5 Fragen zu Krebs #worldcancerday

Gestern war der Weltkrebstag. das wollte ich zum Anlass nehmen, um euch fünf Fragen zu Krebs zu beantworten. Heute auf Twitter stellte ich die Frage und bekam – genau fünf Fragen. Hier sind sie, zusammen mit meinen Antworten:

Zur Krebsvorsorge geht man als Frau eigentlich bereits als junges Mädchen. Bei der Frauenärztin wird einmal routinemäßig ein Abstrich des Gebärmutterhalses genommen. Beim sogenannten PAP-Test wird die Schleimhaut auf entartete Zellen durch eine Virusinfektion (Humanes Papillomavirus) überprüft, welche zu Krebs werden können. Außerdem werden die Brüste auf Knoten abgetastet. Zum Test auf Darmkrebs wird man allerdings erst mit 55 gebeten, das Hautkrebsscreening beginnt mit 35. Warum diese Altersunterschiede? Die Wahrscheinlichkeit an Krebs zur erkranken steigt mit dem Alter, wie man an dieser Statistik des RKI schön sehen kann. Dies ist aber nach Krebsart unterschiedlich. Die Wahrscheinlichkeit, an Hautkrebs und Gebärmutterhalskrebs zur erkranken, ist bereits im frühen Erwachsenenalter im Vergleich zu anderen Krebsarten hoch. Darmkrebs ist ein generell sehr langsam wachsender Krebs und die Wahrscheinlichkeit, daran zu erkranken ist erst ab dem 55. Lebensjahr deutlich erhöht. Nicht unerheblich ist auch, dass sich Gebärmutter, Haut, Brust und Prostata relativ einfach untersuchen lassen. Bei der Darmkrebsvorsorge muss der Patient zuerst seinen Darm mit Abführmitteln entleeren und sich dann einen Schlauch dort einführen lassen, wo die Sonne nicht scheint. Das ist zwar vielleicht nicht ganz angenehm, eröffnet jedoch eine ganz neue Art der Arztwitze.

Frau Rabe ist selbst Biologin und stellte daher eine sehr spezifische Frage. Small molecule (inhibitors), zu deutsch “niedermolekulare Inhibitoren”, sind chemisch hergestellte Blocker. Man kann sich das so vorstellen: Bei Krebs sind konstant viele Schalter der Zelle, die für die Teilung der Zelle wichtig sind, auf angeschaltet. Small molecules sollen spezifisch einzelne Schalter behindern und so die Zellteilung aufhalten. Den Krebs ist, salopp gesagt, “nur” ein Haufen Zellen, der sich wie wild teilt. Der Unterschied von small molecules zur Chemotherapie ist, dass small molecules spezifisch Krebsschalter blockieren, also vorwiegend Krebszellen treffen, während ein Chemotherapeutikum unspezifisch schnell teilende Zellen töten soll, dabei auch viel Kollateralschaden anrichtet. Ob das funktioniert hängt vor allem davon ab, ob die Krebszelle einen Angriffspunkt bietet. Die erste small molecule Therapie hieß Imatinib. Sie konnte spezifisch Menschen helfen, deren Chronische Myeloische Leukämie (CML) durch eine Verschmelzung der Proteine BCR und ABL entstanden war. Bei anderen Leukämiepatienten ist Imatinib wirkungslos – bei Patienten mit CML hält er die Erkrankung dauerhaft im Schach. Weitere Ziele für small molcules, die sich gut nutzen lassen, ist der Epidermale Wachstumsfaktor-Rezeptor EGFR und der Vaskuläre Endotheliale Wachstumsfaktor-Rezeptor VEGFR. Beide Rezeptoren sitzen auf der Zelloberfläche und sind bei diversen Krebsarten überaktiv. Wichtige neue Ziele sind auch Cyclin-Abhängige Kinasen, wichtige Enzyme die im inneren der Zelle die Zellteilung kontrollieren. Small molecules gehören, neben den Antikörpern und Immuntherapien, zu den wichtigsten neuen Krebsmedikamenten. Der Einsatz kann jedoch nur dann erfolgen, wenn die Veränderungen in der Krebszelle auch zum entsprechenden Inhibitor passen.

