“Die Secession ist eine Weltanschauung” – und kein Labyrinth
BLOG: Labyrinth des Schreibens
Vor der Wende zum 20. Jahrhundert gärte es nicht nur in den Naturwissenschaften, der Technik und der Literatur. Auch unter den Malern regte sich Unmut und Widerstand gegen die althergebrachten Formen.
In München galt die Rebellion vor allem der (wenn auch mit sehr eindrucksvollen Ergebnissen) in Formalismus erstarrten Historienmalerei. Franz von Stuck und eine Reihe anderer Künstler schlossen sich in neuen Gruppen zusammen, die zum einen hinaus in die Natur gingen, um dort das Licht neu zu entdecken (wie die Impressionisten in Frankreich) oder die Archaik der Symbole (wie die überall in Europa auftauchenden Symbolisten) und nicht zuletzt die menschliche Innenwelt mit ihren Befindlichkeiten und Emotionen.
Die Kritik am Althergebrachten äußerte sich dann in Manifesten und Pamphleten wie dem einer Reihe Münchner Künstler, das sich über das teils recht zweitrangige Sammelsurium von über tausend (!) Exponenten bei der alljährlichen Münchner Kunstausstellung aufregte (in einem Memorandum des Vereins Bildender Künstler München):
Es ist für den Besucher geradezu ermüdend, sich durch ein Labyrinth von sehr ungleichwertigen Kunstproducten durchzuarbeiten.
Eine sehr sehenswerte Retrospektive dieser Aufbruchszeit in der Villa Stuck in München hat den Kampfschrei der Rebellen im Titel aufgenommen: "Die Secession ist eine Weltanschauung!" (5. Juni bis 31. Aug 2008). Diese Ausstellung läuft parallel und in Ergänzung zur großen Retrospektive "200 Jahre Kunstakademie" im Haus der Kunst, ebenfalls in München, über die ich schon berichtet habe: 200 Jahre Kunstakademie.
Wer mehr über diese Zeit der Belle Epoque und ihre Aufbruchstimmung speziell in München erfahren möchte, dem sei das vergnügliche und zugleich gut informierende Sachbuch Bohemiens und Belle Epoque von Werner Ross empfohlen, das den bezeichnenden Untertitel trägt, den Thomas Mann in einer Novelle verewigt hat und der einer der wichtigsten Münchner Kunstpreise ("München leuchtet") schmückt: "Als München leuchtete".
Quelle
Anon(vermutl. Georg Hirth), in: Münchner Neueste Nachrichten vom 21. Juni 1892, zit.n. Ausstellungskatalog "Die Secession ist eine Weltanschauung"
Mann, Thomas: "Gladus Dei" (1902). In: Gesammelte Werke. Frankfurt am Main 1963 (S. Fischer)
Ross, Werner: Bohemiens und Belle Epoque. München 1999 (Siedler TB)
Der Blaue Reiter
Ich freue mich bekannt zugeben, dass mein Buch Der Blaue Reiter für Kinder ab Oktober 2008 erhältlich ist. Darin wird unter anderem die künstlerische Entwicklung der Zeit und die Abspaltung der neuen Maler um Kandinsky in München thematisiert. Einfach zugänglich für Kinder ab 8 Jahren aufbereitet. Doch auch erwachsene EinsteigerInnen in die Thematik, werden etwas für sich mitnehmen können.
Buch
Bei uns im Shop ist “Der Blaue Reiter für Kinder” erst ab November 2008 lieferbar. Wird dann wohl noch etwas länger dauern mit der Veröffentlichung.