No labirinto do pensamento a palavra é um escuteiro, oder: Doppelter Zufall mit Lissabon
BLOG: Labyrinth des Schreibens
Aphorismen sind so etwas wie Mückenstiche. Wenn man einen liest – piekst es. Dann juckt es noch eine Weile nach. Das war´s. Welch verblüffender Zufall, dass gleich das erste Beispiel in diesem Büchlein mitten ins Labyrinthische führt.
Ähnlich wie das japanische Kurzgedicht Haiku mit seinen drei Zeilen und 5-7-5 = 17 Silben und das Epigramm, ist der Aphorismus eine ideale Möglichkeiten, Gedanken auf einen Punkt zuzuspitzen. Zusammen mit dem Distichon* sind dies vier Mikro-Textformate, mit denen man schreibend stundenlang spielen kann. Falls man nichts Besseres zu tun hat – zum Beispiel Palindrome** zu basteln oder den Spaß des Limericks auszukosten. Wie das Schreiben überhaupt bestes Gehirnjogging ist und ideale Prophylaxe gegen Altersdemenz.
* Das Distichon (griechisch: Zweizeiler) verbindet die Versform von Hexameter und Pentameter zu einem Doppelvers: “Im Hexameter steigt des Springquells flüssige Säule / Im Pentameter drauf fällt sie melodisch herab” (Schiller, “Das Distichon”)
200 Mückenstiche der literarischen Art
Anstatt einer Rezension möchte ich einen sehr ansprechend aufgemachten kleinen Band mit solchen Gedankenblitzen der portugiesischen Autorin und Übersetzerin Maria de Nazaré Sanches hier im Blog vorstellen. Unter ihren 200 Mückenpieksern haben mir diese drei besonders gefallen:
° Die Zukunft ist ein Loch in der Gegenwart.
° Nein, mir stehen nicht alle Haare zu Berge. Sie stehen mir zu Gebirge.
° Hinter dem Schweigen steckt manchmal eine lange Nacht. (zugleich der Titel des Büchleins)
Kleiner Piekser meinerseits mit dem Beckmesserchen
Der Aphorismus “Bei manchen Kochrezepten fehlt es nicht an Taten, sondern an Zutaten.” (S. 65) bekäme meines Erachtens mehr Biss und Tiefsinn, wenn die beiden Schlüsselwörter umgedreht werden:
“Bei manchen Kochrezepten fehlt es nicht an Zutaten, sondern an Taten.” Aber dann wird daraus natürlich ein ganz anderer Sinn.
Man bekommt Lust, selbst zu Aphorismieren
Bei der Lektüre bekommt man sofort Lust, selbst den Griffel zu spitzen resp. in die Tasten zu hämmern:
“Aphorismen sind eine Art Aphrodisiakum: wie Schnaps ein Schmiermittel für Leute mit verrostetem Getriebe.”
Und noch´n Gedicht (wie Heinz Erhardt in den 1950er Jahren zu blödeln pflegte):
“Im Blog bilanziert der Blogger Beobachtungen und Befindlichkeiten: Beifall bitte!”
Labyrinthisches
Der Aphorismen-Band wurde mir von der Autorin zugeschickt, die sich gerade mit einer Übersetzung meiner Dissertation “Der falsche Weg zum Selbst” ins Portugiesische plagt. Ich schlage das Büchlein auf, und was lese ich als allerersten Eintrag? “Im Labyrinth der Gedanken ist das Wort ein Pfadfinder.”
Oder im Original: die schöne portugisiesche Klangfolge von “No labirinto do pensamento a palavra é um escuteiro.”
Ich liebe solche Zufälle. Aber es kommt noch besser:
Zweiter Zufall “Lissabon“
Maria de Nazaré Sanches´Buch wurde zwar in einem deutschen Verlag veröffentlicht – aber sie lebt in Lissabon. Als ich ihr Päckchen aus der portugiesischen Hauptstadt öffnete, saß ich in einem städtischen Bus und fuhr durch München. Ich wollte gerade mit dem Lesen beginnen, als mein Blick aus dem Fenster auf einen kleinen Lieferwagen fiel. Und was las ich dort als Werbung auf der rückwärtigen Scheibe?
“www.lisboa-bar.de. “
Lisboa ist der portugiesische Name für Lissabon.
Quellen
Bedürftig, Friedemann: “Pendelvokabeln, Schaukelsätze, Mehrweggespräche – Palindrome oder die Lust am Rückwärtssinn”. In: Südd. Zeitung vom 31. Dez 1999-12-31 (“Unter Purzelbäumen im Wörtergarten”)
Nazaré Sanches, Maria de: Hinter dem Schweigen steckt manchmal eine lange Nacht (Aphorismen). 88420 Dürnau 2012 (Edition 350). ISBN: 3-88861-116-4
Pfeiffer, Herbert: Oh Cello voll Echo. Frankfurt a.M. 1992 (Insel).
213/#791/1354 – BloXikon: Aphorismen