Erdgroßer Exoplanet in dem uns nächsten Sternsystem entdeckt

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Gestern gab die europäische Südsternwarte ESO eine Online-Pressekonferenz für ausgewählte Teilnehmer, die zu strengstem Stillschweigen verdonnert wurden, weil das Embargo auf die Neuigkeit noch bis heute Nachmittag, dem Zeitpunkt der Veröffentlichung des dazugehörigen Papers galt.

Ein frommer Wunsch. Schon wenige Stunden später hatte jemand die Nachricht ausgeplaudert, und dann machte sie in Windeseile die Runde. Da es keinen Sinn mehr macht, etwas geheim zu halten, was eh jeder weiß, gab bald darauf auch die ESO eine Pressemitteilung heraus, dann auch Nature. Auch beim wie üblich gut informierten Daniel Fischer gibt es Aktuelles mit vielen Links.

Und was ist nun die Neuigkeit? Mittels der Messung der Radialgeschwindigkeit, bei der aus einer durch den Dopplereffekt verursachten leichten, periodischen Schwankung der Frequenz des von einem Stern ausgesandten Lichts auf den Schwerkrafteinfluss eines oder mehrerer ihn umkreisenden Planeten geschlossen werden kann (der Planet ist selbst nicht sichtbar), wurde – vermutlich – ein Exoplanet am Stern Alpha Centauri B entdeckt.

Alpha Centauri ist ein Dreifachsystem in fast 4.4 Lichtjahren Entfernung von unserem Sonnensystem. Alpha Centauri A ist etwas größer als unsere Sonne, Alpha Centauri B etwas kleiner. Sie umlaufen ihren gemeinsamen Massenmittelpunkt mit einer Periode von knapp 80 Jahren, ihr Abstand zueinander variiert dabei zwischen 10 und 30 astronomischen Einheiten (AE, 1 AE=mittlerer Abstand Sonne-Erde=149.6 Millionen km). In sehr weitem Abstand umläuft ein viel kleinerer Begleiter namens Alpha Centauri C (oder Proxima Centauri) das Paar. Alpha Centauri ist das uns am nächsten gelegene Sternsystem, und eigentlich ist zur Zeit Proxima Centauri der sonnennächste Stern.

Auch Sterne in einem Binärsystem können Planeten haben. Wenn die Bahn des Planeten aber zu weit ist, kann sie aufgrund der gravitativen Störungen durch den anderen Stern instabil werden und dann hält sich der Planet da nicht lange. Deswegen sollte man, wenn überhaupt, Planeten auf niedriigen bis sehr niedrigen Bahnen erwarten. So ist es auch hier: Der nun entdeckte Exoplanet – falls seine Existenz zweifelsfrei bestätigt wird – umläuft Alpha Centauri B in einem Abstand von 0.04 AE und mit einer Umlaufperiode von 3.3 Tagen. Wahrscheinlich hat auch schon ein eifriger Künstler eine “artist’s impression” fabriziert, ich habe es mir aber geschenkt, danach zu suchen. In der ESO-Pressemitteilung gibt es natürlich auch die unvermeidliche und wie immer sehr aufschlussreiche “artist’s impression”. Ich habe aber nicht den Eindruck, dass der Künstler berechnet hat, wie groß αCen B von seinem Planeten  aus gesehen erscheinen würde.

War das nun die ganze Aufregung wert? Zunächst einmal ist die Tatsache, dass ein so kleiner Exoplanet entdeckt werden konnte, bemerkenswert. αCen Bb dürfte, soweit man das überhaupt so kategorisch feststellen kann, eine Größe und Masse haben, die in etwa der der Erde gleicht. Es ist also ein tellurischer Planet, zwar nicht der erste bekannte, aber doch der kleinste. Aber man sollte nie vergessen, dass bis jetzt nichts weiter gemessen wurde als eine ganz geringe und dazu auch noch mit unvermeidlichen Messfehlern behaftete Frequenzverscheibung des vom Stern αCen B ausgesandten Lichts.

