now established that the increase in atmospheric CO2 is likely to cause a weakening, or perhaps a collapse, of the Atlantic Meridional Overturning Circulation (AMOC).”
https://esd.copernicus.org/articles/15/293/2024/
Das hört sich gar nicht hypothetisch an. Auch in dem Beitrag geht es nicht mehr um “ob”, sondern um Details.
@Bettina Wurche
Okay, ich werde das nochmal genauer lesen.
Bei Copernicus meine ich bei den Waldbränden hier
https://atmosphere.copernicus.eu/qa-wildfires
diese Passage:
“How is climate change impacting the wildfires?
High-intensity fires have been increasing in frequency in some parts of the world, partly as a result of extreme weather events like long-term drought conditions, as hot and dry conditions represent one of the biggest risk factors. However, CAMS has no data that link wildfires to climate change directly.”
wozu ebenfalls bei Copernicus die Daten (Grafik!) zur globalen Waldbrandentwicklung von 2003 bis Ende 2023 gehören:
https://atmosphere.copernicus.eu/2023-year-intense-global-wildfire-activity
@Wolfgang Richter: Die Klimakrise wirkt sich in unterschiedlichen Regionen sehr unterschiedlich aus. Ausgedehnte Waldbrände sind nur eine Facette davon. Darum ging es im Artikel allerdings nicht.
Es geht doch bei diesem Thema schon gar nicht mehr um die Genauigkeit der Prognosen, wenn man zumindest den Zusammenhang zwischen CO2-belatung und Klimaveränderung anerkennt. Dass daraus Veränderungen im Golfstrom der Weltmeere und im Jetstream der Erdatmosphäre resultieren, liegt doch zwingend auf der Hand. Welche unterschiedlichen Folgen die Klimaveränderung für die Weltbevölkerung in den verschiedenen Regionen hat und in Potenz haben wird, sehen wir schon heute. Die Unbewohnbarkeit bestimmter Regionen muss um des Überlebens willen zwangsläufig zu einer Völkerwanderung mit allen Nebenwirkungen führen. (Brecht: Wer nichts zu fressen und kein Dach über’m Kopf hat, hat keine Moral). Wer angesichts dessen ein wohlfühliges Plätzchen in Europa hat und meint, der demokratische Mehrheit der Menschen wären notwendige Veränderungen nicht zu vermitteln bzw. würde sie die nicht mittragen, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen.
@Jörg Kärst: Sic est.
Ich halte es auch für denkbar, dass 1. EuropäerInnen selbst zu Klimaflüchtlingen werden (jedenfalls regional) 2. Veränderungen auch in Europa von außen als Tatsachen geschaffen werden, unabhängig von unserer Zustimmung. Es ist irrational, zu glauben, dass wir in Europa warm und trocken sitzen bleiben werden.
Wenn die Klimaveränderung alle Ozeane erreicht werden auch der Indische Ozean und der Stille Ozean betroffen sein. Flache Regionen werden betroffen sein , Mißernten, Hitzeperioden ,Überschwemmungen etc. werden in diesen Regionen massenhaft Flüchtlingsströme auslösen. Dieses Europa was sie mit dem Jahre 2050 meinen, wird also- auf Grund dieser Migrationsbewegungen – wahrscheinlich ein völlig anderes sein als heute .Das Problem könnte dann wahrscheinlich nicht mehr der Golfstrom sein sondern die interkontinentalen Völkerwanderungen die man mit den gegenwärtigen staatlichen Strukturen nicht in den Griff bekommt.
@MH: Definitiv!
Auf Kassandra hat noch nie jemand gehört.
Wir werden die Klimakrise wohl erleben müssen.
“(…) frage ich mich schon, wieso ein Teil der politischen und wirtschaftlichen Führungskräfte sowie der der Bevölkerung in aller Seelenruhe klitzekleine Einzelziele bis 2023 erreichen möchte. Und wieso andere noch einmal nachverhandeln möchten, ob das überhaupt nötig ist.
