15.000 B.C.: Stierkampf in Lascaux
BLOG: Labyrinth des Schreibens
Gerade macht Roland Emmerich mit seinem neuen Blockbuster 10.000 B.C. wieder mal die Kinos unsicher, mit Pyramidenbau und Säbelzahntigern und sonst noch allerlei Anachronismen im selben Zeithorizont. Wem´s Spaß macht … (ich schau´s mir trotzdem an, weil ich action liebe.) Aber ein paar Tausend Jahre zuvor hat sich viel Spannenderes und Wichtigeres ereignet:
In den Höhlen von Lascaux im Tal der Dordogne haben im Magdalénien, vor ungefähr 15.000 bis 17.000 Jahren, urzeitliche Künstler phantastische Bilder an die Wände eines Höhlensystems gemalt. Auf einer DVD wird man Schritt für Schritt durch diese Höhle geführt – ein Ereignis, das mindestens so interessant ist wie ein Blockbuster, auch wenn das sehr still und bescheiden daherkommt, als Ergebnis akribischer Forschung.
In der Lascaux-Höhle gibt es – neben Darstellungen von Rindern, Bären und vielen Pferden – immer wieder auch Stiere (Auerochsen, Wisente). Und es gibt eine einzige, sehr seltsame Darstellung eines Menschen: Dieser Mann (der erigierte Penis charakterisiert ihn) hat wohl den Wisent zunächst erfolgreich attackiert (der Bauch des Tieres ist so aufgerissen, dass die Eingeweide heraushängen). Aber das Tier droht nun wütend (was der erhobene Schwanz andeutet) über ihm. Der Mensch liegt rücklings auf dem Boden. Er hat wohl Todesangst (wie seine Erektion vermuten lassen könnte). Und es ist absehbar, wie dieser urtümliche Stierkampf ausgehen wird: nicht so erfolgreich wie in den meisten spanischen und südfranzösischen Stierkampfarenen, die höchstwahrscheinlich ein letztes Echo dieses Jahrzehntausende alten Kampfes des Menschen gegen eine gefährliche (und entsprechend dämonisierte) Tierwelt sind.
Abb.: Stierkamp in einer spanischen Arena (Foto Courtesy Corel Gallery)
Das Kernstück des Labyrinth-Mythos nimmt eben dies in ganz eigener Weise auf: Im Kampf des Theseus mit dem Minotauros. Wenn man so will: in der archaischen und immerwährenden Auseinandersetzung des "Guten" mit dem "Bösen". Der ist nicht auf Vorzeit und Antike beschränkt, sondern reicht bis in die Moderne. In der Dokumentation Wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte von Ralph Giordano finden wir auf S. 100 dieses Zitat:
… nun endlich ist das Zentrum des gigantomanischen Labyrinths in der Nähe, ist der innere Rand, der Vorhof der modernen Stein-Stahl-Beton-und-Glas-Höhle eines modernen Minotaurus erreicht, breiten sich die Pläne für den Palast des Führers aus – so genannt, obwohl damit Hitlers Wohnung gemeint ist. Aber wer mag ein Gebäude von einer Million Quadratmetern schon so nennen?
Quellen
(DVD) Jaubert, Alain (Regie):Lascaux – eine Vorgeschichte der Kunst. Frankreich 1995_1944 (Palettes / Icestorm / arte)
Giordano, Ralph: Wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte. (Hamburg 1989_Rasch Röhrig) München 1991(Knaur TB)
Ach deu scheiße!!