Wieso schlafen meine Hände ein? – Das Karpaltunnelsyndrom
Als Kind habe ich mich einmal furchtbar erschrocken. Ich bin eines Nachts aufgewacht und konnte meine rechte Hand nicht mehr spüren. Wobei – das stimmt nicht ganz. Spüren und bewegen konnte ich sie schon, aber es war als wäre diese Hand kein Teil von mir. Sie hing wie eine Packung Wackelpudding an meinem Arm. Als hätte jemand meine eigentliche Hand im Schlaf gestohlen und diese fremdartige Alienhand auf mysteriöse Weise an meinen Körper genäht.
Ich rannte voller Panik in das elterliche Schlafzimmer und rief: „Mama, sie haben es getan!“. Dazu muss man wissen, dass ich nie gerne alleine in meinem Zimmer schlief, da ich allerhand Monster und Aliens hinter meinem Vorhang vermutete. Ich bildete mir ein, sie würden nachts hervorkriechen, mich beobachten und unheimliche Dinge tun. Wie eben meine Hand stehlen und mir dafür diese fremde Teil annähen – das zwar zugegeben wie meine Hand aussah, aber sich eben nicht so anfühlte. In dieser Nacht lernte ich, dass der Begriff Einschlafen nicht nur für den Eintritt in das Reich der Träume verwendet wird, sondern durchaus auch einzelne Körperteile betreffen kann.
Einschlafen von Armen, Beinen, Händen und Füßen – das kann normal sein!
Hände, Füße, Arme, Beine – all das kann „einschlafen“. Fast alle kennen das Gefühl, denn es ist nichts Ungewöhnliches und passiert den meisten Menschen von Zeit zu Zeit. Die Ursache ist eine Abschnürung von Nerven und Blutgefäßen, die man meist auch noch selbst zu verantworten hat. Typischerweise legt man des Nächtens seinen Kopf auf den angewinkelten Arm oder verschränkt ihn ungünstig und klemmt dabei Nerven ein, die in ihrer Funktion gestört werden.
Manchmal drückt man gleichzeitig auch die versorgende Armarterie ab, wodurch der Nerv nicht mehr ausreichend mit Blut, Sauerstoff und Nährstoffen versorgt wird. Das passiert vor allem Seiten- und Bauchschläfern sehr oft, die ihren Arm irgendwo bequem positionieren müssen und die perfekte Stelle unter ihrem Kopf auserkoren haben. Der wiegt immerhin zwischen drei bis vier Kilogramm. Man stelle sich vor das Gewicht von vier Milchpackungen tragen zu müssen – und zwar auf einer kleinen Stelle am Arm. Das der dann irgendwann das Rebellieren anfängt, braucht einen nicht zu verwunden.
Manche legen nachts auch gerne ein Bein über das andere, klemmen die Decke oder ein Kissen dazwischen und schnüren so analog Nerven und Blutfgefäße in der Richtung der Füße ab. Auch hier sorgen irritierte, von der Blutzufuhr kurze Zeit abgeschnittene Nerven für ein immer stärker werdendes Kribbelgefühl, das sich schließlich zu einer Taubheit der gesamten Stelle unterhalb der Abschnürung verwandelt.
Wie der Körper unsere Nerven schützt
Das klingt jetzt dramatischer als es ist, denn zum Glück ist unser Körper schlau und merkt, dass etwas nicht stimmt. Im „Kribbelstadium“ reicht meist eine kleine Umpositionierung aus, um den Druck zu lösen und Nerv und Blutgefäße wieder zu befreien. Das machen wir intuitiv und bekommen davon in der Regel nichts mit. Ist aber schon das Stadium der angenähten Alienhand mit Wackelpuddinggefühl und zunehmender Taubheit erreicht, springt ein wichtiger Schutzmechanismus an und reißt uns aus dem Schlaf.
Wir wachen auf, merken, dass unsere Hand nicht mehr zu uns gehört und es beginnt eine kräftige Schüttelorgie. Wir bewegen unsere Finger als wären wir Weltklasse Klavierspieler, wir schütteln als würden an unseren Händen Skorpione hängen, wir reiben, drücken, ziehen, bis die unangenehme Taubheit verschwindet. Und das ist auch gut so, denn wären die Nerven bzw. die versorgenden Blutbahnen zu lange eingeklemmt, könnten bleibende Schäden entstehen. Einige Stunden Schlaf mit abgeklemmten Gliedmaßen reichen bereits aus, dass die Nerven kaputt gehen und sich nur langsam oder sogar gar nicht mehr davon erholen.
