Solarenergie aus der Wüste – daidalische Vision von Reinhard Dahlberg
BLOG: Labyrinth des Schreibens

Noch ist es nur eine technische Vision – pure Science Fiction. Aber gestern und heute stand es im Wirtschaftsteil von SZ und FAZ: Die Münchner Rückversicherung plant, ein großes Konsortium aus 20 Konzernen zusammenzurufen, das in großem Stil in den Wüstengebieten Nordafrikas die Sonnenenergie zur Stromgewinnung nützen soll. Die Rede ist von einer Investition in Höhe von 400 Milliarden €uro. Der Club of Rome ist ebenfalls im Boot.
Nirgendwo taucht jedoch in der Berichterstattung der Name des Mannes auf, der diese Vision schon in den 1980-er Jahren hatte: Reinhard Dahlberg.
Allerdings dachte dieser moderne Daidalos nicht an die direkte Stromgewinnung, sondern plante gewaltige Plantagen von Solarmodulen. Die derart gewonnene Elektrizität sollte dazu benützt werden, Wasser aus dem Mittelmeer zu entsalzen und in Sauerstoff und Wasserstoff zu zerlegen. Letzterer sollte in Pipelines nach Europa befördert werden.
Ich hatte das Privileg, diesen Visionär Ende 1989 in Heilbronn für den Bayrischen Rundfunk zu interviewen. Dahlberg war alles andere als ein Spinner, sondern wusste als ehemaliger Direktor der AEG, wovon er sprach und wie man vor allem so ein Projekt berechnet. Wenn es eine moderne Variante des antiken Erfindergenies und Projektemachers Daidalos gibt, dann sieht sie so aus.
Ich weiß, dass es Gegner der großtechnischen Gewinnung von solarem Wasserstoff oder überhaupt von Solarenergie gibt. Zu ihnen gehören der Solar-Fan und SPD-Abgeordnete Hermann Scheer (der sich ursprünglich sehr für Dahlbergs Vision einsetzte) und der verstorbene Kybernetiker Frederic Vester. Aber eine bedenkenswerte Variante ist Dahlbergs Projekt allemal.
Das Interview mit Dahlberg zur Solar-Wasserstoff-Welt und eine Kurz-Biographie Reinhard Dahlberg finden Sie auf meiner Website.
Einen guten Artikel zum Thema, der Dahlberg immerhin erwähnt, schrieb der Focus-Redakteur Michael Odenwald unter dem Titel "Welche Zukunft hat Strom aus der Wüste?"
Quellen
Dahlberg, Reinhard: "Die großtechnische Nutzung der Sonne. Eine konkrete Utopie zur Lösung der Probleme Energie, Umwelt und Bevölkerungsexplosion". Heilbronn 1985 (Privatdruck)
hpe (Kürzel): "Afrikas Sonne in deutschen Steckdosen". In: Frankfurter allgemeine Zeitung vom 17. Juni 2009
Scheer, Hermann (Hrsg.): Die gespeicherte Sonne. München 1987-10 (Piper TB)
Scheidt, Jürgen vom (Hrsg.): "Reinhard Dahlberg: Energie aus der Wüste". In: JvSch.: Konzepte für die Zukunft. Stuttgart München Landsberg 1990 (Bonn aktuell)
Abschätzung:
Eine grobe Abschätzung:
Die Solarkonstante beträgt 1370 Watt pro Quadratmeter.
Wenn der Gesamtwirkungsgrad inclusive der Nacht nur 7,3 Prozent betragen würde, dann wären das 100 Watt pro Quadratmeter, oder 100.000.000 Watt pro Quadratkilometer (10^8 W/km^2).
Für eine sehr großzügige Menschheit:
Nehmen wir an daß jeder Mensch ständig 10.000 Watt benötigt (10^4 W), und daß es 10.000.000.000 Menschen dieser Art gibt (10^10 M).
Eine solche Menschheit benötigt also 100.000.000.000.000 Watt (10^14 W).
Bei einer Produktion von 100.000.000 Watt pro Quadratkilometer (10^8 W/km^2) benötigt man für den Verbrauch von 100.000.000.000.000 Watt (10^14 W) eine Fläche von 1.000.000 Quadratkilometern (10^6 km^2).
1.000.000 Quadratkilometer (10^6 km^2) befinden sich in einem Quadrat von 1000 Kilometern Kantenlänge.
Die Größe der Sahara beträgt 9.000.000 Quadratkilometer (9*10^6 km^2), sie ist also 9 mal größer.
Der Aufwand pro Person:
Bei einer Produktion von 100 Watt pro Quadratmeter benötigt man für den Verbrauch von 10.000 Watt (10^4 W) eine Fläche von 100 Quadratmetern.
100 Quadratmeter befinden sich in einem Quadrat von 10 Metern Kantenlänge.
Das ist die Grundfläche einer größeren Wohnung.
@Karl Bednarik: Die Wohnung hätte ich –
Danke, Karl Bednarik: Die Wohnung hätte ich schon – wäre schön, wenn Ihre Berechnung stimmt und das Konsortium bald tätig wird, damit “meine” Solar-Module mich mit Energie versorgen können.
Reinhard Dahlberg hat das in seiner erwähnten Broschüre auch alles durchgerechnet und kommt, soweit ich das abschätzen kann, zu ähnlichen Ergebnissen.
Mal beobachten, wann die Meldung kommt, dass auch für dieses Projekt eine Anschubfinanzierung durch den Steuerzahler oder eine spezielle Einspeisungsvergütung erforderlich ist.
Energetische Amortisationszeit
Die Energetische Amortisationszeit beschreibt die Zeit, über die eine Energiegewinnungsanlage betrieben werden muss, bis die für ihre Herstellung aufgewendete Energie wieder gewonnen wurde.
Die energetische Amortisationszeit von:
… Photovoltaikanlagen in Mitteleuropa liegt zwischen 2,9 Jahren und 4,6 Jahren (das liegt an den hochwertigen Materialien),
… solarthermischen Parabolrinnenkraftwerken liegt bei etwa fünf Monaten (ist nur Blech),
… Windkraftanlagen liegt bei etwa 4 Monaten (wenn sie aus Holz sind, dann noch viel kürzer).
******
Wenn sich also die solarthermischen
Parabolrinnenkraftwerke alle halben Jahre verdoppeln lassen, dann gibt es in 5 Jahren 1024 ( 2^10 = 1024 ), in 10 Jahren 1.000.000 ( 2^20 = 1024^2 ), und in 15 Jahren 1.000.000.000 solarthermische Parabolrinnenkraftwerke.
******
Die Zusammensetzung der Erdkruste in Gewichts-Prozenten:
Sauerstoff 46,6 % (dabei spielt die Atmosphäre kaum eine Rolle)
Silizium 27,7 % (Glas, Keramik, Prozessoren)
Aluminium 8,1 % (Stromleiter, Lichtreflektor, Oxide: Isolator, Schleifmittel)
Eisen 4,7 % (Träger, Magneten)
Reinhard Dahlberg
Könnten Sie mir Adresse, Telefonnummer oder Emailadresse von Herrn Dahlberg schicken?
Vielen Dank