Leuchtende Monsterlöcher


Die Experten sagen uns: Im Zentrum der roten Kreise dieses Vorschaubildes zu meinem Video befinden sich gewaltige Schwarze Löcher aus der Anfangszeit des Universums. Doch die Angelegenheit ist schon irgendwie vertrackt: Noch keiner hat je ein solches Objekt „gesehen“, denn es ist ja das Wesen eines Schwarzen Lochs, dass jegliches Licht darin verschwindet. Obwohl es sich aber der direkten Messbarkeit durch unsere Instrumente entzieht, können wir es dennoch indirekt ziemlich gut beobachten. Denn um das dunkle Loch herum ist manchmal ziemlich viel Aktion! Es kann Sternenmaterial aus der Nachbarschaft zermahlen, das die Umgebung des Schwarzen Lochs in hell leuchtende Malströme wandelt, auch extrem helle Materiejets werden in den Weltraum geschleudert. Sogar heiße Winde lassen sich im Nahbereich von Schwarzen Löchern nachweisen.

Schwarzes Loch in einem Quasar
Künstlerische Darstellung der Vorgänge rund um ein Schwarzes Loch. ©: ESO/M. Kornmesser

Die größten Schwarzen Löcher, die wir kennen, sitzen in den Zentren von Galaxien. Was zuerst eine spektakuläre Entdeckung war, entpuppte sich inzwischen als der konventionelle Normalfall: Astrophysiker vermuten das dunkle Loch in praktisch jeder elliptisch geformten Galaxie. Viele unter ihnen – wie das in unserer eigenen Milchstraße -, haben allerdings schon den Altersstatus eines weitgehend inaktiven Schwarzen Lochs erreicht. Sie dümpeln gut versteckt im Inneren der zentralen Masse und zeigen wenig Dynamik, heißt damit auch: sind für unsere Instrumente relativ schlecht aufzuspüren. Doch je tiefer wir hinaus blicken können – und damit je weiter wir in die Vergangenheit kommen -, desto turbulenter geht es im Nahbereich dieser galaktischen Schwarzen Löcher zu. Die exotischsten unter ihnen stehen im Zentrum sogenannter Quasare, die zur Klasse der aktiven Galaxien gehören. Von einem Quasar spricht der Astrophysiker immer dann, wenn das Schwarze Loch im Mittelpunkt heller strahlt als die gesamte galaktische Sternansammlung darum herum.

Quasare sind ein Phänomen, das vor allem in den großen Weiten des Kosmos beobachtbar ist. Etwa fünf bis sieben Milliarden Lichtjahre entfernt scheint es ein Maximum solcher aktiver Galaxien gegeben zu haben. Extrem leuchtstarke aktive Galaxien, so berichtet der Kosmologe Hans Böhringer vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik im hier gezeigten Talk, können Astrophysiker inzwischen bis zu den Anfängen der kosmischen Strukturbildung zurückverfolgen. Aber wie sind die ersten Schwarzen Löcher – weniger als eine Milliarde Jahre nach dem vermuteten, aber bisher nicht nachweisbaren Urknall – überhaupt entstanden? Dazu gibt es bisher keine gesicherten Theorien. Aber zwei wesentliche Modelle werden diskutiert. Kosmologen vermuten, dass sie sich entweder direkt durch den Kollaps von heißen Gasen in dem jungen, noch sehr turbulenten Universum der Frühzeit bildeten. Oder aber am Anfang der Entstehung entwickelten sich zuerst heute nicht mehr beobachtbare, besonders massereiche Sterne, die dann explodierten oder auch kollidierten und so die ersten Schwarzen Löcher im Universum bildeten. Vielleicht gab es sogar beide Prozesse am Anfang des Universums.

Neue Entdeckungen haben die Frage nach den Ursachen der Entstehung der frühesten Schwarzen Löcher jedoch weiter verschärft. Im Zentrum der Debatte: die vor kurzem nachgewiesenen, ältesten aktiven Galaxien. Sie stammen aus einer Zeit von weniger als einer Milliarde Jahren nach dem Urknall. Und einige unter diesen frühen Quasaren zeigen für die kosmologische Theorie eine erstaunliche „Anomalie“: ein Schwarzes Loch mit der Masse von mehr als einer Milliarde Sonnenmassen. Das bringt Astrophysiker in erhebliche Erklärungsnot – und zwar aufgrund des als gesichert geltenden Eddington-Limits. Es definiert die maximale „Fressgeschwindigkeit“ von Schwarzen Löchern und lässt sich grob ganz einfach erklären: Je mehr ein Schwarzes Loch Materie aufsaugt, desto heftiger werden Teile dieser Materie auch wieder für uns beobachtbar in den Weltraum katapultiert. Dieser steigende Strahlungsdruck wirkt gegen die gravitative Kraft des galaktischen Zentrums und kann also das Einsaugen von Materie so weit abbremsen, dass das Schwarze Loch in eine Art „Hungerzustand“ verfällt. Dieser dauert so lange an, bis sich der Auswurf von Materie dank dieser „Magersucht“ wieder eingedämmt hat. Auf eine kurze Formel gebracht heißt das aber auch: Die maximale Aufnahme von Materie über die Zeit ist für ein Schwarzes Loch begrenzt – und zwar berechenbar begrenzt. Wenn aber dieses Eddington-Limit korrekt ist – und kein guter Astrophysiker würde das heute in Frage stellen! -, dann ist es einfach nicht möglich, dass ein Schwarzes Loch innerhalb so kurzer Zeit nach dem Beginn der Strukturbildung im Kosmos auf die Größe von einer Milliarde Sonnenmassen und mehr anwachsen kann, und zwar selbst dann nicht, wenn man unterstellt, dass in dieser Zeit junge Galaxien bereits kollidiert und so deren Schwarze Löcher direkt verschmolzen sind. So ist die Frage nach der Existenz dieser Monsterlöchern am Beginn des Universums rätselhaft und heute ein ziemlich heiß diskutiertes Thema in der astrophysikalischen Community.

