Zeus, Vulcanus und Poseidon läuteten das Ende der Trias ein

Für ihre Bewerbung um den KlarText-Preis für Wissenschaftskommunikation 2021 in der Kategorie Geowissenschaften veranschaulichte Natascha Kuhlmann, was sie in ihrer Promotion erforscht hat.

Durch die gesamte griechische und römische Mythologie zieht sich der Zorn dieser Götter. Immer wieder wollten sie die Menschen bestrafen oder gar vernichten. Das Leben auf der Erde stand deshalb oft vor dem Aus. Insgesamt 5-mal wäre es beinahe zu Ende gewesen. Große Asteroideneinschläge und Flutbasalte waren vor allem die Ursachen.

Kosmische Körper treffen die Erde häufiger als gedacht. Sie sind meist staub- bis faustgroß. Alle paar Jahre jedoch, fallen sie als Feuerball durch die Atmosphäre und hinterlassen als tonnenschwere Brocken bei der Explosion in der Luft oder beim Aufprall auf die Oberfläche große Schäden. Manche Einschläge sind jedoch so gewaltig, dass Krater von vielen Kilometern Durchmessern entstehen und deren Auswirkungen ganze Kontinente betreffen können oder sogar globale Ausmaße besitzen.

Erinnern Sie sich an den Einschlag von Tscheljabinsk in Russland vor knapp 10 Jahren? Wenn nicht, dann aber sicherlich an die Dinosaurier und ihr Schicksal.

Ein großer 10 km großer Asteroid schlug am Ende der Kreidezeit in Yukatan in Südost-Mexiko ein. Er hinterließ einen Krater von fast 200 km Durchmesser und führte damit zur weitgehenden Vernichtung der davor existierenden mesozoischen Geo- und Biosphäre. Die Katastrophe führte zu einem der großen Aussterbeereignisse in der Erdgeschichte, den BIG FIVE!

Natascha Kuhlmann von der Universität Bonn untersuchte in ihrer Doktorarbeit ein anderes Aussterbeereignis lange vor dem der Dinosaurier. Zeitgeschichtlich wird es das Trias/Jura Event, oder auch das Endtriassische Massenaussterbeereignis genannt. Es liegt etwa 200 Millionen Jahre zurück, kaum vorstellbar, wenn man unsere Lebenszeit als Mensch, mit durchschnittlich 80 Jahren, damit vergleicht.

Zur damaligen Zeit bestand unser Planet nur aus einem einzigen Kontinent, dem Superkontinent Pangaea. Dieser begann jedoch auseinanderzubrechen wodurch sich der Mittlere Atlantik öffnete. In der Hintergrundmusik hierzu erklangen plötzliche Misstöne, die auf katastrophale Ereignisse zurückzuführen waren: starke Erdbeben, sowie das Aufdringen und die Eruption von ungeheuren Massen an Laven, deren Aschen und gasförmigen Produkte (Kohlenstoffdioxid, Schwefelverbindungen), die einmal in die Atmosphäre gebracht, vernichtende Folgen für die Tier- und Pflanzenwelt hatten.

Es entstand die flächenmäßig größte Magmenprovinz (CAMP: Central Atlantic Magmatic Province) aller Zeiten (> 7 Millionen km2). Dabei wurden über 2,5 Millionen km3 Magmen gefördert. Was momentan auf La Palma passiert, ist ein Mückenstich dagegen!

Die Mehrheit der Autoren sieht den Hauptgrund für das Aussterben im Vulkanismus, aber einige gehen auch von der Mitbeteiligung von Meteoriteneinschlägen aus.

Allerdings konnte bis jetzt ein Meteoriteneinschlag mit globalen Auswirkungen nicht nachgewiesen werden.

Gut dokumentiert ist dagegen der Einschlag des Asteroiden von Rochechouart in West Frankreich am südlichen Rand des Pariser Beckens (in der Nähe von Limoges). Er fällt mit der richtigen Größe und seinem datierten Alter genau in die Zeitscheibe des Trias/Jura Austerbeereignisses hinein.

