Noble Taxis

BLOG: 1ife5cience

Einfach. Erklärt.
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Zunächst einmal möchte ich mich entschuldigen: Dieser Beiträg hätte viel früher erscheinen sollen. Doch zum Einen befand ich mich Anfang Oktober im Ausland und so eine Reise hat immer zeitliche Nachwirkungen; zum Anderen brachte mich mein Unterbewusstsein dazu, wieder einmal eine Formatierung der Festplatte durchzuführen. Aber genug davon, es gab Nobelpreise! Ich kann euch leider wenig über den Physik-Nobelpreis erzählen und auch nicht über den der Chemie, aber der für Medizin oder Physiologie, den möchte ich hier etwas genauer erklären und zwar mit Verzicht auf Metaphern wie Verkehrssysteme oder Ballons.

 

Der Nobelpreis wurde für die Erforschung der Vesikel verliehen. Vesikel sind kleine Membrankugeln (also ähnlich wie unsere Zellhülle aufgebaut) die in unseren Zellen Proteine transportieren.

Wenn unsere Zelle ein Signal erhält dass ein bestimmtes Protein – also ein spezieller Baustein, Botschafter und so weiter – benötigt wird, wird eine Maschinerie in Gang gesetzt bei der zunächst eine Kopie des benötigten Bauplans gemacht wird, der auf unserer DNA im Zellkern steht. Der Bauplan wird aus dem Zellkern nach außen geschleust und übersetzt (auch etwas über dass ich noch bloggen werde). Das fertige Protein wird noch gefaltet und findet dann oft selbst seinen Bestimmungsort. Anders ist das aber, wenn Proteine nicht im Inneren der Zelle gebraucht werden, sondern auf die Zelloberfläche um dort wie eine Antenne Signale zu empfangen und ins Innere der Zelle weiterleiten (Man nennt sie Rezeptoren). Oder wenn die Proteine als Botenstoffe sezerniert werden sollen. Hier ergibt sich das Problem, dass die Kommunikation in unseren Zellen sehr geregelt abläuft. Wird dieses komplexe Netzwerk gestört, eben von Proteinen die dort nicht hingehören, könnte das schwerwiegende Folgen haben. Außerdem müssen manche Proteine einfach sofort verfügbar sein und dürfen nicht erst gebaut werden müssen. Deshalb haben wir Vesikel. Ist ein Protein für „Draußen“ bestimmt wird es in einem besonderen Zellorganell (ja, man könnte sagen ein Organ der Zelle) hergestellt, das Endoplasmatische Retikulum (ER). Da die Ribosomen, die den genetischen Code entziffern, direkt auf dem ER sitzen wird das Protein in das ER hinein „gebaut“. Dort bleibt es an der inneren Membran „kleben“. Dann wird einfach ein Stück des ERs abgetrennt, mit den Proteinen darin) und formt sich zu einem kleinen Ball (das ist so, weil unsere Membranen vornehmlich aus Fett bestehen und das Zellinnere eher aus Wasser. Eine Kugel ist die energetisch günstigste Form, das sieht man ja auch wenn man Salatsoße macht und sich kleine Fettkügelchen bilden). Das Vesikel wandert zum Golgi-Apparat* und fusioniert mit ihm. Damit wird seine Ladung ins Innere abgegeben. Im Golgi-Apparat finden Modifikationen der Proteine statt. Es werden beispielsweise Zuckerreste angehängt oder Proteine, die als Komplex mit anderen Proteinen vorkommen, finden zueinander. Dann werden die fertig modifizierten Proteine wie vorher beim ER mitsamt der Membran des Organells abgetrennt und werden zur Zelloberfläche gebracht. Dort fusionieren die Vesikel einfach mit der Oberfläche und stülpen so den Inhalt nach außen.

 

Randy Schekman wollte wissen, wie die Vesikel überhaupt ihren Weg vom ER zum Golgi finden. Er hatte beobachtet, das manche Hefe-Zellen Probleme mit dem Transport hatten und fand heraus, dass diese Zellen Mutationen in den sec-Genen (sec für „secretory“) hatten. Diese Gene sind in uns Menschen fast gleich. Die Proteine für die diese Gene codieren (die Genprodukte) bilden einen dünnen Film auf der Oberfläche der Vesikel. Man vermutet, dass sie zunächst von außen an das ER binden, wodurch sich die Proteine die transportiert werden sollen an der Innenseite anlagern. Dadurch entsteht eine Art Knospe aus der sich dann das Vesikel abspaltet.