Das zu beantworten ist gar nicht so leicht. So genau weiß man das nicht. Metastasen entstehen dadurch, dass sich Krebszellen aus dem Haupttumor ablösen, über die Blut- oder Lymphgefäße abwandern und Tochtergeschwulste bilden. Dazu müssen sich ausdifferenzierte Zellen zunächst wieder dedifferenzieren. Sie verlieren also ihre Merkmale – sagen wir mal “erwachsener” – Zellen und aktivieren ein Programm das ähnlich ist wie bei embryonalen Zellen. Am Ziel angekommen müssen die dedifferenzierten Zellen wieder andocken und den Prozess umkehren. Nur ein geringer Anteil der zirkulierenden Krebszellen haben das Potential, neue Tumoren, also Metastasen zu bilden. Diese nennt man auch Krebsstammzellen. Sie können sich jederzeit vom Haupttumor ablösen und eine Metastase bilden. Warum genau sie das tun, ist bislang nur unzulänglich erforscht.

Biomarker sind Indikatoren, anhand derer man eine Erkrankung identifizieren kann. Viele Biomarker sind auch prognostisch, man kann also anhand der Marker eine Behandlung optimieren. Ist ein Krebs weniger aggressiv kann man eine risikoärmere Behandlung wählen. Um verlässlich zu sein, müssen Biomarker sensistiv, spezifisch und reproduzierbar sein. Das bedeutet, Menschen mit der gleichen Krebsart müssen immer die gleichen Ergebnisse haben, der Test muss schon bei geringen Mengen des Biomarkers ausschlagen und er darf bei keinen anderen, ähnlichen Molekülen ein Signal geben. Um den Biomarker zur Krebsdiagnose einzusetzen muss er leicht zugänglich sein – also im Blut oder im Urin. Dann muss die richtige Analyse gefunden und der Marker validiert werden. Hat man Glück und der Marker hält dem stand, stehen bürokratische Hürden an. So müssen die Krankenkassen den Test bezahlen wollen, er muss für die Laboranten im Krankenhaus praktikabel sein und er muss von den Ärzten in ihre Behandlungsleitlinien aufgenommen werden.

Da wir Krebs nicht mehr als eine Erkrankung verstehen sondern als viele, die unterschiedlich behandelt werden müssen, müssen wir umdenken. Anstatt Patienten versuchsweise mit immer teurer werdenden (weil aufwendiger hergestellten) Arzneimitteln zu behandeln und zu gucken ob sie wirken, sollte der Krebs des Patienten vorher genau analysiert und das passende Medikament ausgesucht werden. Dies nennt sich dann personalisierte Medizin, die dazugehörigen Tests Companion Diagnostics.*  Ob dann auch etwas für die initiale Krebsdiagnose abfällt bleibt zu hoffen.

Der Lebensstil hat nicht immer eine größere Rolle als die genetische Prädisposition – oder Viren. Erbliche Krebsarten haben einen dramatischen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, Krebs zu bekommen. Diese Krebsarten sind mit bestimmten Genmutationen verbunden, die jedoch relativ selten sind. Dann kann man aber auch mit einem perfekten Lebensstil wenig ausrichten. Viren, wie das Humane Papillomavorus oder Hepatitisviren, haben ebenfalls einen recht großen Einfluss. Ist man aber geimpft und auch nicht konkret erblich vorbelastet, dann spielt der Lebensstil in etwa einem Drittel der Krebsfälle eine Rolle. Als Hauptverursacher von Krebs können wir hier Übergewicht, Rauchen, Alkohol und Strahlenbelastung identifizieren. Die restlichen zwei Drittel haben einfach Pech. Durch sogenannte Genomweite Assoziationsstudien sollen weitere Erbgutveränderungen gefunden werden (nicht immer in Genen sondern im gesamten Genom), um dieses Pech aufzuklären. Sie haben aber bislang nur einen geringen Einfluss und sind vor allem deswegen signifikant, weil große Datenmengen ausgewertet wurden.

 

Vielen Dank für eure Fragen! Weitere Infos hat Michaela gestern für euch getwittert.

Bunte Bälle - kein Krebs.

 

*Disclaimer: ich habe mal für eine Firma gearbeitet, die Companion Diagnostics herstellt. Allerdings nicht für Krebs.

