Kann das Immunsystem unsere Psyche beeinflussen?

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“Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper” stellte bereits etwa 100 Jahre n. Chr. der römische Dichter Juvenal fest. Ausreichend Bewegung, genügend Schlaf und eine ausgewogene Ernährung tragen nicht nur zur körperlichen Gesundheit bei, sondern heben auch die Laune. Den wohl wichtigsten Beitrag zum Erhalt unsere Gesundheit leistet jedoch das Immunsystem… aber kann es auch unseren Gemütszustand direkt beeinflussen?

Wie aber untersucht man, ob Immunzellen die Psyche beeinflussen können?

Hilfreich wäre der Vergleich von emotionalem Verhalten zwischen Organismen, die sich nur darin unterscheiden, ob sie ein intaktes oder defektes Immunsystem besitzen. 

Genau diesen Ansatz verfolgten Forscher in London [1]: Mäuse mit einem kompletten Immunsystem wurden mit genetisch-veränderten Mäusen verglichen, denen bestimmte Immunzellen fehlten. Um genau zu sein fehlte diesen genetisch-veränderten Mäusen ein Gen namens Rag1, weswegen diese Mäuse keine funktionstüchtigen B- und T-Zellen bilden konnten. Diese beiden Zelltypen sind wichtige Bestandteile des Immunsystems und dafür verantwortlich, Viren und Bakterien zu erkennen.   
Da man Mäusen jedoch nur schwer einen Fragekataloge vorlegen kann, der Ängste oder depressive Gedanken erfasst, machten sich die Forscher das natürliche Verhalten von Mäusen zu nutze.  Sie verglichen die Geschwindigkeit und Effizienz der Mäuse beim Vergraben von Gegenständen oder beim Erkunden der Umgebung. Auch wurde beobachtet, wie gut sich die kleinen Nager um den Zustand ihres Nestes kümmerten. Diese Verhaltensbeobachtungen lassen Rückschlüsse auf den emotionalen Zustand der Tiere zu: Hektisches Vergraben von Murmeln, Desinteresse an einer neuen Umgebung und Vernachlässigung des Heimes können Zeichen für Zwänge, Angst oder Depression sein.  

Die Forscher beobachteten beide Mausstämme genau und fanden heraus, dass Mäuse, denen T- und B-Zellen fehlten, im Vergleich zu Mäusen mit einem kompletten Immunsystem,
* mehr und schneller Murmeln vergruben,
* weniger ihre Umgebung erkundeten, und
* weniger Wert auf ihre Nestqualität legten.
Diese Tests wurden von den Forschern so interpretiert, dass Mäuse ohne T- und B-Zellen Zustände ähnlich denen von Angst, Depression und zwanghaftem Verhalten aufwiesen.

Ermutigt von diesen Ergebnissen forschten die Wissenschaftler weiter. Sie wollten feststellen, welche der zahlreichen verschiedenen B- und T-Zelltypen genau die Psyche der Mäuse beeinflussen. Den Forschern gelang es mit Hilfe von weiteren genetisch-veränderten Mäusen herauszufinden, dass es das Fehlen von sogenannten CD4 T-Zellen ist, welches mit ängstlichem und depressivem Verhalten korreliert.   

Wie aber können CD4 T-Zellen Einfluss auf die Psyche nehmen?

Emotionen werden vom Gehirn gesteuert. Daher nahmen die Forscher diesen Aspekt genauer unter die Lupe: die Gehirne, der von den Forschern verwendeten Mausstämme, unterschieden sich trotz unterschiedlichem Verhalten nicht in ihrer Architektur. Daher gingen die Wissenschaftler einen Schritt weiter und verglichen die Aktivität von Genen im Gehirn: hier wurden sie fündig und fanden zahlreiche vielversprechende Unterschiede, die darauf hinweisen, dass in den Gehirnen beider Mausstämme verschiedene molekulare Signalwege aktiv sind. Welche Signalwege das aber genau sind und wie diese sich durch die Abwesenheit von CD4 T-Zellen verändern, erfordert weitere Untersuchungen und wird die Forscher vermutlich noch eine lange Zeit beschäftigen.

