Lernen im Vorübergehen

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Intelligenz, Sonntagskinder und Schulversager
Hochbegabung

Keinem sollte das Lernen so leicht fallen wie einem hochbegabten Menschen. Mit Einschränkungen, wird sich der ein oder andere denken. Vielleicht macht es einen Unterschied, wie oder in welchem Bereich gelernt wird, ob fremd- oder selbstbestimmt. In diesem Beitrag zitiere ich die Worte eines angehenden Abiturienten, der hochbegabt ist und zum Ende seiner Schulzeit feststellt, dass er – leichtfüßig, beliebt und selbstbewusst – durch die Schule marschiert ist, aber nun seinen gewünschten NC nicht schafft. Wirklich kein Problemfall! Aber lesen Sie selbst.

Lernen geht ja wie von allein

Lernen geht ja wie von allein: Im Vorbeigehen, Halb-Zuhören, beim Schlafen, Essen oder Fernsehen – so hatte ich mir das mal gedacht. Und so habe ich auch das Lernen gelernt, nämlich gar nicht. Viele Dinge sind mir in den Schoß gefallen, ich musste nie großartig was dafür tun, dass ich mir Namen und Nummern merken konnte. Früher konnte ich in der Schule Bücher unter dem Tisch lesen und trotzdem die Mathe-Aufgabe an der Tafel halbwegs lösen, wenn der Lehrer mich nach vorne rief. Ich wusste nicht, was Anstrengung ist. Hatten meine Eltern mal die Fernbedienung vom Fernseher versteckt, so dauerte es keine 2 Minuten und sie war wieder im Gebrauch. Es war kinderleicht. Waren das noch Zeiten!

Jetzt mache ich Abitur und mir geht es auch nicht wirklich schlecht dabei. Es wird nicht gut, aber auch nicht schlecht werden. Aber ich merke immer mehr, dass ich das Lernen nicht gelernt habe. Ich habe bisher Texte kurz überflogen, mir was aus den Äußerungen der anderen zusammengereimt und dann was Passables formuliert. Kleine Arbeiten habe ich aber so gut wie nie erledigt. Woran das gelegen hat, weiß ich auch nicht genau. Sehr wahrscheinlich hab ich es einfach nicht besser gewusst. Mir fällt es kolossal schwer, mich an den Schreibtisch zu setzen, seitenweise Geschichte reinzupauken und alle Mathe-Klausuren nachzurechnen – vorausgesetzt, ich finde sie überhaupt. Wenn ich darüber nachdenke, ärgere ich mich über mich selbst. Hätte ich doch früher damit begonnen, die Schule ernst zu nehmen! Hätte ich mich doch einmal angestrengt! Und hätte ich mir mal Gedanken über das Lernen gemacht!

Aber wie hätte ich Schule ernst nehmen sollen, wo ich sie doch nur leicht nehmen konnte? Und wie hätte ich mir Gedanken über das Lernen machen sollen, wo ich es doch im Vorbeigehen, Halb-Zuhören, beim Schlafen, Essen oder Fernsehen gelernt habe?

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Veröffentlicht von

Götz Müller ist Diplom-Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut und Leiter des Instituts für Kognitive Verhaltenstherapie (IKVT). Er arbeitet beratend und diagnostisch mit Familien hoch begabter Kinder und Jugendlicher. In der psychotherapeutischen Arbeit beschäftigt er sich schwerpunktmäßig mit dem Underachievement bei Hochbegabten, hier insbesondere bei Jugendlichen.

23 Kommentare

  1. Ich weiß nicht! Dieses ganze Gerede von “Hochbegabten” -oh Mann. Macht euch mal locker! Wer Probleme mit dem Lernen hat, lernt das Falsche. Und wer sagt uns denn, daß wir jeden Unsinn zu lernen haben? Lernen ist leicht -und im Vorübergehen! Wäre es anders, dann erklimmt man nur eine Leiter, zu der man nicht berufen ist!