Mittlerweile bin ich ratlos, wie man diesen akuten Handlungsbedarf noch kommunizieren kann, damit die Message ankommt.”
Mir geht es genauso. Es findet eine massive kollektive Verdrängung statt, ich nehme an aus Angst vor der Wahrheit und ihren Konsequenzen. Es ist sehr gruselig.
Stefan Rahmstorf hat noch darauf aufmerksam gemacht:
“Just attending a 3-day workshop on the danger of abrupt ocean circulation changes.
Discussions are quite worrying. E.g. in 35 to 45 % of high quality models, convection in the open North Atlantic collapses in the 2030s due to #globalheating. -> Major climate disruption. Not good.”
https://fediscience.org/@rahmstorf/112558462764884714
“CMIP5 models have been shown to exhibit rapid cooling events in their projections of the North Atlantic subpolar gyre. Here, we analyze the CMIP6 archive, searching for such rapid cooling events in the new generation of models. Four models out of 35 exhibit such instabilities. The climatic impacts of these events are large on decadal timescales, with a substantial effect on surface temperature over Europe, precipitation pattern in the tropics—most notably the Sahel and Amazon regions—and a possible impact on the mean atmospheric circulation. The mechanisms leading to these events are related to the collapse of deep convection in the subpolar gyre, modifying profoundly the oceanic circulation. Analysis of stratification in the subpolar gyre as compared with observations highlights that the biases of the models explain relatively well the spread in their projections of surface temperature trends: models showing the smallest stratification biases over the recent period also show the weakest warming trends. The models exhibiting abrupt cooling rank among the 11 best models for this stratification indicator, leading to a risk of encountering an abrupt cooling event of up to 36.4%, slightly lower than the 45.5% estimated in CMIP5 models.”
nyaspubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/nyas.14659
Wenn der North Atlantic subpolar gyre kollabiert, könnte das der Auslöser für einen Kollaps der AMOC sein. Das ist natürlich meine Einschätzung als Laie.
@Paul Stefan: Ja. Stefan Rahmstorf versucht (wie Michael Mann auch) die Forschungsdaten immer wieder auch für Laien zu erklären. Und, wie hier schon @Jörg Kärst schrieb, es geht schon lange nicht mehr um das “ob”, sondern nur noch um exakten Zeitpunkt und Ablauf.
Gruselig ist es definitiv. Ja, ich befürchte auch, dass es eine kollektive Verdrängung ist.
Dabei könnte man aus dem aktiven Tun so viel Hoffnung und Kraft schöpfen. CO2-ärmere Lebensweise mit mehr Fahrradfahren und fleischärmerer Ernährung nutzen ja auch der eigenen Gesundheit.
Und gemeinsam große Probleme zu lösen, macht bestimmt auch innerlich zufriedener, als Haß.
@MH 09.08. 16:59
„Das Problem könnte dann wahrscheinlich nicht mehr der Golfstrom sein sondern die interkontinentalen Völkerwanderungen die man mit den gegenwärtigen staatlichen Strukturen nicht in den Griff bekommt.“
Ich denke mal, das die Einwanderer in Europa die letzten Jahrzehnte überwiegend dem Sog von freien Arbeitsplätzen folgten. Vermutlich wird das immer noch der Hauptgrund bleiben.
Wichtiger ist dagegen die globale Landwirtschaftliche Gesamtproduktion. Die bestimmt über die Weltmarktpreise, und diese wiederum, was sich wer zu essen leisten kann. Wenn jetzt Skandinavien oder die Britischen Inseln nur noch wenig ernten, wenn dann die AMOC kippt, dann dürfte das nicht so gravierend sein, dass die dann nach Mitteleuropa umziehen.
Sämtliche Immobilien, die Infrastruktur, die ganze Wirtschaft bleibt erhalten. Nur weil man einen Teil der Grundnahrungs- und Futtermittel importieren muss, gibt man diese Investitionen nicht so schnell auf.
