Science Fiction: Seit 60 Jahren dabei (Blogging und Karriere)
BLOG: Labyrinth des Schreibens
Das Thema “Blogging und Karriere” hier bei den SciLogs hat bei mir so etwas wie eine Zeitreise ausgelöst: Wie hat das eigentlich angefangen mit meiner eigenen “Karriere”? Und wo stehe ich da heute? Meine Arbeit hat sich immer schon ums Schreiben gedreht und ums Publizieren, Marketing-Aktivitäten stets einbegriffen. Und immer schon war die Science Fiction der Motor meiner Interessen in dieser Richtung.
Ich war acht Jahre alt, als ich 1948 in Garmisch den ersten “Superman”-Comic in die Finger bekam. Einige Jahre später, ich war zwölf, keimte in mir die Idee, selbst so einen Comic zu gestalten. Ich hatte nämlich nicht lange zuvor über einen Schulkameraden dessen Cousin kennengelernt, der zeichnerisch sehr begabt war. Ich hatte die Ideen, Alfred konnte meine kleinen Texte in Bilder umsetzen.
Kühn wie wir waren, nahmen wir gleich zwei Projekte in Angriff, beide inspiriert von den Geschichten, die wir selbst gerne lasen:
° Das waren zum einen Dschungelabenteuer à la “Tarzan”, “Akim” und “Bomba, der Dschungelboy”.
° Das waren zum anderen Weltraumabenteuer jeder Art – und eben “Superman”.
Beide Geschichten gediehen über die ersten zwei, drei Seiten nicht hinaus. Aber der Stachel saß drin im – naja, nicht im “Fleisch”, aber im Unbewussten. Seit dem hat er bei mir immer wieder utopische Geschichten angerührt. Vieles wurde fertig, sogar veröffentlicht. Vieles verflüchtigte sich wieder. Vier SF-Roman wurden geschrieben und auch publiziert. Ein fünftes Roman-Projekt beschäftigt mich seit 30 Jahren, wird schubweise in Kapiteln und Entwürfen vorangetrieben, versackt wieder, weil der Alltag mit seinen Zwängen anderes verlangt. Doch nun will auch dieser Roman endlich fertig werden.
(Eine Schreib-Blockade? Sicher nicht. eher so etwas wie eine Publikations-Blockade.)
Okay, das wird jetzt kein Nostalgie-Trip zurück in die Vergangenheit. Viel wichtiger ist mir, zu zeigen, wohin dies Anfänge mich geführt haben – und welche Rolle das Blogging dabei spielt. In weiteren Artikeln werde ich diesen beiden Themensträngen noch ausführlicher nachspüren. Jetzt nur so viel:
° Im Science Fiction Club lernte ich schon sehr früh das gemeinsame Schreiben kennen, wie in einer Zeitungsredaktion;
° ähnlich war es durch die Mitarbeit bei der Schülerzeitung.
° Als Student machte ich dann eine Art Volontariat bei einem Verlag für medizinische Fachzeitschriften und lernte dort in der Redaktion von “Selecta” und “Praxis-Kurier” das journalistische Handwerk von der Pike auf .
Ich entschied mich jedoch gegen eine Karriere als Journalist, beendete lieber das Studium der Psychologie und eröffnete eine psychologische Praxis. Aber das Schreiben, auch und gerade von Science Fiction, war immer dabei. Mit dabei war immer das Bedürfnis, mit anderen zusammen literarisch kreativ zu sein, nicht bloß allein zuhause in meinem Elfenbeinturm. Und drittens waren stets die Überlegungen beteiligt, wie ich meine Ideen, meine Schreib-Projekte besser vermarkten könnte, auch außerhalb der etablierten Kanäle der Verlage und Redaktionen.
Zusammen mit anderen schreiben
1975 begann ich, lange nach dem Studium, eine Ausbildung im Leiten von Seminaren mit der Methode der Themenzentrierten Interaktion, kurz TZI. Ich hatte nämlich im Jahr zuvor ein Schlüsselerlebnis gehabt, das mir die Augen öffnete für ein völlig neues Tätigkeitsfeld als (schreibender) Psychologe. Ich war damals sehr intensiv in der Drogenberatung tätig, theoretisch publizistisch ebenso wie praktisch in der psychologischen Einzelberatung, dazu mit Vorträgen und eben mit Seminaren.
