ESA-HERA-Launch bei ESOC

Gestern war der Start der Hera-Mission, ich war beim Launch-Event in Darmstadt beim Mission Control Center der ESA (ESOC).
Ich fand den Event gut, der Start hat perfekt geklappt und mit diesem Bericht möchte ich etwas von der Stimmung weitergeben.
Die SWR-Moderatorin, Podcasterin und DLR-SchoolLab-Mitarbeiterin Sina Kürtz moderiert das Hera-Launch-Programm mit den Gästen aus Raumfahrt und anderswo.
Diesmal gab es für die Presse nur eine kurze Pressekonferenz, ansonsten war es ein für Publikum offener Event – man musste sich nur rechtzeitig vorher seine Karte sichern.
Der Event lief dann auf dem großen Parkplatz unter einem Zelt mit drei Bühnen und Riesen-Bildschirmen. Zwischen den Besuchern liefen jede Menge ESA-MitarbeiterInnen herum und ich traf eine Menge Bekannte.

Darum geht`s bei NASA DART und ESA Hera:

Als ich so gegen 14:30 dazukomme, läuft gerade ein Filmchen, dass bunt und cartoonig den Meteoriteneinschlag an der Kreide-Tertiär-Grenze zeigt. Eigentlich schade. Ich warte immer noch auf einen realistischeren Film, schließlich geht es bei einem Massensterben um Splatter und Verwesung, Verhungern und Dahinsiechen sowie die Auferstehung neuer Ökosysteme und Artengefüge. Darauf muss meine Paläontologinnen-Herz leider weiter warten. Nachlesen kann man das aber schon mal hier: „What Happened the Day a Giant, Dinosaur-Killing Asteroid Hit the Earth“. Außerdem fielen auch die Dekkan Trapps mal wieder unter den Biertisch: Wahrscheinlich hat der Chicxulub-Meteroit allein nicht gereicht, um (die meisten) Dinos in die ewigen Jagdgründe zu kicken. Vermutlich war daran auch der ausgedehnte Trapp-Vulkanismus beteiligt, der die gewaltigen Dekkan-Trapp-Basaltschichten hinterließ.

Vielleicht wäre das aber für den Auftritt des ESOC-Kindergartens und eines T-rexes nicht der geeignete Move gewesen.

Die SpaceX Falcon 9 steht fertig zum Start ((C) Bettina Wurche)

Richard Moissl: Ab zehn Metern wird’s gefährlich

Dr. Richard Moissl ist Leiter des Büros für Planetenverteidigung bei der ESA und erzählt für Laien gut verständlich das Anliegen der Planetary Defence: Dass es uns Menschen eben nicht so ergehen soll, wie den Dinosauriern.
Am Beispiel des Tscheljabinsk-Impacts konnte man erleben, dass auch ein schätzungsweise 17 bis 20 Meter großer Asteroid erheblichen Schaden anrichten kann. Am 15. Februar 2013 schlug um etwa 9:20 Uhr Ortszeit (4:20 Uhr MEZ) ein Meteor in der in unmittelbarer Nähe der russischen Großstadt Tscheljabinsk ein:

15.02.2013 Meteoreinschlag in Russland Tscheljabinsk Explosionen 1.000 Verletzte

Explosion des Meteors, gefilmt mit einer Autokamera in Kamensk-Uralski, etwa 200 km nördlich von Tscheljabinsk

Die Druckwelle hat viele Fensterscheiben zersplittern lassen und dadurch zahlreiche Menschen verletzt. Viele Personen, die sich in der Nähe von Fenstern aufhielten oder sogar extra ans Fenster getreten waren, um zu sehen, was da vorgeht, haben durch Glassplitter Verletzungen davongetragen. Immerhin erzeugte der Meteorit beim Auseinanderbrechen einen beeindruckenden Lichtschein, 30-mal so hell wie die Sonne und den stärksten Infraschall seit Ende der Atombombentests. Außerdem hat die Druckwelle auch einige Gebäude beschädigt. Ohne Tote lief dieser Impact aber noch glimpflich ab.

