Climate Action Tracker

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Heute hat der Klimagipfel in Kopenhagen begonnen, auf den die Verhandler von über 190 Staaten seit Jahren hingearbeitet haben. Es geht um ein globales Abkommen zum Klimaschutz, das das Kyoto-Protokoll von 1997 fortführen oder ersetzen soll. 1200 Delegierte sind dazu nach Kopenhagen gereist; 110 Staats- und Regierungschefs haben ihr Kommen angekündigt.

Der Erwartungsdruck ist hoch. Experten sprachen im Vorfeld von der wichtigsten Konferenz seit dem zweiten Weltkrieg. Und nach einer neuen BBC-Umfrage in 23 Ländern schätzen fast zwei Drittel (63%) der Menschen weltweit den Klimawandel als ein sehr ernstes Problem ein – womit sie aus wissenschaftlicher Sicht auch vollkommen Recht haben.

Zudem herrscht großer Zeitdruck: wenn das erklärte Ziel der meisten Staaten, die globale Erwärmung auf maximal 2 Grad zu begrenzen, eine realistische Chance haben soll, dann müssen die weltweiten Emissionen in spätestens fünf bis zehn Jahren ihr Maximum erreichen und dann rasch sinken – wie ich bei Spektrum in meinem Kommentar Last Exit Copenhagen erläutere.

In den Medien wird heute viel spekuliert, was in Kopenhagen herauskommen könnte. Ich will mich da nicht beteiligen, sondern lieber auf ein schickes online-Werkzeug hinweisen, den Climate Action Tracker. Damit kann man wissenschaftlich fundiert ansehen, was die einzelnen Staaten bislang versprochen haben, und was dies in der Summe für unser Klima bedeuten wird. Beteiligt an der Erstellung des Climate Action Tracker waren auch Forscher aus unserem Institut.

Der Stand zu Beginn von Kopenhagen ist ernüchternd. Mit dem, was die Regierungen bislang an Emissionsreduktionen versprochen haben, dürften die Emissionen noch bis 2040 weiter ansteigen – und wir im Jahr 2100 bei 3,5 ºC Erwärmung landen. Eine Einhaltung des 2-Grad-Zieles scheint daher noch in weiter Ferne. Wir werden sehen, wie sich dies im Laufe der Verhandlungen entwickelt. Am kommenden Wochenende gibt es die nächste globale Analyse auf der Climate Action Tracker Webseite.

Stefan Rahmstorf ist Klimatologe und Abteilungsleiter am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Professor für Physik der Ozeane an der Universität Potsdam. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf Klimaänderungen in der Erdgeschichte und der Rolle der Ozeane im Klimageschehen.

7 Kommentare

  1. Rohdaten

    kann es sein, dass man ohne diese Schritte gar keine dramatische Erwärmung finden würde und es sich in Kopenhagen vielleicht gar nicht nur ums meteorologische Klima dreht?

    http://www.ncdc.noaa.gov/…5_diffs_urb-raw_pg.gif

    MFG

    Gunnar

    [Antwort: Ich glaube, die Tatsache einer Erwärmung ist doch recht schwer anzuzweifeln – warum sollten ansonsten die Gletscher schmelzen, das arktische Eis schrumpfen, der Meeresspiegel steigen, unterschiedliche Datensätze (z.B. auch die Satelliten- und Schiffsdaten) einen sehr ähnlichen Erwärmungstrend zeigen) usw.? Stefan Rahmstorf]

  2. climate action for energie?