Kann diese Beobachtung auf den menschlichen Organismus übertragen werden?

Zahlreiche Studien weisen darauf hin, dass die Entstehung von psychischen Krankheiten durch ein geschwächtes Immunsystem begünstigt wird. Zum Beispiel entwickeln Patienten, die mit Immunsuppressiva (Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken) behandelt werden, häufiger Angstzustände, Depressionen und zwanghaftes Verhalten. Allerdings sind hier Wirkmechanismen und Kausalität komplex und schwierig zu beurteilen. Patienten, die Immundepressiva einnehmen, tun dies um Abstoßungsreaktionen von Organtransplantaten zu verhindern oder Autoimmunerkrankungen zu unterdrücken. Folglich waren diese Patienten bereits erkrankt und es verwundert nicht, dass Betroffene auch unter Depressionen und Ängsten leiden können.

Weitere Untersuchungen haben außerdem gezeigt, dass Patienten, die an Angstzuständen und zwanghaften Verhalten leiden relativ gesehen weniger CD4 Zellen als gesunde Menschen besitzen! Hier kommt eine weitere Ebene der Komplexität hinzu: ist der Mangel an CD4 T-Zellen Ursache für oder Resultat von Ängsten und Depressionen? In den oben erwähnten genetisch-veränderten Mäusen fehlten die Immunzellen von Geburt an, wohingegen sich die Anzahl der CD4 T-Zellen im Menschen vermutlich erst im Laufe des Lebens verändert.

Unsere Psyche wird von zahlreichen verschiedenen Faktoren in komplexen Wechselwirkungen beeinflusst, ein Faktor ist höchstwahrscheinlich der Zustand des Immunsystems. Im menschlichen Organismus lässt sich das nur schwer analysieren und die Übertragbarkeit von Mausdaten auf den Menschen muss hier kritisch beurteilt werden. Die oben vorgestellten Erkenntnisse aus dem Mausmodell verdeutlichen allerdings, dass das Forschungsfeld der Psychoneuroimmunologie ein spannendes Gebiet ist, welches noch viel Raum für Entdeckungen bietet.

 

[1] Rattazzi et al., Translational Psychiatry 2013

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Veröffentlicht von

ImmunoLogisch Verena Brucklacher-Waldert ist promovierte Immunologin und arbeitet an einem Forschungsinstitut für biomedizinische Forschung in Cambridge, UK. Dort erforscht sie vor allem welche Faktoren zur Entwicklung von Autoimmunerkrankungen führen.

18 Kommentare

  1. Psychoneuroimmunologie: Alles mit allem

    Im Körper scheint wenn auch nicht alles mit allem so doch vieles mit vielem anderen verknüpft. Ein Design also, das völlig von den Designprinzipien in der Technik abweicht. Welcher Autoingenieur käme auf die Idee einen Zusammenhang zwischen Motor und Bremsen zu sehen oder gar einzubauen?

    Für mich stellt sich hier die Frage warum es solche Verknüpfungen gibt? Ich vermute, dass nicht alle Querbeziehungen zwischen biologischen Subsystemen einen tieferen Zweck haben, sondern dass sie sich quasi aus Sparsamkeit ergeben: Die DNA selbst des Menschen ist von überschaubarer Grösse (höchstens einige Gigabyte) und darf wohl auch aus verschiedenen Gründen nicht zu gross werden. Damit zusammenhängend tendieren biologische, sich evolvierende Systeme zu einem hohen Grad an Wiederverwendung.
    Vom Sparsamkeitsstandpunkt ist es von Vorteil, wenn gleiche Elemente in verschiedenen Teilsystemen verwendet werden können.