Bei der Exoplanetensuche geht es ja auch um die Suche nach einer “zweiten Erde”, also nach einem erdähnlichen Exoplaneten in der habitablen Zone, weder zu nah noch zu weit von seinem Zentralgestirn. Solche kleinen Planeten in großem Sternabstand sind aber nun einmal schwer zu detektieren. Am leichtesten findet man natürlich “heiße Jupiter”, also schwere Gasriesen in geringem Sternabstand.

Die Tatsache, dass man bei den entdeckten Objekten nun schon auf Erdgröße angekommen ist, ist also allemal eine Nachricht wert – ob es dagegen das Tamtam von gestern wert war, müssen Sie selbst entscheiden. Es scheint sich aber auch abzuzeichnen, dass die aktuelle Entdeckung bereits an die Grenzen des mit der Messung der Radialgeschwindigkeit Möglichen stößt, weil das zu messende Signal bereits geringer als die Messfehler ist.

Die Frage, ob αCen Bb eine zweite Erde ist, stellt sich nicht, weil der Planet bei diesem geringen Sternabstand wohl nicht nur sehr heiß sein dürfte, sondern auch großzügig mit Korpuskularstrahlung und elektromagnetischer Strahlung am harten Ende des Spektrums überschüttet wird.

Wir werden also weiter warten müssen, während die Exoplanetensucher weiter suchen. Die Radialgeschwindigkeitsmethode ist ja nicht das einzige Verfahren, um Exoplaneten zu entdecken. Irgendwann wird es eine Meldung geben, nach der nichts mehr so sein wird wie vorher. Ich bezweifele aber, dass irgendeinem Embargo dann mehr Erfolg beschieden sein wird als gestern.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

21 Kommentare

  1. Auf HARPS folgt ESPRESSO

    HARPS, mit dem der Planet entdeckt wurde, wurde im Oktober aufgerüstet und kann nun Supererden in der habitablen Zone finden.
    Ein Nachfolger von HAPRS wird ESPRESSO sein, welcher in der Lage sein soll, erdgrosse Planeten in der habitablen Zone zu finden . ESPRESSO wird im European Southern Observatory’s Very Large Telescope installiert werden und soll radiale Geschwindigkeitsvariationen bis 10 cm/s messen können. Unsere Erde bewirkt auf unsere Sonne radiale Geschwindigkeitsabweichungen von 9 cm/s.

  2. Der Übeltäter wurde schon identifiziert

    Detektivarbeit der ESO hat soeben zur Identifizierung jenes kroatischen Journalisten geführt, der sich in die Telecon einschlich und dann – entgegen seiner schriftlichen Versicherung, zu schweigen – sogleich das Embargo brach. Der wird jetzt von allen Mailinglisten für astronomische Neuigkeiten, Pressekonferenzen etc. verbannt. Das hat sich für den Mann aber gelohnt …

    Ansonsten habe ich noch erfahren (die Quelle verraten darf ich natürlich nicht :-), dass es hinter den Kulissen erhebliche Zweifel an der Existenz von Alpha Centauri Bb gibt: Das Paper hat es nur mit Mühe in Nature geschafft. Und die Gutachter bestanden darauf, dass alle Rohdaten sofort publik gemacht werden, so dass sich auch andere Spektroskopie-Experten damit auseinander setzen können. Wer weiß, wenn man die Störeffekte durch die Aktivität des Sterns auf andere Weise abzieht, kommt vielleicht etwas anderes heraus …

  3. Wurde wirklich Schaden verursacht?

    Ich sehe nicht, wer da objektiv geschädigt wurde. Im Gegenteil, die zusätzliche Publicity hat doch für das Produkt “Nature” einen unbezahlbaren Werbeeffekt, und für das Paper auch. Würde mich nicht wundern, wenn die Möglichkeit des Leakens von vorneherein vorhergesehen und billigend in Kauf genommen wurde.