    dieser Ansatz soll erlaubt sein. Man kann davon ausgehen, dass insbesondere die sg. “1. Welt” in den kommenden Dekaden den Energiebedarf weiter steigern wird, sofern wir Wirtschaftswachstum erhalten wollen. Und das müssen wir wohl. Somit ergeben sich 2 große Herausforderungen: A, wie schafft man nachhaltig Wirtschaftswachstum und B woher kommt die Energie dafür? Was ist mit der Abhängigkeit von fossilen Stoffen, allen voran Erdöl und all seine Produkte und Einsatzgebiete. Der Bedarf und die Abhängigkeit wird zu mindest mittelfristig weiter steigen, kann aber mit Sicherheit nicht ewig so weiter laufen. Das muss man bald in den Griff bekommen und das sieht wohl jeder Regierungschef ein. Ein akutes Versorgungsproblem hätte schlimmste Folgen, dass muss man nicht weiter erörtern. Mit Kohle ist es etwas anders, aber wenn “wir” den Rest der Welt das gleiche zumuten, worauf wir unseren Wohlstand gegründet haben, dann würde es ganz sicher zu einer weiteren und wirklich ungeheuer beschleunigten Ausbeutung aller fossilen Energieträger kommen. Die Schwierigkeit besteht nun darin, eine “gerechte” Lösung zu finden und am meisten Interesse an Regulationen hat offensichtlich der “Westen”, denn nirgends ist der Bedarf und die Abhängigkeit größer, inkl. China vielleicht. Ich denke, das Klimaproblem ist eher ein Energieproblem und deshalb soll es uns Recht sein, wenn auf Basis von CO2 Emissionen eine globale Verteilung stattfindet, welche uns alle vor wirklichen Katastrophen bewahren soll. Ich sehe keine anthropogen verursachten Klimakatastrophen aber berechtigte Gründe über dieses Konzept Maßnahmen zu beschließen, welche für viele unvernünftig erscheinen mögen, am Ende jedoch eine Brisnaz haben, welche kaum zu topen ist.

  3. Fairneß

    Wäre es nicht fairer, die CO2-Emissionen an dem Konsum statt an der Produktion zu orientieren? Wir verlagern erhebliche Teile der Industrieproduktion von West- nach Osteuropa oder Asien, konsumieren aber einen Teil der Waren nach wie vor bei uns. Da scheint es mir ein bißchen unfair, uns die CO2-Reduktion gutzuschreiben und z.B. China die hohe Emission vorzuwerfen. Gäbe es da nicht eine Lösung, die den sich entwickelnden Ländern gerechter würde?

  4. Kann der Mensch vernünftig reagieren?

    Die Geschichte der Menschheit hat gezeigt, daß nur dann gesamtgesellschaftliche Handlungen erfolgen, wenn daraus unmittelbar ein wirtschaftlicher Gewinn entsteht oder die Existenzgrundlage direkt und kausal erkennbar bedroht ist. Beispiele: Die Erbauer der Flotten Europas von der Antike an, haben gnadenlos die Wälder abgeholzt und Karstgebirge geschaffen, wo früher Wälder waren. Schon damals wußte man, daß damit die nachfolgenden Generationen ein Problem mit Holz als Rohstoff hatten. Keinen hat´s gejuckt. In Zentralasien hat die Sowjetunion unmengen von Wasser aus dem Amudarja und dem Syrdajar auf Baumwollfelder geleitet und den Aralsee zur kleinen Salzpfütze werden lassen. Und die heutigen Nachfolger machen munter weiter, was sollen sie auch tun? Der Landbevölkerung das Wasser wieder abgraben? Kein Regime könnte sich dort noch halten.Das Ozonabkommen von Montreal wurde geschlossen, weil es ein willkommener Anlaß war, neue entwickelte Technologien profitabel durchzusetzen (Wobei Ländern wie China noch Übergangsfristen gestattet wurden). Aber hier zweifelte wenigstens keiner an der Kausalität von FCKW und Ozonabbau. Hätte man für Kältetechnik und Schaumstoffe keine Alternativen gehabt, wäre alles weitergegangen und die Sonnenchreme-Indutrie hätte sich gefreut.
    Solange die Wirtschaft mit ihrem Wachstumspostulat das Sagen hat, wird die profitabelste Form der Energieerzeugung weiter gehen. Und da müssen Kraftwerke auf fossiler Basis und die Kohlegruben ihre Amortisationszeit rumbringen und noch ein paar Jahre danach reinen Profit einfahren – basta. Wenn das Öl alle ist, können Verbrennungsmotore ruhig weiter gebaut werden. Ich habe in meinem Chemiestudium noch die Benzinsynthese aus Kohle gelernt und die Anlagen in den 60-Jahren in der DDR laufen sehen, der Sprit war super! Wenn der Kraftstoffpreis weiter steigt, sind wir bald an der Rentabilitätsgrenze für Kohle-Benzin. Welch Aussicht – unabhängig von den Scheichs! Das Ruhrgebiet erlebt einen neuen Kohleboom – welch Wachstum in einer Krisenregion.
    Solange wirtschaftliche Interessen die Politik dominieren, halte ich jeden Schwachsinn bei der Klimapolitik für möglich. Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß!

