Erotische Labyrinthe von Vater Havemann
BLOG: Labyrinth des Schreibens
Florian Havemann, Sohn des bekannten Dissidenten Robert H. in der ehemaligen DDR, hat ein autobiographisches Buch veröffentlicht ("Havemann". Frankfurt am Main 2007, Suhrkamp). In der Besprechung durch Lothar Müller in der "Süddeutschen Zeitung" heißt es:
Sein Porträt des verwahrlosenden, in selbstgeschaffenen erotischen Labyrinthen verschwindenden Vaters ist das eines in Ungnade gefallenen DDR-Aristokraten: des ehemaligen Funktionärs, Stasi-Zulieferers und prominenten Wissenschaftlers … (Südd. Zeitung vom 1. Dez 2007)
Auch die DDR hatte also ihre Irrgärten. Dass es auch erotische geben könnte, liegt nahe: Hielten doch die Adligen des Rokkokko ihre Schäferstündchen gerne in den – mit Absicht – unübersichtlich angelegten Gartenlabyrinthen ab – die eben gerade keine (kretischen) Labyrinthe waren – sondern verwirrende Strukturen mit vielen Abzweigungen, Sackgassen und manchmal einem zentralen Platz mit einem kleinen Türmchen, das einen Überblick ermöglichte.
Warum sollte nicht ein prominenter DDR-ler, und sei er bei den Herrschenden noch so in Ungnade gefallen (oder gerade deshalb?) sich ebenfalls in einem "erotischen Labyrinth" ergehen? Das wäre dann wohl ein virtueller Irrgarten, einer im Kopf, der Sublimation ermöglichte, wenn der politische Frust zu groß wurde.
Nachtrag vom 12. Jan 2007
Die Schwester Sibylle von Florian Havemann hat inzwischen heftig gegen eine Reihe von Behauptungen ihres Bruder protestiert. ("Missbrauch unseres Namens" im Spiegel Nr. 2 / 7. Jan 2008)