Gefühlstechnisch ist so ein Einschlafen der Hände ein höchst außergewöhnliches Spektakel. Zunächst mal kommt der Schreck mitten in der Nacht, der uns aus unseren wohlverdienten Träumen reißt. Da saßen wir in einem Moment noch entspannt in der Karibik mit einem süßen Cocktail in der Hand und lauschten unserer Lieblingsband und wachen im nächsten Augenblick mit pochendem Herzen in unserem dunklen Zimmer auf. Nach dem Adrenalinstoß sind wir hellwach, brauchen aber ein paar Minuten um zu realisieren, dass unsere Hand nicht wirklich „weg“ ist, sondern durchaus noch Teil unseres Körpers.
Das kräftige Ausschütteln der Hände vertreibt zwar irgendwann das alienmäßige Taubheitsgefühl. Wer glaubt, dass der Spuk dann vorbei ist, liegt jedoch falsch. Wird der Nerv langsam vom Druck entlastet, reagiert er übersensibel mit einem Feuerwerk an Reizen und Signalen. Das kann von einem unangenehmen Pieksen, Kitzeln oder Kribbeln bis hin zu einem wirklich schmerzhaften Ziehen reichen. Für alle, die das noch nie erlebt haben: es fühlt sich so an, als würde man tausend kleine Nadeln in die Hand stechen.
Auch andere Körperteile können betroffen sein
Die Beschwerden legen sich zwar nach ein paar Minuten wieder, sobald sich die Aktivität der Nerven sortiert hat, dennoch ist es ein Erlebnis, dass man lieber vermeiden möchte. Dabei können ein Wechsel der Schlafposition in Richtung Rückenlage oder auch spezielle Armschienen helfen, die unsere Nerven vor zu viel Druck schützen sollen.
In wenigen Fällen kann ein häufiges Einschlafen der Hände oder Füße auch ein Hinweis auf einen Nährstoffmangel sein. Dann kann es sich lohnen beim Hausarzt wichtige Nervenvitamine wie Vitamin B12, Folsäure, Vitamin B1, Magnesium und Eisen bestimmen zu lassen und bei einem Mangel entsprechende Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen.
Nachdem ich diese Zeilen aufgeregt meinem gerade vom Skifahren heimgekehrten Freund vorgelesen habe, springt er plötzlich vom Stuhl auf: „Ahhh!“, entfährt es ihm.
„Was ist?“
„Du hast etwas vergessen!“
Und in der Tat. Wie mir sein geplagter Blick, das Auf- und Ablaufen sowie die reibende Hand am Hinterteil verrät, können tatsächlich nicht nur Füße, Beine, Hände und Arme einschlafen… prinzipiell können das alle Körperteile, die mit Nerven versorgt werden – auch unsere Pobacken. „Oder auch nur eine!“ – wirft der Frechbär ein, wie ich meinen Freund liebevoll nenne.
„Ist das schlimm, wenn der Hintern einschläft? Davon habe ich noch nie gehört“ fragt er nun doch eine Spur besorgt.
„Solange er nicht das Schnarchen anfängt, ist das nicht weiter dramatisch!“, entgegne ich grinsend.
Nicht nur in der Nacht, auch tagsüber können durch zu lange, ungünstige Sitzpositionen Nerven eingeklemmt werden. Und ja diese können auch im Bereich unseres Popos liegen. Doch auch hier lässt sich dem Einschlafgefühl mit einer Portion ordentlicher Bewegung Einhalt gebieten.
Kommt es dagegen immer wieder zum nächtlichen Alienbesuch, der unsere Hände, Füße – oder Pobacken – in Wackelpudding und Ameisenhaufen verwandelt oder treten die Beschwerden nicht nur gelegentlich, sondern in wiederkehrenden Abständen auch tagsüber auf, sollte man jedoch genauer hinschauen.