Mit der Arbeit von Planetary Defence wird es möglich, erklärt Richard Moissl, vor einem Einschlag die Menschen des berechneten Einschlagsgebiets zu warnen. ESA-Mitarbeiter können berechnen, wo der Asteroid einschlagen wird. Vor einem Einschlag an Land kann der Zivilschutz die Menschen dort wohnenden warnen, keinesfalls ans Fenster zu gehen oder am besten in den Keller zu gehen. Eventuell kann ein Gebiet auch evakuiert werden. Fällt der fremde Himmelskörper hingegen ins Meer, wird es gefährlicher, denn dann besteht Tsunami-Gefahr. Auch dann können die Menschen der anliegenden Küsten gewarnt werden, von den Stränden weiter auf Anhöhen und ins Landesinnere zu gehen.

Hera ist der zweite Teil der Mission und soll die Auswirkungen der Sonde DART (Double Asteroid Redirection Test) genauer analysieren: 2022 hatte die NASA die Mission DART erfolgreich durchgeführt: Die Sonde DART hatte den Asteroiden Dimorphos getroffen. Dimorphos, etwa so groß wie eine der großen ägyptischen Pyramiden, gehört gemeinsam mit dem berggroßen Didymos zu einem binären Asteroiden-Gespann und ist von der Erde per Teleskop zu sehen. So konnten Astronomen den Einschlag live verfolgen. Die DART-Mission war sehr erfolgreich und hat klar gemacht, dass die Raumfahrtagenturen solch einen potenziell gefährlichen Asteroiden „entschärfen“ kann, indem es seine Bahn ablenkt.

Dr. Richard Moissl im Interview mit Sina Kürtz ((C) Bettina Wurche)

Don Quichotte und Fliegenaugen

Der Honorarprofessor an der TUM und ehemaliger Leiter des Büros für planetare Verteidigung bei der ESA Dr. Detlev Koschny erzählt aus der Frühzeit des Projekts: Der Gedanke an eine planetare Verteidigung war erstmals um 2007/2008 aufgekommen. Eine Studie internationaler Wissenschaftler – das Near-Earth Object Mission Advisory Panel (NEOMAP) – hatte ein kinetischen Don Quichotte-Impaktkonzept konzipiert und es der ESA empfohlen: Dabei sollen Satelliten in Asteroiden geschossen werden, um deren Bahn zu ändern.
Für eine Raumfahrtagentur allein war das zu teuer, darum kooperierten ESA und NASA und starteten schließlich die DART/Hera-Mission. NASA hatte 2022 den Asteroiden mit DART „beschossen“ und Hera soll jetzt detailliert analysieren, inwieweit sich Dimorphos verkleinert oder verformt hat.

Eine grundsätzliche Aufgabe der Planetary Defence-Asteroidenabwehr ist, Ausschau nach potentiell gefährlichen Asteroiden zu halten, den NEOs (Near Earth-Objekten) . Dafür betreibt die ESA Teleskope in verschiedenen Observatorien wie in der europäischen Südsternwarte in La Silla (Chile) und einigen anderen Orten.
Haben sie einen neuen Asteroiden entdeckt, können sie mit Hilfe komplexer Computerprogramme dessen Bahn berechnen, erklärt Detlev Koschny. Das sind nämlich keine einfachen elliptischen Bahnen, sondern wegen der vielen Ablenkungen durch andere Himmelskörper viel komplexere Bahnen. Aber die Computerprogramme können unter Einbeziehung aller bekannten Daten sehr genaue Berechnungen durchführen.
An dieser Stelle möchte ich noch eine Neu-Entwicklung eines italienischen Teams vorstellen: Das Flyeye-Teleskop – ein Fliegenauge. Es besteht wie ein Insekten-Komplexauge aus vielen einzelnen „Sehzellen“ – Kameras, die unabhängig voneinander beobachten und so einen sehr großen Teil des Himmels abdecken können.