Das musste ich mir alles weitgehend autodidaktisch erarbeiten. Aber bei einem ersten und noch dazu sehr schwierigen Seminar 1974 in Vlotho mit 40 (!) Drogenberatern und Leuten aus dem Jugendschutz machte ich wohl alles intuitiv richtig, bekam sehr gutes Feedback und wusste auf der Heimreise: Das ist es! Ich will in Zukunft Seminare machen. Ich war mir gleichzeitig aber auch sehr bewusst, dass mir dazu das Handwerkszeug fehlte: Wie macht man ein gutes Seminar – wenn man nicht nur auf seine Intuition und sein Glück vertrauen möchte? Da stößt jede Karriere naturgemäß rasch an ihre Grenzen. Damals, im Jugendhof in Vlotho, bekam ich vom dortigen Institutsleiter den Tipp, mich an Ruth Cohn und ihre Angebote in TZI zu wenden.
Drei Jahre später, 1978, war ich mit meiner TZI-Ausbildung schon recht weit gediehen. Ich hatte die Position des Ko-Leiters und konnte so meine eigenen Ideen in die Gestaltung des gerade laufenden Seminars gut einbringen. Als es in einer dieser Seminarwochen die (in Seminaren dieser Art fast immer eintretende) typische “Krise in der Mitte” gab und sich viele Teilnehmer weigerten, weiter nur zu “labern” – da kam mir die Idee, welche meine eigene Karriere als Psychologe und Seminarleiter und als Immer-schon-Schreibender ab da grundsätzlich auf ein neues Gleis schob:
“Wenn ihr nicht mehr labern wollt – dann lasst uns doch mal schreiben”, schlug ich vor.
Der Vorschlag wurde positiv aufgenommen. Und wir schrieben. Gemeinsam in der Gruppe, jeder und jede für sich. Danach tauschten wir uns über die Texte aus. So entstand die Idee zu einem ersten Schreib-Seminar*, das ich im Jahr darauf anbot, mit derselben Kursleiterin Elisabeth von Godin. Es wurde ein großer Erfolg. Und seitdem mache ich doppelgleisig genau dies: Ich schreibe für mich – und ich führe zusammen mit anderen Schreibinteressierten Seminare durch.
* Erst Jahre später erfuhr ich, dass es in den USA schon seit geraumer Zeit so etwas wie Creative Writing gab – in etwa das, was auch ich da betrieb. Später wurde mir zudem klar, dass die Anfänge dieses “In der Gruppe schreibens” auch schon viel weiter zurückreichten: in die bereits erwähnten Aktivitäten im Science Fiction Club Deutschland (SFCD), vor allem bei den allmonatlichen, am Samstag stattfindenden Redaktionssitzungen für die Fan-Postille “Munich Round Up”.
Science Fiction einzubeziehen, war nicht leicht
Das Thema Science Fiction in meine Schreib-Seminare einzubringen, war nicht leicht. Es war – und ist – ein Nischen-Thema, auch heute noch, allen Blockbuster-Filmen wie “Krieg der Sterne” und “Avatar” und “Die Tribute von Panem” zum Trotz. Genau wie die “Labyrinthe” ein Nischenthema sind und bleiben werden. So ist es eben.
Natürlich konnte und kann ich selbst in meinen Seminaren immer SF schreiben. Deren Themen sind mir einfach immer präsent – da muss ich nur die Tageszeitung lesen. Ich habe allerdings stets auch über “normale” Themen geschrieben, Sachliches ebenso wie Belletristisches, halt das, was man Mainstream nennt und was der Feuilletons liebstes Kind ist. In meiner Anthologie “Blues für Fagott und zersägte Jungfrau” findet man dementsprechend eine bunte Mischung von SF, Fantasy und Mainstream-Themen.
