Genanalysen für eine personalisierte Medizin – Ein Gastbeitrag von Daniela Steinberger

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Prof. Dr. Daniela Steinberger

Genetische Varianten haben einen Einfluss darauf, wie Arzneimittel wirken. Diese Erkenntnis ist nicht neu, sondern entspricht seit vielen Jahren vorhandenem Wissen, das durch unzählige Ergebnisse eines speziellen medizinischen Forschungsbereiches – der Pharmakogenetik – bestätigt ist. Eine Umsetzung dieses Wissens in die medizinische Praxis kann nun durch die neuen technischen Möglichkeiten der Informationsverarbeitung in Verbindung mit den immer einfacher und günstiger durchführbaren genetischen Analysen erfolgen. Mit dem Wissen über die persönlichen genetischen Varianten können Auswahl der Medikamente und Dosierungen so angepasst werden, dass die Therapie hiermit wirksamer und sicherer wird. Daniela Steinberger, Humangenetikerin und Geschäftsführerin von bio.logis, berichtet im folgenden Gastbeitrag über ihr Konzept einer personalisierten Medizin.

Für den bestmöglichen Erhalt der Gesundheit kann es für jeden Menschen sinnvoll sein, die wirklich relevanten Informationen zu seinen genetischen Varianten zu kennen. Dies ist eine Voraussetzung dafür, um die Verabreichung von Arzneimitteln an die individuell vorhandenen genetischen Dispositionen anzupassen. Der Zugang zu Informationen über die eigene biologische Basis ist somit ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Souveränität sowohl von Patienten als auch gesunden Nutzern. Der behandelnde oder zukünftig behandelnde Arzt kann hierbei aktiv eingebunden werden und dazu beitragen, dass die personalisierte Arzneimitteltherapie so den Weg in die Praxis findet.

Ein Beispiel dafür, wie pharmakogenetisches Wissen für eine individuell angepasste Therapie sinnvoll eingesetzt werden kann, ist das Erkennen von Varianten des TPMT-Gens. Dieses Gen kodiert für das Protein TPMT (Thiopurin-S-Methyltransferase). TPMT ist ein Enzym, das eine wichtige Rolle bei der Verstoffwechslung von Medikamenten aus der Gruppe der Thiopurine spielt. Diese Wirkstoffe werden im Körper von TPMT in eine unwirksame Form umgewandelt und dann ausgeschieden. Eines der am häufigsten verschriebenen Medikamente dieser Gruppe trägt die Bezeichnung Azathioprin und wird häufig zur Behandlung von vielen entzündlichen Erkrankungen verwendet.
 
Varianten des TPMT-Gens können dazu führen, dass ein Medikament nicht ausreichend in eine unwirksame Form gebracht und ausgeschieden werden kann. Dies kann zu verstärkter Wirksamkeit bis hin zu lebensgefährlicher Unverträglichkeit eines Medikaments wie Azathioprin führen. Durch eine Untersuchung des Gens kann eine Aussage dazu getroffen werden, bevor das Medikament verabreicht wird. Mit diesem Wissen kann eine Anpassung der Dosis oder Verordnung eines alternativen Wirkstoffs erfolgen und so unerwünschte Wirkungen oder eine erfolglose Therapie verhindert werden.
 
Durch eine möglichst umfassende Typisierung von Genen mit pharmakogenetischer Relevanz können viele Probleme hinsichtlich individueller Arzneimittelwirksamkeit und -verträglichkeit vermieden werden. Hierfür hat bio.logis "personal genomics services" (PGS) entwickelt, eine genetische Analyse- und Informationsdienstleistung, die über ein Portal vermittelt wird. Erstmals ist für jeden Interessierten der Zugang zu relevanten Bereichen des eigenen Genoms möglich, um individuelle Arzneimittelwirkungen zu optimieren.
 
PGS ermöglicht den direkten Zugang zu ausgesuchten persönlichen Erbinformationen mit ärztlichen Befundberichten. Das seit vielen Jahren in der Humangenetik bekannte Wissen wird mit pharmakologischem Know-how verbunden und kann so in weitaus größerem Maße für jeden Interessierten nutzbar gemacht werden.
 
 
Aspekte der Genanalysen in der personalisierten Medizin:
  • p4-Medizin: personalisiert, partizipatorisch, prognostisch, präventiv
  • Zugang zu eigenen genetischen Varianten und Informationen, um die Gesundheit zu erhalten
  • Nutzen hinsichtlich Medikamentenverträglichkeit und -sicherheit und anderer Aspekte
  • Berücksichtigung des eigenen Genoms im Hinblick auf individuelle Arzneimittelwirkungen
  • "Patient Empowerment"
 
 
Kontakt / weiterführende Informationen:
Prof. Dr. med. Daniela Steinberger

 

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Dr. Karin Schumacher bloggte zunächst als Trota von Berlin seit 2010 bei den SciLogs. Nach dem Studium der Humanmedizin in Deutschland und Spanien promovierte sie neurowissenschaftlich und forschte immunologisch in einigen bekannten Forschungsinstituten, bevor sie in Europas größter Universitätsfrauenklinik eine Facharztausbildung in Frauenheilkunde und Geburtshilfe abschloss. Hierbei wuchs das Interesse an neuen Wegen in der Medizin zu Prävention und Heilung von Krankheiten durch eine gesunde Lebensweise dank mehr Achtsamkeit für sich und seine Umwelt, Respekt und Selbstverantwortung. Die Kosmopolitin ist leidenschaftliche Bergsportlerin und Violinistin und wenn sie nicht gerade fotografiert, schreibt oder liest, dann lernt sie eine neue Sprache. Auf Twitter ist sie übrigens als @med_and_more unterwegs.