ESA: Infographic: Flyeye telescopes to spot asteroids

Neben ESA, NASA und anderen Raumfahrtagenturen gibt es auch ein UN-Büro, dass sich mit der planetaren Sicherheit beschäftigt: Das UN-Büro für Weltraumfragen (United Nations Office for Outer Space Affairs). Dort werden Regeln und Gesetze für Raumfahrtaktivitäten erstellt und koordiniert, auch die gemeinsame Asteroidenabwehr ist ein Aspekt. Hört sich futuristisch an, ist aber Tagesgeschäft der UN zum Schutz der Menschheit. Das kann man in Zeiten, wo die Geopolitik wieder einen Backlash zu Nationalismus und Kriegsgeschrei gibt, gar nicht genug betonen.

JUICE löst Impact-Alarm aus und Gaffa für die Rakete

Neulich gab´s ein paar Stunden Asteroiden-Alarm. Die Teleskope hatten nämlich einen nicht kartierten größeren Himmelskörper erfasst, dessen Bahn ihn auf einen extrem nahen Vorbeiflug an die Erde heranbringen würde!
So kam es zu einigen dramatischen Stunden.
Bis jemandem auffiel, dass die JUICE-Sonde auf ihrem Weg zu Jupiters eisigen Monden in genau diesem Zeitfenster an der Erde vorbeiflog – sozusagen auf Kuschelkurs – um sich etwas Schwung für ihren langen Flug zum Jupiter zu holen. Die Sonde ist zwar nicht sehr groß, aber die ausgefahrenen Solarpaneele reflektierten Licht und ließen sie dadurch viel größer wirken. Damit war die Identität des vermeintlich gefährlichen Himmelskörpers geklärt und das Problem hatte sich glücklicherweise von allein gelöst.
Da die Raumfahrt auf schnelles Lernen und Reagieren ausgerichtet ist, wird seitdem eine Datenbank eingerichtet, um solche Informationen für alle verfügbar zu machen. (Solch konsequentes Lernen und Handeln würde ich mir für viel mehr Bereiche des Lebens wünschen).

Dann spielen Thomas D & Die KBCS (Thomas D gehört auch zu den Fanta Vier).
Ziemlich laut.
Thomas D findet die ESA-Aktivitäten und andere Raumfahrt offensichtlich cool. Er plaudert über Lindberghs Flugversuche und Edisons Glühbirne – Edison brauchte wohl rund 1000 mal, bis seine Glühbirne glimmte. Das hat Thomas D beeindruckt, darum singt er den Song „Weitermachen!“
Irgendwann bezeichnete jemand seine Musik als zwischen Meditation und Ekstase, aber damit sei jetzt Schluß.
DANN WIRD`S LAUT.

ESOC-Launch-Event: Thomas D und Die KBCS ((C) Bettina Wurche)

„Und wenn mit der Scheiß-Rakete irgendwas nicht in Ordnung ist, dann komme ich, ich kriege alles mit Gaffa gefixed.“ Dann erzählt er noch, dass sein Parabelflug im Kotzbomber nicht so gut war. Aber Schwerelosigkeit wahrscheinlich ein Jungbrunnen ist, „ohne die Scheißschwerkraft, die uns und unsere Gewebe zu Boden zieht“, was er gestisch sehr anschaulich demonstriert.
Dann intoniert er für Alexander Gerst „Sternenkinder“ und macht erstmal wieder Platz für den Raketenstart.

