Neue Podcastfolge: CRISPR/Cas, der Phage-Be-Gone Gen-Kasper

Vor 5 Jahren ging der Nobelpreis für Chemie an Wissenschaftler, die DNA-Reparatur erforschen. Nun bekommen ihn zwei Wissenschaftlerinnen, deren Entdeckung genau das Gegenteil macht: DNA zerschneiden. Im CRISPR/Cas-System ist die sogenannte “Gen-Schere” Cas9. Das Enzym schneidet DNA an einer bestimmten Stelle mit Hilfe einer sehr genauen Positionsangabe. Damit schützen sich Bakterien vor einer Infektion mit bakterienspezifischen Viren (Bakteriophagen). Die “Positionsangabe” haben Bakterien in ihrem Genom im sogenannten CRISPR-Locus gespeichert. CRISPR steht für “Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats” und bezeichnet kurze DNA-Basen-Palindrome. Zwischen ihnen sind kurze, funktionslose Stücke der Phagen-DNA gespeichert. Diese Phagen-DNA-Stücke sind wie ein Phantombild, mit denen Cas9 Phagen-DNA als solche erkennt und spezifisch zerschneidet und unschädlich macht.
Die Entdeckung dieses Systems war nicht weniger als eine Revolution für die Gentechnik. Die bakterielle Immunabwehr lässt sich nämlich leicht mit schon vorhandenen gentechnischen Methoden aus Bakterien extrahieren und auf Pflanzen und Tiere (inklusive der Menschen) übertragen. Es ist damit nicht nur möglich, gezielt einzelne Gene auszuschalten, sondern auch kleinste Veränderungen einzubringen. Daraus ergeben sich neue Chancen für Patienten mit bisher unheilbaren genetische Erkrankungen, sowie Pflanzen und Tiere an veränderte Umweltbedingungen anzupassen oder andere Eigenschaften zu verändern.
Bis 2018 wurde die Methode auch hauptsächlich dafür verwendet. Ende des Jahres machte ein chinesischer Wissenschaftler Schlagzeilen: Er hatte 2 Embryonen ohne Wissen und Einwilligung der Eltern genetisch verändert und diese waren dann ausgetragen worden. Die Kinder wurden “CRISPR-Babys” und sind die ersten mit CRISPR/Cas veränderten Menschen. Mittlerweile soll wohl noch ein weiteres Kind dazugekommen sein. Genauere Informationen sind nicht zugänglich. Empfohlen wird die Anwendung der Methode beim Menschen (noch) nicht, da nicht abschließend geklärt ist, welche Begleitfolgen sie haben kann.
Der Grund für die “späte” Verleihung des Nobelpreises war, dass es seit Entdeckung der Methode einen Patentstreit gibt.
Die Methode CRISPR/Cas ist weder gut noch schlecht, sie ist nur eine Technik. Sie hat ein enormes Potential unsere Welt zu verbessern, Menschen zu heilen, das Klima zu schützen – aber nur, wenn wir sie gewissenhaft und mit höchsten wissenschaftlichen Standards anwenden. Wir brauchen nun Antworten auf die ethischen und sozialen Herausforderungen, die es immer schon gab, die CRISPR/Cas aber offensichtlich macht. Es wäre wichtig, dass eine aufgeklärte Bevölkerung der Debatte folgt und sich daran beteiligt.
Fest steht, dass die Methode aus der molekularen Genetik nicht mehr wegzudenken ist.
In der Bio-Frage geht es darum, ob die durch das Crispr/Cas-System verursachten Veränderungen auch gentechnisch nachweisbar sind.
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Zitat:
Ja und Nein. Ja, bei Embryos und Keimzellen sollte heute eine CRISPR – Gentherapie NICHT durchgeführt werden.
Bei Kindern und Erwachsenen aber laufen bereits mehrere klinische Studien, in denen bereits einige Patienten mit CRISPR therapiert wurden.
Der Artikel Advances in CRISPR/Cas-based Gene Therapy in Human Genetic Diseases nennt folgende Studien:
Tatsächlich ist das ein Copy-Paste-Fehler von mir gewesen… Auf meiner Website hatte ich diesen Abschnitt geändert.