Der Aufprall auf der Erdoberfläche schuf einen fast 50 km großen Einschlagskrater am NW-Rand des Zentralmassivs. Für ein weltweites Aussterben war er damit zu klein. Aber in West- und Mitteleuropa hat Rochechouart zu apokalyptischen Verhältnissen geführt. Wer jetzt einen lehrbuchhaften Krater bei seinem Besuch erwartet, wird bitter enttäuscht, denn er findet nur ein schönes Schloss auf Erosionsresten der Einschlagstrümmer

Das Schloss von Rochechouart, welches auf zertrümmertem Grundgebirge steht. Es ist ganz aus Brekzie errichtet. Links am Bildrand steht ein grobe, polymikte Impaktbrekzie an. © Natascha Kuhlmann

Hinter diesen Vorgaben war die primäre Aufgabe von Natascha Kuhlmann  in ihrer Forschungsarbeit, wichtige Aussagen über die Ablagerungsräume wie die Wassertiefe, den Sauerstoffgehalt, den Salzgehalt, die Temperatur, den biologischen Inhalt sowie den kontinentalen Sedimenteintrag im Pariser Becken zu treffen. Ziel war die Beschreibung der Entwicklung des Paläoklimas und der Paläogeographie im Bereich der kritischen Grenze, sowie die Bestätigung möglicher Ursachen für das Massenaussterben im Arbeitsgebiet.

Neueste Methoden der beteiligten Fächer Sedimentologie, Geochemie, Palynologie und Mineralogie wurden eingesetzt. Diese umfangreichen Untersuchungen wurden vom Luxemburgischen Forschungsministerium finanziell unterstützt.

Der überraschende Nachweis des Rochechouart Impaktes im Untersuchungsgebiet und die Beschreibung seiner Folgen im Forschungsraum sind der wichtige Schlüssel zu einem Umdenken in manchen Bereichen der Impaktforschung.

Der untersuchte Grenzbereich umfasst die Schichtenfolge von der obersten Trias (speziell das Rhät) bis in den untersten Jura. Das nordöstliche Pariser Becken ist ein exzellentes Untersuchungsgebiet, das vollständiges, gut erhaltenes Material aus zahlreichen Bohrkernen und Straßenaufschlüssen aus der Eifel (Deutschland), Luxemburg und Lothringen (Frankreich) liefert.

Für diese Arbeit wurden über 1000 Proben entnommen, von denen mehr als 500 chemisch detailliert analysiert wurden. Damit liegt ein umfassender, geochemischer Datensatz vor, in dem die Konzentrationen von wichtigen chemischen Elementen nach Gesteinen und ihren geologischen Altern gegliedert sind.

Die romanische Kirche von Biénat (13. Jahrhundert) mit Natascha Kuhlmann am Ostrand des ehemaligen Kraters, ist aus der polymikten Brekzie erbaut ©Jean Thein

Bestimmte Elemente sind zusätzlich eindeutige Indikatoren für das Ablagerungsmilieu. Aus ihnen lassen sich zum Beispiel terrigen geprägte küstennahe Bereiche mit Sandsteinen oder anoxische Lagunen mit gebänderten, schwarzen Tonen erkennen. Mit geostatistischen Verfahren können die Umweltverhältnisse abgeleitet und mit verschiedenen Orten der Welt verglichen werden. Umfangreiche vertikale Verteilungskurven der Elementkonzentrationen über die Schichtenfolge wurden graphisch dargestellt. Aus ihnen ergibt sich ein umfassendes Bild der Paläoumwelt im Pariser Becken.

In den sedimentologischen Profilen konnten die seismischen Erschütterungen, die bei dem Aufbrechen von Pangaea entstanden sind, durch besondere Strukturen belegt werden. Sie entstehen, wenn noch nicht verfestigtes Gesteinsmaterial nach der Ablagerung durch ein Erdbeben bewegt wird. Die Schichten sind wellig deformiert oder zerschert. Diese sogenannten Seismite sind im Arbeitsgebiet weitverbreitet und konnten in ähnlicher Form in Nordeuropa (Dänemark, Schweden) und Westeuropa (England, Irland) nachgewiesen werden. Die abgeleiteten Bebenstärken erreichen Magnituden von über 9,5 auf der Richterskala. Zur Erinnerung: Fukushima in Japan erreichte 2011 eine Magnitude von 9,1.

Der Zentralatlantische Vulkanismus und sein zeitlicher Ablauf ist in den Sedimenten auch mithilfe von Kohlenstoffisotopie nachgewiesen worden. Dazu werden die Anteile der stabilen Kohlenstoffisotope (12C und 13C) miteinander verglichen und ins Verhältnis (δ13Corg) gesetzt. Kohlenstoff reagiert aufgrund seines überwiegend gasförmigen Zustandes rasch auf Veränderungen wie sie durch geochemische, biochemische und vulkanische Prozesse gesteuert werden.