Umschalte nach Florida zum Startplatz der SpaceX Falcon 9-Rakete, die Hera ins All tragen soll. Zunächst „schläft“ der Satellit noch und bekommt von den Startvorbereitungen gar nichts mit.
Ein launiger Cartoon-Film erklärt, dass Krater Zeitstempel seien – je mehr Krater, desto älter.
Für die DART/Hera-Mission war das binäre Asteroidenpaar Dimorphos und Didymos das Traumpaar, weil es von der Erde aus zu beobachten ist. Der Asteroid Didymos und sein Möndchen (moonlet) Dimorphos bilden ein sogenanntes Doppelasteroidensystem (binary system), d. h. der kleine Mond (Dimorphos) umkreist den größeren Körper (Didymos). Die beiden Asteroiden stellen keine Bedrohung für die Erde dar, aber sie fliegen relativ nah an der Erde vorbei. Als der Impakt erfolgte, wirbelte DART viel Materie und Gas auf – was von der Erde per Teleskop gut zu beobachten war.
DART war in Größe, Masse u Geschwindigkeit bekannt – so kann Hera den Krater analysieren und Leute, die gut rechnen können, können aus den bekannten Variablen und den neuen Daten dann die Auswirkungen des Impakts berechnen. Diese Schlußfolgerungen ermöglichen dann im Falle eines Falles einen für die Erde bedrohlichen Meteoriten mit einer entsprechend großen Sonde zielgerichtet und ausreichend abzulenken.

Thomas D switcht musikalisch wieder dazwischen: Er interessierte sich als Kind für Raumfahrt und ist bis heute ein Bewunderer davon. Wenn wir Raumfahrt können, können wir alles! (Da hat er recht!)
Auch unseren Müll selbst aufheben und nett zu anderen Leuten sein!
Müll ist ein großes Thema für ihn und Weltraummüll-Department hält er für genauso superwichtig. (Unglaublich, dass ein Rapper anderen Menschen so etwas erzählen muss – die Begeisterung und das Engagement des Musikers mit seiner Selbstironie finde ich so als Außenmeinung sehr erfrischend : ) ).

Thomas D über Thomas D: Vom ESO-Rapper zum ESA-Rapper.
Sein neues Album heißt Mars, dort wohne er. Früher sei das eine Hippiekommune gewesen, in der Eifel. Mittlerweile habe er die anderen rausgeworfen und wohne jetzt allein auf dem Mars.

Hera dreht auf

Hera ist eine Asteroiden-Detektivin und hat mehr Gimmicks dabei als James Bond, erfahren wir.
Mit Kameras und den Cubesats Milani und Juventus wird sie die Folgen des DART-Einschlags genau vermessen und den Krater kartographieren.
Neben der detaillierten Vermessung des Kraters soll sie auch schauen, ob Didimorphos sich unter der kinetischen Gewalt verformt hat.
Außerdem sollen die Geräte eine chemische Analyse durchführen.

Hier ist der Ablaufplan der Mission:

Hera mission timeline:
Hera will be humankind’s first probe to closely investigate a binary asteroid system. It will find out more about this type of asteroid and explore asteroid deflection. This infographic describes the Hera mission from its lift off from Earth to Hera’s final landing on asteroid Didymos.
Along the way, Hera will carry out lots of science, including measuring the properties of the asteroid and investigating the crater left by DART crashing into the asteroid’s surface. It will also demonstrate some impressive new technologies.

Ein ESA-Mitarbeiter kommt mit einem Schuhkarton auf die Bühne – so groß seien die Milani- and Juventas-CubeSats.
Hier ist ein Überblick über Heras Asteroid Deck und ihre Instrumente und hier sind noch Details zu den CubeSats Milani und Juventas, die ganz nah an Didymos heranfliegen werden.

Noch eine halbe Stunde bis zum Start, ein Blick auf wartende Falcon 9. Mittlerweile ist klar, dass das Wetter in Florida prima ist und der Start nicht verschoben werden muss. Das war am Montagmorgen noch nicht ganz sicher, immerhin ist Florida durch die Klimakrise noch wesentlich Tornado-gebeutelter als bisher ohnehin schon.