Membranproteine die auf den Transport warten interagieren außerdem noch mit den sec-Proteinen. Dadurch kann man sie von Proteinen unterscheiden die sezerniert werden sollen.

 

James E. Rothmann fragte sich, wie die Vesikel überhaupt an dem Golgi-Apparat andocken. Man wusste bereits, dass die Membran des Vesikels mit den Organellen „verschmilzt“ aber der Prozess ist komplizierter. Rothman identifizierte drei wichtige Proteine, NSF, SNAP und SNARE. SNAREs sind eigentlich Komplexe aus Proteinen, die verschieden gestaltet sein können Je nach Zusammensetzung stellen sie eine andere „Adresse“ dar. Vesikel und Golgi besitzen eben diese SNAREs und wenn sie zusammenpassen hilft SNAP dabei dass sie aneinander binden. NSF bindet ebenso an SNAP und an die Membranhülle des Golgi-Apparats, somit rücken Vesikel und Membran sehr nah zusammen und die Fusion kann beginnen.

 

Erinnert ihr euch dass ich sagte, das man in Vesikeln Proteine auf Vorrat halten kann, falls man sie schnell braucht? In Nervenzellen ist das besonders wichtig, man stelle sich einmal vor dass ein Nerv ein paar Minuten Zeit bräuchte um Signale zu übertragen. Thomas Südhof hat erforscht, wie sich die Vesikel in unseren Nervenzellen verhalten. In unseren Synapsen, die Verbindungen der Nerven untereinander, warten auf der Seite der sendenden Zelle die Vesikel, gefüllt mit Botenstoffen für die nächste Zelle. Wird nun ein Nerv aktiviert, ändert sich die Spannung zwischen dem Äußeren der Nervenbahn und dem Inneren. Man nennt das Aktionspotential. Das ist wie ein Domino-Effekt, an einer Stelle ausgelöst läuft es weiter, entlang der Nervenbahn bis zur Synapse. Dort werden durch die veränderte Spannung Calcium-Kanäle geöffnet. Das Calcium strömt von der Außenseite der Zelle hinein und binden an ein spezielles Protein auf den Vesikeln namens Synaptotagmin. Die Vesikel fusionieren dann sofort mit der Membran der Nervenzelle und stülpen ihren Inhalt nach draußen. Dort überqueren die Botenstoffe den „synaptischen Spalt“, einen kleinen Zwischenraum zwischen Synapse und der nächsten Zelle, und aktivieren diese.

 

Da habt ihr es – ganz schön schlaue Köpfe, die drei Herren. Oder sind es eher unsere Zellen die so ausgeklügelt sind? Am meisten Anwendung findet die Forschung in den Synapsen. Die Weiterleitung der Signale ist in vielen neurodegenerativen Krankeiten wie Alzheimer oder Parkinson gestört. Allein um diese Krankheiten besser zu verstehen und behandeln zu können lohnt es sich an Vesikeln weiter zu forschen.

Ich hoffe ihr konntet ein bisschen hiervon mitnehmen und es war nicht allzu kompliziert. Ansonsten stehe ich euch wie immer in den Kommentaren Rede und Antwort.

 

 

 

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zellmedien.de

Mein Name ist Anna Müllner, ich bin Biologin und habe in der Krebsforschung promoviert. Ich wohne im schönen Hessen und bin als PR-Beraterin für Gesundheitskommunikation tätig. Nach meinem Abitur beschloss ich Biologie zu studieren. Das tat ich zunächst an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, die weder in Bonn ist, noch am Rhein. Aber einer der drei Campusse liegt wirklich an der Sieg. Das letzte Jahr dieses Studiums verbrachte ich in Schottland, an der Robert-Gordon University of Aberdeen wo ich ein bisschen in die Biomedizin und die Forensik schnuppern durfte. Danach entschied ich mich für ein Masterstudium an der Universität Heidelberg in Molekularer Biotechnologie was ich mit der Promotion fortsetzte. Weitere Informationen und Möglichkeiten zu unterstützen finden Sie hier: https://linktr.ee/_adora_belle_

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