Mal was ganz anderes: “Skyfall”

BLOG: Labyrinth des Schreibens

Die Suche nach dem roten Faden
Labyrinth des Schreibens

Nichts über das Schreiben diesmal in diesem Blog, (fast) kein Hinweis auf etwas Labyrinthisches, (fast) keine eigene Meinung – einfach nur ein Kinospaß, soeben genossen.
Tobias Kniebe von der Süddeutschen Zeitung bringt es quick & dirty auf den Punkt. Dem ist wenig hinzuzufügen:

Zum 50. Kinojubiläum wird James Bond für tot erklärt, feiert Wiederaufstehung und fühlt sich auf einmal wirklich wie fünfzig. Guter Trick, und Sam Mendes hat davon noch ein Dutzend mehr auf Lager – inklusive einer genialen Entscheidungsschlacht auf heimischem britischen Boden. (Kniebe).

Persönliche Anmerkung: Sean Connery hat mir als Bond besser gefallen, Pierce Brosnan war in meinen Augen der zweitbeste Bond. Craig ist ein knochentrockener Schlagetot – auch wenn er am Schluss von “Skyfall” ein Tränlein vergisst.

Das Drehbuch ist hervorragend. Sehr abwechslungsreich – und zum ersten Mal mit einer Tiefe, die ich dieser Serie nicht mehr zugetraut hätte. Endlich haben die Autoren entdeckt, dass ein Film letztlich tot bleibt, wenn das Kernstück nicht das Familiendrama ist – sowohl beim Helden wie beim Widersacher. Das zeigt nicht nur “Harry Potter”. Damit hat schon George Lucas in “Krieg der Sterne” gepunktet, als er die ganze sechsteilige Saga zu einer Auseinandersetzung zwischen Sohn (Luke Skywalker) und Vater (Darth Vader) machte, die unter all dem technisch-utopischen Brimborium und Geballer am Wüten ist und am Schluss gelöst werden muss.

Die Bond-Leute haben sich ganz offensichtlich auch von “Batman” inspirieren lassen und nun endlich ihrem Helden so etwas wie eine Kindheit gegeben. Wie Harry Potter entpuppt Bond sich als Waisenknabe, in diesem Fall aus dem schottischen Hochmoor. Letzteres mag eine ironische Verbeugung sein gegenüber Sean Connery, der den Bond für alle Zeiten geprägt hat und heutzutage sein Schottenröckchen mit viel männlichem Stolz trägt.

Die Ermordung der Eltern ist offenbar eine starke Motivation, Held zu werden und sich auf die Suche und Heldenreise nach den verlorenen Vorfahren zu machen resp. sie zu rächen. Dass auch der Bösewicht Raoul Silva (überzeugend gespielt von Javier Bardem) im Thriller “Skyfall” eine alte Rechnung mit einem Elternteil offen hat und deshalb eine beachtliche Reihe von Morden begeht, sei hier nur erwähnt – und sein gehasster Gegner nicht verraten, weil das für einen echten Knaller am Schluss des Films sorgt.

Wie bei jeder richtigen Heldenreise gibt es auch diesmal einen Schatz. Die weibliche Verkörperung des Schatzes, das Bond-Girl, kommt dieses Mal nicht so gut davon wie sonst: als Betthäschen, das auch noch schießen kann. Und der materielle Schatz, eine Festplatte mit den Geheimidentitäten aller Nato-Spione – naja, was mit dieser Kostbarkeit passiert, sei ebenfalls nicht verraten. Es passt jedenfalls in das Muster eines sehr, sehr gealterten Bond, dass der Film mit diesen Aspekten des Alters spielt (inklusive Alkoholproblem) – ist die Serie doch in der Tat ein halbes Jahrhundert alt.

Schöner Zufall: “Skyfall” kam fast zeitgleich in die Kinos, als ein echter Kerl ganz anderer Art buchstäblich so einen “Himmelssturz” zelebrierte: Felix Baumgartner. Doch davon ein andermal mehr – genau wie von Barack Obamas eindrucksvoller Wiederwahl als US-Präsident. Für beide, Baumgartner wie Obama, wurde übrigens in den Medien das Schicksal des Ikaros aus der griechischen Mythologie sehr passend heraufbeschworen. Beide sind bisher zum Glück nicht abgestürzt.