  2. Nachtrag

    Beruf kommt von Berufung. Doch wer oder was berief uns zum Amte? Für Menschen, die dem Naturalismus verpflichtet sind -eine harte Nuß! Wer begleitete uns des Weges? Wer trug uns auf den Schultern als wir zu gehen nicht mehr imstande waren? Wer gab uns Antwort auf die vielen Fragen? Wer war uns Stock als wir blind des Weges gingen?

  3. Nachtrag2

    Man mag von Wagner halten, was man will: der Parsifal ist genial. Und wenn ich eine Narkotika par excellence für nötig erachte -dann ist es diese! Was gehen mich irgendwelche Hirndrogen an?

  4. Nachtrag3

    Und was will ich nun damit sagen? In uns existiert etwas, das schlauer ist. Es drückt sich durch das Unbehagen aus. Es weist nicht an noch aus -vielmehr rumort es. Nicht immer leicht auszuhalten -der Indoktrination wegen. Es nimmt uns das Denken nicht ab -es zwingt uns, Fragen zu stellen. Man ertappt sich manchmal dabei, zu seinem Herzen zu sagen: du bist irre, komisch -aber genial. Schön, daß es dich gibt!

  5. @ Hilsebein

    “Nicht immer leicht auszuhalten -der Indoktrination wegen.”

    Dieser Satz könnte zu einem Mißverständnis führen. Die Indoktrination ist uns von außen gegeben -durch Glaubenssätze, die ungeprüft für wahr gehalten werden. Was da rumort, ist ein anderes. Es hat nur sein Unbehagen. Richtung aber gibt es nicht vor. Wie sollte es auch? Wer Richtung vorgibt, entmündigt den Menschen! Oh, ich sehe eine Welt, in der es keine Gurus mehr gibt -woher sie auch immer kommen mögen. Ich sehe eine Welt, wo es die Einheit in Vielfalt gibt.

  6. Und was lernen wir daraus?

    “Lernen geht ja wie von allein” – ja es geht ja auch tatsächlich von Anfang an von allein das Lernen, das sich die “Welt erobern” – jeder Mensch, jedes Kind eignet sich seine Sicht der Dinge, seine Welt auf seine Weise an. Und die jeweilige Vorgehensweise bleibt wohl auch für den Rest des Lebens ähnlich erhalten – die einen müssen alles im wahrsten Wortsinn begreifen, anderen erschließt sich vieles erst wenn sie sich ein Bild gemacht haben und wieder andere müssen über das “Hörensagen” Wissen verinnerlichen. Es geht also einfach nur darum herauszufinden über welchen “Kanal” wir uns das Wissen am besten aneignen, um dann diesen Kanal bewußt nutzen und einsetzen zu können. Diese ebenso einfache wie wichtige Erkenntnis muss Eingang finden in all das, was wir Erziehung und Bildung nennen. Ich sehe die erste Aufgabe der Erziehenden und Lehrenden darin, durch genaue Beobachtung herauszufinden auf welche Weise sich Kinder die Welt erobern und dann diese Lernprozesse sichtbar und ihnen bewusst zu machen. Und das völlig unabhängig von der Begabung des einzelnen Menschen. So kann das Lernen diese Selbstverständlichkeit behalten, die es vom ersten Lebenstag an hat – dann ist letztlich der Inhalt des Lehrstoffes zweitrangig.

  7. Hochbegabte individuell fördern ist ja schön und gut, aber bei Vielen wird die Hochbegabung erst im pubertären Alter bestätigt. Gerade in der Zeit, in der Schule und Lernen nicht besonders weit oben auf der Interessensliste stehen. Wie soll diesen Schülern geholfen werden? Man kann ihnen die besondere Förderung schließlich nicht aufzwingen. Und später machen sich die Schüler, Eltern oder Pädagogen Vorwürfe.