Taube, schmerzende Hände – das Karpaltunnelsyndrom
Eines Tages kam ein Mitte 40-jähriger Mann zu mir in die Praxis für Neurologie. Nennen wir ihn Bernd. Bernd war begeisterter Schrauber, Tüftler und Bastler, wie er mir stolz erzählte. Sein Zuhause glich eher einer riesigen Werkstatt als einem cleanen Ikeakatalog-Wohnzimmer. Er reparierte alles. Sei es der tropfende Wasserhahn seiner Nachbarin, die kaputte Waschmaschine seiner Tochter oder die gebrochene Kette seiner Frau. „Da beschwert sie sich dann nicht mehr bei mir wegen den vielen Geräten, die rumstehen“, brummte er lächelnd. Doch seit einigen Monaten bemerkte Bernd, dass es beim Schrauben mit der rechten Hand zu Problemen kam.
„Sie fühlt sich taub an, Frau Doktor.“
Außerdem berichtete er von einem schmerzhaftem Ziehen und einem Kribbelgefühl als ob tausende kleine Ameisen die Finger bis zum Arm hoch- und runterlaufen würden. Das einzige was half, war den Schraubenzieher aus der Hand zu legen, die Finger einmal kräftig auszuschütteln und zu massieren.
Ich frage ihn, ob diese Beschwerden nur tagsüber auftreten.
„Nachts ist es am schlimmsten, so hat es auch angefangen“. Inzwischen wurde das schmerzhaft ziehende Kribbelgefühl so stark, dass Bernd nachts mehrmals aufstehen musste, um die Hand auszuschütteln.
Als erfahrener Neurologe hat man bei diesen geschilderten Beschwerden sogleich einen Verdacht.
Der beleidigte Mittelarmnerv
Die häufigste Nervenschädigung außerhalb von Gehirn und Rückenmark betrifft den Mittelarmnerv, auch Nervus medianus, genannt. Er entsteht in der Achselhöhle aus einem komplexen Armnervengeflecht der Halswirbelsäule und zieht dann seinem Namen getreu relativ mittig über die Innenseite von Ober- und Unterarm bis in die Handinnenfläche zu unseren Fingern.
Nerven sind im Allgemeinen sehr sensible Zeitgenossen. Sie können schnell die beleidigte Leberwust geben, wenn sie nicht gut behandelt werden – ob gestoßen, gedrückt, angeritzt oder von anderen umzingelt ist dabei egal.
Sie kennen vielleicht das Gefühl zu Rush-Hour-Zeiten in einer übervollen Bahn vom Hintermann noch ein Stückchen weiter in die schweißgebadete Menge gedrückt zu werden, damit noch jemand in den sowieso schon aus allen Nähten platzenden Wagon passt.
Genauso gereizt wie wir Menschen können auch Nerven auf zu viel Druck von außen reagieren. Der Mittelarmnerv ist insofern ein besonderer Armnerv, als dass er die Ehre hat durch einen wohlgeformten Tunnel im Bereich des Handgelenks zu ziehen, bevor er Hand und Finger erreicht. Der Boden dieser als Karpaltunnel bezeichneten Unterführung wird U-förmig elegant von den Handwurzelknochen gebildet und nach oben hin von einem luxuriösen Dach aus einem bindegewebigen Band mit dem komplizierten Namen Retinaculum flexorum geschützt. Doch unser Nerv zieht da nicht alleine durch, sondern muss sich den Tunnel mit neun Sehnen der Fingerbeugemuskeln, sowie allerhand Fett- und Bindegewebe teilen.
Zu Rush-Hour-Zeiten kann es da ganz schön hektisch zugehen! Schwillt das Gewebe im Karpaltunnel an, weil immer mehr Passagiere hindurch wollen, kann das zu grobem Anrempeln, Schubsen und ja auch Quetschen führen. Unser sensibler Mittelarmnerv hält diesem Druck nur begrenzte Zeit stand, bevor er irgendwann Schäden nimmt und beleidigt seinen Dienst quittiert. Oder anders gesagt: wird der Nervus medianus im Karpaltunnel eingeengt, löst das ein Karpaltunnelsyndrom aus.
Frauen sind dreimal häufiger betroffen
Die Ursache für das anschwellende Gewebe im Tunnel kann unterschiedliche Gründe haben.
Häufig sind es Über- oder Fehlbelastungen wie zum Beispiel ein Druck auf das Handgelenk durch starke Streckung oder Beugung und einseitige Tätigkeiten wie die Arbeit mit einem Presslufthammer, die mit starken Vibrationen verbunden ist.