Etwas Labyrinthisches gab es übrigens  im Verlauf der Bond-Serie

Im Bond-Film Nr. 20 “Stirb an einem anderen Tag” geht es um einen Satelliten, der Sonnenenergie in einem tödlich heißen Strahl bündelt. Der Bösewicht funktioniert diese Maschine zu einer veritablen Waffe um. Passenderweise trägt der Satellit den Namen Ikarus.

Quellen
Kniebe, Tobias: “Skyfall” (Kurzkritik). In: SZ Nr. 252 vom 31. Okt 2012, S. 14 (Feuilleton)
Mendes, Sam (Regie): James Bond # 23: Skyfall. Great Britain und USA 2012 (MGM)

Tamahori, Lee (Regie): James Bond # 20: Stirb an einem anderen Tag (Die Another Day). Great Britain und USA 2002 (MGM)

Schauen Sie bitte gelegentlich auch mal in die früheren Beiträge dieses Blogs rein! Hilfreich sein könnten vor allem die Vorbemerkung zu diesem Labyrinth-Blog und die Zeittafel . Die wichtigsten Personen und Begriffe werden erläutert in Fünf Kreise von Figuren 

220 / #828 / 1437 – BloXikon: Drehbuch
Virtuelle Schreib-Werkstatt Nr. 313

"Zwei Seelen wohnen a(u)ch in meiner Brust." Das Schreiben hat es mir schon in der Jugend angetan und ist seitdem Kern all meiner Tätigkeiten. Die andere „zweite Seele“ ist die praktische psychologische Arbeit plus wissenschaftlicher Verarbeitung. Nach dem Psychologiestudium seit 1971 eigene Praxis als Klinischer Psychologe. Zunächst waren es die Rauschdrogen, die mich als Wissenschaftler interessierten (Promotion 1976 mit der Dissertation "Der falsche Weg zum Selbst: Studien zur Drogenkarriere"). Seit den 1990er Jahren ist es das Thema „Hochbegabung“. Mein drittes Forschungsgebiet: Labyrinthe in allen Varianten. In der Themenzentrierten Interaktion (TZI) nach Ruth C. Cohn fand ich ein effektives Werkzeug, um mit Gruppen zu arbeiten und dort Schreiben und (Kreativitäts-)Psychologie in einer für mich akzeptablen Form zusammenzuführen. Ab 1978 Seminare zu Selbsterfahrung, Persönlichkeitsentwicklung und Creative Writing, gemeinsam mit meiner Frau Ruth Zenhäusern im von uns gegründeten "Institut für Angewandte Kreativitätspsychologie" (IAK). Als "dritte Seele" könnte ich das Thema "Entschleunigung" nennen: Es ist fundamentaler Bestandteil jeden Schreibens und jedes Ganges durch ein Labyrinth. Lieferbare Veröffentlichungen: "Kreatives schreiben - HyperWriting", "Kurzgeschichten schreiben", "Das Drama der Hochbegabten", "Zeittafel zur Psychologie von Intelligenz, Kreativität und Hochbegabung", "Blues für Fagott und zersägte Jungfrau" (eigene Kurzgeschichten), "Geheimnis der Träume" (Neuausgabe in Vorbereitung). Dr. Jürgen vom Scheidt

1 Kommentar

  1. James Bond 2012

    Irgendwann, lieber Herr vom Scheidt, ist JB angefangen Naturgesetze zu überwinden und in einigen Einstellungen scheint er sogar fliegen zu können.

    Das mag zwar im Trend moderner Superhelden (“Mission Impossible”, “Catwoman” etc.) liegen, aber erreicht zumindest diesen Konsumenten zeitgenössischen Pulps nicht mehr seit einigen Jahren.

    Sie merken korrekt an, dass JB nun ähnlich schmerzhaft konditioniert am Start ist wie Batman; der Zeitgeist mag auch diesen Trend beigesteuert haben.

    MFG + weiterhin viel Erfolg!
    Dr. W

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