Etwas ganz anderes ist es, die Teilnehmer eines Seminars zu diesen, wie ich meine, wirklich wichtigen und literarisch anspruchsvollen Möglichkeiten hinzuführen. Deshalb biete ich jedes Jahr ein Schreibseminar speziell zu “Science Fiction” an. Dabei interessiert mich sehr die – naheliegende – Querverbindung zur Fantasy.
Blogs als ideales Marketing-Instrument
Meine Anfänge bei den SciLogs waren jenseits irgendwelcher Gedanken, dass Blogging auch eine Möglichkeitsein könnte, eigene Ideen, Themen, Texte zu “verkaufen”. Labyrinthe – das ist ein Orchideen-Fach (wenn man es überhaupt im akademischen Sinne als “Fach” sehen kann), und es ist ein absolutes Nischen-Thema. Ich kam zu diesem Blog ohne jede Absicht: weil die SciLogs-Redaktion mich fragte, ob ich meine kleinen privaten Blogging-Versuche auf der eigenen Website nicht bei den (Ende 2006) gerade entstehenden “Wissenschafts-Blogs” einbringen wollte.
Nun, mir gefiel diese Idee, und seitdem bin ich dabei. Aber was sollten in diesem Zusammenhang Marketing-Überlegungen oder Gedanken zu meiner Karriere?
Ganz anders ist dies, seit ich das Thema Schreiben, mein eigentliches berufliches Tätigkeitsfeld, endlich dazunehmen konnte. Es ist gar keine Frage, dass die Mitarbeit bei den SciLogs auch eine wunderbare Möglichkeit des Marketing ist: Man kann seine Ideen und Themen über das Internet auf optimale Art der ganzen Welt vorstellen – im Prinzip derzeit einer Milliarde Menschen. Das ist schon was!
Insofern kann ich nur feststellen: Blogging ist für jemanden wie mich, der auf dem freien Markt publiziert und Seminare anbietet, geradezu ideal für die Förderung der Karriere. Da ich mich nicht irgendwelchen Institutsleitern oder anderen akademischen Gremien gegenüber verantworten muss (wie manche meiner Mit-Blogger hier in den SciLogs), schert es mich einen Teufel, was solche Instanzen von Blogging halten. Ob es zum Beispiel “seriös” genug ist für eine wissenschaftliche Karriere oder eher hinderlich. Ich sehe ja fast jeden Tag, was für interessante Artikel meine Mit-Blogger veröffentlichen. Ich sehe jeden Montag in der Süddeutschen Zeitung die Kolumne, welche über interessante Netz-Aktivtäten berichtet – und dieses Material stammt immer aus irgendwelchen internationalen Blogs.
Blogging ist für mich das Kommunikationswerkzeug schlechthin geworden: Schnell, bestens vernetzt, anregend – ja und eben auch mit dem Mut, mal “quick and dirty” ein Thema anzureißen und zu schauen, was passiert. Wo und wie sonst kann man das machen?
Nochmal zur Science Fiction und zum Schreiben: Die SF-Autoren gehören, logischerweise, dank ihres Interesses an Wissenschaftsthemen zu den Pionieren jeder Art von Internet-Aktivitäten und eben auch des Blogging. Stephen King, den ich jetzt mal auch als SF-Autor betrachte (obwohl er meistens Horror und Fantasy schreibt) war einer der ersten Autoren, der den Versuch startete, mit seiner “Bullet”-Story nicht nur im Internet zu publizieren, sondern auch Geld dafür zu verlangen. Da er der Pionier war damit, wurde dies ein Marketing-Scoop ersten Ranges. Das Projekt scheiterte zwar, weil die Internet-Gemeinde ungern etwas für Content bezahlt. Aber er zog es immerhin eine Weile durch. Weil er die immensen Marketing-Möglichkeiten begriff.
Dass man im Rahmen eines Bloggs sogar ein Buch entwickeln und häppchenweise veröffentlichen kann, erscheint mir als weiterer hochinteressanter Aspekt. Lars Fischer hat dieses Thema aufgeworfen. Ich bereite dazu einiges für meinen Blog hier vor.
