Open Knowledge Festival 2014: Code for Freedom, Creativity & Collaboration!
Die Zukunft ist bei wachsender Datenflut so offen wie nie zuvor. Doch wie gehen wir am besten damit um? Donnerstag endete das Open Knowledge Festival 2014 (#OKFest14), auf dem sich Anhänger des freien Wissens aus aller Welt für drei Tage in der Kulturbrauerei in Berlin austauschten. Ich war am letzten Tag dabei. Ein kleiner Einblick.
#OKFest14 mit der wohl besten Berliner Mauer – aus Pappkartons zum Mitgestalten und Mitnehmen.
In den ziegelroten Gründerzeitgemäuern wird schon lange kein Bier mehr gebraut, sondern Kultur. Damit war der riesige Gebäudekomplex der ehemals weltgrößten Brauerei der perfekte Ort für ein Festival der besonderen Art: “Stellt euch eine Welt vor, in der jede einzelne Person auf der Erde freien Zugang zur Summe allen menschlichen Wissens hat.” Diese Worte des Wikipedia-Mitbegründers Jimmy Wales trafen auch den Nerv der über 1000 Nerds und Entwickler aus mehr als 60 Ländern, die sich in Berlin unter dem Motto “Open Minds to Open Access” für mehr Offenheit in gesellschaftlich wichtigen Bereichen wie Bildung und Politik einsetzten. Auch wenn die Open Knowledge Foundation, die ihren Ursprung in Großbritannien hat, noch recht jung ist, wächst sie rasant. Dieses Jahr kann sie ihren 10. Geburtstag feiern. 2011 wurde u.a. ihr deutscher Zweig gegründet.
Bildung und Reformen
Entsprechend begann der letzte Tag des Festivals mit der ergreifenden Rede der EU-Kommissarin für Digitale Medien, Neelie Kroes (@NeelieKroesEU): “Ich bin 72 Jahre alt. Ich muss mich beeilen.” Auch wenn sie aus einer Generation stammt, die Wissen immer begrenzen und kontrollieren wollte, sprüht sie vor jugendlicher Energie und setzt sich aus vollem Herzen für die Weltoffenheit der neuen Generation ein.
Inspirierend: EU-Kommissarin Neelie Kroes.
“Bildung ist die beste Investition, die wir machen können. Wie könnt ihr erklären, dass es auf der Welt immer noch Lehrer gibt, denen vorenthalten wird, Wissen zu teilen?”, fragt sie uns. Ihre obersten Prioritäten: Kreativität und Freiheit, aber auch die Reform des Datenschutzrechtes. In unserem Zeitalter reiche es schon lange nicht mehr, nur einzelne Politiker mit dem nötigen Zeitgeist zu beschäftigen, wenn eigentlich die gesamte Gesellschaft eine entsprechende Geisteshaltung brauche. Doch wirkliche Veränderungen kommen von unten und nicht von oben. Das bedeutet, dass heutzutage jeder zum Botschafter wird. Wir haben es selbst in der Hand, uns zu vernetzen und mit gutem Beispiel voranzugehen. Denn schließlich bedeutet Offenheit nichts anderes als Transparenz, Fairness und Innovation.
Im Hof der Kulturbrauerei: Auch in den Pausen wurde diskutiert…
Struktur – Updates – Lizenzen
Der zweite und letzte Keynote-Sprecher des Festivals, Eric Hysen (@EricHysen) von Google betonte ebenfalls: “Offenheit reicht nicht, die Daten brauchen Struktur, Lizenzen und Updates.” Denn leider könnten die meisten Daten im Netz nie ihr volles Potenzial entfalten, da sie einfach nicht genutzt würden. Hysen plädierte daher für die Entwicklung von Ökosystemen statt einfach nur neuen Apps.
“Die “Open Knowledge” – Bewegung ist wie der Verkehr im 18. Jahrhundert – tolle neue Kutschen wurden ineffektiv gemacht durch schlechte Straßen.” – Eric Hysen (Google).
Transparente Workshops
Storytelling
Der restliche Tag stand ganz im Sinne verschiedener Workshops in Kleingruppen. “Was macht eine gute Geschichte aus?” fragte zum Beispiel der ugandische Journalist Javie Ssozi (@JavieSsozi) in seinem Workshop “Storytelling” (#OKfestStory). Gerade Alltagsgeschichten helfen uns, andere Menschen zu verstehen, uns gegenseitig zu unterstützen. Denn jeder Mensch hat eine Geschichte zu erzählen. Gleichzeitig ist jeder aber auch Zuhörer mit einer begrenzten Kapazität. Wie ein Wasserkrug, der irgendwann voll ist und dann erst wieder geleert werden muss, um weiteres Wasser aufnehmen zu können.