  8. @ Frau Lerche

    Aufgezwungen trifft als Begriff recht gut das Verständnis, was Begabtenförderung nicht sein sollte. Es ist nicht der Kursgedanke, das Arbeitsblatt extra oder auch die Teilnahme am Mathematikwettbewerb (wenngleich letztere manchmal wirklich “lösend” sein kann). Die Frage ist, wie Schule gestaltet werden kann, dass hoch begabte Kinder den Zugang ohnehin wählen, weil es für sie “attraktiv” ist. Jener Abiturient wirft nicht vor, sondern stellt eher fest, dass er in einem Prozess steckte, den er selbst nicht überschauen konnte. Auch den Aussagen anderer, die eher vorwurfsvoll oder besserwissend sind (da hättest du eben …), zieht er den Boden weg. Denn das beste Lernen kommt von innen, nicht aber von außen!

  9. “Alte Erkenntnis”

    Schon Jean Piaget sagte einst: “Alles, was wir den Kindern beibringen, können sie nicht mehr lernen”
    Damit ist eigentlich alles gesagt, was man über das Erlernen jeglicher Dinge wissen sollte: Gebt den Kindern herausfordernde, interessante Lernumfelder in welchen sie ihren eigenen Fähig- und Möglichkeiten entsprechend tätig werden können, um sich Wissen anzueignen. Und “kaut” nicht alles Wissen vor. Im gemeinsamen erarbeiten von Inhalten nehmen Kinder sehr viel von den Erfahrungen der Erwachsenen auf, ohne dass sie dabei “belehrt” werden. Im Übrigen ist dieses Vermitteln von Wissen auch für den Lehrenden wesentlich interessanter, als das reine Vortragen vor einem meist minder begeisterten “Publikum”. Zumindest ist das meine eigene Erfahrung und auch die Rückmeldung aller Kolleginnen, die sich bisher auf diese Herangehensweise eingelassen haben – und was im Vorschulbereich funktioniert, lässt sich auch auf die Schule übertragen.

  10. so kanns gehen

    Dass das Zeugnis dieses hb Abiturienten noch eines der Glücklicheren ist, sollte noch angemerkt werden. Es gibt auch die hochbegabten die durch ein Lernumfeld mit stetigen Wiederholungen, das nicht auf die speziellen Bedürfnisse dieser Kinder eingeht stark verunsichert und ausgebremst werden. Fürs Kind geht das dann in Stufen bis hin zum Schulversager.
    Ich wünsche dem o.g. Kandidaten dass er den passenden Weg für sich noch findet.

    Eine eintsprechende Förderung und Forderung solcher Kinder obliegt allzuoft ausschließlich der Verantwortung des Elternhauses. Leider baut das Schulsystem momentan zu sehr auf die Fähigkeiten der Eltern, die Kinder nachmittags ausreichend zu fordern. Was passiert? Diese Kinder gehen jeden Tag zu einer Schule die in ihrem Falle den Bildungsauftrag nur schwer erfüllt. Die meiste Arbeit leisten dann die ELtern.

  11. In dem Text des obigen Abiturienten finde ich mich beinahe unverzerrt wieder. Bei mir war es lediglich noch stärker ins Extrem getrieben, da ich selbst das Abitur, ohne mich anstrengen zu müssen, mit einem sehr guten Zeugnis abgeschlossen habe. Dabei blicke ich gerne und wehmütig auf die Zeit der Abiturprüfungen zurück. Für sämtliche Prüfungen hatte ich jeweils nur den Vortag für das Lernen aufgewendet und dennoch waren 14 Punkte die Folge.

    Die Probleme fingen jedoch im Studium an, wo ich in die Mittelmäßigkeit abgesunken bin. Es fällt mir ungeheuer schwer, das Lernen ernst zu nehmen, und das trotz fortgeschrittenem Semester. Da verbleibt mir nur Bewunderung für Kommilitonen, die durch aktives Lernen trotz womöglich geringerer intrinsischer Begabung Leistungen erzielen, die meinen bei weitem überlegen sind.