Dasselbe gilt für die Bereiche des globalen Südens, die sowieso schon viel zu heiß sind. Hier müsste eine verlässliche grüne Stromversorgung her, dass man sich zumindest kleinere Klimaanlagen leisten kann. Wenn hier mal lokal in einzelnen Regionen eine Ernte wegen Dürre oder Überschwemmung ausfällt, dann muss man eben anderswo was einkaufen. Wenn es dann in der nächsten Saison wieder besser läuft, kann man dann sogar wieder was verkaufen.
So schnell wechselt man nicht den Kontinent. Wenn wir hier die Klimaflüchtlinge wirklich nicht haben wollen, dann werden wir einmal die Außengrenzen der EU ziemlich dicht machen, und gleichzeitig den Regionen helfen, die mit saisonalen Missernten zu kämpfen haben.
Und wenn wir eine wirklich globale Energiewende haben wollen, dann müssen wir den globalen Süden sowieso mit einbeziehen, und hinreichend auch dort in grüne Technik investieren. Dann haben die nicht nur immer was zu essen, sondern auch zumindest Strom für kleine Klimaanlagen.
@Bettina Wurche 09.08. 20:37
„CO2-ärmere Lebensweise mit mehr Fahrradfahren und fleischärmerer Ernährung nutzen ja auch der eigenen Gesundheit. Und gemeinsam große Probleme zu lösen, macht bestimmt auch innerlich zufriedener, als Haß.“
Genau so geht es doch. Wieviel Geduld brauchen wir noch, bis die Menschen das merken, das dürfte die offenen Frage sein.
Mit der Genauigkeit der Klimamodelle bin ich allerdings auch sehr unzufrieden. Leider haben wir nichts Besseres. Wenn die Prognosen weniger Unsicherheitsbreite hätten, würden viele Menschen wahrscheinlich schneller reagieren? Also, liebe Klimaforscher, macht es besser, wenn ihr könnt.
@Tobias Jeckenburger
“Wenn die Prognosen weniger Unsicherheitsbreite hätten, würden viele Menschen wahrscheinlich schneller reagieren?”
Da machen Sie sich wahrscheinlich Illusionen. Bei der Covid-Pandemie haben fast alle Länder zu spät reagiert, obwohl sich in den schon betroffenen Ländern alles vor den Augen der Weltöffentlichkeit abspielte.
@Paul Stefan: Ich befürchte das mittlerweile auch. Seit Covid und der Zuspitzung der Klimakrise frage ich mich ernsthaft, wie zukunftstauglich unsere Demokratien sind. Ich mag die Staatsform zwar und möchte in keiner anderen leben, aber leider sind sie bei rational und logischen Entscheidungen viel zu schwerfällig, um einigermaßen schnell und stark reagieren zu können.
Mittlerweile habe ich oft das Gefühl, in einem sehr schlechten SF-Plot zu leben, wo man die gnaze Zeit denkt: “So bescheuert können Menschen doch gar nicht reagieren.” Mittlerweile weiß ich es besser.
Autokratien können zwar schnell und stark reagieren, treffen aber selten gute Entscheidungen zum Wohle vieler, wie auch in diesen Krisen sichtbar wurde.
@Tobias Jeckenburger: Zumindest in der Antike und Historie hat es sogar einige interkontinentale Völkerwanderungen gegeben. Das kommt vor allem in den letzten Jahrzehnten heraus, seit uralte DNA gerade vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig unter dem genialen Svante Pääbo immer besser rekonstruiert werden kann. Zu meiner Verblüffung gab es mehrfach große Migrationen aus den ostasiatischen Steppen, die u a Bronze und Schmiedekunst nach Mitteleuropa brachte. Mitteleuropa war damals echt Entwicklungsland. Und wenn ich mich recht erinnere, war bei den Hochkulturen der asiatischen Steppen wohl Wassermangel ein Grund des Zusammenbruchs.