    Die obigen Überlegungen sprechen übrigens auch dafür, dass das was bei Mäusen gilt auch auf den Menschen zutrifft, denn warum sollte sich auf dem evolutiven Weg von der Maus zum Menschen solche Beziehungen verändert haben: Etwas daran zu ändern wäre doch evolutiv “teuer”, möglicherweise zu teuer.

  2. Welcher Autoingenieur käme auf die Idee einen Zusammenhang zwischen Motor und Bremsen zu sehen oder gar einzubauen?

    Und was ist mit der Energierückgewinnung beispielsweise einer Schwungscheibe?

  3. @ Holzherr

    Für mich stellt sich hier die Frage warum es solche Verknüpfungen gibt? Ich vermute, dass nicht alle Querbeziehungen zwischen biologischen Subsystemen einen tieferen Zweck haben, sondern dass sie sich quasi aus Sparsamkeit ergeben

    Was ist denn die Psyche? Ein biologisches Subsystem? Ist das überhaupt etwas materielles? Das ist ja immer noch ein großes Geheimnis. Von daher hört sich das mit den “Querbeziehungen zwischen biologischen Subsystemen” gut an, weil es plausibel klingt. Aber wir wissen doch noch viel zu wenig. Falls wir überhaupt jemals etwas drüber wissen können, was Geist und Seele ist. Da sind dann die naturalistischen Erklärungsversuche schnell am Ende.

  4. @Martin Huhn: Keine Psyche ohne Körper

    Wir wissen wenig über das Denken und Fühlen, aber immerhin soviel, dass es an Personen gebunden ist und diese Personen leben müssen.
    Dies zu ” Aber wir wissen doch noch viel zu wenig. Falls wir überhaupt jemals etwas drüber wissen können, was Geist und Seele ist. Da sind dann die naturalistischen Erklärungsversuche schnell am Ende.”

    Auch ohne Gesamtbild steht fest, dass chemische Prozesse Denken und Fühlen stören und beeinflussen können, dass es genetische Komponenten von Persönlichkeitsmerkmalen gibt oder dass bestimmte Hirnteile wichtige Funktionen erfüllen. Ohne Hippocampus beispielsweise gibt es keinen Transfer vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächntis .

    Wenn man von Psyche spricht – wie im Titel des Beitrags – meint man nach Wikipedia die Totalität des menschlichen Geists, also die bewussten und unbewussten Anteile.

    Jetzt noch zu meiner persönlichen Überzeugung: Für mich zeigen auch Tiere bereits mentale Phänomene und selbst Gedanken und Gefühle. Symbolisches Denken ist nicht allein auf den Menschen beschränkt und nur weil das so ist, konnte sich in der relativ kurzen Geschichte der Menschheitsentwicklung soetwas wie Sprache entwickeln.

    Übrigens geht auch dieser Beitrag davon aus, dass Mäuse eine Psyche besitzen, sind sie doch die Versuchstiere bei denen Experimten zur These geführt haben, dass das Immunsystem die Psyche beeinflusst.

  5. @ Martin Holzherr

    Vorsicht ist geboten bei der Annahme, „dass was bei Mäusen gilt auch auf den Menschen zutrifft“. Einer der Gründe warum die Maus gerne und erfolgreich als Tiermodel benutzt wird ist, dass viele biologische Prozesse und Mechanismen in Maus und Mensch gleich/ähnlich sind. Allerdings gibt es auch zahlreiche Unterschiede: nicht nur die kognitiven oder emotionalen Fähigkeiten von Mensch und Maus unterscheiden sich, sondern auch das Immunsystem zwischen beiden Spezies ist nicht identisch.

  6. Kortison induzierte Psychosen

    Kortison moduliert ja die Immunreaktion, schwächt sie deutlich ab.
    Zugleich hat Kortison eine starke Wirkung auf die Psyche und kann in höherer Dosierung Psychosen auslösen.