Bei Frauen, die dreimal häufiger als Männer betroffen sind, kommen auch hormonelle Umstellungen mit Wassereinlagerungen in Frage. Typisch ist das Auftreten des Karpaltunnelsyndroms während der Schwangerschaft oder in der Menopause. Weitere Risikofaktoren können eine Gewichtszunahme, Zuckerkrankheit, Schilddrüsenunterfunktionen, Rheuma, Entzündungen und Verletzungen im Bereich des Handgelenks sein. Oder wie in Falle von Bernd, der seit Jahrzehnten leidenschaftlich Schraubenzieher, Hammer und Bohrer schwingt, das kraftvolle Arbeiten mit den Händen. Besonders die dominante Hand, mit der wir bevorzugt schreiben und arbeiten ist betroffen, doch auch die Gegenseite kann es in Mitleidenschaft ziehen.
Studien* zeigen, dass jeder sechste Erwachsene unter dem Karpaltunnelsyndrom leidet, was deutlich macht wie leicht man den Medianusnerv beleidigen kann.
Typischerweise kommt es beim Karpaltunnelsyndrom anfangs zu nächtlichen dumpfen Hand- und/oder Armschmerzen (in kompliziertem medizinisch auch als „Brachialgia paraesthetica nocturna“ bezeichnet), die durch großzügiges Schütteln und Massieren zunächst besser werden. Nimmt der Verkehr im Tunnel zu und herrscht irgendwann das ganze Jahr über Rush Hour kommen auch Kribbelgefühle wie Ameisenlaufen und ein Taubheitsgefühl dazu. Besonders betroffen sind oft der Daumen, Zeige- und/oder Mittelfinger und manchmal auch die dem Daumen zugewandte Seite des Ringfingers, denn das ist die Region die der Nervus medianus hauptsächlich mit Nervensignalen versorgt.
So erkennt man das Karpaltunnel-Syndrom
Ein kleiner Test kann hier aufschlussreich sein: Klopfen sie einige Male mit Ihren Fingerspitzen mittig aufs Handgelenk (s. Grafik). Und hier bitte nicht zu zögerlich sein, stellen Sie sich vor Sie würden an einer Tür klopfen – an die Tür des Karpaltunnels. Kommt es in diesem Moment zu seltsamen Empfindungen wie Kribbeln oder ein schmerzhaftes Ziehen im Bereich des Daumenballens oder der beschriebenen Finger, ist das ein Hinweis (kein Beweis!) für einen beleidigten Mittelarmnerv im Karpaltunnel.
Quelle: https://epomedicine.com/medical-students/tinel-sign/
Der nach seinem Erfinder benannte Hoffmann-Tinel-Klopftest ist jedoch kein sicherer Test. Auch ohne, dass beim Klopfen an die Karpaltunneltür Beschwerden hervorgerufen werden, kann ein Karpaltunnelsyndrom bestehen.
Ähnlich ist es beim Phalen-Test. Durch das starke Überstrecken oder Beugen im Handgelenk (s. Grafik) für mindestens eine Minute wird der Mittelarmnerv im Karpaltunnel durch die anatomische Position eingeengt. Kommt es zu den typischen Missempfindungen, gilt er als positiv und ist damit als Hinweis auf die Nervenschädigung zu werten.
Um jegliche Verwirrung zu klären führt allerdings kein Weg am Neurologen vorbei. Nur er kann mithilfe einer speziellen Untersuchungstechnik das Karpaltunnelsyndrom beweisen. Um zu beurteilen wie gut ein Nerv noch funktioniert, misst man am besten seine Nervenleitgeschwindigkeit. Also wie schnell der Postbote entlang der Nervenbahnen Informationen von A nach B bringen kann.
In diesem Fall interessiert uns wie schnell ein vom Gehirn in Auftrag gegebenes Kommando „Bewegung!“ über den Nervus medianus zu unseren Fingern von Daumen-, Zeige- oder Mittelfinger transportiert wird. Da wir das leider so direkt in der Praxis nicht messen können ohne im Gehirn herum zu werkeln, behelfen wir Neurologen uns damit, eigene Kommandos an die Finger schicken. Klingt abgefahren? Ist es auch!