Mehr dazu gibt es u a im Landesmuseum Halle zu erfahren, im Kontext mit der Himmelsscheibe von Nebra.
Sorry für den Exkurs, aber ich bin von diesem Artefakt u den Entdeckungen zum kulturellen Kontext einfach immer noch extrem beeindruckt.
@Paul Stefan 10.08. 09:42
„Bei der Covid-Pandemie haben fast alle Länder zu spät reagiert, obwohl sich in den schon betroffenen Ländern alles vor den Augen der Weltöffentlichkeit abspielte.“
Das habe ich jetzt anders in Erinnerung. Was in der Covidkrise ein permanenter Unsicherheitsfaktor war, das waren neue mutierte Varianten und deren vorab völlig unbekannten Eigenschaften.
Auch wusste man nie genau, wie viele Leute wirklich infiziert waren. Und wann ein wie wirksamer Impfstoff kommt, war ebenso lange unbekannt.
Entsprechend würde ich hier durchaus das Fazit ziehen, das genau wie in der Covid-Pandemie auch der Klimawandel von erheblichen Unsicherheiten begleitet wird. Und einige Menschen so darauf reagieren, konkreten Gegenmaßnahmen eher weniger zuzustimmen. Freilich nicht alle, aber eben Menschen mit speziellem Umgang mit Risiken.
Wer an einem Vulkan lebt, der vielleicht irgendwann in Jahrhunderten ausbricht, ist öfter kaum zu bewegen, sicherheitshalber da weg zu ziehen. Kommen aber konkrete Warnungen, dann flüchten die meisten Menschen dann schon erstmal.
Entsprechend gehe ich davon aus, dass es durchaus hilfreich wäre, wenn die Klimaforscher genauer Prognosen hinbekämen.
@Tobias Jeckenburger(Zitat): “ Entsprechend gehe ich davon aus, dass es durchaus hilfreich wäre, wenn die Klimaforscher genauer Prognosen hinbekämen.“
Nein, genauere Prognosen bezüglich zukünftigen Klimaänderungen helfen wenig, denn das ändert nichts an den Emissionen. Ein schnelles Absenken der CO2-Emissionen ist in den Schwellenländern nicht möglich, weil sie ein hohes Wirtschaftswachstum anstreben. Und die alten Industrieländer sind ebenfalls nicht in der Lage ihre CO2-Emissionen sehr viel schneller als heute zu reduzieren – ausser sie sind bereit sich für die nötigen Reduktionen (neue Kraftwerke+neue Speicher, alle Häuser sanieren, etc.) stark zu verschulden. Das sind sie aber nicht, da viele alten Industrieländer sich sowieso schon für andere Dinge verschulden.
@Martin Holzherr: Wichtiger Punkt: Es wird Zeit für sofortiges Handeln und Akzeptanz, um jetzt die Folgen der Klimakrise zu mildern. Die Wissenschaft arbeitet an immer genaueren Prognosen, die Schwierigkeiten dabei beschrieb ich ja. Aber die sollten wir keinsfalls abwarten. Schließlich ist trotz der Unischerheiten längst klar, in welche Richtung sich das Weltklima gerade verändert.
Das mit der UNmöglichkeit der Schrumpfung der fossil-getriebenen Weltwirtschaft sehe ich etwas anders. Aber ich befürchte auch, dass die nötige Transformation am schwachen Willen scheitern wird.
Eine sehr viel schnellere Reduktion der weltweiten CO2-Emissionen als jetzt ist nicht realistisch, denn eines ist sicher: Entwicklungs- und Schwellenländer haben als höchste Priorität weiterhin ein starkes Wirtschaftswachstum und das erreichen Länder wie Indien und Indonesien nicht ohne den Einsatz von fossilen Energien mindestens auf dem heutigen Niveau. In den bereits industrialisierten Ländern gehen die CO2-Emissionen zwar zurück, aber meist nur im Bereich von 1 bis 2 Prozent weniger CO2-Emissionen pro Jahr. Auch für diese alten Industrieländer ist ein sehr viel schnellerer Ausstieg aus den fossilen Energien kaum möglich, da die nötigen Investitionen zu gross sind – ausser die alten Industrieländer sind bereit sich für die klimapolitische Wende stark zu verschulden.
