Höhlenforscher aus dem Bauch der Erde befreit

BLOG: Labyrinth des Schreibens

Die Suche nach dem roten Faden
Labyrinth des Schreibens

Es ist ja nicht so, dass ich nur die Süddeutsche Zeitung lesen würde. Ich lese einfach alles, was mir in die Finger kommt. Die Wünschelrute Labyrinth funktioniert dabei bestens.

Über das Höhlensystem unter Yukatán habe ich schon am 21. Dez 2007 berichtet: Höhlenlabyrinth auf Yukatán

Vor einigen Wocheen fuhr ich mit der U-Bahn. Jemand hatte die aktuelle Ausgabe von Welt kompakt liegen lassen. Ich schaute auf die Rückseite und las: "Drama um Höhlenforscher". Na, wenn da mal nicht das Wort Labyrinth auftaucht! In der Süddeutschen vom gleichen Tag hatte ich ihn ja schon gelesen, den Bericht über die von Regenfällen in einem französischen Höhlensystem überraschten Forscher. Wörtlich in Welt kompakt derselbe Satz (bestimmt von einer Agentur vorformuliert:)

Sie wollten ein Labyrinth aus kilometerlangen unterirdischen Gängen in rund 200 Metern Tiefe erkunden.

Solche Höhlensysteme drängen, wohl nicht zufällig, dem Berichterstatter das Wort Labyrinth förmlich auf.
Herbert W. Franke, Mentor meiner Studentenzeit, ist ein Multitalent. Der Physiker, SF-Autor und Pionier der Computergraphik, war zudem noch renommierter Höhlenforscher. Er veröffentlichte 1978 ein Sachbuch über sein Hobby, das er sehr professionell betrieb: In den Höhlen dieser Erde. In diesem nach wie vor sehr lesenswerten Werk (Untertitel: "Vorstöße in unbekannte Tiefen") kommt der Begriff Labyrinth an vier verschiedenen Stellen vor (S. 9, 82, 124, 163).

Auch in der erzählenden Literatur gibt es Höhlenlabyrinthe

Auf der Rückseite von Mark T. Sullivans 66096 ( Originaltitel: Labyrinth) wird dieser Thriller so angepriesen:

NASA-Astronauten machen einen sensationellen Fund: Mondstein 66095 könnte sämtliche Energieproblem der Erde lösen. Doch der Stein verschwindet spurlos …
Eine Gruppe von Wissenschaftlern startet eine Expedition in eines der größten Höhlensystem der Welt. Das Labyrinth wird den Forschern zum Verhägnis, denn sie werden von einem Psychopathen [und seinen Kumpanen, entflohenen Sträflingen] immer tiefer in die beklemmende Finsternis getrieben. Besteht ein Zusammenhang mit dem Verschwinden von Mondstein 66095?
Ein erbarmungsloser Welttlauf mit der Zeit beginnt, denn ein Jahrhundertunwetter droht das Labyrinth zu überfluten.

Spannend und informativ (über Höhlen) geschrieben – aber physikalisch und psychologisch ist das totaler Blödsinn. Mindestens einer der Langzeit(!)-Sträflinge, die da im Höhlensystem die Wissenschaftler verfolgen, würde wegen Klaustrophobie durchdrehen!

Ein ähnlich packender Roman, nur um einiges vielschichtiger und auch gekonnter erzählt, ist Medusa von Thomas Thiemeyer:

Eine todbringende Steinskulptur mitten in der Sahara. Ein Rätsel, älter als die Menschheit. Eine Forschergruppe, verschollen in einem Höhlenlabyrinth. Und eine Frau, die als Einzige die kryptischen Zeichen zu deuten vermag… 
Thomas Thiemeyers spektakulärer Mystery-Thriller bietet spannende Unterhaltung erster Güte. Tief im Herzen der Sahara, inmitten jahrtausendealter Felsmalereien, macht die erfahrene Archäologin Hannah Peters eine seltsame Entdeckung: Eine Medusen-Skulptur, verziert mit Landkarten und Symbolen, kündet von einem Kultgegenstand von sagenhafter Schönheit und dunkler Kraft. Und das Volk, das ihn schuf, scheint sich selbst ausgelöscht zu haben. Als ein Team der National Geographic Society mit ihr auf Schatzsuche gehen soll, beschleicht Hannah starker Widerwille. Ein Alptraum beginnt: Was das steinerne Auge der Medusa vermag, ist mit menschlichen Sinnen nicht zu greifen. Es ist nicht bestimmt für die Lebenden …