Stromstöße durch die Hand – ein hilfreicher Test
Kennen Sie diese Elektrozäune, die einem auf idyllischen Wanderwegen entlang von Kuhweiden oft begegnen? Als Kinder haben wir uns früher Mutproben ausgedacht. Wer traut sich hinzulangen oder wer kann den Papa dazu bringen auch mal anzufassen? Das Prinzip der elektrischen Kuhzäune beruht auf kurzen, für Mensch und Tier ungefährlichen Stromimpulsen, die einem einen kleinen Schreck durch den Körper jagen. Die Kühe lernen so den Weidezaun als Grenze zu respektieren und die Kinder, dass man besser nicht zu oft hinfasst.
Solche kleinen Stromstöße verwendet auch der Neurologe bei der sogenannten elektroneurografischen Untersuchung (ENG). Dazu wird eine kleine Stimulationselektrode auf dem Nervus medianus kurz oberhalb des Handgelenks platziert. Mit einem kurzen Stromsignal im Stromstärkenbereich von wenigen Milliampere – zum Vergleich eine handelsübliche Steckdose ist mit 16 Ampere und damit über das tausendfache (!) abgesichert – erteilen wir das Kommando „Bewegung!“ in Richtung der Finger. Über eine weitere Elektrode, die man in der Regel am Daumenballen befestigt, wird dann gemessen wie lange das Signal braucht bis es am Finger ankommt.
Bemerken wird man das durch eine kleine Zuckung des Daumens, die sich erstmal etwas komisch anfühlt, weil man das Kommando dazu ja nicht selbst erteilt hat. So als wäre man ferngesteuert und jemand anderes bewegt die eigenen Finger. Die nicht schmerzhafte Untersuchung, an die man sich schnell gewöhnt, sollte einen Wert von unter 4,2 Millisekunden ergeben – so lange darf es maximal dauern bis der Befehl am Finger ankommt. Die Nervenleitgeschwindigkeit lässt sich anschließend durch eine weitere Messung berechnen und beträgt für den Mittelarmnerv im Bereich des Karpaltunnels in der Regel über 50m/s.
Bei einem hochbeleidigtem Nerv, der schon längere Zeit unter Druck gesetzt wurde, ist die Motivation Post vom Gehirn weiterzuleiten allerdings eingeschränkt. Wenn er richtig faule Tage hat, kann es durchaus längere Zeit dauern bis das entsprechende Kommando in den Fingern ankommt – ein deutliches Zeichen für ein Karpaltunnelsyndrom. Aber Vorsicht: nicht immer ist der Schweregrad erreicht, dass diese Untersuchung auffällig ist. Auch ohne Messung einer verlangsamten Nervenleitgeschwindigkeit kann bei entsprechenden Beschwerden ein leichtes Karpaltunnelsyndrom bestehen.
Ein guter Chef ist nichts ohne seine Mitarbeiter – so behandelt man das Karpaltunnelsyndrom
Sicherer ist da der direkte Blick auf den Nerv. Mithilfe eines Nervenultraschalls kann man den Ort des Geschehens genauer betrachten. Zwar sieht man selten die direkte Einengung des Nervs im Rush-Hour Wagon des Karpaltunnels, aber man kann den Stau davor sichtbar machen. Denn meistens kommt es zu einer kompensatorischen Anschwellung des Nervs am Karpaltunneleingang.
Man sagt oft: Ein guter Chef ist nichts ohne seine Mitarbeiter. Auch die körpereigenen Mitarbeiter sollte man dabei nicht vergessen. Jeder noch so kleinste Nerv in uns hat eine wichtige Aufgabe. Quittiert er seinen Dienst, merken wir den Arbeitsausfall sofort.
Wie jeder gute Chef, fragen Sie sich vielleicht wie man den Mittelarmnerv für seine Arbeit wieder motiviert bekommt. Nicht mehr Lohn, bessere Arbeitszeiten oder mehr Home-Office sind die Lösung. Dem sensiblen Mittelarmnerv reicht es bereits, wenn Sie für einen ausreichend großen, bequemen Arbeitsplatz sorgen und ihn nicht zu viel Druck aussetzen, damit er sich endlich mal entspannen kann. Er möchte sich gern gemütlich im Tunnel breit machen und nicht ständig von anderen geschubst und gestoßen werden.