5 Kommentare

  1. @Frau Steinberger

    Da würde es mich doch glatt mal interessieren aus welchen Situationen hinaus Menschen bei Ihnen eine Beratung aufsuchen. Solche Beratungsmöglichkeiten sind bisher, nach meiner subjektiven Einschätzung, noch nicht weit verbreitet in Deutschland. Womit und mit wem haben Sie also meistens zu tun?

  2. schön, dass es genetic counselling auch in Deutschland gibt, vielleicht sollte man den Artikel auch noch als “Werbung” kennzeichnen. Wie ausführlich ist die Analyse von bio.logis im Vergleich zu 23andMe?

  3. falter

    Dem kann ich nur zustimmen:

    Werbung sollte gekennzeichnet sein –
    wobei die potente Zielgruppe sicher angetroffen wird.

  4. genetische Beratung in Deutschland

    1) Aus sehr unterschiedlichen Gründen kommen Menschen zur genetischen Beratung. Es kann z.B. sein, dass Familienangehörige eine Erkrankung haben und geklärt werden soll, ob für den Ratsuchenden eine erhöhte Wahrscheinlichkeit besteht, ebenfalls hiervon betroffen zu sein. Oder es bestehen Symptome, die bisher nicht gedeutet werden konnten oder noch nicht zu einer Diagnose geführt haben. So werden viele der seltenen erblichen Erkrankungen im Rahmen der anderen Fachgebiete jahrelang nicht diagnostiziert und erst durch eine genetische Beratung /Analyse aufgeklärt. GB ist daher oft auch „Sherlock-Holmes-Arbeit“.
    2) Nicht weit verbreitet stimmt — und doch wieder nicht: Es gibt mehrere Hundert Beratungsstellen, so dass bezogen auf die Geographie eine Versorgungsstruktur vorhanden ist. Sie haben aber Recht, wenn Sie eine angemessen breite Anwendung in Frage stellen: Oft wird tatsächlich nicht daran gedacht, bei bestimmten Fragestellungen an eine GB zu verweisen, weil die Bedeutung erblicher Erkrankungen und Möglichkeiten der genetischen Diagnostik noch nicht bekannt sind. Das ist in anderen Ländern nicht so, was auch mit Unterschieden im medizinischen Qualitätsmanagement zu tun haben mag.
    3) Wir haben es zunehmend mit Menschen zu tun, die sich selbst informiert haben und zu uns finden. Typisches Beispiel für eine solche Situation: Schwester einer 35jährigen Frau verstirbt mit 30 Jahren an Brustkrebs. Sie selbst findet durch Recherchen heraus, dass eine erbliche Form vorliegen und sie auch hiervon betroffen sein kann. Eine gezielte Gendiagnostik ist möglich, um diese Frage zu klären. Das Wissen um einen solchen genetischen Befund kann wichtig sein, um Maßnahmen einzuleiten, die die Überlebenswahrscheinlichkeit erheblich verbessern. Sie macht einen Termin zur genetischen Beratung. Weitere häufige Fragestellungen sind Ursachenabklärung nach Fehlgeburten, unerfüllter Kinderwunsch, Vermutung auf erbliche Ursache von Symptomen einer Erkrankung u.v.a. mehr.

  5. comment für WeiterGen

    zu 1) Den Zusammenhang mit genetischer Beratung und “Werbung” habe ich so noch nicht verstanden. Würde mich freuen, wenn wir das im Sinne einer Ursache-Wirkungslogik gemeinsam aufklären können.

    zu 2) Wie ausführlich ist die Analyse von bio.logis im Vergleich zu 23andMe?

    Genetische Information hat viele verschiedene Inhaltsqualitäten, nur weil etwas DNA ist, ist es noch lange nicht von medizinischer Bedeutung (s.a.: https://www.bio.logis.de/sites/default/files/Tabelle-2.pdf). Der Unterschied ist: 23 untersucht hunderttausende von genetischen Varianten, die einfach nur als Varianten im Genom verteilt sind (Polymorphismen). Sie haben per se keine medizinische Bedeutung. Solche Polymorphismen können z.B. für Vaterschaftstests genutzt werden oder von Wissenschaftlern, die versuchen, schrittweise einen Zusammenhang zwischen einer Erkrankung und einer hierfür ursächlichen Genveränderung aufzuspüren. Letzteres wird als GWAS (genome wide association study) bezeichnet. Polymorphismen dienen dabei als „Wegmarke“. Die wenigsten der 23-Targets sind also klinisch/diagnostisch relevant und selbst wenn man als User hier einen „hit“ hat: Das Ergebnis ist nicht für eine medizinische Entscheidungsfindung geeignet, weil „for educational/recreational/fun purposes only“. Die Analyse muss von einem zur Diagnostik zugelassenen Labor mit einem ärztlichen Befundbericht verifiziert sein, damit das Ergebnis zu nutzen ist. PGS kann das. Über die inhaltlichen Qualitätsunterschiede möge man sich selbst sein Bild machen.

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