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zellmedien.de

Mein Name ist Anna Müllner, ich bin Biologin und habe in der Krebsforschung promoviert. Ich wohne im schönen Hessen und bin als PR-Beraterin für Gesundheitskommunikation tätig. Nach meinem Abitur beschloss ich Biologie zu studieren. Das tat ich zunächst an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, die weder in Bonn ist, noch am Rhein. Aber einer der drei Campusse liegt wirklich an der Sieg. Das letzte Jahr dieses Studiums verbrachte ich in Schottland, an der Robert-Gordon University of Aberdeen wo ich ein bisschen in die Biomedizin und die Forensik schnuppern durfte. Danach entschied ich mich für ein Masterstudium an der Universität Heidelberg in Molekularer Biotechnologie was ich mit der Promotion fortsetzte. Weitere Informationen und Möglichkeiten zu unterstützen finden Sie hier: https://linktr.ee/_adora_belle_

27 Kommentare

  1. Es gibt kein biologisches Altern. Krebs ist entweder darauf zurückzuführen, dass ein Mensch nicht gesundheitsbewusst lebt. Oder Krebs ist auf berufliche Probleme zurückzuführen. Deswegen muss z. B. die Arbeitszeit reduziert werden. Und es müssen fast alle Privatfahrzeuge abgeschafft werden. Die Rentenzeiten sollten durch Sabattzeiten ersetzt werden. Nicht-Berufstätige sollten in relativ kleinen Orten (insbesondere in Dörfern) wohnen.

  2. Klingt gut :

    Als Hauptverursacher von Krebs können wir hier Übergewicht, Rauchen, Alkohol und Strahlenbelastung identifizieren. Die restlichen zwei Drittel haben einfach Pech.

    …wobei womöglich den menschlichen Körper überlastende Lebensweise hinzukommt, durchaus ernstzunehmen und besonders zu berücksichtigen wie Dr. W findet, dazu das Sich-Aussetzen gegenüber bestimmter Substanzen, die auch Drogen und die Medikation allgemein meinen kann, und auch die Ansteckung, “Krebs” (was immer dies auch genau ist, eine Entartung des menschlichen Apparats müsste gemeint sein) könnte insofern verstärkt auftreten, im Sinne der Ansteckung : kumuliert, why not?
    So richtig “happy” wird hier womöglich nicht mit ‘Genomweiten Assoziationsstudien’ geworden, denn die “Datenhaltung Mensch” hat i.p. Nutzen, Schaden und Funktionalität oft unklar zu bleiben.

    MFG + weiterhin viel Erfolg,
    Dr. Webbaer (der hier keineswegs besonders gegenreden wollte und für den WebLog-Artikel dankt – und, hey!, es ist womöglich doch vglw. cool an “Krebs” zu sterben als bspw. vorzeitig an der Sepsis oder an Knochenbrüchen)

  3. In ihrer Liste der Krebsverursacher fehlen Nahrungsmittel, die das Krebsrisiko erhöhen. Sie schreiben (Zitat): Als Hauptverursacher von Krebs können wir hier Übergewicht, Rauchen, Alkohol und Strahlenbelastung identifizieren. Selber sehe ich folgende Liste, wobei ich Hochrisiken an den Anfang setze:
    1) Rauchen (Lungenkrebs)
    2) Übergewicht (Krebs allgemein
    3) Überkonsum bestimmter Nahrungsmittel (für 1/3 aller Krebsfälle verantwortlich, z.B: industriell verarbeitetes Fleisch erhöht das Darmkrebsrisiko, Acrylamid- und Transfett enthaltende Lebensmittel erhöhen indirekt das Krebsrisiko, Benzpyren und polizyklische aromatische Kohlenwasserstoffe aus Gegrilltem erhöhten das Magendarmrisiko, Schimmel ist ebenfalls krebserregend)
    4) Sonnenbestrahlung (Hautkrebs)
    5) Radioaktive Stoffe wie Kalium-40 und Hintergrundbestrahlung
    Ich sehe selber also die natürliche Radioaktivität als den kleinsten Risikofaktor, den Konsum bestimmter Nahrungsmittel aber als relativ grosses Risiko.

    • Sie persönlich sehen das. Ich nicht, die Wissenschaft so auch nicht. Die Risiken durch einzelne Nahrungsmittel sind – im Vergleich zum Übergewicht im Allgemeinen – sehr gering.

