Sprachregelung: “-us” oder “-os”?

BLOG: Labyrinth des Schreibens

Die Suche nach dem roten Faden
Labyrinth des Schreibens

Heißt es nun korrekt "Minotaur-us" oder Minotaur-os"? In den Medien wird durchgängig die Endsilbe "-us" benützt: Minotaurus, Ikarus, Dädalus. Das ist schlicht und einfach falsch.

Die Fachwelt (Kern, Grant, Siebenmorgen) schreibt stets "-os". Da sich inzwischen sogar die Wikipedia dieser Variante angeschlossen hat (Ausnahme seltsamerweise Ikarus) und diese demnächst wohl die am häufigsten benützte Informationsquelle sein wird, halte ich es auch damit und schreibe in diesem Blog:

Minotauros, Daidalos, Ikaros, Minos – sowie Theseus, Ariadne, Phädra, Medea, Aigeus

Das Labyrinth müßte eigentlich korrekt (nach dem Griechischen) labyrinthos heißen – aber der kürzere Begriff hat sich seit langem so fest eingebürgert, daß ich da lieber nicht dran rütteln möchte.

Neu einführen möchte ich hingegen das Yrrinthos – als Kunstwort (aus Irrgarten und Labyrinthos – mit einem Y vornedran, damit es richtig exotisch aussieht) und dem rr für all die Irrgärten, die gar keine Gärten sind – z.B. das "Labyrinth der modernen Großstadt", das uns in jedem zweiten Krimi begegnet und nicht nur dort. So ein Neologismus sollte ja einen echten Informationsgewinn bringen – ich hoffe, dieser tut das.

Ich unterscheide also in diesem Blog zwischen

° Labyrinth (= die streng gemoetrische Struktur mit nur einem Gang, in dem man sich gerade nicht verirren kann)

° Irrgarten (wenn es denn ein richtiger Garten ist, zum Beispiel vor einem englischen Schloß oder im Wiener Lustschloß Schönbrunn)

° Yrrinthos (alle Irrgärten, die gar keine keine Gärten sind)

(Der aktuelle Duden hält sich übrigens teils an die Wissenschaft, teils nicht: schreibt zwar Ikarus und Ikaros – dann aber Minotaur und Minotaurus sowie Dädalus. Soll er – der hat uns ja auch den Tollpatsch beschert, obwohl der aus dem Ungarischen tolpatsch abzuleiten ist.)

Literatur
Grant, Michael und John Hazel: Lexikon der antiken Mythen und Gestalten. (1973) München 1976 (List)
Kern, Hermann: Labyrinthe. Erscheinungsformen und Deutungen – 5000 Jahre Gegenwart eines Urbilds. München 1982 (Prestel)
Siebenmorgen, Harald (Hrsg.): Im Labyrinth des Minos. Kreta – die erste europäische Hochkultur. München 2000 (Biering  Brinkmann) – Katalog einer Ausstellung des Badischen Landesmuseums in Karlsruhe

Schauen Sie bitte gelegentlich auch mal in die früheren Beiträge dieses Blogs rein! Hilfreich sein könnten vor allem die Vorbemerkung zu diesem Labyrinth-Blog und die Zeittafel . Die wichtigsten Personen und Begriffe werden erläutert in Fünf Kreise von Figuren

"Zwei Seelen wohnen a(u)ch in meiner Brust." Das Schreiben hat es mir schon in der Jugend angetan und ist seitdem Kern all meiner Tätigkeiten. Die andere „zweite Seele“ ist die praktische psychologische Arbeit plus wissenschaftlicher Verarbeitung. Nach dem Psychologiestudium seit 1971 eigene Praxis als Klinischer Psychologe. Zunächst waren es die Rauschdrogen, die mich als Wissenschaftler interessierten (Promotion 1976 mit der Dissertation "Der falsche Weg zum Selbst: Studien zur Drogenkarriere"). Seit den 1990er Jahren ist es das Thema „Hochbegabung“. Mein drittes Forschungsgebiet: Labyrinthe in allen Varianten. In der Themenzentrierten Interaktion (TZI) nach Ruth C. Cohn fand ich ein effektives Werkzeug, um mit Gruppen zu arbeiten und dort Schreiben und (Kreativitäts-)Psychologie in einer für mich akzeptablen Form zusammenzuführen. Ab 1978 Seminare zu Selbsterfahrung, Persönlichkeitsentwicklung und Creative Writing, gemeinsam mit meiner Frau Ruth Zenhäusern im von uns gegründeten "Institut für Angewandte Kreativitätspsychologie" (IAK). Als "dritte Seele" könnte ich das Thema "Entschleunigung" nennen: Es ist fundamentaler Bestandteil jeden Schreibens und jedes Ganges durch ein Labyrinth. Lieferbare Veröffentlichungen: "Kreatives schreiben - HyperWriting", "Kurzgeschichten schreiben", "Das Drama der Hochbegabten", "Zeittafel zur Psychologie von Intelligenz, Kreativität und Hochbegabung", "Blues für Fagott und zersägte Jungfrau" (eigene Kurzgeschichten), "Geheimnis der Träume" (Neuausgabe in Vorbereitung). Dr. Jürgen vom Scheidt

Schreibe einen Kommentar