Auftritt Matthias Maurer, der mit der Falcon 9 schon geflogen ist. Mit genau dieser Rakete, die schon 22-mal ins All startete, sei sein Kollege Thomas Pesquet unterwegs gewesen. Maurer selbst sei mit einer anderen Falcon 9-Unterstufe gestartet.
Dann erzählt er, wie es sich für die bereits darin angeschnallten Astronauten anhört, wenn die Rakete mit ihrem flüssigen Treibstoff betankt wird: Es knallt, zischt und faucht so laut, dass die Raketen-Insassen sich schon etwas Sorgen machten, ob das alles so o k sei – seitdem gibt es ein Audio-File zu Kennenlernen des Raketensounds. Dann ging´s los, erinnert er sich, für 8,5 Minuten mit dem wilden Ritt durch die Atmosphäre, danach wird´s ja ruhiger.
Sein Highlight während des ISS-Aufenthalts war definitiv das Aussteigen zum „Weltraumspaziergang“. Sieben Stunden war er draußen und musste Hand anlegen, um ein Modul zum Laufen bringen.
Sein Briefing besagte, dass seine Todeswahrscheinlichkeit beim Außeneinsatz im Weltraum bei 1 zu 1.000.000 läge. Die sei ja fast immer sehr gering.
Allerdings hat Russland, nachdem Maurer vier Tage auf der ISS war, einen Satelliten abgeschossen, danach schwirrten 17.000 Trümmerteile schwirrten umher und zwangen die ISS zu Ausweichmanövern. Danach stieg seine Todeswahrscheinlichkeit immerhin um die Hälfte.

Die ISS war nach Fall und dem Auseinanderbrechen der UdSSR ein Projekt, um alle wieder zusammen zu bringen, erklärt Maurer und ordnet sie als wahnsinnig wichtiges Projekt ein. (Das war mir gar nicht so bewusst – auch wenn ich die Zusammenarbeit in der Raumfahrt natürlich auch als ein wichtiges Element der Völkerverständigung zwischen den beiden Supermächten und politischen Blöcken halte).
Durch Ukraine-Krieg ist jetzt nicht nur politisch viel kaputtgegangen, sondern auch die langfristige Kooperation im Weltraum. (Auch damit hat er völlig recht. Und gerade unter dem Blickwinkel dieser Mission zur planetaren Verteidigung ist das ganz besonders schlecht. Aber Russland hat nach Meinungen der Raumfahrtkundigen in meinem Umfeld seine Raumfahrt mit dem Ukraine-Krieg für lange Zeit aus Eis gelegt, wenn nicht sogar beerdigt. Mit dem Angriff der Ukraine ist nicht nur weltraumpolitisch eine Eiszeit eingetreten, sondern dies hat auch zu einem katastrophalen BrainDrain unter russischen WissenschaftlerInnen und IngenieurInnen geführt, von dem sich das Land für Jahrzehnte nicht erholen wird). Der nächste Programmpunkt behandelt ESA Space Safety „Herausforderungen für Satelliten“.
Estelle Crouzet und Saskia Hawkins erklären das ESA-Programm zur Weltraumsicherheit, wie etwa die von Weltraummüll ausgehenden Gefahren.
Melanie Heil ist ESA-Koordinatorin für Weltraumwetter-Missionen: Beim Weltraumwetter geht es vor Allem um die Partikelströme von Sonnenwind und Sonnenstürmen. Diese Plasmawolken rufen etwa die gerade sehr häufigen Polarlichter hervor. (Dieses Jahr habe ich tatsächlich endlich mal Polarlichter beobachtet: Zusammen mit reichlich anderen Nerds auf der FedCon, hinterm Maritim-Hotel in Bonn. Ausgerechnet mitten in Bonn. Allerdings waren die wabernden Pink-Nuancen am besten per Handy zu sehen, weniger mit dem bloßen Auge).
Auf der Erde schützt uns das irdische Magnetfeld, im Weltraum und auf dem Mond gibt es diesen Schutz aber nicht, die Astronauten sind solchen Sonnenaktivitäten fast schutzlos ausgesetzt. Darum wird der Space Weather-Satellit Vigil gebaut, der wesentlich genauere Spaceweather-Voraussagen erbringen soll, zum Schutz der Raumfahrt u der Erd-Infrastruktur. Mit Vigil kann man dann die Bewegung solcher Weltraumwetter-Events besser beobachten, früher bemerken und ihre Bewegung auf die Erde zu besser vorhersagen. Damit wird ESA führend in Weltraumwetter-Vorhersage.