Allgegenwart des Labyrinth-Mythos: Der Traum vom Fliegen
An dieser Stelle die Querverbindung zum Labyrinth-Thema herzustellen, ist ganz einfach: Schon im Gilgamesch-Epos finden wir die Vision, hoch am Himmel fliegen zu können wie ein Adler. Diese Utopie wird im Epos präsentiert in Gestalt eines eindrucksvollen Traums. Das war vor etwa 4.000 Jahren.
Das griechische Erfindergenie Daidalos hat diesen Traum dann vielleicht tausend Jahre später der Wirklichkeit nähergebracht: Um dem Labyrinth zu entkommen, das er selbst erfunden und gebaut hatte und in das er von König Minos eingesperrt worden war , erfand er künstliche Flügel. Ihm gelang auf diese Weise die Flucht nach Sizilien; sein unglücklicher Sohn Ikaros kam dabei um. So geht zumindest die überlieferte Geschichte. Science fantasy pur.
Dieser Teil des Labyrinth-Mythos ist für mich der Beginn der SF-Literatur unserer Tage: Eben der Traum vom Fliegen.
° Dieser hat uns inzwischen nicht nur die ganze Welt “für einen Appel und ein Ei” unzähligen Menschen zugänglich gemacht (samt allen schädlichen Nebenwirkungen);
° der hat einige Amerikaner sogar schon auf den Mond befördert,
° und wird kühnen Raumfahrern vrmutlich irgendwann den Besuch des Mars, des Jupitermondes Titan oder gar eines Planeten im nächsten Sonnensystem Alpha Centauri ermöglichen.
Ich würde mich niemals für Monate oder gar Jahre in so eine Blechbüchse von Raumschiff quetschen lassen – wenngleich dies als Jugendlicher mein Traum war: Weltraumpilot. Inzwischen wandere ich lieber am Starnberger See oder im Schweizer Hochgebirge. Und wenn es schon “weiter weg” sein soll, daan tummle mich mich lieber in den unendlichen virtuellen Weiten des Cyberspace. Dennoch ist die Raumfahrt ist für mich das Thema schlechthin der Science Fiction, als ultimative Variante der Heldenreise. Darüber Geschichten zu schreiben, ist ja für uns Nicht-Astronauten die einzige Möglichkeit, da “rauf” und “raus” zu kommen in die Weiten des Universums (eindrucksvolle Filme wie “Avatar” und demnächst “Prometheus” mal ausgenommen).
Demnächst werde ich die beiden Themen “Blogging und Karriere” und “Science Fiction” in eigenen Artikeln ausbauen und vertiefen.
209 / #770 / 1312 / BloXikon: Science fiction / Fantasy / Blogging / Marketing
SciFi
… ist wichtig. – Viel Erfolg weiterhin!
Der Schreiber dieser Zeilen ist (hauptsächlich) mit der (amer.) SciFi-Literatur groß geworden. Da war noch viel technische SciFi dabei, sehr trocken sozusagen.
Zurzeit kann für die philosophisch Interessierten Terry Pratchett empfohlen werden, auch wenn dessen “SciFi” mehr indirekt bzw. in den erweiternden Büchern (“X der Scheibenwelt” etc.) stattfindet.
MFG
Dr. Webbaer
Nachtrag
… mit der Sci-Fi-Literatur der Sechsziger
55 Jahre
Zu Blogging und Karriere:
Vor und nach der Karriere hat man deutlich mehr Zeit zum bloggen.
—
Ich bin erst seit 55 Jahren dabei (damals war ich 11 Jahre alt).
Ich las zum Beispiel die Bücher von Dozent Erich Dolezal und Manfred Langrenus (Pseudonym von Professor Friedrich Hecht).
Titan
Ein flüchtiges Überfliegen des wortreichen Artikels enthüllt bereits einen entscheidenden Fehler: Titan ist kein Mond des Jupiter, sondern der größte des Saturn.