    Dass Kortison sowohl auf das Immunsystem wirkt als auch psychisch aktiv ist, mag Zufall sein, es könnte aber ebenfalls ein Hinweis sein auf gemeinsame Stoffwechselwege und Kreuzreaktionen die eine ätiologischer Koinzidenz sein mögen vielleicht aber auch einen tieferen Sinn haben.

  7. Hallo Martin Holzherr,

    und umgekehrt hemmen die Interleukine das Cortisol und seine Auswirkungen.

    Wenn man eine Infektion bekommt, dann wird man müde und schläfrig.

    Cortisol ist eine andere Bezeichnung für Hydrocortison.

    Cortison ist die durch Oxidation inaktivierte Form des Cortisol.

  8. Kann das Immunsystem unsere Psyche beei

    “Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper”

    Das hängt ganz vom Bewußtseinszustand ab, der derzeit vom SYSTEMBEDINGTEN “Zusammenleben” intellektuell in hierarchiescher Suppenkaspermentalität gebildet und GEGEN ein geistig-heilendes Selbst- und Massenbewußtsein unterdrückerisch wirkt (das Immunsystem in arm & reich, gut & böse, usw.), für das “gesunde” Konkurrenzdenken des nun “freiheitlichen” Wettbewerbs um …
    Deshalb ist es sehr zweifelhaft, irgendwelche Untersuchungsergebnisse als aussagekräftig zu akzeptieren – in unserer illusionären Realität, des zeitgeistlich-surfenden “Individualbewußtseins” auf hauptsächlichem Egotrip, ist ALLES nur Bewußtseinsbetäubung und Glückssache in “Spontanheilung”, im geistigen Stillstand, seit der “Vertreibung aus dem Paradies”!

    Ich habe schon so manchen in einem kranken Körper erlebt, der den Geist der “Gott” ist (der uns alle im SELBEN Maß durchströmt!), mit einem sehr viel gesünderem Bewußtsein ausfüllte / erfüllte 😉

  9. Stress, Kortison und Sarkoidose

    Stress erhöht die Ausschüttung von Kortison.
    Im Artikel Stress, Cortison und Sarkoidose wird anhand der erhöhten Prävalenz von Sarkoidose (einer systemischen Bindegewebserkrankung) bei “Gestressten” folgendes festgestellt:
    “Stress beeinflusst neuroendokrine Vorgänge und das Immunsystem. … Die moderne Immunologie postuliert daher sowohl das Vorhandensein einer psychosomatischen als auch einer somatopsychischen Funktionskette.”

    Eine besonders wichtige Rolle sowohl bei psychosomatischen als auch bei somatopsychischen Erkrankungen kommt dabei Kortison zu, welches Entzündungsvoränge hemmt und das “inflammatorische Niveau” reduziert. Dauerstress führt zu einer Kortisolresitenz, schwächt also die Wirkung von Kortisol und führt damit zu einer erhöhten Entzündungsaktivität.

    Was Karl Bednarik in seinem Kommentar über das Wechselspiel von Interleukinen und Kortisol schreibt, wird im oben referenzierten Artikel ebenfalls behandelt.

    Insgesamt ergibt der referenzierte Artikel das Bild, dass wiederholte akute Bedrohungen über den damit verbundenen wiederholten aktuten Stress über die verstärkt ausgeschütteten Hormone Adrenalin, Nordrenalin und Kortisol eine chronische Entzündung auslösen können, die zu Organschäden, Diabetes mellitus und Arteriosklerose führen. Chronischer Stress kann über die induzierte Kortisonresistenz zu vorzeitiger Alterung führen. Das wäre also der Weg von der Psyche zur Physis.