    Eine solche lange Embargo-Dauer ist doch eine Einladung an Plaudertauschen. Wäre ein “Leak” wirklich als Problem betrachtet worden dann hätte man die ganze Zeitplanung anders gestalten können – die Zeitspanne zwischen PK und Freigabe der Publikation auf nature.com so verkürzen, dass den Journalisten Zeit zum Schreiben ihrer Artikel bleibt, aber keine Zeit zum Leaken. Das kommt mir alles reichlich suspekt vor.

  4. Der Sinn von solchen Embargos …

    … ist ja gerade, dass noch einige Zeit bleibt, Hintergrundrecherche zu betreiben und andere Experten zu löchern (das ist explizit erlaubt, nur dürfen die’s nicht weiter erzählen), so dass am Ende ohne Konkurrenzdruck zeitgleich mit dem eigentlichen Paper bessere Artikel erscheinen können. Gerade dieser Story hätte das gut getan, angesichts der nicht 100% überzeugenden Daten einer- und der interessanten Konkurrenzsituation mit einem amerikanischen Team andererseits. Kann man so oder so sehen – als einer der in diesem Fall ‘Eingeweihten’ sehe ich’s vielleicht zu positiv …

  5. Das waren die Standard-Sperrfristen von “Nature”, und auch eine Pressekonferenz einen Tag vor Ablauf der Sperrfrist ist im Grunde nichts Ungewöhnliches. Solche Embargo-Pressekonferenzen gibt es in der Regel einmal pro Woche für “Science”- oder “Nature”-Paper und fast nie kommt es zu einer Verletzung der Sperrfrist.

    Ohne die öffentliche Ankündigung der Eso und vor allem ohne den darauf folgenden Hype in den sozialen Medien um diese ach so “geheime” Pressekonferenz wäre da auch dieses Mal nichts weiter passiert. Ob die Eso das bewusst gesteuert oder in Kauf genommen hat, wage ich aber fast zu bezweifeln. Die versehen ja sogar Pressemitteilungen der Form “Neuer Hausmeister in Garching” mit einer Sperrfrist…

  6. Embargos und verschwundene Planeten

    Gerade weil inzwischen jedes zweite Farbbild irgendweines Nebels mit Sperrfrist versehen wird, muss sich die ESO etwas einfallen lassen, wenn es mal was wirklich interessantes zu berichten gibt. Ich verstehe zwar, wozu Embargos gut sein sollen und halte mich selbstverständlich dran. Zeitgemäß sind sie mMn nicht mehr.

    Universetoday.com hat schon letztes Jahr erklärt, sich um Stories mit Embargo nicht mehr zukümmern: http://www.universetoday.com/…ne-with-embargoes/

    Für mich haben Embargos und insbesondere Vorab-Ankündigungen von “besonderen” Erkenntnissen aber schon noch einen Wert: Als Warnung, dass das, was da erzählt wird, vielleicht ein gutes Stück aufgebauscht wird. So war es bei den “Arsen-Bakterien” der Nasa, und vielleicht ist es auch bei diesem vermeintlichen Planeten so.

    So “vertraulich” wie Daniel Fischer sagt, ist die Kritik an den Ergebnissen nämlich nicht. Sie steht klipp und klar in einem News-and-Views-Artikel in eben jener Nature-Ausgabe und stammt von Artie Hatzes, selbst nicht an der Untersuchung beteiligt aber als Planetenjäger sehr anerkannt.

