Ausgangssperren gegen COVID-19? Warum Social Distancing jetzt so wichtig ist

Seit der Entstehung des Lebens haben Viren die Evolution begleitet und mitbestimmt. Ohne Viren gäbe es keine Säugetiere. Ohne COVID-19 könnten wir heute Abend mit Freuden in einem Park sitzen. Tun wir es dennoch (morgen), drohen uns Ausgangssperren wie in anderen Ländern. Ein paar Gedanken, damit aus der Corona-Krise eine Chance für die Zukunft wird.

Sind Ausgangssperren unumgänglich?

“Der Mensch ist ein soziales Wesen. Er braucht den Kontakt und den Austausch mit anderen Menschen”,

wusste Alfred Adler (1870-1937), der Begründer der Individualpsychologie. Viren nutzen das aus.

“Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst”,

appellierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch Abend in ihrer Fernsehansprache an die Bevölkerung in Deutschland. Außerdem fragte die Kanzlerin:

“Wie viele geliebte Menschen werden wir verlieren?”

Das hänge nun auch von jedem Einzelnen ab.

Der Mensch ist ein soziales Wesen.

Wir alle sind auf Beziehungen zu anderen Menschen angewiesen. Noch immer versammeln sich in Deutschland zahllose Gruppen in vielen Parks und öffentlichen Plätzen des Landes – trotz der dringlichen Warnungen und der weiterhin rasch steigenden Infizierten mit dem Coronavirus. Viele Menschen haben es noch nicht kapiert.

Viele Menschen setzten weiterhin nicht nur ihre eigene Gesundheit und die ihrer Mitmenschen aufs Spiel, sondern auch ihre eigene sowie die Freiheit ihrer Mitbürger. Sie lassen es halt darauf ankommen, wissen es “besser”, stehen eng zusammen, trinken und tanzen miteinander – trotz der hohen Ansteckungsgefahr und den drohenden weiteren Sanktionen.

Schon ab Samstag gelten daher weitgehende Ausgangsbeschränkungen in Bayern. Auch Spanien, Italien, Frankreich, Belgien haben nach China bereits Ausgangssperren verhängt. Und die sind nicht sehr witzig.

Bereits am Sonntag wird die Bundeskanzlerin mit den Regierungschefs der Bundesländer über die Option der Ausgangssperren beraten:

“Wir werden uns das Verhalten der Bevölkerung an diesem Wochenende anschauen. Der Samstag ist ein entscheidender Tag, den haben wir besonders im Blick”,

sagte Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) dem “Spiegel“.

Mehr denn je haben wir es in den kommenden Stunden selbst in der Hand, wie wir die kommenden Wochen gestalten dürfen bzw. können. Vermutlich wird das für viele vor allem mehr Zeit in geschlossenen Räumen bedeuten, als eigentlich gesund wäre. Immerhin Zeit zum Nachdenken und zur Besinnung.

“Coronaferien”: Stresstest für die Gesellschaft

Ausgangssperren wie in China, Italien, Belgien, Spanien und Frankreich machen keinen Spaß. Meine spanischen Freunde sind seit einer Woche in ihren Wohnungen eingesperrt. In der Stadt. Das gesamte kulturelle Leben liegt lahm, außer Gefecht gesetzt von einem winzigen Virus, das nicht einmal selbstständig überleben kann.

Abends gehen die Spanier auf ihre Balkone und applaudieren denen, die dennoch arbeiten müssen und alles geben, dass der Spuk so bald wie möglich vorübergeht.

Auch in Frankreich herrscht seit Dienstag Ausgangssperre. Wer dennoch rausgeht, braucht einen triftigen Grund: Einkaufen, gerne auch für ältere und hilfsbedürftige Menschen, einen Hund ausführen oder die eine oder andere kleine Jogging-Runde in der Nähe der Wohnung – allerdings nicht mehr als ein bis zwei Kilometer, so das französische Sportministerium. Auch Radfahren wurde mittlerweile verboten.

Eine halbe Stunde Freigang pro Tag für Erwachsene und eine Stunde für Kinder – nicht sehr viel und nicht mal mittelfristig gesund. Denn Viren lieben geschlossene Räume. Häufiges Lüften hilft, aber auch das kann ein regelmäßig an der frischen Luft trainiertes Immunsystem nicht ersetzen.

“Social Distancing” – aus Rücksicht Abstand halten

Rausgehen ist bzw. wäre also trotz oder gerade wegen der Corona-Krise sinnvoll und wichtig – solange wir uns alle an die Regeln des “Social Distancing” halten.