Aber wie ist es uns überhaupt möglich, Schwarze Löcher in einer Entfernung von 13 Milliarden Lichtjahren zu erkennen und zu vermessen? Was wissen wir über die frühesten Quasare, und wie lassen sie sich lokalisieren? Und last, but not least: Wie wollen Astrophysiker in Zukunft den Geheimnissen der Monsterlöcher auf die Spur kommen? Viele Fragen also, die ich Hans Böhringer in diesen zwei Talk-Teilen stellte. Der Kosmologe, der halt auch geschulter Universitäts-Didakt ist, war dabei ausgesprochen geduldig mit mir und hat seine Antworten stets gut verständlich in einen größeren Kontext gestellt, der die sich strukturierende Welt des universalen Beginns dem Nichtexperten eindrucksvoll näher bringen kann.

Ausgewählte Beiträge zur kosmischen Strukturbildung und Schwarzen Löchern in meinem VideoBlog hier:

Die dritte Dimension im Kosmos

Die Entdeckung der Leere

Das Schwarze Loch: Sein oder Nichtsein!

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Ich habe viele Jahre journalistisch im Bereich Wissenschaft und Technologie gearbeitet, später dann mit meiner kleinen Beratungsfirma als Medienexpertin. 2010 erfüllte ich mir meinen großen Traum und gründete den Spartensender HYPERRAUM.TV, für den ich eine medienrechtliche Rundfunklizenz erteilt bekam. Seither mache ich als One-Woman-Show mit meinem „alternativen TV-Sender“ gewollt nicht massentaugliches Fernseh-Programm. Als gelernte Wissenschaftshistorikern habe ich mich gänzlich der Zukunft verschrieben: Denn die Vergangenheit können wir nur erkennen, die Zukunft aber ist für uns gestaltbar. Wir sollten versuchen, nicht blind in sie hinein zu stolpern!

10 Kommentare

  1. Die Quasare als kosmischen Leutchfeuer, in deren Zentrum Milliarden von Sonnenmassen schwere schwarze Löcher ruhen, sind jetzt 5 bis 7 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt. Doch die Nachkommen von Quasaren müssen sich auch in unmittelbarer Nähe unserer eigenen Galaxis, der Milchstrasse, befinden, denn das Universum ist mit unscharfem Auge betrachtet überall gleich aufgebaut.
    Folglich hat es auch einmal Quasare in unserer galaktischen Umgebung gegeben – und es gibt deren Nachfahen immer noch in Form von kaum noch sichtbaren schwarzen Löchern mit Milliarden von Sonnenmassen. Das Gas, von dem sich diese früheren Quasare ernährten, ist inzwischen aufgebraucht, so dass sie nicht mer als Leuchtfeuer imponieren. Denkbar wäre ein solches Monsterloch nur ein paar dutzend Millionen Lichtjahre von uns entfernt, jedoch unsichtbar. Ein dahinter vorbeziehender Stern könnte über den Gravitationslinseneffekt (welches das Sternenbild verzerrt) ein solches supermassives schwarzes Loch dennoch sichtbar machen. Oder aber man findet ein supemassives schwarzes Loch in einer noch genügend hellen Rest-Galaxie. NGC 4889 ist solch ein Fall: Im Zentrum dieser 308 Millionen Lichtjahre entfernten elliptischen Galaxie befindet sich ein schwarzes Loch von 21 Milliarden Sonnenmassen. Und tatsächlich liest man in der Wikipedia (übersetzt von DeepL): Das ionisierte Medium um das Schwarze Loch herum deutet darauf hin, dass NGC 4889 in der Vergangenheit ein Quasar gewesen sein könnte. Es ist ruhig, vermutlich weil es bereits alle leicht verfügbaren Materie aufgenommen hat

    Das schwarze Loch in NGC 4889 hat also seine wilde Jugend als kosmisches Leuchtfeuer schon hinter sich und existiert nun still vor sich hin.
    Wie aber ist es so gross geworden? Ich vermute mal durch eine ganze Reihe von Fusionen mit anderen schwarzen Löchern. Früher war das ja einfacher, denn früher war das Universum noch dichter gepackt. Wir dagegen sind bereits auf dem Weg in die stellare Einsamkeit, denn die Galaxien da draussen entfernen sich immer schneller von uns weg.