    Mal sehen, ob Alpha Cen Bb nicht den Gliese 581 g macht…

  7. Da passiert(e) noch einiges mehr …

    … im Hintergrund als was der Hatzes-Artikel schon andeutet, aber das hat mit den Refereeing-Prozess zu tun, und da darf ich wirklich nichts von weiter geben – man kann aber unabhängig davon sehr gespannt sein, was nun passiert, wo sich der Rest der Fachwelt direkt der HARPS-Originaldaten annehmen kann. Und offenbar steht bereits in wenigen Monaten ein gänzlich unabhängiger Test der Existenz des schwachen 3-Tages-Signals bevor, aber da recherchiere ich noch, wie “gut” diese Konkurrenten von HARPS sind. Jedenfalls würde ich empfehlen, Alpha-Cen-Bb-Überschriften vorerst lieber mit einem Fragezeichen zu versehen, selbst wenn jetzt – welch Rarität – sogar die NASA der ESO gratuliert hat …

  8. Das Rennen um den 1. Alpha-Cen-Planeten

    war 2008/2009 mal ein großes Thema, mit erst zwei und am Ende sogar drei Protagonisten – jetzt hat der Platzhirsch seinen eigenen (reichlich verrauschten) Sieg verkündet, da sollte man schon fragen, was die anderen so denken. Es gibt kaum ein Thema in der heutigen Astrophysik, wo so die Emotionen der Beteiligten so schnell hochkochen wie bei den Exoplaneten (man denke nur an die Priorität von Gl 667 Cc …), da wollen wir doch mal ein bisschen Öl in’s Feuer gießen, gell. 🙂 Habe gerade die E-Mail-Adresse der Hauptkonkurrentin von Pepe et al. eruiert …

  9. Reicht ein Tag?

    Also, ich bin über die Jahre hinweg schon zu vielen papers als Reviewer eingeladen worden, die im Rahmen meines Fachs und damit meiner Kompetenz lagen.

    Ein Tag hätte mir jedoch nie gereicht, vor allem nicht in einem solchen Fall, wo die Schlussfolgerungen ja nicht klar sind, das Signal sich nicht deutlich aus dem Rauschen abhebt und die ganbze Sache obendrein noch so ein hohes Profil hat.

    Bei einem normalen Review will man ja nur offensichtlich Patzer und Lücken aufzeigen und weiß, dass das Ganze noch vom Autor überarbeitet wird und man es dann ggf. noch einmal zu lesen bekommt, bevor es akzeptiert wird.

    Hier aber ist es egal, ob es drei Stunden oder ein Tag ist. Beides ist zu knapp. Die wirklich ausagekräftigen Kommentare zum paper kommen ohnehin erst später.

  10. Review vs. Medienbericht

    Ich denke, bei den Zeiträumen müssen zwei Ansätze auseinander gehalten werden. Dass ein Peer Review nicht in zwei Tagen gemacht ist, ist selbstverständlich. Das ist die Aufgabe von Wissenschaftlern und die haben selbstverständlich mehr Zeit dafür.

    Die andere Frage ist die mediale Aufbereitung, die naturgemäß unter hohem Zeitdruck passiert. Da macht es (gerade bei komplexeren Wissenschaftsthemen) einen _großen_ Unterschied, ob ich als Wissenschaftsjournalist vier Stunden oder vier Tage vor Veröffentlichung Zugriff auf das Paper habe.

    Im Übrigen habe ich von unbeteiligten Forschern, die ich um Einschätzung bat, noch nie ein ordinäres Review verlagt. Dem Journalisten (und der Öffentlichkeit) reicht schon, wenn der sagt: das hat auf den ersten Blick Hand und Fuß, die Statistik sieht nicht ganz daneben aus, die Forscher haben Renommee.

    Und wenn die Fachwelt das Paper später zerreißt, berichten wir ja auch darüber.

    Zuletzt: Ich denke auch, dass die Embargopolitik kritisch diskutiert werden sollte, ebenso wie die just-in-time-Berichterstattung der Medien. Hier ist ein wirklich fundierter Bericht einige Tage nach Veröffentlichung sicher mehr wert als der Schnellschuss, den alle anderen Medien genauso hinschludern.