Die Anpreisung des Verlags im Klappentext verspricht ausnahmsweise einmal nicht zu viel: Ein sehr guter Roman – mit einem sehr befriedigendem Schluss – wenn man den Science Fiction-Touch mag, mit Aliens und so (kommt aber erst gegen Ende). Weiterer Labyrinth-Bezug (auf S. 187):

[Der reiche Sammler . . .] In den Regalen zu beiden Seiten des Raum reihten sich goldene Trinkkelche aus Persepolis neben bemalten Krügen aus dem Palast von König Minos
Ein unangenehmes Gefühl beschlich sie.  Dies war keine normale Grabkammer. Selbst die Pyramiden mit ihren ausgefeilten Labyrinthen waren mit dieser Anlage nicht zu vergleichen.

S. 251: "Das unterirdische Labyrinth war endlos. Doch hatte es nirgendwo einen Hinweis auf einen zweiten Ausgang gegeben." 

S. 280: "Er hatte sich so sehr gewünscht, dem unterirdischen Labyrinth endlich entkommen zu können, dass ihm der Gedanke, so kurz vor dem Ziel aufzugeben, widerstrebte."

 

Literatur:
Anon.: "Drama um Höhlenforscher". In: Welt kompakt vom 9. Jan 2007
Anon: "Zwei Forscher aus Höhle geborgen". In: Südd. Zeitung vom 9. Jan 2007
Franke, Herbert W.: In den Höhlen dieser Erde. Hamburg 1978 (Hoffmann und Campe)
Spath, Stefan: "Im Bauch von Yukatán". In: Südd. Zeitung vom 10. Jan 2007
Sullivan, Mark T.: 66096 ( Originaltitel: Labyrinth). (New York 2002). Frankfurt am Main 2004 (Fischer TB)
Thiemeyer, Thomas: Medusa. München 2005 (Knaur TB)

Schauen Sie bitte gelegentlich auch mal in die früheren Beiträge dieses Blog rein! Hilfreich könnten vor allem die Vorbemerkung zu diesem Labyrinth-Blog und die Zeittafel sein.

"Zwei Seelen wohnen a(u)ch in meiner Brust." Das Schreiben hat es mir schon in der Jugend angetan und ist seitdem Kern all meiner Tätigkeiten. Die andere „zweite Seele“ ist die praktische psychologische Arbeit plus wissenschaftlicher Verarbeitung. Nach dem Psychologiestudium seit 1971 eigene Praxis als Klinischer Psychologe. Zunächst waren es die Rauschdrogen, die mich als Wissenschaftler interessierten (Promotion 1976 mit der Dissertation "Der falsche Weg zum Selbst: Studien zur Drogenkarriere"). Seit den 1990er Jahren ist es das Thema „Hochbegabung“. Mein drittes Forschungsgebiet: Labyrinthe in allen Varianten. In der Themenzentrierten Interaktion (TZI) nach Ruth C. Cohn fand ich ein effektives Werkzeug, um mit Gruppen zu arbeiten und dort Schreiben und (Kreativitäts-)Psychologie in einer für mich akzeptablen Form zusammenzuführen. Ab 1978 Seminare zu Selbsterfahrung, Persönlichkeitsentwicklung und Creative Writing, gemeinsam mit meiner Frau Ruth Zenhäusern im von uns gegründeten "Institut für Angewandte Kreativitätspsychologie" (IAK). Als "dritte Seele" könnte ich das Thema "Entschleunigung" nennen: Es ist fundamentaler Bestandteil jeden Schreibens und jedes Ganges durch ein Labyrinth. Lieferbare Veröffentlichungen: "Kreatives schreiben - HyperWriting", "Kurzgeschichten schreiben", "Das Drama der Hochbegabten", "Zeittafel zur Psychologie von Intelligenz, Kreativität und Hochbegabung", "Blues für Fagott und zersägte Jungfrau" (eigene Kurzgeschichten), "Geheimnis der Träume" (Neuausgabe in Vorbereitung). Dr. Jürgen vom Scheidt

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