      • Ja, die meisten Quellen geben Lebensmittel nur als geringes Krebsrisiko an. Etwas vergass ich aber in der Aufzählung: bestimmte DNA-Viren scheinen Krebsverursacher zu sein (Zitat): So gilt als sicher, dass weltweit an der Entstehung von etwa 15 Prozent aller Krebsneuerkrankungen Viren beteiligt sind (Tabelle). Hauptverursacher sind die DNA-Viren. Bei weiteren 15 Prozent der Tumoren vermuten Forscher eine Beteiligung der Erreger und untersuchen dies derzeit.
        HPV, EBV, HHV-8, HBV und HTLV-I wurden dingfest gemacht.

        Noch zu bestimmten Lebensmitteln als Krebsauslöser. Gemäss der Internationalen Krebsagentur für Krebsforschung ist Verarbeitetes Fleisch krebsauslösend (Zitat): Nach dem Expertenbericht gilt verarbeitetes Fleisch, wie Wurstwaren, Pökelfleisch, Schinken und andere Fleischerzeugnisse, als krebsauslösend (karzinogen) für den Menschen. Dafür gebe es inzwischen genügend wissenschaftliche Evidenz. Die IARC-Experten haben berechnet, dass sich das Krebsrisiko pro 50 Gramm verarbeitetes Fleisch, die jemand täglich zu sich nimmt, um 18 Prozent erhöht. Dabei bezieht sich das erhöhte Risiko auf den Dickdarmkrebs.
        Pro 50 Gramm verarbeitetes Fleisch eine 18% höheres Dickdarmkrebsrisiko scheint mir doch bedeutend, auch wenn man im verlinkten Bericht noch liest: Für den Einzelnen bleibe das (absolute) Risiko, wegen verarbeiteten Fleisches einen Dickdarmkrebs zu entwickeln, gering, wird der Programmleiter Kurt Straif von der IARC zitiert. Dieses Risiko erhöhe sich aber mit zunehmendem Konsum dieser Fleischart.

        • Ergänzung: Die Aussage von Anna Müllner “Die Risiken durch einzelne Nahrungsmittel sind – im Vergleich zum Übergewicht im Allgemeinen – sehr gering.” widerspricht der IARC-Aussage “Pro 50 Gramm verarbeitetes Fleisch eine 18% höheres Dickdarmkrebsrisiko” nicht, denn Anna Müllner meint das Gesamtrisiko für Krebs (das Risiko für den Durchschnittsmenschen) während IARC sich nur auf die kleine Gruppe von Menschen bezieht, die sehr viel verarbeitetes Fleisch (wie Würste, Pökelwaren) konsumiert.

        • Ergänzung 2: Die Wikipedia listet folgende Quantitative Einschätzung verschiedener Faktoren auf:
          Nahrung 35% aller Todesfälle durch Krebs
          Tabakkonsum 30% aller Todesfälle durch Krebs
          Infektionen 10 % aller Todesfälle durch Krebs
          Fortpflanzungs- und Sexualverhalten 7% aller Todesfälle durch Krebs
          Arbeitsplatz 4% aller Todesfälle durch Krebs.
          Das sind übrigens die Einschätzungen der Environmental Protection Agency (EPA)

    • Ich sehe selber also die natürliche Radioaktivität als den kleinsten Risikofaktor, den Konsum bestimmter Nahrungsmittel aber als relativ grosses Risiko.

      Gifte meinend, die sich allerdings nur in der Menge besonders bemerkbar machen, es wird aber oft nicht gewusst, wenn diese Menge erreicht ist, auch Schmerzmittel wie bspw. das seit einiger Zeit in der Diskussion stehende Ibuprofen, könnte den Exitus, auch den “Krebs”-bedingten meinen, genau wird hier im Moment nicht gewusst, Plastikverpackungen, die partiell giftig sind, auch bspw. Antikonzeptionsmittel oder Drogen-Nachlässe, bspw. i.p. Kokain und THC-haltige Substanzen meinend, wenn ins Grundwasser gelangt, könnten so wie gemeint wirken.

      An der Radioaktivität, die direkt erkennbar zu “Krebs-Fällen” führen kann, würde sich Dr. Webbaer auch deshalb nicht besonders festhalten wollen, weil sie eben direkt erkennbar ist.