    Vor allem bin ich über diejenigen erstaunt, mit denen ich das Abitur gemacht habe und die mir dabei leistungsmäßig hoffnungslos unterlegen waren. Da ich Schwierigkeiten mit dem Studium habe, hatte ich erwartet, dass ebendiese ehemaligen Mitschüler überhaupt nicht mit dem Studium zurecht kommen würden – nun, das Gegenteil ist eingetreten. Durch Fleiß und konsequentes Lernen berichten sie mir regelmäßig von Erfolgen und Leistungssteigerungen, die ich mir nur erträumen kann.

    Ich bin dabei, diese Lehren zu internalisieren. Doch leider neigt sich der Studium allmählich dem Ende zu, somit kommt die Verhaltensänderung, wenn sie denn eintreten sollte, höchstwahrscheinlich zu spät…

  12. heiliger zorn

    als ich vor fast 20 jahren vom leiter einer integrierten gesamtschule für meinen unterforderten, gelangweilten sohn eine ähnlich intensive förderung verlangte, wie sie die kinder am anderen ende der leiter erhielten, bekam ich zur antwort: wir züchten hier keine eliten.

    da schämte ich mich für mein hochbegabtes kind *sarkasmusaus*
    ansonsten habe ich uns in den schilderungen der kommentatoren vor mir wiedergefunden. noch einer, der im studium zu mittelmaß verkommt, weil er nicht lernen gelernt hat, weil keiner da war, der es ihm hätte beibringen können. meine ideen wurden von lehrern stets erfolgreich sabotiert.
    ach, ich bin immer noch zornig, wenn ich daran zurückdenke.

    unser bildungssystem ist ein drama und ich glaube auch heute noch nicht daran, daß sich da was ändert. da werden begabungen systematisch vernichtet…

  13. Lernen zu lernen – später oder nie?

    Nichts gelernt Note 2 gelernt Note 1 – das ist ein schönes Leben bis zum Abitur.
    und mit Glück kommt man gerade noch durch das Studium. Aber ohne Lebensqualität. Zu groß ist der Aufwand des komplexen Lernens – wenn es nicht gelernt wurde. Glückliche Menschen erkennen im Beruf bei der Arbeit diese Defizite und ab 30 Jahre wird die “Lehre des Lernens” gemacht. Dann wird alles leicht und effizient. Mit heutigem Wissen wäre wohl der Schulstoff im Bruchteil der Zeit abgearbeitet. Und zwar nachhaltig. Was nützen in Deutschland die politischen Versprechungen für eine bessere Bildung?
    Mit geeigneten Lerntechniken und Lern-Verfahren wäre mit wenig Aufwand mehr zu erreichen. Ganz sicher.

  14. Ich kenne das auch nur zu gut. Ich habe auch leider nie gelernt zu lernen..ich weiss auch leider nicht, wie man das nachholen könnte…vielleicht mit irgendwelchen Konzentrationsübungen…

  15. Lernen geht ja von allein

    Dem Abiturienten kann ich nur sagen: du bist nicht der Einzige! Achte deshalb bei den zukünftigen Kindern darauf, dass sie das Lernen lernen und zwar frühzeitig. Denn es nicht deine Schuld, dass du nie zum Lernen angehalten wurdest. Klar ist es für Eltern einfach, wenn das Kind keine schulischen Probleme macht und so mehr Zeit für andere Dinge bleibt. Aber wie so schön gesagt wurde, es wird auch im Studium nicht leichter. Insbesondere wenn eine Universität gewählt wird. Denn dort wird verlangt, dass sich der Großteil des Wissens selbst beigebracht wird. Das ist hart und bedarf einiger Selbstdisziplin und Willen zum Lernen, also alles, was bislang nicht zum Einsatz kommen brauchte. Es fällt mir heute auch schwer, diese Selbstdisziplin einzuhalten, wenn es darum geht, meine auch hochbegabte Tochter zum Lernen anzuhalten. Aber erste Früchte sind tatsächlich vorhanden. Das wiederum zeigt mir, dass es eben doch eine Erziehungsverantwortung ist, den Kindern das Lernen beizubringen und zwar auf Seite der Eltern, aber auch Lehrern. Und das ist ein ernstzunehmendes Probleme. Einigen Lehrern sind hochbegabte Kinder noch immer ein Greuel, dass sie am liebsten nicht sehen würden. Das ist nicht nur unfair sondern fördert auch nicht gerade eine Integration im Klassenverband.