Wenn wir dieses Virus ernst nehmen, so wie Bundeskanzlerin Angela Merkel uns in ihrer Rede am vergangenen Mittwoch aufforderte, ist die Corona-Krise eine gewaltige Chance. Unbedingt empfehlenswert hierzu auch der Artikel meines Blognachbarn Stephan Schleim: “Das Corona-Virus als Chance“.

Denkt daran, bevor ihr euch an diesem Wochenende mit euren Freunden auf irgendeiner (realen) Wiese verabredet. Es könnte das letzte Mal für eine sehr lange Zeit sein.

Man kann auch virtuell gemeinsam feiern. Ein Skype-Kaffee ist gar nicht mal so übel. Vor allem, wenn man zudem (noch) (allein) durch den nächsten Wald joggen darf. Um dann für die Kranken oder Älteren in der Nachbarschaft einkaufen zu gehen. Oder den Bauern bei der Ernte zu helfen, denen jetzt durch die Grenzschließungen die Arbeitskräfte fehlen. Oder auf die Kinder derjenigen aufzupassen, die auch trotz der Corona-Krise arbeiten, damit wir weiterhin leben können. Nicht alle haben Zwangsferien. Diejenigen, die jetzt noch arbeiten (müssen), sind oft besonders gefordert.

Alfred Adler definierte das Gemeinschaftsinteresse des Menschen als eine Kombination von “sich in einer Gemeinschaft geborgen fühlen können” und gleichzeitig auch “zu einem Gemeinschaftswohl beitragen zu können”. Machen wir das Beste aus der Corona-Krise. Jeder kann helfen.

Haltet Distanz und Hygiene ein. Nehmt Rücksicht, bringt euch ein. Seid mutig, lebt und bleibt gesund!

Soziale Distanz in Zeiten der Coronavirus-Pandemie. Dieses Wochenende wird entscheidend: Wenn sich zu viele Menschen nicht an die Ausgangsregeln halten, werden wir uns hoffentlich nicht alle einen Hund anschaffen müssen, um noch Ausgang zu bekommen… Foto Credit: Dr. Karin Schumacher.

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Dr. Karin Schumacher bloggte zunächst als Trota von Berlin seit 2010 bei den SciLogs. Nach dem Studium der Humanmedizin in Deutschland und Spanien promovierte sie neurowissenschaftlich und forschte immunologisch in einigen bekannten Forschungsinstituten, bevor sie in Europas größter Universitätsfrauenklinik eine Facharztausbildung in Frauenheilkunde und Geburtshilfe abschloss. Hierbei wuchs das Interesse an neuen Wegen in der Medizin zu Prävention und Heilung von Krankheiten durch eine gesunde Lebensweise dank mehr Achtsamkeit für sich und seine Umwelt, Respekt und Selbstverantwortung. Die Kosmopolitin ist leidenschaftliche Bergsportlerin und Violinistin und wenn sie nicht gerade fotografiert, schreibt oder liest, dann lernt sie eine neue Sprache. Auf Twitter ist sie übrigens als @med_and_more unterwegs.

10 Kommentare

  1. Als Mensch anfing seine Toten zu bestatten, wurde Mensch zum Mensch.
    Als Mensch aber anfing auch daraus ein GESCHÄFT zu machen, war alles für’n Arsch, bzw. war unser Kreislauf des geistigen Stillstandes seit der “Vertreibung aus dem Paradies” (erster und bisher einzige geistige Evolutionssprung) im Kommunikationsmüll des nun “freiheitlichen” Wettbewerb MANIFESTIERT

  2. Das “social” distancing zeigt sich dieser Tage der Krise besonders in der EINGANGSSPERRE für Flüchtlinge der geschäftsmässigen Kriege dieser Welt- und “Werteordnung”!

    • Manche Coronaviren können das durchaus.
      C. viren spielen als Erreger von Zoonosen durchaus eine Rolle. Nur Sars2 eben nicht bei Hunden (wahrscheinlich).
      Allerdings kommt er vermutlich in anderen Tiergruppen durchaus vor. Geht immer nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip, passen die Oberflächenproteine oder eben nicht.

  3. Ausgangssperren? – Niemand stoppt den Aktienhandel / friert die Aktienkurse ein, niemand stoppt die für die Einzelhändler äusserst profitablen Hamsterkäufe – wo ist ein vernünftiger Plan, ist es Plan alles zu ruinieren???

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