  2. Sehr geehrte Fr. Päch,

    ich fand ihren beitrag sehr interessant.

    Jedoch kommt es im beitrag gleich mehrmal vor das Zeitangaben mit Lichjahren und Distanzen mit Jahren angegeben sind. Ich bin nur Laie (oder sogar noch weniger), meine Aber das die Angaben anders herum angegeben werden müssten…

    Um diese Passagen geht es:

    Etwa fünf bis sieben Milliarden Lichtjahre entfernt in der Vergangenheit scheint es ein Maximum solcher aktiver Galaxien gegeben zu haben.

    Oder:

    Aber wie sind die ersten Schwarzen Löcher – weniger als eine Milliarde Lichtjahre nach dem vermuteten, aber bisher nicht nachweisbaren Urknall – überhaupt entstanden?

    Und:

    Sie stammen aus einer Zeit von weniger als einer Milliarde Lichtjahren nach dem Urknall.

    Ebenso:

    Aber wie ist es uns überhaupt möglich, Schwarze Löcher in einer Entfernung von 13 Milliarden Jahren zu erkennen und zu vermessen?

    Leider ist die Formatierung meines Kommentars etwas durcheinander gekommen und lässt sich auch nicht ändern…

    MfG, Harry Hitzig

  3. Mir ist schon bewusst das Lichtjahre auch mit Zeit zu tun haben, z.b. Beim Blick auf ein weit entferntes Objekt sehen wir ja in die Vergangenheit. (Bei einen eine Millionen Lichtjahre entferntem Objekt also eine Millionen Jahre. Aber deshalb wird die Zeit doch nicht auch in Lichtjahren angegeben?

    Diese Gedanken kamen mir zum ersten Absatz den ich angab. Als ich bemerkte das dieser eine Mischangabe aus Zeit und Raum darstellt:

    Etwa fünf bis sieben Milliarden Lichtjahre entfernt in der Vergangenheit

    MfG, Harry Hitzig

    • @Harry Hitzig: ich stimme ihnen zu: anstatt: Etwa fünf bis sieben Milliarden Lichtjahre entfernt in der Vergangenheit wohl besser: Etwa fünf bis sieben Milliarden Lichtjahre entfernt, in der Vergangenheit
      Ein Komma an der richtigen Stelle macht halt hin und wieder schön einen Unterschied.

  4. @Harry Hitzig und Martin Holzherr: O je, und das mir, der durch eine so harte Komma-Schule gegangen ist! Es gibt aber noch die Möglichkeit, “in der Vergangenheit” einfach zu streichen. Und bei den 13 Mrd. Jahren muss es natürlich Lichtjahre heißen. Sorry für die Schlamperei. Ich werde das korrigieren.

    • Noch eine Fundstelle:
      – weniger als eine Milliarde Lichtjahre nach dem vermuteten, aber bisher nicht nachweisbaren Urknall –

      • @ano Nymous: Danke – und man merkt, dass ich nicht ganz auf der Höhe bin. Ich werde das sofort korrigieren.

  5. Susanne Päch schrieb (9. Juni 2018):
    > Aber wie sind die ersten Schwarzen Löcher […] überhaupt entstanden? Dazu gibt es bisher keine gesicherten Theorien.

    Offenbar doch sicher/solide/nachvollziehbar genug, um Kosmo- bzw. Astro-Modellierern Messgrößen (wie insbesondere Dauern oder Lorentzsche Distanzen) zur Verfügung zu stellen, deren Mess- bzw- Erwartungswerte sich als reellwertige Vielfache von “Jahr” ausdrücken lassen; ganz abgesehen von abgeleiteten und weitergehenden Begriffen wie “Schwarzes Loch” und “Masse” bzw. “massereich” und “Stern” und “Kollaps” usw. usf.

    p.s.
    > Es kann Sternenmaterial aus der Nachbarschaft zermalen

    https://www.google.de/search?q=Wer+ouch+erst+zu+der+mulen+kumt%2C+der+sal+erst+malen

    p.p.s.
    SciLogs-Kommentar-HTML-Test:

    “H<sub>0</sub>” wird dargestellt als: “H0“.

  6. Ihre “harte Komma-Schule” (in Antwort auf einen Kommentar) sollte bei Ihrem Beruf eigentlich auch Rechtschreibung beinhalten: “Malen” ist nicht “mahlen”. Letzteres hatten Sie ja wohl gemeint. Ich bin nicht gerne ein “Korika…”, aber in diesem Fall, wo ein Profi sich so vergreift, schmerzt es zu sehr.

  7. @E. Collmar: Der Tippfehler ist korrigiert. Ich habe übrigens beim erneuten Lesen noch einen weiteren gefunden. Kommt halt leider vor, wenn man keinen Korrektur an Bord hat.

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