Sehr geehrte Frau Dr. Müllner,
ich habe Ihren Vortrag : Genom-Editierung mit CRISPR/Cas auf Tib Ab gesehen und habe eine persönliche Frage. Ich habe mich mit dem Thema crispr zwar schon ein wenig beschäftigt und auch das Thema Genetik für mich laienhaft betrachtet. Es gibt aber eine Frage, die mir unter den Nägeln brennt und die ich als Normalo einfach nicht beantwortet finde.
Für sie, ist es bestimmt ganz leicht diese zu beantworten, daher wende ich mich heute an sie.
Mein Sohn hat einen Gendefekt und ich bin auf der Suche nach jemand, der mir sagen kann, ob crispr ( theoretisch) auch in seinem Fall eingesetzt werden könnte.
Ich möchte aber nicht über die Kommentarfunktion den Gendefekt benennen.
Daher würde ich mich freuen, kurz persönlich Kontakt mit ihnen aufzunehmen.
Bitte schreiben Sie mir doch, wenn sie Zeit für einen kurzen Austausch hätten, dann kann ich ihnen auch den detaillierten Genetik-Bericht von unserem Institut zu senden.
Sie würden mir wirklich sehr helfen, wenn Sie diese Zeit erübrigen könnten.
Herzliche Dank und herzliche Grüße
F. Lawrenz
Meine Mail-Adresse: lawrenzmedi@gmail.com
Liebe Frau Lawrenz,
vielen Dank für ihren Blogkommentar, den ich leider erst jetzt gesehen habe. Ich kann hier immer nur mutmaßen, im Prinzip kann CRISPR alle Gendefekte die einzelne Gene und vergleichsweise kurze Abschnitte betreffen korrigieren. Ob es am Ende im Menschen nebenwirkungsfrei bzw. -arm funktioniert, muss man im wahrsten Sinne des Wortes „ausprobieren“.
Weitere Informationen für den speziellen Fall ihres Kindes könnten Sie bei einem Termin mit einem Facharzt für Humangenetik erfragen (https://www.kbv.de/html/arztsuche.php). Als Biologin bin ich rechtlich nicht befähigt sie medizinisch zu beraten.
Ich hoffe das hilft Ihnen weiter.
Der erste Satz keinen Sinn?
Darf ich mir erlauben, eine (vielleicht dumme) Verständnisfrage zu stellen?
Es ist damit nicht nur möglich, gezielt einzelne Gene auszuschalten
Einzelne Gene bedeutet, so nehme ich an, ganz bestimmte Gene (wie z.B. BRCA1) zu modifizieren und dies mittels einer ‘Gen-Schere’. Eine Schere hat die Eigenschaft, ein einzelnes Objekt an einer Stelle zu zerschneiden. Gene gibt es allerdings sehr viele – wie bringt man es fertig, die (vermutlich) Milliarden Ausfertigungen eines Gens, die sich in einem Körper befinden, (nahezu) gleichzeitig zu bearbeiten?
Hallo Gerald,
pro Zelle befinden sich ja immer zwei Gene, die verändert werden müssen. Bei der somatischen Gen-Therapie ist es so, dass wir nur die Gene in den Zellen verändern müssen, bei denen die Mutation Veränderungen auslöst. Beispielsweise BRCA1, dessen Mutante vornehmlich Eierstock- und Brustkrebs hervorruft. Wir können virale Genfähren (virale Vektoren) nehmen, die spezifisch dieses Gewebe infizieren. Aber statt der Virus-Gene enthält das Virus die Gen-Schere, die auf BRCA1 programmiert ist. Mit ausreichender Anzahl gehen wir davon aus, einen Großteil der Zellen dort zu treffen und so das Krebsrisiko zu senken. Ob BRCA1 hier ein gutes Beispiel ist, weiß ich nicht. Aber wer weiß, was in Zukunft alles möglich ist.
Das ist aber tatsächlich das Hauptproblem – wenn auch kein unüberwindbares. Wieviele virale Genfähren können wir einer Person geben, ohne dass sie eine Immunreaktion hat und sind das noch genug, dass wir ausreichend Zellen treffen.
Es gibt andere Möglichkeiten, zum Beispiel bei Lungenerkrankungen: Einfach eine Mischung aus Genschere in einem Liposom inhalieren. Liposomen sind besondere Fettkügelchen. Die Zellen können Liposomen und so das Gen-Schere-Konstrukt in sich aufnehmen.