Solarzellen aus dem Drucker

Für seine Bewerbung um den KlarText-Preis für Wissenschaftskommunikation 2020 in der Kategorie Physik veranschaulichte Florian Mathies, was er in seiner Promotion erforscht hat.


Unser Strom wird in Zukunft günstiger und grüner. Perowskit-Solarzellen sind der Schlüssel dazu.

Die Klimakrise ist in aller Munde. Anstieg der mittleren Durchschnittstemperatur, Versauerung der Meere, vermehrtes Auftreten von Wetterextremen und Artensterben – um nur einige zu nennen. Ein Teil der Lösung liegt dabei auf der Hand oder steht besser gesagt als heller, gelber Stern am Himmel: unsere Sonne. Wussten Sie, dass uns die Sonne in nur einer einzigen Stunde mit so viel Energie versorgt, wie wir Menschen in einem ganzen Jahr verbrauchen? Wie können wir diese schier grenzenlose Energiequelle nutzen? Und was hat Perowskit damit zu tun?

Sogenannte Photonen oder Lichtteilchen von der Sonne prasseln ununterbrochen auf unsere Erde ein. Treffen Photonen auf Materie, können sie mit dieser wechselwirken. Schon 1839, rückblickend die Geburtsstunde der Photovoltaik, erforschte der französischen Physiker Alexandre Edmond Becquerel dieses Phänomen. Doch erst durch die Arbeit von Albert Einstein, für die er 1921 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde, konnte der sogenannte photoelektrische Effekt erklärt werden. Dabei übertragen die Photonen ihre Energie auf geladene Teilchen, welche sich mit Hilfe einer Solarzelle als elektrische Energie nutzen lässt. Seitdem sind Forscher auf der Suche nach immer besseren Materialien, welche die Photonen der Sonne effizient in elektrische Energie umwandeln.

Wissenschaftler aus den Bell Laboren in den Vereinigten Staaten von Amerika stellten im Jahr 1954 die erste effiziente Solarzelle aus Silizium vor. Die New York Times schrieb auf der Titelseite: „Sie könnte den Beginn einer neuen Ära markieren und schließlich zur Verwirklichung eines der am meisten gehegten Träume der Menschheit führen – der Nutzung der nahezu unbegrenzten Energie der Sonne für die Zivilisation.“ Mit einem Marktanteil von 95% ist die Silizium-Solarzelle nach wie vor die führende Photovoltaiktechnologie. Dieser Erfolg beruht dabei vor allem auf dem hohen Wirkungsgrad und den immer weiter sinkenden Produktionskosten. Obwohl Silizium, als zweithäufigstes Element der Erde, nahezu unbegrenzt vorhanden ist, ist dessen Gewinnung und Aufbereitung nur durch energieintensive und teure Prozesse möglich.

Genau an dieser Stelle kommen die Perowskite ins Spiel. Im selben Jahr wie Becquerel beschreibt der deutsche Mineraloge Gustav Rose das bis dahin unbekannte, würfelartige Mineral Perowskit, welches zuvor in der Uralregion gefunden wurde. 1978 konnte Dieter Weber nachweisen, dass bestimmte Hybridmaterialien, aus organischen, also Kohlenstoff-basierten Molekülen, sowie anorganische Verbindungen und Elementen der Halogene in der gleichen würfelartigen Kristallstruktur wie Roses Perowskit vorliegen. Dass diese Hybrid-Halogenid Perowskite 30 Jahre später die Photovoltaikwelt revolutionieren würden, waren sich Weber und die gesamte damalige Fachwelt nicht bewusst. Es dauerte schließlich bis zum Jahr 2009, ehe die erste Perowskit-Solarzelle hergestellt wurde. Dank der intensiven Forschung ist es nun möglich, Perowskit-Solarzellen mit vergleichbaren Wirkungsgraden wie konventionelle Silizium-Solarzellen herzustellen.

Genau hier setzt meine Dissertation an. Wie können die im kleinen Labormaßstab gut funktionierenden Solarzellen auf einen industriellen Herstellungsprozess für großflächige Anwendungen übertragen werden? Eine vielversprechende Möglichkeit bietet der digitale Tintenstrahldruck, der in vielen Haushalten und Büros als Office Drucker zum Einsatz kommt. Im industriellen Maßstab können neben Farben auch andere funktionale Materialien, wie leitfähige Tinte für elektronische Leiterbahnen oder Licht emittierende Partikel für Leuchtdioden gedruckt werden. Für Perowskit-Solarzellen ist der Tintenstrahldruck interessant, da dieser es ermöglicht, die Solarzellen großflächig wie Poster oder Zeitungen herzustellen.