  5. Erwärmungstrend

    ja, den kann man definitiv nicht bestreiten. In Mitteleuropa kann man sogar von knapp +2°C seit 1900 sprechen und diesen zB. HISTALP Datensatz traue ich zu 100% samt den nötigen Homogenisierungen. Recht klar ist auch, dass die Erwärmung in erster Linie auf der NHK zu finden ist und regional sehr unterschiedlich. Sehe ich mir jedoch Australien, NZ od. die Antarktis genauer an, braucht es scheinbar einer “Homogenisierung” von ganzen 2°C um überhaupt eine Erwärmung über 100a zu zeigen. Auch aus diesen Gründen sehe ich natürliche Klimavariationen als dominant an und den CO2 Effekt als untergeordnet.

    (siehe dazu auch Ground Zero Darwin auf einer einschlägigen “Skeptikerseite”)

  6. König Kohle

    Herr Blanke, Ihr Brief ist entsetzlich negativ und dabei entsetzlich wahr!

    Gerade habe ich gelesen, dass der chinesische Kohleverbrauch im November 290 Millionen Tonnen erreicht hat (+26%). Etwas vereinfachend auf ein Jahr hochgerechnet sind das jetzt 3,12 Milliarden Tonnen mit stark steigender Tendenz. Von den 1,3 Milliarden Chinesen sind dabei mal gerade 300 Millionen einigermaßen im Industriezeitalter angekommen. Der “Rest” scharrt ungeduldig mit dem Hufen, was man niemandem verübeln kann! Und Indien hat eigentlich noch gar nicht richtig angefangen, Energie zu verbrauchen.

    Kopenhagen ist nichts als Symbolik und wird nicht den allerkleinsten Effekt auf den Verbrauch fossiler Energieträger haben, ganz egal, was da offiziell beschlossen wird oder auch nicht beschlossen wird. Es ist eine lächerliche Veranstaltung des “Arbeitskreis-Typs”.

    Entweder werden die Erneuerbaren Energien von allein billiger als die Kohle oder die Welt wird sich in den nächsten Jahren geradezu in einen “Kohlerausch” hineinsteigern. Indes sieht es nicht so aus, als wäre die Kohle von Windrädern zu schlagen – von Solarzellen erst recht nicht.

    Das relativ(!) saubere Öl dieser Welt wird nie und nimmer ausreichen, um die Massenmobilisierung Chinas zu ermöglichen. Aber schon werden ja die ersten Anlagen zur Verflüssigung von Kohle in China gebaut. Synthetisches Benzin auf Kohlebasis ist wohl eher die Zukunft des Autos (und des LKWs!) als die ziemlich lächerliche Idee vom Elektromobil.

    Die Verkäufe von PKW/LKW in China werden in diesem Jahr vermutlich erstmals diejenigen in den USA übersteigen. Und doch ist man in China damit noch ganz am Anfang(!) der Entwicklung.

    Die Menschheit ist ein Parasit der seinen Wirt namens “Planet Erde” überfordert und in eine existenzielle Krise stürzen wird. Aber das ist nun mal die Funktion eines Parasiten.

    Meine Prognose ist, dass das Zeitalter der fossilen Rohstoffnutzung erst endet, wenn die Vorräte weitgehend verbraucht sind und weiterer Abbau einfach wirtschaftlich nicht mehr lohnt.

    Das sind noch gute 1.500 Milliarden Barrel Öl. Bei Gas wahrscheinlich das Doppelte und bei der Kohle hat man fast den Eindruck, dass die nie zu Ende gehen wird; es dürften jedenfalls Billionen Tonnen sein. Ach ja, Gashydrat dann vielleicht auch noch. Das wäre mehr, als alles andere zusammen. Es ist einfach alles sinnlos. Leider!

  7. Wirtschaftswachstum

    @ Gunnar Innerhofer

    Sie schreiben:

    >>dieser Ansatz soll erlaubt sein. Man kann davon ausgehen, dass insbesondere die sg. “1. Welt” in den kommenden Dekaden den Energiebedarf weiter steigern wird, sofern wir Wirtschaftswachstum erhalten wollen. Und das müssen wir wohl. Somit ergeben sich 2 große Herausforderungen: A, wie schafft man nachhaltig Wirtschaftswachstum und B woher kommt die Energie dafür?