      Dr. Webbaer spielt hier gerne, zur Auflockerung sozusagen, diesen Titel von Lemmy und seiner Band ein :

      -> https://www.youtube.com/watch?v=FL7-sbiGlzw

      MFG + schöne Woche noch,
      Dr. Webbaer

      • PS :
        Dr. Webbaer lehnt Drogen-Konsum streng ab, auch weil er persönlichkeitsverändernd wirkt und gesundheitlich direkt schädlich ist.
        Nicht beabsichtigt war also kommentarisch angemerkt gar irgendwelche Werbung :

        Keine Macht den Drogen!

  4. Ganz am Rande notiert :
    Es ist ein wenig schade, dass sich das hiesige Publikationssystem, gerade in Anbetracht Ihrer wertvollen Nachrichten, Frau Dr. Müllner, so-o schlecht in Form präsentiert.

    Vermutlich könnte selbst Dr. Webbaer hier zeitnah ausgeholfen haben.

  5. Krebs-Immuntherapie scheint viele verschiedene Angriffspunkte in peto zu haben.
    Gerade wird über eine lokale “Impfung” mit 2 Immunstimulatoren berichtet, welche eine lokale und schliesslich globale Immunantwort auslöst, die nicht nur den lokalen Tumor, sondern schliesslich sogar Metastasen eliminiert. Dabei werden die beiden Immunstimulatoren direkt in den soliden Tumor iniiziert. Diese Therapie scheint für viele recht verschiedene Krebsgeschwülste wirksam, inklusive spontan entstehender. Der Wirkungsmechanismus scheint darin zu liegen, spontan ins Tumorgewebe eingewanderte T-Lymphozyten zusätzlich zu aktivieren, so dass diese bereits gegen den Krebs aktiven T-Lymphozyten “aggressiver” werden.
    In Cancer ‘vaccine’ eliminates tumors in mice liest man dazu (übersetzt von DeepL,): Levys Methode reaktiviert die krebsspezifischen T-Zellen, indem sie Mikrogrammmengen von zwei Wirkstoffen direkt in die Tumorstelle injiziert. (Ein Mikrogramm ist ein Millionstel Gramm). Eine, ein kurzes Stück DNA, das als CpG-Oligonukleotid bezeichnet wird, arbeitet mit anderen Immunzellen in der Nähe zusammen, um die Expression eines aktivierenden Rezeptors namens OX40 auf der Oberfläche der T-Zellen zu verstärken. Der andere, ein Antikörper, der an OX40 bindet, aktiviert die T-Zellen, um ihren Angriff gegen die Krebszellen zu leiten. Da die beiden Wirkstoffe direkt in den Tumor injiziert werden, werden nur T-Zellen aktiviert, die ihn infiltriert haben. In der Tat werden diese T-Zellen vom Körper “vorgescreent”, um nur krebsspezifische Proteine zu erkennen.
    Einige dieser tumorspezifischen, aktivierten T-Zellen verlassen dann den ursprünglichen Tumor, um andere identische Tumoren im ganzen Körper zu finden und zu zerstören.

    Fazit: die Krebsimmuntherapie bestätigt, was man schon lange ahnte: Das Immunsystem bekämpft Krebszellen schon immer, also natürlicherweise, und wenn man das Immunsystem in diesem Kampf “bestärkt”, dann schafft es dieses aufgepeppte Immunsystem, dieses “Immunsystem auf Steroiden”, Krebs sogar völlig zu eliminieren.

    • Ergänzung: Die oben vorgestellte Aktivierung von (bereits in den Tumor eingedrungenen) körpereigenen T-Zell-Lymphozyten mittels zweier immunstimulierender Agentien benötigt keine personalisierte Medizin und damit keine dazugehörigen Tests Companion Diagnostics wie oben von Anna Müllner als neues Therapieparadigma vorgestellt. Personalisierte Medizin und Companion Diagnostis bedeutet in bezug auf die Krebstherapie, dass man Krebsgene identifiziert und die Therapie dann darauf abstimmt. Doch da es körpereigene T-Lymphozyten sind, die bereits gegen den Tumor aktiv sind und jetzt nur noch in ihrer Aktivität verstärkt werden, kommt der von der Stanford University School of Medicine gefundene Therapieansatz ohne ein exaktes Wissen um den spezifischen Typ von Krebs aus. Diese Arbeit haben die körpereigenen T-Lymphozyten, die ins Krebsgewebe eingedrungen sind, bereits erledigt. Falls sich der Stanford-Ansatz der Krebsbekämpfung auch beim Menschen bewährt (bisher nur Mausversuche), dann könnte Krebs in Zukunft wohl sehr kostengünstig bekämpft werden.

