Was mache ich hier eigentlich? Teil 1: Allgemeines zu DNA-Schaden
BLOG: 1ife5cience
Ich habe in der letzten Zeit sehr viel gemacht. Arbeitstechnisch. Und ich werde immer mal wieder gefragt was ich da so genau tue. Ja, diese Selbstfindung als Biologin ist schon sehr schwierig. Sich genau zu einem Forschungsfeld zuzuordnen ist wie sich bei einem Musikgenre festzulegen.
Ja, also was mache ich eigentlich? Ich forsche an DNA-Schaden. Das ist zum einen erstmal stinknormale Krebsforschung: DNA-Schaden kann zu Mutationen (Erbgutveränderungen) führen und Mutationen können zu Krebs führen. Allerdings basieren auch die Krebstherapien auf DNA-Schaden. Die meisten Chemotherapeutika verursachen so starken DNA-Schaden, dass unsere Zellen kapitulieren und sterben.
Gleichzeitig ist es aber so, dass unsere Zellen jeden Tag mit Schäden in ihrer DNA zu kämpfen haben. Das ist ganz normal und geschieht durch äußere wie innere Einflüsse. Zu den äußeren Einflüssen zählt Strahlung, die von der Sonne genauso wie Radioaktivität. Dann gibt es noch so einige Zellgifte, die wir zu uns nehmen, die ebenfalls unsere DNA schädigen können. Dazu zählt überwiegend das Rauchen. Und dann sind wir noch ein Opfer unserer selbst. Damit wir leben können atmen und essen wir. Die Energie die wir zu uns nehmen führt in unserem Körper zu sogenannten Reaktiven Sauerstoff Spezien, Sauerstoffradikale. Und wie Radikale im makroskopischen Leben auch sind diese Sauerstoffradikale sehr gefährlich. Aufgrund ihrer chemischen Beschaffenheit möchten sie an irgendetwas binden – das kann auch mal so ein Stück DNA sein. Aber jetzt nicht gleich mit dem Atmen aufhören! Unsere Zellen wissen natürlich wie man damit umzugehen hat.
Wieso ist das jetzt so schlimm? Die DNA ist Trägerin unseres genetischen Bauplans. Darin stehen alle wichtigen Rezepte für die Proteine die unsere Zellen zum Leben brauchen. Aber sie ist ein chemisches Molekül und kann mit anderen chemischen Molekülen, auch mit sich selbst, reagieren (ich muss hier als Biologin zähneknirschend zugeben, dass das alles Chemie ist). Es ist also wichtig, dass unsere Zellen darauf achten, dass eben dies nicht passiert, dass sich die DNA nicht durch chemische Reaktionen irgendwie verändert. Stellt euch vor, ihr habt das Rezeptbuch eurer Großmutter und jemand klatscht einen riesigen Schokofleck auf das Rezept von eurem Lieblingskuchen und die Informationen sind unlesbar!
Was kann nun passieren? Schäden in der DNA können entweder die einzelnen Basen betreffen und sie verändern oder die Stränge der DNA. Wir erinnern uns: Unsere DNA hat zwei Stränge, es kann entweder einer oder es können beide davon kaputt gehen. Wir nennen das DNA-Einzel- bzw Doppelstrangbruch.
Bei einer chemisch veränderten Base kann es passieren, dass bei der Kopie der DNA die Zelle die Base für eine andere hält. Sie setzt ihr dann entsprechend eine andere Base entgegen, als sie eigentlich sollte. Dieser Kopierfehler kann unter Umständen große Probleme bereiten. Passiert er in einem wichtigen Gen kann dies enorme Veränderungen verursachen, es kann aber auch gar nichts passieren. Das würde hier allerdings zu sehr ausufern.
DNA-Einzel- oder Doppelstrangbrüche führen dazu, dass die DNA Replikation plötzlich abbricht. Das ist noch viel gefährlicher. Denn wenn die Zelle hier nichts unternimmt haben ihre beiden Tochterzellen eventuell nicht genügend DNA, weil ja ein Teil nicht repliziert wurde. Aber auch hier kein Grund zur Panik, es passiert nur sehr selten, dass es so weit kommt.
Passieren Brüche nach der Replikation wird ein Teil der DNA eventuell bei der Zellteilung nicht richtig in die zwei Tochterzellen verteilt, denn die Zelle ist auf ein Extra-Teilstück DNA nicht vorbereitet. Ich muss euch hoffentlich nicht erklären wieso das schlimm ist, wenn der Zelle plötzlich wichtige Information fehlt.
Ihr seht also, es ergibt viel Sinn sich näher mit DNA-Schäden zu beschäftigen. Wir müssen mehr über die Mechanismen wissen, wie Zellen Schaden nehmen, damit wir es verhindern können. Oder damit wir es in Krankheiten wie beispielsweise Krebs für uns nutzen können, um eine Zelle gezielter zu töten. Dazu müssen wir vor allem verstehen wie die Zelle nach DNA-Schaden reagiert. Und das erfahrt ihr im nächsten Blogbeitrag.
1000 bis 1 Million DNA-Schäden gibt es pro Zelle und Tag im menschlichen Organismus. Ohne DNA-Reperatur wäre höheres Leben gar nicht möglich und tatsächlich sind eine Vielzahl von DNA-Reparturprozessen fester Bestandteil des Genoms und werden von Art zu Art seit Äonen fast unverändert weitergegeben:
Defekte in der DNA-Reperatur sind für eine Vielzahl von zum Teil äusserst schweren Krankheiten verantwortlich (z.B. Xeroderma pigementosum, Mondscheinkrankheit) und sogar eine schwächere Aktivität der DNA-Reperaturgene durch eine teilweise Methylierung (epigenetische Veränderung) oder eine Mutation der DNA erhöhen die Wahrscheinlichkeit für bestimmte Krebserkrankungen. Man denke nur an BRCA1 (Angelina Jolie). Hier noch ein Zitat aus der Wikipedia dazu:
Ähnliche Studien ergeben, dass viele Kebserkrankungen mit Schäden im DNA-Reperatursystem verbunden sind. Hier sehen wir ein Problem des DNA-Informationssysstems, das uns auch aus der Informatik bekannt ist. Software und DNA ist letztlich für fast alles im Computer/Organismus verantwortlich. Wenn die Software, die vor Computerviren schützt, verändert wird, ist der Schutz weg. Genau so gilt das für die DNA. Wenn die DNA-Teile, die für die DNA-Reparatur verantwortlich sind, verändert sind, vermindert sich der Schutz for DNA-Mutationen und Veränderungen – mit genau den gleichen fatalen Konsequenzen wie bei der Software.