Go for Launch!

Schalte nach Cape Canaveral:
Die SpaceX Falcon 9 steht erwartungsvoll auf der Rampe und lässt noch etwas Dampf ab.
Dann laufen die letzten 10 Minuten Countdown.
Interessant finde ich immer, dass das Publikum die Aufregung als steigenden Geräuschpegel meßbar macht. Auch die Kids rühren sich und hüpfen durcheinander.
Dann die letzten 10 Sekunden.
Die Kids zählen laut mit, die Bühnen-Scheinwerfer blinken dazu: 10, 9, …

LIFT-OFF!
Separation der wiederverwendbaren Unterstufe, deren 23. auch ihr letzter Flug ist.
Die Maschine der 2. Stufe übernimmt.
Die Kamera zeigt abwechselnd den fragil anmutenden Satelliten und den rotglühenden Raketenantrieb.
Wenn der Satelliten von der Raketen-Oberstufe getrennt wird, übernimmt das ESOC – im Hauptkontrollraum sind alle längst bereit.

Zum Überbrücken der Wartezeit BLÄST Brass Riot über die Köpfe des Publikums hinweg (Ich kenne mich mit Musik ja nicht so aus, aber Blechbläser Brass werden offenbar gerade wieder sexy).

Matthias Maurer übernimmt wieder und erzählt vom Mond und dem lunaren Trainingsprogramm. Als Astronaut und Materialwissenschaftler hat er es maßgeblich mitentwickelt, die Mondsimulationsanlage LUNA wurde gerade in Köln-Porz eröffnet.
Die größten Herausforderungen für die Arbeit auf dem Mond sind, dass die Lunanauten nur ein Sechstel ihres Eigengewichts spüren werden – darum werden sie zum Training an Kränen aufgehängt über die Kölner Mondoberfläche gelüpft. Und der fiese Regolith Mondstaub, der alles korrodiert. Darum erproben sie alle Geräte, Anzüge und weitere Ausrüstungen in der Mondtrainingshalle, damit die Sachen im adäquat fiesen Kölner Mondstaub-Surrogat kaputtgehen, statt nachher auf dem Mond.
Auf dem Mond gibt es drei unterschiedliche Gesteine – darum brauchen die Lunanauten Geologie-Training, damit sie dann auch die richtigen Steine für die Forschung einsammeln.

Vom Mond erklärt Matthias Maurer, können wir viel für und über die Erde lernen:
Wie kam das Leben auf die Erde?
Die Spuren der frühesten chemischen Evolution gibt’s auf der Erde nicht mehr. Aber im ewigen Eis in den tiefsten Mondkratern, wohin niemals Sonne kommt, könnten sich noch Reste einer Ursuppe erhalten haben. Außerdem sollen Gesteinsproben vom Mond noch mehr Erkenntnisse zur Entstehung unseres Sonnensystems und der Erde verraten.  Manche der Mondgesteine sind so alt, dass sie auf der Erde nur noch an ganz wenigen Stellen zu finden sind – die sind natürlich besonders interessant.
Um sich für die Exploration von Mondkratern vorzubereiten, üben natürlich auch die heutigen Astronauten u. a. im Nördlinger Ries. In diesem Fränkischen Riesenkrater haben schon die Apollo 16-Astronauten trainiert, sie werden im Ries-Museum auch vorgestellt – mit ein wenig Mondgestein (Nördlinger Ries lohnt sich unbedingt, der Krater ist riesig und voller spannender Fossilien und Gesteine.)

Weiterhin kann man auf dem Mond alles für die bemannte Erforschung des Mars erproben. Z. B. die Produktion von Habitat-Bausteinen, Nahrung, Wasser und Treibstoff.
Diese und andere Umstände sind der Grund, warum ab dem nächsten Jahr das Mondprogramm Artemis in die aktive Phase geht. Die nächste Raumstation wird das Gateway Lunar Space Station, praktisch das Vorzimmer des Erdtrabanten. Dies sind wichtige Trittsteine auf der Rückkehr der Menschen zum Mond und für die bemannte Erforschung des Mars.
Ein interessanter Exkurs führt zum Asteroiden-Bergbau – schließlich seien auf einigen der Gesteinsbrocken wertvolle Metalle zu holen, schwärmt Matthias Maurer.