  6. Schon heute ist Krebs in den Industrieländern zur bekämpfbaren Krankheit geworden und statistisch lässt sich eine Zunahme der Krebsfälle in Europa, den USA, Japan allein aufgrund des gestiegenen Durchschnittsalters feststellen, doch die Anzahl der Krebstodesfälle geht in den Industrieländern alterskorrigiert deutlich zurück, weil immer mehr Menschen entweder von Krebs geheilt werden oder schliesslich an einer anderen Krankheit sterben. Dazu liest man in European cancer mortality predictions for the year 2016 with focus on leukaemias (übersetzt von DeepL):

    Die für 2016 in der EU prognostizierten Trends der Krebssterblichkeit insgesamt sind bei beiden Geschlechtern günstig: 133,5/100 000 Männer und 85,2/100 000 Frauen (8 % bzw. 3 % Rückgang seit 2011), was 753 600 bzw. 605 900 Todesfällen bei Männern und Frauen entspricht, was einer Gesamtzahl von 1 359 500 voraussichtlichen Krebstodesfällen entspricht (+3 % gegenüber 2011 aufgrund der Bevölkerungsalterung). Bei Männern sind Lungen-, Dickdarm- und Prostatakrebs seit 2011 um 11%, 5% bzw. 8% gesunken. Brust- und Dickdarmkrebstrends bei Frauen sind günstig (8% bzw. 7% Rückgang), aber die Lungen- und Bauchspeicheldrüsenkrebsraten sind seit 2011 um 5% bzw. 4% gestiegen und liegen bei 14,4 bzw. 5,6/100 000 Frauen. Leukämien weisen eine günstige Sterblichkeitsprognose für beide Geschlechter und alle Altersgruppen auf, wobei der Rückgang in den jüngeren Altersgruppen stärker ausfällt. Alle Altersgruppen liegen bei 4,0/100 000 Männern und 2,5/100 000 Frauen, mit Rückgängen von 14% bzw. 12%.

    Krebs ist heute vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern ein grosses Leidens- und Sterebrisiko, weil die Behandlung dort ungenügend ist (verglichen mit den Industrieländern). Dazu liest man in Worldwide cancer statistics (übersetzt von DeepL):
    – Mehr als vier von zehn Krebsarten, die weltweit auftreten, befinden sich in Ländern mit einem niedrigen oder mittleren Niveau des Human Development Index (HDI).
    – Mehr als die Hälfte der Krebstodesfälle weltweit ereigneten sich in Ländern auf niedrigem oder mittlerem Niveau des Human Development Index (HDI).
    Fazit: In Entwicklungs- und Schwellenländer sind 4 von 10 der weltweit entstehenden Krebserkrankungen festzustellen, es sind dort aber 5 von 10 der weltweiten Krebstoten zu verzeichnen. Krebs ist in den fortgeschrittenen Ländern also teilweise bereits heilbar, nicht aber in den Entwicklungsländern. Und mit den enormen Fortschritte, die es gerade jetzt in der Krebstherapie gibt, könnten Krebstodesfälle in den Industrieländern schon bald dramatisch abnehmen.

    • Ergänzung: Die Krebsheilungsrate ist in den Industrieländern allein schon wegen der Kombination von Chirurgie,Radiotherapie und konventioneller Chemotherapie viel grösser als in den Entwicklungsländern. Die jetzt neu aufkommenden Immuntherapien und andere neu auftauchende medikamentöse Therapien haben sich bis jetzt noch kaum auf die Krebsmortalität ausgewirkt, denn sie sind nur bei einem Teil der Krebsfälle einsetzbar und selbst dann wirken sie (bis jetzt) nur bei deutlich weniger als der Hälfte der behandelten Fälle. Der Artikel Few people actually benefit from ‘breakthrough’ cancer immunotherapy macht dies deutlich. Doch die Forscher, die sich mit den neuen Krebstherapien beschäftigen, sind überzeugt, dass das Potenzial dieser neuen Therapien sich gerade erst zeigt und dass in Zukunft sehr viele Patienten mit diesen neuen Therapien von Krebs geheilt werden können.