    “Umgekehrt führen inflammatorische Botenstoffe zu einem Krankheitsgefühl und erhöhen ebenfalls das Depressionsrisiko, z.B. als Nebenwirkung einer Therapie mit Interferon-alpha”

    Zusammenfassung: Hormone wie Kortison, Adrenalin und Noradrenalin vermitteln die psychosomatische Funktionskette, sie vermitteln zusammen mit inflammatorischen Botenstoffen aber auch die somatopsychische Funktionskette.

    Dieser Beitrag hier zeigt zusätzlich, dass nicht nur Botenstoffe, sondern auch zelluläre Elemente ( B- und T-Zellen) die Psyche beeinflussen können.

    Fazit: Die Maschine Mensch scheint tatsächlich holistisch angelegt zu sein und eine strikte Trennung von Körper und Psyche gibt es offensichtlich nicht.

  10. Hallo Martin Holzherr,

    die zellulären Elemente des Immunsystems produzieren ja genau diese Botenstoffe, die Interleukine, die auch die Psyche beeinflussen.

    Bei einer Bedrohung durch makroskopische Gegner wird der Organismus durch das Cortisol auf Kampf und Flucht eingestimmt.

    Bei einer Bedrohung durch mikroskopische Gegner wird der Organismus durch die Interleukine auf körperliche Ruhe und innere Abwehr eingestimmt.

    Wenn der Organismus beides zugleich versuchen würde, dann würde er beides weniger gut machen können.

    Deshalb hemmt das Cortisol die Interleukine und ihre Auswirkungen, und
    deshalb hemmen die Interleukine das Cortisol und seine Auswirkungen.

  11. Nachtrag

    zu Körper und Gehirn:

    Alle Zellen von Körper und Gehirn sind Klone einer einzigen Eizelle.

    Alle Zellen von Körper und Gehirn dienen dem Überleben der Gesamtheit.

    Alle Zellen von Körper und Gehirn kommunizieren über Botenstoffe.

    Auch die Mehrzahl der Synapsen zwischen den Nervenzellen arbeitet mit Botenstoffen, den Neurotransmittern.

    Die elektrischen Synapsen kommen relativ seltener vor.

    Die elektrischen Signale werden vorwiegend in der Membran der einzelnen Nervenzellen und ihrer Axone weiter geleitet.

    Die diffus verteilten Botenstoffe sind evolutionär älter, als jene, die in den Synapsen verwendet werden.

    Die diffus verteilten Botenstoffe werden immer noch verwendet, wenn die Axone auf ihre Zielzellen zu wachsen sollen.

  12. Kann das Immunsystem …

    “V. Brucklacher-Waldert @ Martin Holzherr
    16.09.2013, 20:50

    Vorsicht ist geboten bei der Annahme, „dass was bei Mäusen gilt auch auf den Menschen zutrifft“.”

    – Ja genau, frag doch mal die Maus 🙂

    Erst das Blut, dann die Gene, jetzt das Immunsystem – “Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nicht mehr / umsomehr”!?

  13. Psyche bei Mensch und Tier?

    Zitat: “Vorsicht ist geboten bei der Annahme, „dass was bei Mäusen gilt auch auf den Menschen zutrifft“.”

    Vorsicht ist zweifellos immer geboten, vor allem bei Schlussfolgerungen, die später Menschen zum Beispiel in der Rolle als Patienten betreffen.

    Doch ich möchte hier auf die grundsätzliche Frage der Ähnlichkeit oder auch Verschiedenheit von Mensch und Tier eingehen.