Storytelling – die Kunst des kreativen Erzählens, denn: “Jeder hat eine Geschichte zu erzählen!”
Auch wissenschaftlich ist bekannt, dass eine gute Kommunikation die Gehirnaktivitäten von Zuhörer und Erzähler synchronisiert. So konnten psychologische Studien zeigen, wie ein Erzähler direkt die Hirnaktivität der Zuhörer beeinflussen und hierdurch beispielsweise Empathie hervorrufen kann. Unsere Geschichten werden also dann lebendig, wenn sie die Zuhörer einbeziehen, auf welche Weise auch immer. Prinzipiell ist jeder kreativ. Doch eine Schule, die Kinder lehrt, wie sie schreiben sollen, kann auch ihre Kreativität abtöten oder hemmen.
Geld, Transparenz und Datenschutz
Soviel ist klar: Veränderungen brauchen eine kritische Masse. “Wie können wir diese erreichen?” Um diese Schlüsselfrage ging es im Workshop “Following the Money: Making the case for transparency and open data” (#OKFestFTM).
“Wie bekommen wir genügend Leute zusammen, die etwas Sinnvolles aus diesen ganzen Daten machen?” Diese Frage wurde auch heftig diskutiert im Workshop “Sensor Journalism, Uncensored” von und mit Lily Bui (@dangerbui). Denn Sensor-Journalismus kann noch mehr: selbst Daten generieren und auswerten. Damit verschwimmen die Grenzen zwischen Journalismus und Wissenschaft.
In den USA entstand beispielsweise die News-App “Dollars for Docs“, mit deren Hilfe Nutzer nachschauen können, wie viel Geld ihr Hausarzt von der Pharmaindustrie erhalten hat. Auch Informationen zu Wetter, Umweltverschmutzung, Staus, Lärmbelastung, freien Park- oder KITA-Plätzen können auf diese Weise erhoben, genutzt und ausgewertet werden. Problematisch hier ebenfalls insbesondere: Transparenz und Privatsphäre.
Willkommende Abkühlung im sommerlich heißen Berlin: Gratis Eis-Pause (#OpenIceCream)
Dank und Ausblick
Bis zum nächsten Festival in einem Jahr bleiben somit genügend Fragen und Arbeit. Doch vorerst wurde der Abschluss gebührend gefeiert – mit Dank an die hervorragenden Organisatoren und Helfer, darunter übrigens auch Lou Woodley (@LouWoodley), bestens bekannt in SciLogs-Kreisen und immer wieder gern nicht nur in Deidesheim gesehen.
Zum Abschluss Dank an die Organisatoren, Teilnehmer und die vielen freiwilligen, grünen Helfer!
Live-Musik aus Afrika sorgte für einen gelungenen Ausklang. Auch wenn es vielleicht nur ein subjektiver Eindruck ist, erschien dieser Kontinent im Verhältnis zu anderen sehr gut repräsentiert auf dem Festival. Vielleicht Zeichen einer offenen Kultur und eines Gemeinschaftssinns, von deren Vorteilen wir alle zugunsten der Zukunft unseres gemeinsamen Planeten profitieren sollten.
#OKFest14: Gute Stimmung bis zum Schluss mit General aus Kamerun und Juliani aus Kenia.
Mehr Infos:
- Für jeden zum Nachlesen: Programm und Mitschriften des Open Knowledge Festivals 2014 (Etherpad)
- Flickr Foto-Pool
- Storify-Zusammenfassung
Pingback:OK Fest 2014: Open that data! | Visual Loop
Trota von Berlin schrieb (20. Juli 2014):
> EU-Kommissarin für Digitale Medien, Neelie Kroes (@NellieKroesEU): […]
Vmtl. eher: “@NeelieKroesEU”.
> Willkommende Abkühlung im sommerlich heißen Berlin: Gratis Eis-Pause
Vmtl. eher: “Gratis-Eis-Pause”.
p.s.
Dierk Haasis schrieb (nach 15. July 2014 17:15):
> Wenn Sie [FW] jemanden beschimpfen wollen […]
Sofern das (d.h. Beschimpfen) durch das bloße Formulieren einer Frage möglich ist — (Und ob sich wohl der eine oder andere Kommentator dabei denken mag: “In mach Fall mag das sogar stimmen.”?) — ja, bitte.
Als ich gestern die entsprechende Frage [
] im Zusammenhang mit dem obigen SciLog-Beitrag [“Lesefortschritt“] formulierte, wollte ich allerdings eher bespötteln.
> tun sie es bitte nicht hier
Gern. Wenn also nicht in “CON TEXT”, dann wo?.
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