Fazit: Ein sehr schneller Ausstieg weltweit aus den fossilen Energien wäre nur bei einem Wachstumsverzicht weltweit möglich. Das aber will kaum ein Land. Das aber bedeutet, dass wir mit einer globalen Erwärmung entsprechend den Selbstverpflichtungen der Länder, festgelegt im Pariser Abkommen, rechnen müssen. Das sind 2.7 Grad Erwärmung relativ zu vorindustriell. Das bedeutet, dass die Oberflächentemperatur weltweit noch einmal um denselben Betrag zunehmen wird, den wir heute bereits gegenüber vorindustriell haben. Was immer das für Auswirkungen haben wird, wir müssen damit zurecht kommen – mindestens vorübergehend. Langfristig wird die Menschheit wohl wieder CO2 aus der Atmosphäre entfernen, allerdings ist nicht vor Ende dieses Jahrhunderts damit zu rechnen, dass wir es mit neuer Technologie (wie Kernfusionskraftwerken) schaffen, die Energie bereitzustellen, die nötig ist, um grosse Mengen CO2 wieder aus der Atmosphäre zu entfernen.
@Martin Holzherr: Yep.
Deutschland ist ein exzellentes Beispiel für die zu erwartende Geschwindigkeit der Dekarbonisierung. Deutschland setzt auf eine Kombination von Erneuerbaren und Speichern. Von 1990 bis 2020 – also 30 Jahre lang – wurden in D immer bessere und billigere Wind- und Solarkraftwerke gebaut. Und ja, es dauerte 30 Jahre bis die Solar- und Windkrafttechnologie voll ausgereift war. Und jetzt muss D als nächstes die CO2-freie Speichertechnologie bereitstellen. Die wird wohl Wasserstoff als Medium benutzen. Doch die Wasserstofftechnologie ist heute etwa auf dem gleichen Stand wie es die Erneuerbaren-Technologie im Jahr 1990 war. Das heisst: bis D mit 100% Erneuerbaren und 100% nicht-fossilen Energiespeichern ausgerüstet ist, dauert es wohl noch 30 Jahre, also bis 2050. Im Jahr 2050 ist aber weltweit bereits mit einer Erwärmung von 2 Grad zu rechnen, also mit einer deutlich heisseren Welt als heute. Und die Temperaturzunahme zwischen 2020 und 2050 wird grösser sein als die zwischen 1990 und 2020, weil die Temperatur stärker als linear wächst.
Fazit: Wir gehen immer schneller einer immer heisseren Welt entgehen und wir wissen nicht, welche Kipppunkte auf diesem Weg überschritten werden und wann sie überschritten werden. Zwei wichtige Kippunkte sind 1) die Wiederergrünung der Sahara, des Sahels durch stärkere Monsunwindlagen 2) Die Abschwächung der Ozeanströmungen, die dem Golfstromsystem zugrunde liegen.
Ich habe Frau Wurches Beiträge und die Kommentare durchgelesen.
Ich bin kein Nobelpreisträger noch ein Spitzenwissenschaftler, sondern schlicht ein Diplomgeograf, spezialisiert in Klimatologie, Nebenfächer Meteorologie und Agrarmeteorologie, Abschluss 1986 in Kiel.
Mir fällt auf, dass auf CO2 gestarrt wird wie ein Kaninchen auf die Schlange. Es ist unbestritten, welche physicochemischen Eigenschaften CO2 hat. Es ist unbestritten, dass Methan eine mindestens um Faktor 100 höhere ,,Klimawirksamkeit” hat als CO2.