Blick auf Hera, drei Minuten nach dem Start ((c) Bettina Wurche)
Blick aufs Triebwerk der 2. Stufe ((c) Bettina Wurche)

Jetzt warten wir auf das Signal, dass Hera sich auch von der Oberstufe getrennt hat.
Die Sonde ist noch sleepy – sie muss sich erst zur Sonne ausrichten, damit die Solarpaneele volle Energie bekommen. Darum könnte es sein, dass das Signal sich etwas verzögert.
Dann zeigt die Kamera: Hera hat sich getrennt und ist allein unterwegs Richtung Didymos/Dimorphos.
Direkt danach kommt schon ein deutliches Signal: Der Satellit ist o. k. und redet mit der Bodenkontrolle.
Alles läuft gut!

ESA-Events hinterlassen bei mir immer so einen angenehm nerdigen Nachgeschmack: Männer und Frauen vieler Nationen, Hautfarben und Altersgruppen arbeiten zusammen an einer großen Idee, zum Nutzen der Menschheit – der Jubel im Hauptkontrollraum, wenn alles gut läuft ist immer etwas Besonderes. Auch das Publikum spiegelt das wieder – ein offener Event mit vielen Menschen, auch Kindern im KiTa-Alter, die fröhlich herumhüpfen.
Diese total positive Stimmung unter Nerd-Idealisten, die etwas ziemlich Irres zum Wohle der Menschheit durchziehen, ist gerade in diesen Zeiten sehr aufbauend und tut wirklich gut.

Hier ist das offizielle Missions-Video:
ESA’s Hera mission launch (Official broadcast)

Hier sind einige der cartoonigen Hera-Erklär-Videos:
“The incredible adventures of the Hera mission”
Ich finde die auch für Erwachsene richtig gut : )
Das Augenzwinkern ist ja eher mein Ding als der getragene Pathos der NASA.

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Auf dem Science-Blog „Meertext“ schreibe ich über meine Lieblingsthemen: Biologie, Zoologie, Paläontologie und das Meer. Wale, Fische und andere Meeresgetüme. Tot oder lebendig. Fossile Meere, heutige Meere und Meere der Zukunft. Die Erforschung, nachhaltige Nutzung und den Schutz der Ozeane. Auf der Erde und anderen Welten. Ich berichte regelmäßig über Forschung und Wissenschaft, hinterfrage Publikationen und Statements und publiziere eigene Erlebnisse und Ergebnisse. Außerdem schreibe ich über ausgewählte Ausstellungen, Vorträge, Bücher, Filme und Events zu den Themen. Mehr über meine Arbeit als Biologin und Journalistin gibt´s auf meiner Homepage “Meertext”.

2 Kommentare

  1. Außerdem fielen auch die Dekkan Trapps mal wieder unter den Biertisch: Wahrscheinlich hat der Chicxulub-Meteroit allein nicht gereicht, um (die meisten) Dinos in die ewigen Jagdgründe zu kicken.

    Karl Urban von AstroGeo hat mich neulich auf ein Paper verwiesen, laut dem die Frage “War es der Asteroid? Oder vielleicht doch die Dekkan-Trapps?” zugunsten des Chicxulub-Asteroiden beantwortet worden sei.

  2. @Spritkopf: Ja, da gibt’s immer wieder Diskussionen mit Pro und Contra. Jetzt ist ja auch noch ein zweiter Asteroideneinschlag aufgetaucht….

    Es ist halt so, dass sich monokausale Erklärungen für komplexe Vorgänge meist als unterkomplex herausstellen.
    Aber vielleicht bin ich mit meinem Wunsch nach komplexen Erklärungen auch zu konservativ.

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