Der Vulkanismus geht mit Emissionen von Kohlenstoffdioxid und anderen Gasen einher, wodurch es zu einem Treibhauseffekt kommt, der erheblich stärker war als wir ihn heute beobachten. Gase, wie Schwefeldioxid, welches in Schwefelsäure (H2SO4) umgewandelt wird, führen zur Versauerung in den Wässern und blocken, gemeinsam mit den Aschen, die Sonneneinstrahlung in der Atmosphäre ab. Dies wirkt sich wiederum negativ auf die Photosynthese der Pflanzen aus. In Phasen von erhöhter vulkanischer Aktivität zeigt das Kohlenstoff-Isotopenverhältnis anomale Werte an. Diese Anomalien treten im Untersuchungsgebiet und weltweit auf. Das Verhältnis ist damit ein guter Indikator für langfristige globale Umweltveränderungen, aber eben auch für kurze Ereignisse, wie sie bei Aussterbeevents vorkommen.

Es kommt allerdings noch schlimmer! Eine weitere Katastrophe schlägt zu!

Im wahrsten Sinne des Wortes. In ca. 450 km Entfernung von Paris trifft der Rochechouart Asteroid mit einer geschätzten Größe von 1,5 km auf die Erde. In den Schichtenfolgen zwischen dem unteren und oberen Rhät lassen sich in einem luxemburgischen Profil, seine Spuren am deutlichsten rekonstruieren. Der Einschlag beginnt mit einem Erdbeben, das mindestens die Magnitude 11 erreicht hat. Es hinterlässt im Umkreis von mehreren 100 km starke Deformationen im Sediment. Danach folgte durch den plötzlichen Auswurf des Kratermaterials in das Flachmeer des Pariser Beckens, ein Megatsunami, dessen Welle das gesamte Becken bis an den Ostrand überrollte. Übrig blieb eine chaotisch geschichtete Abfolge (Tsunamit).

Eruptionskegel und Lavastrom des aktuellen Ausbruchs auf La Palma (Quelle: FAZ ©AP)

In ihm konnte in ersten Analysen (Rasterelektronenmikroskopie), der kosmische Einfluss durch Anreicherungen von Platingruppenelementen (Platin, Iridium, Osmium, Rhodium u. a.) bestätigt werden. Sie liegen als kleine Tröpfchen (Nuggets) vor, die beim Durchflug des Asteroiden durch die Atmosphäre von diesem abgeschmolzen sind.

Das Leben wurde damals weltweit fast ausgelöscht. Zumindest für das Pariser Becken wissen wir, wer der schuldige Gott hierfür war: es waren alle drei beteiligt! Wir wissen aber nicht, wer der Hauptmissetäter war.

Durch die umfangreichen Forschungsarbeiten erscheinen viele bisher schlecht interpretierte Phänomene in den Gesteinsschichten plötzlich in einem völlig neuen Licht! Vulkanausbrüche, auch wenn sie heute nur klein sind, gehören zu unseren täglichen Erfahrungen. Meteoritenabstürze sorgen immer wieder für spektakuläre Lichterscheinungen oder kleinere Explosionen. Die großen, weltzerstörenden Ereignisse fanden immer wieder in der Erdgeschichte statt und wir werden sie auch in Zukunft erwarten müssen. Die Raumfahrtbehörden sind sich der Gefahr eines großen Einschlags bewusst und sie forschen fieberhaft an Abwehrmethoden.   

Diese Arbeit hat zu einem besseren Verständnis der einzelnen Prozesse und ihren Folgen auf die Bio- und Geosphäre geführt. Es besteht weiterhin ein großer Untersuchungsbedarf, der sogar belohnt werden könnte, denn große Meteoriteneinschläge bringen nicht nur Zerstörung, sondern ihre Krater öffnen den Zugang zu wichtigen Rohstoffen, wie Edelmetalle und Diamanten. Die Magmenergüsse aus dem Mantel bringen reiche Erzlagerstätten zutage.


Natascha Kuhlmann studierte Geologie, Paläontologie und Mineralogie an den Universitäten Bielefeld und Köln. Im Anschluss wechselte sie 2009 an die Universität Bonn in den Fachbereich Umweltgeologie, wo sie für das Auswärtige Amt über den DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst) als Projektkoordinatorin für das Afghanistan Projekt (Wiederaufbau akademischer Lehre an verschiedenen Universitäten im Bereich der Geowissenschaften) tätig war. Sie promovierte an der Universität Bonn und arbeitete parallel als Lehrbeauftragte (angewandte Geologie, Sedimentologie, Geochemie, Lagerstättenkunde, Naturgefahren). Sie hat international über ihre Forschungsarbeiten vorgetragen und publiziert. Ein Schwerpunkt sind kosmische Impacts und Massenaussterbeereignisse. Seit Oktober 2020 ist sie an der Universität Luxemburg als einzige Geologin (Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Postdoc) im Fachbereich Geophysik angestellt. Sie lehrt Allgemeine Geologie und setzt ihre Forschungsschwerpunkte dort weiter fort.

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