Meistens reicht es dafür aus das Handgelenk durch das Tragen einer nächtlichen Handgelenksschiene ruhigzustellen. Die Schiene verhindert das „Abknicken“ des Handgelenks, was besonders nachts oft unbemerkt passiert, und verringert so den Druck auf den Karpaltunnel. Außerdem können spezielle Handübungen und vorübergehend auch Kortisonspritzen oder -tabletten zum Einsatz kommen. Kortison wirkt entzündungshemmend und abschwellend kann so den Nervus medianus entlasten. Allerdings ist das keine Dauerlösung.
Unter diesen Umständen ist die Operation unumgänglich
Im fortgeschrittenen Stadium des Karpaltunnelsyndroms ist der Nervus medianus nicht nur eine beleidigte Leberwurst, die mit viel gutem Zureden und Druckentlastung wieder beruhigt werden kann, sondern wird dauerhaft geschädigt und kündigt irgendwann seinen Job. Dann lassen zwar die Schmerzen nach, gleichzeitig geht aber auch die Kraft in den Daumenmuskeln verloren und die Beweglichkeit wird eingeschränkt. Oft erkennbar daran, dass die Muskulatur im Bereich des Daumenballens einsinkt und eine kleine Kuhle bildet (der Neurologe spricht hier von Atrophie).
Spätestens dann ist eine Operation unumgänglich. Dabei wird das bindegewebige Dach des Karpaltunnels durchtrennt, das sich quer über die Handwurzelknochen spannt. So schafft man Luft nach oben und entlastet den Mediannerv. Eine solche – heutzutage meist minimalinvasiv durchgeführte – Operation kann die Beschwerden dauerhaft beseitigen und ist daher bei starken Schmerzen, Bewegungsproblemen oder Nichtansprechen auf Schiene und Kortison angezeigt. Ein regelrechtes Win-Win: Gibt man den Medianusnerv seine Freiheit zurück, kann man sich auch wieder über zuverlässige Postzustelllungen freuen.
Quelle: * https://link.springer.com/article/10.1007/s00482-022-00637-x
Bei mir wurde vor einigen Jahren Karpaltunnelsyndrom an beiden Händen diagnostiziert. Ich bin immer wieder nachts aufgewacht, weil mir die Hände einschliefen, wie Sie auch beschreiben. Eigenartigerweise sind auch die kleinen Finger betroffen, die gar nicht vom Mittelhandnerv versorgt werden. Nachdem das also mit der von Ihnen beschriebenen Methode diagnostiziert wurde, bekam ich zunächst eine Handgelenksschiene für links, weil ich dort stärkere Beschwerden hatte. Die Schiene half nur vorübergehend und bald bekam ich nachts trotz Schiene wieder Beschwerden. Im Frühjahr 2022 wurde ich dann operiert, ebenfalls links, obwohl man mir sagte, das Karpaltunnelsyndrom sei rechts stärker.
Nach der Operation kribbelte es zunächst mehrere Wochen lang wie verrückt, wurde dann etwas besser; nach etwa einem Jahr war es wieder genau so wie vorher. Auf die Operation der rechten Hand habe ich deswegen gerne verzichtet.
In derselben Zeit begann ich einen Qi Gong-Kurs, und diese Übungen erwiesen sich als die (bisher) beste Therapie für meine Hände. Wenn mir jetzt nachts die Hände einschlafen (was noch hin und wieder passiert), “wehre ich” etwa fünf bis sieben Minuten lang “den Affen ab” (so heißt meine Lieblingsübung). Auf diese Art erhalte ich meine Nerven lebendig.
Ich habe seit etwa 20 Jahren immer mal wieder Probleme mit dem Karpaltunnelsyndrom. Als Abhilfe hat bisher immer die damals verordnete und heute noch intakte Schiene geholfen.
Seit ein paar Tagen tritt das Problem wieder auf bzw. ist seit heute wieder so gut wie weg, aber mit einer Ausweitung der Symptome, die früher immer nur in der betroffenen linken Hand als Kribbeln und leichte Schmerzen im Handegelenk auftraten. Diesmal spürte ich auch das Kribbeln und leichte Schmerzen im ganzen Unterarm und habe deshalb nicht gleich bemerkt, dass die Ursache mal wieder der Karpaltunnel war.