  11. @pikarl: Begutachtung

    Soweit ich die Situation verstanden habe, ist die Kernfrage doch die, ob die Annahme der Autoren des betreffenden Papers korrekt ist, dass das, was sie an Signal aus dem Rauschen und den systematischen Messfehlern herauszufiltern meinen, wirklich ein Signal ist und wirklich auf die Existenz eines erdgroßen Planeten um alpha Cen B hinweist.

    Jan Hattenbach weist (m.E. zu Recht) darauf hin, dass dieser Planet auch den Gliese 581g machen könnte. Die Autoren weisen das natürlich weit von sich. Das aber haben Autoren so an sich.

    Wie Daniel Fischer (m.E. auch vollkommen zu Recht) schreibt, haben die Wissenschaftsjournalisten gar keine Option, als die Experten zu löchern, was die davon halten. Besagte Experten aber werden das nicht durch Handauflegen beantworten können, sie müssen die Daten analysieren und verarbeiten und eventuell durch Modellierungsannahmen verifizieren, ob nicht Messfehlerquellen eine solche Signatur in den Messdaten spoofen können. Ansonsten wären sie reichlich unvorsichtig, wenn sie sich mit einer Bewertung, entweder Daumen hoch oder Daumen runter, zum Fenster ‘rauslehnen. Eine solche Analyse unterscheidet sich aber nicht mehr wesentlich von dem, was man in einem ernsthaften Peer-Review macht.

    Das aber geht – meine ich – nicht in vier Stunden und auch nicht ein einem Tag und ein paar Stunden.

  12. Die Bestätigung der Konkurrenz

    Was gebraucht wird, ist eine Bestätigung von unabhängiger Seite. Und die Konkurrenz ist schon dran, die Debra Fischer von der Yale University in diesem Blog sagt:

    “I have no doubt that they have carried out every reasonable test of their data before making this announcement. Nevertheless, because these corrections essentially constitute a new approach, confirmation is critical. We are in an excellent position to follow-up, but that will likely require an intensive search over the prospective orbital period of 3.24d when the star rises again in January 2013.”

    Link

    Let’s wait and see…

  13. Open Peer Review – das wär’s gewesen

    Der ‘Fall Alpha Cen Bb’ wäre m.E. ideal für ein Konzept des wissenschaftlichen Publizierens gewesen, das Open Peer Review genannt wird aber bisher kaum umgesetzt wird: Da würde man das Paper auf einen Server legen, wo es alle Kollegen sehen und gemeinsam begutachten könnten, und erst nach diesem ‘vetting’ würde es formell publiziert. Oder auch nicht: Auf diesem Wege wären z.B. die nicht-existenten Arsen-Bakterien von ‘Science’ schon im Vorfeld mit Sicherheit abgeschossen worden. Keine Ahnung, ob dies bei HARPS vs. Bb rasch zu einer Art Konsens pro oder contra geführt hätte – beim erwähnten Gliese 581g tobt der Streit ja auch jetzt noch unvermindert …

  14. @D. Fischer: wissenschaftlicher Prozess

    Die Begutachtung und Bewertung durch die Fachwelt gibt es doch jetzt auch, und sie funktioniert recht gut. Ob da nun ein Paper erst auf einem Server geparkt wird oder nicht, macht in der Praxis nach meinem Dafürhalten wenig aus. Wenn die Presse auf eine dramatische Veröffentlichung stößt, egal wo, dann wird darüber auch geschrieben.

    Dann soll es doch gleich – nach der fälligen Vorprüfung, in einem Journal erscheinen. Es ist in der Wissenschaft nun einmal so, dass man immer alles infrage stellen muss. Selbst Dinge, die lange Zeit für unumstößlich galten, sind keineswegs heilige Kühe, wenn nur die Gegenargumente stark genug werden. Dessen muss sich jeder bewusst sein, auch in der breiten Öffentlichkeit.

