Adventskalender: Das zweiundzwanzigste Türchen

BLOG: Hochbegabung

Intelligenz, Sonntagskinder und Schulversager
Hochbegabung

Guten Morgen! Heute ist der kürzeste Tag des Jahres … ab heute werden die Tage wieder länger. Und damit Ihnen zumindest die Zeit bis Weihnachten nicht zu lang wird, gibt es heute wieder ein Zitat hinter dem Adventskalendertürchen …

Es ist kein Luxus, große Begabungen zu fördern, es ist Luxus, und zwar sträflicher Luxus, das nicht zu tun. (Alfred Herrhausen)

Mal ganz abgesehen von den üblichen ökonomischen Argumentationen pro Hochbegabtenförderung von wegen rohstoffarmes Land, geistige Ressourcen (die einem schon so langsam zu den Ohren herauskommen – zumindest geht es mir so, wenn ich diese “Verwertungslogik” höre): Auch im Hinblick auf die individuelle Lebenszufriedenheit und das persönliche Glück des Einzelnen sollten wir als Gesellschaft uns Hochbegabtenförderung leisten. Ich glaube, um jemanden zu motivieren, seine Begabungen und Talente für die Gesellschaft einzubringen, ist es zunächst einmal notwendig, dass dieser Mensch auch positive Erfahrungen mit der Gesellschaft gemacht hat – zum Beispiel, dass er an der Umsetzung seines Potenzial nicht gehindert, sondern darin gefördert wurde; denn entsprechend den eigenen Fähigkeiten leisten zu können, ist eine ganz wichtige Quelle der persönlichen Zufriedenheit. Was meinen Sie?

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Dr. rer. nat. Tanja Gabriele Baudson ist Diplom-Psychologin und Literaturwissenschaftlerin. Seit Oktober 2017 vertritt sie die Professur für Entwicklungspsychologie an der Universität Luxemburg und ist als freie Wissenschaftlerin mit dem Institute for Globally Distributed Open Research and Education (IGDORE) assoziiert. Ihre Forschung befasst sich mit der Identifikation von Begabung und der Frage, warum das gar nicht so einfach ist. Vorurteile gegenüber Hochbegabten spielen hierbei eine besondere Rolle - nicht zuletzt deshalb, weil sie sich auf das Selbstbild Hochbegabter auswirken. Zu diesen Themen hat sie eine Reihe von Studien in internationalen Fachzeitschriften publiziert. Sie ist außerdem Entwicklerin zweier Intelligenztests. Als Initiatorin und Koordinatorin der deutschen „Marches for Science“ wurde sie vom Deutschen Hochschulverband als Hochschullehrerin des Jahres ausgezeichnet. Im April 2016 erhielt sie außerdem den SciLogs-Preis "Wissenschaftsblog des Jahres".

2 Kommentare

  1. Ressourcen

    Die Verwertungslogik ist in jedem gesellschaftlich akzeptablen Konzept von Hochbegabung bereits enthalten. Es geht eben nicht nur um Persönlichkeitseigenschaften, die um der seelischen Gesundheit willen zu berücksichtigen sind, sondern um “wichtige” Fähigkeiten, für deren Förderung wiederum Ressourcen herangezogen werden müssen. “Hochbegabung” ist sogar ein Musterbeispiel für ein Wirtschaftsgut: nützlich, nutzbar, begrenzt verfügbar. Die Frage nach der besten Ressourcenkombination (der, von der alle am meisten haben) aus Begabungen und Mitteln zu deren Förderung ist völlig berechtigt. Damit ist zugleich ausgeschlossen, dass nur einige wenig Anerkennung für ihre Leistungen erfahren. Natürlich sind Hochbegabungsforscher in diese “Verwertungslogik” eingebunden und signalisieren nicht: “MINT – egal. Was diese Gesellschaft braucht, ist ein neuer Hölderlin!” Aber das ist nicht verwerflich.

  2. Hochbegabte können sich selbst genügen

    Neben den hochbegabten Underachievern, gibt es auch hochbegabte “Dienstverweigerer”, also intelligente Leute, die sich selbst genügen und ihre Begabung gar nicht in den Dienst der Gesellschaft stellen wollen.
    Allerdings heute wahrscheinlich weniger als früher, gibt es doch heute weit mehr Möglichkeiten seine Hochbegabung auszuleben. Wer keine Verantwortung übernehmen will, kann sich ja als Forscher oder Künstler ausleben.

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