  7. Gemäss worldwide cancer statistics gilt (übersetzt von DeepL): Rauchen, unzureichende körperliche Aktivität, Alkohol, Diät, Übergewicht und Adipositas sowie Infektionen machen weltweit einen hohen Anteil an Krebserkrankungen aus.
    In Zahlen (übersetzt von DeepL): Etwa ein Drittel der durch Tabak verursachten Todesfälle sind auf Krebs zurückzuführen (Prognose 2015), Alkoholkonsum verursacht schätzungsweise 6% der Todesfälle weltweit, etwa 1 von 8 Todesfällen ist auf Krebs zurückzuführen (2012), Infektionen verursachen 18% der globalen Krebsbelastung, wobei der Anteil in Ländern mit niedrigem Einkommen deutlich höher ist. Die Prävalenz von Übergewicht und Adipositas nimmt vor allem in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu. Übergewicht und Adipositas sind weltweit die häufigsten Todesursachen. (wieviele davon zu Krebs führen liest man nicht).

    Doch es fällt auf, dass die Risikoeinschätzungen sich je nach Quelle stark unterscheiden – und das sowohl in der Wissenschaft als auch in den von EPA oder WHO geführten Statistiken.

  8. Hulla, scilogs.de wieder funktionieren tun, meine Fresse (Webbaeren dürfen dies so sagen), das sah aber schon, insbesondere auch : aus ausländischer Sicht, ganz schön mau aus, i.p. derartigee Fehl-, Mangel-, Minder-, Null- oder Minusleistung.

    Webbaer sich hier ein wenig auskennen tun, derartige anscheinend minder gepflegte Inhalte-Einheiten sind eigentlich recht schlicht zu verwalten, Webbaer hier aber auch wissen tun, dass viel daran hängt, dass dann nicht so einfach angepasst werden kann, wenn Störungen auftreten.

    MFG + schöne Mittwoche,
    Dr. Webbaer

  9. In den USA sinkt die alterskorrigierte Krebstodesrate seit 20 Jahren, sie sinkt seit 10 Jahren um 1.8% pro Jahr bei Männern und um 1.4% bei Frauen, weil Brust-,Prostata-, Darm- und Lungenkrebs abnehmen. US-Männer rauchen weniger, deshalb entwickeln sie seltener Lungenkrebs und deshalb sinkt bei ihnen die Krebstodesrate sogar schneller als bei den Frauen.
    Im Jahr 2016 waren Brust-,Prostata- und Lungenkrebs zusammen für mehr als 80% der neu entstandene Krebsfälle in den USA verantwortlich. Gäbe es grosse Fortschritte in der Behandlung von Brust-,Prostata- und Lungenkrebs könnte das allein schon die Krebsmortalität halbieren.

  10. @Anna Müllner

    1. An biologischem Altern zu forschen ist so …, weil

    2. Mensch geistig-heilendes Selbst- und Massenbewusstsein wirken lassen könnte, wenn

    3. Arbeitszeit kein Thema mehr wäre, im wirklich-wahrhaftigen Zusammenleben OHNE die stumpf-, blöd- und wahnsinnig kreislaufende Symptomatik des nun “freiheitlichen” Wettbewerb um …

    Mensch könnte / kann …, doch leider bewegen wir uns anscheinend unabänderlich im geistigen Stillstand und dem leicht vorhersehbaren Ende aller ignorant-arroganten Bewusstseinsbetäubung.

  11. Vielen Dank für diesen informativen und sachlichen Beitrag.
    Er ist wohltuend sachlich zu lesen in einer Zeit, in der die Angst vor Krebs sich durchaus auch zu einem Disziplinierungsmittel der Massen mausert, auch wenn noch nicht die Stärke der Angst vor dem Klimawandel erreicht ist.
    Der menschliche Körper ist (ebenso wie beispielsweise das Klima) ein hochkomplexes chaotisches System, welches wir wir heute in gewissen Grundzügen verstehen. Dabei sind die meisten Details noch unbekannt oder auf Grund der Variabilität der Menschen nur über Wahrscheinlichkeiten, aber selten konkret für ein Individuum zu beschreiben. Insofern sind die Forschungen zu Biomarkern schon sehr interessant, weil Sie genau mit diesem Anspruch starten (auch wenn jedem klar sein müsste, dass die Ergebnisse dieser Forschungen auch wieder Wahrscheinlichkeiten sein werden).
    Die entscheidende Ursachen dafür, dass Krebserkrankungen heute eine immer bedeutendere Rolle spielen haben meiner Meinung zwei wichtige Ursachen:
    – Alternative Todesursachen nehmen immer mehr ab
    – Die Menschen werden älter, aus dieser verlängerten Lebenszeit resultiert eine höherer Mutationsrate im Alter.