Die größte Herausforderung bei der Herstellung von Perowskit-Solarzellen ist neben der Aufbringung von Perowskittinte, vor allem die Bildung einer regulären Kristallstruktur während des Trocknens, um das Sonnenlicht möglichst effizient in elektrische Energie umwandeln zu können. Da die Hybrid-Halogenid Perowskite Photonen effizient absorbieren, sind Schichtdicken von weniger als einem Mikrometer ausreichend. Damit sind sie etwa 100-mal dünner als herkömmliche Silizium-Solarzellen und senken den Materialverbrauch enorm. Kristalle in dieser Größenordnung wachsen zu lassen ist nicht immer einfach. Wer als Kind einen Chemiebaukasten hatte und sich am Kristalle züchten versucht hat, kennt die Probleme die dabei auftreten können. Wichtig ist es die richtigen Prozessparameter, wie Temperatur, Konzentration und Lösungsmittel zu wählen, um die gewünschten Kristalle wachsen zu lassen.

Durch einen eigens dafür entwickelten Trocknungsprozess war es nun möglich das Kristallwachstum zu kontrollieren und effiziente Solarzellen herzustellen. Die gedruckte Perowskitschicht wird dabei in einer Art Käseglocke unter Unterdruckbedingungen getrocknet. Dadurch verflüchtigt sich vor allem die überschüssige Flüssigkeit aus der noch feuchten Schicht. Geschieht dies innerhalb von wenigen Sekunden bilden sich kleine Kristalle bevor das Material erstarrt und der Kristallisationsprozess einfriert. Mit Hilfe eines im Anschluss durchgeführten Heizprozesses konnte das Wachstum der gewünschten Kristallstruktur aus den zuvor gebildeten Keimkristallen kontrolliert werden. Durch den entwickelten Prozess konnten erstmals gedruckte Perowskit-Solarzellen mit Rekordwirkungsgraden hergestellt werden.

Ein wesentlicher Vorteil der Hybrid-Halogenid Perowskite ist, dass sich die optischen und elektronischen Eigenschaften durch unterschiedliche Ausgangsmaterialien und Variationen der Zusammensetzung von organischen Molekülen oder anorganischen Verbindungen anpassen lassen. Dadurch lassen sich zum Beispiel farbige Solarzellen herstellen, die als ästhetische Objekte an Gebäudefassaden verwendet werden können.

Ein weiteres vielversprechendes Konzept ist der Einsatz von Perowskit-Solarzellen auf herkömmlichen Silizium-Solarzellen. In diesen, sogenannten Tandemsolarzellen werden zwei Solarzellen übereinandergestapelt und elektrisch miteinander verbunden. Die obere Perowskit-Solarzelle wandelt dabei nur Photonen in einem bestimmten Energiebereich in elektrischen Strom um und lässt Photonen mit niedriger Energie in die untere Silizium-Solarzelle durch, wo diese schließlich absorbiert werden. Durch die geschickte Kombination der beiden Solarzellen als Tandem kann somit ein größerer Anteil des Sonnenlichtes absorbiert und in elektrische Energie umgewandelt werden.

Der digitale Druckprozess für Hybrid-Halogenid Perowskite, den ich in meiner Dissertation entwickelt habe, könnte damit Solarzellen zukünftig leistungsfähiger, grüner und sogar günstiger machen. Auch besonders leichte und flexible Solarzellen in jeder erdenklichen Form und Größe rücken damit in den Bereich des Möglichen. Somit könnten Kleidungsstücke, Autodächer oder Flugzeugtragflächen nun zusätzlich als kleine Solarkraftwerke fungieren. Dennoch wird es wohl noch einige Jahre dauern, bis (gedruckte) Perowskit- oder Tandemsolarzellen auf dem Photovoltaikmarkt Einzug halten. Bis dahin werden in aktuellen Forschungsprojekten nachhaltige Prozessschritte und effiziente Recyclingverfahren entwickelt um Perowskit-Solarzellen zu einer echten erneuerbaren Energiequelle zu machen.


Florian Mathies wurde 1987 in Heidelberg geboren. Zwsichen 2008 und 2014 studierte er Physik an der Universität Heidelberg und dem InnovationLab mit Schwerpunkt organische und gedruckte Elektronik. 2018 promovierter er am Karlsruher Institut für Technologie mit dem Schwerpunkt Inkjet-gedruckte Metallhalogenid-Perowskite für Solarzellen- und Beleuchtungsanwendungen. Derzeit arbeitet Florian Mathies am Helmholtz-Zentrum Berlin an der Skalierung von gedruckten Perowskit-Solarmodulen.

1 Kommentar

  1. Tandemsolarzellen mit einem Gesamtwirkungsgrad von um die 30% und ohne grossen Aufpreis gegenüber siliziumbasierten Zellen wären ein grosser Fortschritt, denn damit könnten sich wesentlich mehr Eigenheimbesitzer Strom-selbstversorgend machen – nicht nur im Sommer, sondern auch für einen Grossteil des Winters.

    Billige, papierdünne Perowskitsolarzellen wiederum wären nur schon darum vielversprechend, weil bei ihnen eine begrenzte Lebensdauer nicht so tragisch wäre. Die heutigen Perowskitsolarzellen haben ja alle noch eine begrenzte Lebensdauer.

    Wirklich toll, wenn das, was hier beschrieben wird, Wirklichkeit wird.

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