  16. Was nützt die Begabung

    Wenn die Fragen oder Anregungen
    fehlen?
    Du langweilst dich zu tode!
    Ich lese schon jeden Text, nur um mit einer anderen Auslegung weiter zu kommen.

  17. Hmm…

    Oha, diese Problematik kommt mir merkwürdig vertraut vor. Das Lernen zu lernen habe ich während meiner Schullaufbahn auch versäumt. Wie hätte ich auch können? Der dargebotene Stoff war eintönig und flach, die Lehrmethodik fußte auf dem Ansatz, dass auch noch die letzte Sparleuchte es nach der zwanzigsten Wiederholung verstanden haben müsse. Problematisch wenn man selbst der ersten Wiederholung nicht bedurfte. Wie sich beschäftigen in den nachfolgenden Stunden schier endlosen Wartens? Eigenes Denken wurde auch nur begrenzt toleriert und für tiefergehende Diskussionen bei dafür geeigneter Thematik blieb schlichtweg keine Zeit, da man ja üben und ausreichend wiederholen müsse.
    Kurzum: Man verstand sich bestens darauf, mir jegliches Interesse für Schulbildung systematisch auszutreiben. Hefter besaß ich schon seit Jahren nicht mehr, gelernt hatte ich noch nie, Hausaufgaben nur unter Androhung von Benotung erledigt. Für einige “Einser” auf dem jeweiligen Zeugnis hat es auch auf dem Gymnasium noch gereicht. Das man alsbald auch den Unmut seiner Mitschüler auf sich zieht, ist abzusehen. Faul, desinteressiert, arrogant, oppositionell und dennoch mit besseren Noten beglückt. Das jemand, der sich konsequent zum disziplinierten Arbeiten zwingen muss um halbwegs am Ball zu bleiben, sich über die Zeit “gestört” fühlen könnte, war mir schon damals nicht verwunderlich.
    Und so fügte sich das Eine ins Andere und meine Rolle als permanent gelangweilter Außenseiter war besiegelt. Um es abzukürzen: Kurz vor dem Abi zutiefst frustriert abgegangen. Unzufrieden im Arbeitsleben umher vagabundiert. Jetzt, mit 28, kurz vor dem halbwegs erfolgreichen Abi an einem Kolleg. Der Schulalltag ähnlich quälend leer und flach inhaltslos. Nur dank konsequenter Selbstmissachtung bewältigbar. Lernen ist auch weiterhin vollkommen überflüssig. Hausaufgaben tröge und stupide Fleißaufgaben ohne jegliche Herausforderung. Unter “Erhöhung des Schwierigkeitsgrades” verstehen die Lehrenden auch nur das Anziehen der Geschwindigkeit oder das Vergrößern der Stoffmenge. Wunderbar… mehr auswendig lernen innerhalb kürzerer Zeit. Das bildet ungemein und ist vor allem auch soooo sinnvoll. Sich unter diesen Bedingungen überhaupt zum Tätigwerden überwinden, ist mehr als anstrengend.