    • @JoeSachse (Zitat): Ursachen dafür, dass Krebserkrankungen heute eine immer bedeutendere Rolle spielen haben meiner Meinung zwei wichtige Ursachen:
      – Alternative Todesursachen nehmen immer mehr ab
      – Die Menschen werden älter

      Ja, heute werden Deutsche 40 Jahre älter als vor 200 Jahren, sie sterben aber immer noch sehr zuverlässig vor ihrem 120.ten Lebensjahr, weil 120 ungefähr die maximal mögliche Lebensspanne eines “nativen” (genetisch unkorrigierten) Menschen ist. Wie Anna Müllner schon geschrieben hat, erhöht sich mit zunehmendem Alter das Krebsrisiko, allerdings nicht wegen einer höheren Mutationsrate wie sie schreiben, sondern weil sich 1) Mutationen über das Leben akkumulieren (anhäufen) und sich oft erst viel später (in Form eines Karzinoms) auswirken 2) Weil mit zunehmendem Alter auch die DNA-Reparaturmechanismen und andere Krebsunterdrückungsmechanismen schlechter arbeiten.
      Übrigens: Sehr grosse Tiere und sehr alt werdende Tiere haben bessere DNA-Reparatursysteme und bessere krebsunterdrückende Mechanismen als andere Tiere (inklusive Mensch). Hierzu liest man in Potential Mechanisms for Cancer Resistance in Elephants and Comparative Cellular Response to DNA Damage in Humans (übersetzt von DeepL):
      Im Vergleich zu anderen Säugetierarten scheinen Elefanten eine niedrigere Krebsrate als erwartet zu haben, was möglicherweise auf mehrere Kopien von TP53 (TP53 ist ein entscheidendes Tumorsuppressor-Gen, das in der Mehrzahl der menschlichen Krebsarten mutiert ist) zurückzuführen ist. Im Vergleich zu menschlichen Zellen zeigten Elefantenzellen eine erhöhte apoptotische Reaktion nach DNA-Schäden. Diese Erkenntnisse könnten, wenn sie repliziert werden, einen evolutionsbasierten Ansatz zum Verständnis der Mechanismen der Krebsunterdrückung darstellen.
      Fazit: Krebs entsteht aufgrund von somatischen Mutationen und unzureichender Krebsabwehr des betroffenen Organismus. Es gibt gute Chancen, Krebskrankheiten in Zukunft häufiger heilen zu können oder mindestens in Schach zu halten und man könnte sogar Menschen krebsresistenter machen indem man sie genetisch manipuliert.

  12. @Martin Holzherr: Vielen Dank für die Richtigstellung zum Begriff Mutationsrate und Ihre weitergehenden Anmerkungen. Da der Mensch in den letzten 200 Jahren erfolgreich Faktoren bekämpft hat, die für sein frühes Ableben verantwortlich waren (insbesondere die Infektionskrankheiten) hatte die evolutionäre genetische Veränderung des Lebewesens Mensch gar keine Chance, über relativ wenige Generationen in diesem Tempo mitzuhalten.
    Bei der genetischen Manipulation von Menschen gibt es natürlich noch eine Reihe offener Fragen, wissenschaftlich, technisch, ethisch und philosophisch. Neben der Abwägung von Risiko und Nutzen sind hier natürlich grundlegende ethische Fragen zu klären.

    • @JoeSachse (Zitat): Bei der genetischen Manipulation von Menschen gibt es natürlich noch eine Reihe offener Fragen, Sicher ist das so und zusätzlich gilt: Länger gesund lebende Menschen führen zu einer anderen Gesellschaft und auch zu neuen Problemen. Beispiel: Im Jahr 2020 liegt das Durchschnittsalter in Japan bei 48.2 Jahren, das heisst die Hälfte der Japaner sind älter als 50 und der Anteil der Kinder an der Gesamtbevölkerung ist schon klein und sinkt weiter (als Kind ist man in einer zukünftigen “alten” Gesellschaft einsam).

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