Ein bekannter Professor, einer meiner Lehrmeister, hat mir ,,verraten”, dass wegen der besseren mathematischen Handhabbarkeit die Methanwerte in CO2 umgerechnet werden. So kann es passieren, dass in den angegebenen CO2-Werten Methanwerte enthalten ist. Also – bitte genau hinterfragen!
Unser damaliger Lehrbeauftragter für Agrarmeteorologie, Dr. Beinhauer, Leiter der agrarmeteorologischen Forschungsstelle in Ahrensburg, selber erfolgreicher Landwirt, machte auf eine etwas hemdsärmelige Art den erstaunten Kommilitonen klar, dass der erhöhte CO2 in der Atmosphäre höhere Erträge der Pflanzen bewirkt. Die Ertragserfolge der Pflanzenzüchtung sind zum großen Teil darauf zurückzuführen! In einer alten Kirche aus dem 18. Jhd hätte man einen Sack Getreide entdeckt. Nach der Aussaat habe man verblüfft festgestellt, dass der Ertrag kaum schlechter war als bei den aktuellen Getreidesorten. Es gibt nur eine Erklärung dafür! Am Boden und an der Düngung lag es nicht!
In der Erdgeschichte gab es Zeiten, in denen der CO2-Gehalt in der Atmosphäre um einiges höher war als jetzt – Riesenpflanzen und riesige Tiere.
Diese Riesenwälder reduzierten das CO2-Gehalt drastisch – der O2-Anteil in der Atmosphäre stieg ebenso.
Soweit zum CO2
Bei der Diskussion um den Golfstrom usw. wird geflissentlich übersehen, dass die erbarmungslose Abholzung und Brandrodung riesiger Waldflächen im äquatorialen und borealen Bereich zur Vernichtung immenser CO2-Senken führt, und im Äquator die Innertropische Konvergenzzone (ITC) gefährdet. Wenn sie zusammenbricht, sind die Folgen noch drastischer als die Abschwächung der AMOC. Da kann man nur noch Amok laufen!
Ich bin kein Leugner des Einflusses des CO2, noch leugne ich die Klimakrise bzw. den Klimawandel ab.
Ich vermisse eindeutige Belege, inwieweit ,,man’s impact” an dem Klimawandel, der sowieso im Gange ist [vergessen wir nicht: wir sind noch in der Warmphase der Eiszeitperiode – sie ist wohl noch nicht zu Ende!] beteiligt ist.
Dass der Ötzi keinerlei Verwesungsspuren aufweist, bedeutet, dass nach seiner Ermordung vor mehr als 4000 Jahren im Sommer die Kaltphase ganz plötzlich eingetreten war, die den armen Kerl völlig zuschneien ließ und die einschlägigen Bakterien hatten keine Chance, Ötzi zu zersetzen.
Für mich ein Beweis für die große Geschwindigkeit des Klimawandels – ohne ,,man’s impact”.
Nun gut: wenn es den Staatsmännern/-frauen gelingen sollte, die CO2-Emissionen auf 0 herunterzufahren. Was passiert dann? Wälder werden weiter fleißig abgebrannt und abgeholzt … die wichtigsten CO2- Senken und O2-Produzenten. So schnell ändert sich das ,,Weltklima” dadurch nicht. Wir wissen gar nicht mal, wie lange die Persistenz dauert. Und die ,,natürliche” Klimaänderung kann alles zunichte machen. Es werden schwerste Vulkanaktivitäten prognostiziert, die das Klima erst recht verändern. Diese sind ,,man’s impact” wirklich nicht anzulasten, so leid es mir tut!