    Für mich ist der Mensch in vielerlei Hinsicht mit höheren Tieren vergleichbar und zwar nicht nur aus evolutionsbiologischen Gründen sondern weil diese Ähnlichkeit selbst im mentalen und affektiven Bereich täglich zu beobachten ist für den der dazu bereit ist. Mir ist aber bewusst dass für viele der “alten” anthropozentristischen Ontologien dies einfach nicht sein darf, denn sie gehen vom menschlichen Geist aus. Und dieser Geist kreirt genau diese abgehobenen Metaphysiken, die eine absolute Sonderstellung des menschlichen Geistes von vornherein annimmt. Zugegeben hat der menschliche Geist eine Sonderstellung und die formalen Wissenschaften mit der Mathematik als Königin offenbart etwas, was sehr weit von den mentalen Fähigkeiten selbst höherer Tiere entfernt ist. Doch machen die Fähigkeit zu Mathematik und Philosophie aus dem Menschen ein völlig anderes Wesen als es bestimmte höhere Tiere schon sind. In bestimmten Bereich vielleicht, aber nicth generell.

    Bei Menschen, die mit Haustieren zusammenleben besteht dagegen die genau gegenteilige Tendenz. Nämlich die das Tier zu vermenschlichen. Doch Tieren Personalität und Charakter zuzuschreiben ist nicht von vornherein falsch.
    Hier ein Zitat aus dem Artikel “More than a feline: the true nature of cats”, der zeigt, dass wir bei der Beschreibung von Tieren und ihrem Charakter schnell in die Schwebe zwischen treffender Beschreibung und Vermenschlichung geraten:
    “Even so, cats remain aloof and inscrutable. Dogs tend to be open, honest and biddable. Cats, on the other hand, demand we accept them on their terms, but never quite reveal what those terms might be.”

  14. Juvenal-Zitat

    @Verena Als alter Lateiner muss ich meckern 😉 mens sana in corpore sano
    Das lateinische Zitat ist, wie so oft, auf entstellende Weise verkürzt. Ungekürzt heißt der Satz bei Juvenal (in seinen Satiren X, 356): „Orandum est ut sit mens sana in corpore sano“, womit Juvenal etwas ganz anderes meinte als das, was Turn- und Sportfanatiker später daraus gemacht haben, nämlich dies: „Es wäre zu wünschen, daß in einem gesunden Körper ein gesunder Geist steckte.“

  15. Mensch und Maus

    An dieser Stelle möchte ich keine Diskussion über die „Ähnlichkeit oder auch Verschiedenheit von Mensch und Tier“ eröffnen (sondern werde dies bald in einem separaten Artikel tun). Hier möchte ich dieses Thema nur nochmal kurz aus einem immunologischen Sichtweise anschneiden.

    Mäuse widerspiegeln in vielen Aspekten sehr gut immunologische Prozesse im Menschen und sind daher auch das bevorzugte Tiermodel der Immunologen. Danke dem Einsatz von Mausmodellen können viele immunologische Mechanismen aufgedeckt werden, die zur Entwicklung von Medikamenten führen. Allerdings gibt es auch signifikante Unterschiede im Immunsystem beider Spezies (Verteilung der Leukozytengruppen, Toll-like Rezeptor Repertoire, Defensins…). Solche Unterschiede sind auch nicht überraschend, wenn man bedenkt das beide Spezies vor ungefähr 65 bis 75 Millionen Jahre divergierten, sich in der Größe und Lebensspanne unterscheiden und verschiedene ökologische Nischen bewohnen.
    Dass sich die Komplexität des menschlichen Immunsystems nicht immer vollständig modellieren lässt zeigte sich im Jahr 2006 in einer klinischen Studie: Versuchspersonen erlitten nach der Einnahme von TGN1413 (einem anti-human CD28 monoklonalen Antikörper) lebensgefährliche systemische Entzündungsreaktionen, die trotz zahlreicher Vorexperimente in Mäusen, nichtmenschlichen Primaten und im Reagenzglas an menschlichen Zellen nicht vorhersehbar waren.

  16. DAS hat Juvenal nicht gesagt

    Nur weil es jeder wie Sie zitiert, wird es nicht richtiger.
    Gesagt hat er:
    „Beten sollte man darum, dass in einem gesunden Körper ein gesunder Geist sei.“
    Und die Aussage weicht doch sehr von Ihrer Interpretation ab.

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