    Allenfalls könnte man sich um die Reputation von “Nature” und anderen wissenschaftlichen Publikationen Gedanken machen. Wbei man diese aber auch nicht über Gebühr mit Vorschusslorbeeren bedenken sollte. Wir reden hier von Produkten kommerzieller Unternehmen, denen es um das Geldverdienen geht und nicht um in Stein gehauene, ewige Wahrheiten. Darf ich mal den Namen Jan Hendrik Schön in den Raum stellen? Also bitte.

    Manchmal dauert es auch heutzutage nun einmal sogar Jahre, bis eine relativ überschaubar erscheinende wissenschaftliche These widerlegt wird. Dafür gibt es viele Beispiele. Erst unlängst konnte ich mit beträchtlicher Genugtuung feststellen, dass die u.a. von dem von mir ansonsten sehr geschätzten John Horner 2010 aufgestellte Theorie, das Genus Triceratops sei nur die juvenile Form des Genus Torosaurus (J. Scannella, J. Horner: Journal of Vertebrate Paleontology, 2010), widerlegt wurde (N. Longrich, D. Field: Plos One, 2010), und zwar mit der Begründung, es seien juvenile und adulte Exemplare beider generum identifiziert worden, ferner seien die Fundgebiete der Fossilien von Triceratops horridus und Torosaurus zwar überlappend, aber nicht deckungsgleich. Der Widerlegung wurde bereits widersprochen. Dies ist keineswegs eine Nebensache; es ergeben sich daraus ganz fundamentale und prinzipielle Fragen zur Artenvielfalt und zu unserem Verständnis der Geschichte des Lebens auf der Erde.

    Die Debatte geht munter weiter und weiter, vielleicht noch jahrhundertelang. Wann soll man sich denn da seiner Sache so sicher sein, dass man irgendwelche geparkten papers endlich veröffentlicht? Das halte ich für nicht praktikabel.

  15. Retracted papers no longer exist …

    Schreibt mir in der Sache Schön gerade ein Bekannter bei Nature: “Must be an error message — the retracted papers no long exist. That’s the whole point of retraction. It could be that the website interprets the missing papers as being behind a paywall.”

  16. On topic: Sperfristen

    Hier sei noch ein lesenswerter Kommentar zum Thema Sperrfristen nachgereicht, von Daniel Lingenhöhl auf spektrum.de:

    http://www.spektrum.de/…b-der-sperrfrist/1167986

    Überzeugend finde ich seine Argumentation nicht, insbesondere das Beispiel mit den Krebsmäusen und dem angelblich krebserregenden Genmais. Die tendenziöse Berichterstattung dazu hatte mMn nichts mit einer fehlenden Sperrfrist zu tun sondern mit der Tatsache, dass viele Journalisten ihren Job nicht gemacht haben. Wenn ich eine Info gesteckt bekomme mit dem Hinweis, ich dürfe aber keine externen Experten dazu befragen, werde ich erst recht misstrauisch. Gerade wenn es sich um eine so gewichtige Aussage handelt wie bei dem Genmais.

  17. Eigentlich ist dich längst bekannt, dass Alpha Centauri Planeten hat. Schließlich liegen doch dort die Pläne zur Hyperraumumgehungsstraße aus, deren Bau am 21.12.2012 begonnen wird…

  18. @Jan Hattenbach

    Ich kann auch das komplette Paper einsehen. Auch als PDF kann ich es abrufen. Schön, Dobadalbur, Bao, Kloc, Schenker, Batlogg. Ganz oben steht zwar ein Hyperlink mit dem Vermerk “There is a retraction associated with this paper”. Dass das Paper selbst aber “no longer exists” oder dass die Webseite “missing papers as behind teh paywall” interpretiert, kann ich jetzt erst einmal nicht nachvollziehen. Für ein nicht mehr existentes Paper scheint mir besagtes Paper aber noch ganz schön existent.

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