  18. Ich teile den Zorn

    Ich hoffe mein Zorn ist heilig, jedenfalls berechtigt.Die systematische Vernichtung gerade von besonderen Begabungen liegt einfach im deutschen Schulsystem begründet. Individualisierter Unterricht existiert meist nur auf dem Papier und die Wiederholungen töten auf Dauer jede intrinsische Motivation. Ich wünsche allen “Betroffenen”, dass sie Ihren Weg ins Glück finden. Schön dass es euch gibt! I

  19. Dilemma

    Hauptsache, nicht groß auffallen, sonst ist man ein Sonderling, das kenne ich nur zu gut.
    Zu Beginn der Gymnasialzeit schrieb ich noch in fast allen Fächern stets nur Einsen, ganz beflügelt davon, dass wenigstens ein winziges bisschen tiefgründigere Materie als in der Grundschule auf dem Lehrplan stand.
    Doch die Fähigkeiten, (zu )schnell zu denken und zu begreifen, können sich im deutschen Schulalltag als äußerst hinderlich erweisen. Ich wurde unruhig, frustriert, weil ich auch den Neid meiner Mitschüler, die für mittelmäßige Noten einige Stunden intensiv lernen mussten, mehr und mehr auf mich zog. Unterbewusst absichtlich schrieb ich immer schlechtere Noten, ich habe mich selbst verleugnet.
    Dass für mich an sich sehr spannende Themen stets nur äußerst oberflächlich behandelt wurden, waren ein weiterer Grund für mein wachsendes Desinteresse und meine Abneigung gegen die Schule, im gleichen Maße wurde mir immer häufiger übel und ich bildete mir alle möglichen Krankheiten ein, nur, um nicht “dahin” zu müssen.
    Da ich obendrein auf einem nicht gerade weltoffenen, recht konservativen Kleinstadtgymnasium meine “Laufbahn” verbrachte, kam niemand auf die Idee, was mit mir nicht “stimmte”.
    Nein, WIE ich gelernt habe, wusste ich nicht, ich habe bis heute keine wirkliche Methode.
    Selbst während meines Studiums, das nun auch schon etliche Jahre zurückliegt, ging das alle ohne Lernstrategie.
    Aber es muss sich schleunigst am deutschen Schulsystem etwas ändern, damit Kinder gemäß ihrer Begabungen in allen Ausprägungen adäquat gefördert werden können – und niemandem
    die Lust auf Schule und Lernen verleidet wird.

  20. Der Artikel ist zwar schon älter, aber das Problem wird wohl immer bleiben…
    Ich selbst bin Hochbegabt (wurde in der 7./8. Klasse ausgetstet), in der Schule hatte ich nie Probleme, alles ging wie von selbst. Lesen im Unterricht war einfach normal, lernen durch Zuhören war mein Weg. Es klappe prima. Richtung Abi wurde es etwas ‘schwerer’ Ich hatte immer Freude am Mathe, doch ich hatte plötzlich einen Lehrer der zum Erklären scheinbar unfähig war, wenn er dann mal da war. Ich merkte wie schwer es mir fiel mich einfach hinzusetzen, wie all die anderen, und zu lernen. Es ging einfach nicht. Das ganze endete mit einem 3er Abi, aber hey das ist garnicht so wild. Beworben hatte ich mich nur sporadisch, wollte ich doch von vorneherein Studieren und genau das tue ich nun auch.
    Aber die Tatsache das ich nie gelernt habe zu lernen macht es mir immer schwerer…ich bin jetzt im 3 Semester, mein Leben besteht aus Arbeiten und Uni und dem Versuch das Lernen zu lernen, aber irgendwie will es mir nicht gelingen…
    Ich habe das Gefühl zu scheitern, neige zu depressiven Verhalten und bin am Überlegen einfach aufzugeben. Doch ich habe Angst , Angst davor was meine Elten dazu sagen würden, war ich doch immer die bei der alles klappte…

  21. @Jacky: Lerngruppe bilden

    Hallo Jacky,
    dein Text vermittelt den Eindruck einer recht einsamen Person. Einsam unter anderem durch die Diagnose Hochbegabung. Heruntersteigen ins Tal der Normalos wäre vielleicht eine Lösung. Einfach mal in einer Lerngruppe mitbekommen, was die anderen so umtreibt, könnte vielleicht helfen.

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