Wenn wir Menschen mit der uns anvertrauten Erde, für die es keine Alternative gibt, wirklich ressourcenschonend umgehen, muss alles, aber auch alles getan werden, um entsprechende Technologien, die nicht auf Stoffe, die unter schlimmsten Bedingungen erschlossen werden, basieren, zu entwickeln. Da geht es nicht um CO2, sondern um alles! Extrembeispiel: leben wie die Aborigines in Australien, die ihre Lagerplätze so verlassen, dass man nicht erkennen kann, dass da gelagert wurde. Das propagiere ich nicht. Aber irgendwo ein Stück weit in diese Richtung. Nicht einfach dies und jenes verbieten usw., sondern die andere Technologien für die Allgemeinheit bezahlbar gestalten oder attraktiver machen, so dass gesagt wird: ,,Au ja, das machen wir auch so!” Dahin muss der Gehirnschmalz der Influenzer und Staatsverantwortlichen gehen. Nur Verbote bringen nichts!
@Stefan Heidland:
1. Die Rolle des Methans in der Klimakrise ist völlig klar, sowohl das Ausgasen aus dem brennenden Permafrostböden als auch die Emissionen aus der Tierindustrie u a Quellen.
Steht auch so in den IPCC-Berichten
https://www.ipcc.ch/sr15/chapter/spm/
Es spielte bloß in meinem jetzigen Blog-Beitrag keine Rolle, weil es hier um neue Meßdaten zur AMOC und dem Golfstromsystem ging.
2. Sorry, aber den Bericht zu Pflanzenzüchtungen kann ich nicht glauben.
Haben Sie da eine Quelle?
3. In der Klimadiskussion kann man nicht immer in jedem Gespräch alle Aspekte abbilden – das ist offensichtlich.
Aber in meinem Beitrag ging es um ozeanographische Daten.
4. Was konkret hat Ötzi jetzt mit der AMOC zu tun?
5. Früher, in der Trias, als mehr CO2 in der Luft war, hatten wärmeliebende Pflanzen eien echt tolle Zeit.
In den Meeren waren die tieferen Bereiche hingegen unbewohnbar. Ohne Strömunge und Durchlüftung waren dort ausgedehnte anoxische Zonen
https://www.nature.com/articles/nature07076
https://agupubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1029/2009GC002788
– heutige Paläontologen freuen sich über black shale events mit massenhaft tollen Fossilen samt Weichteilerhaltung (z B Posidoneinschiefer).
Mal ernsthaft: Wenn Sie bis jetzt nicht mal davon ausgehen, dass die derzeit schneller als je zuvor in der Erdgeschichte steigende Wärme maßgeblich auf den industriellen Ausstoß von CO2 ( u a Gasen) zurückzuführen ist, dann leugnen Sie sehr wohl die menschengemachte Klimakrise. Sie haben nicht einmal die Bedrohung des Meeresspiegelanstiegs für tiefer gelegene besiedelte Länder begriffen.
Sie widersprechen sich selbst, geben in Ihrem abenteuerlichen Sermon keine Quellen und schweifen wirklich sehr weit ab.
Ein bißchen durchdachter könnten Kommentare hier schon sein.
@ Martin Holzherr 14.08.2024, 06:32 Uhr
Möglichst genau Prognosen der Klima/Wetterforscher wären immer gut, da stimme ich @Tobias Jeckenburger zu.
Emissionen könnten verringert und weniger Schäden könnten auftreten, wenn man im Vorhinein möglichst genau weiß wo z.B. Brände auftreten.
Man könnte vorsorglich Bäume und Sträucher „ernten“ und große Schneisen anlegen um die Ausbreitung des Feuers zu reduzieren. In Griechenland aber auch in Urwäldern. Große Werte wären geschützt und die Emissionen reduziert. Wenn es brennt ist es zu spät….
Ich sehe es wie Sie, wenn Sie davon ausgehen, dass man die vielen Häuser nicht in kurzer Zeit auf CO2 frei umbauen kann. Die rund 200 000 € für ein Haus Sanierung können die meisten Bewohner gar nicht aufbringen, sie würden sich selbst ruinieren.
@Realo: Bitte was? Das ist Satire, oder?
Brandschneisen gegen Flächenbrände? Sorry, aber das ist wirklich absurd.