Warum gibt es keinen Nobelpreis für Mathematik und Informatik?

BLOG: Heidelberg Laureate Forum

Laureates of mathematics and computer science meet the next generation
Heidelberg Laureate Forum

Ich habe bislang häufiger über Nobelpreise geschrieben und schon ein paar mal vom Nobelpreisträgertreffen in Lindau berichtet. Irgendwann stellt immer jemand Fragen wie: Warum gibt es eigentlich keinen Nobelpreis für Biologie oder warum gibt es keinen Nobelpreis für Mathematik? Nun, molekularbiologische und biochemische Durchbrüche werden ja durchaus regelmäßig mit den Nobelpreisen für Physiologie / Medizin und für Chemie ausgezeichnet. Für viele weitere Fachgebiete mangelt es an ähnlich gewichtigen Preisen. Aber zumindest die Mathematik und die Computerwissenschaften haben ihre eigenen, im Grunde ebenbürtigen Preise: Dazu zählen die Fields Medaille, der Turing Award, der Abelpreis und der Nevanlinna Preis.

Das Nobelpreisträgertreffen in Lindau, bei dem die Lauerten mit ausgewählten Nachwuchswissenschaftern zusammen treffen, ist eine Institution. Das Treffen findet seit 65 Jahren am Bodensee statt. Was sich wahrscheinlich noch nicht ganz so weit herumgesprochen hat: Für die Laureaten aus der Mathematik und Computerwissenschaft, also der vielleicht ältesten und der jüngsten Wissenschaft, existiert ein vergleichbares Zusammentreffen der Forschergenerationen. Es findet dieses Jahr zum dritten Mal statt und macht Heidelberg zum Hot Spot dieser Forschungsgebiete. Am Sonntag ist die feierliche Eröffnung des Heidelberg Laureate Forums, bei dem 26 Laureaten mit 200 Nachwuchswissenschaftlern aus Mathematik und Computerwissenschaften zusammen kommen werden.

Mathematik und Computerwissenschaften, das klingt wahrscheinlich für einige zunächst recht abstrakt. Ich konnte mir zur Vorbereitung auf die Tagung ansehen, an was die 200 Nachwuchswissenschaftler arbeiten (einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer geben aktuell schon im englischen Blog ihre Biographien und Movitationen zum Besten), und kann von sehr diversen und häufig anwendungsbezogenen Forschungsthemen der Nachwuchswissenschaftler berichten.

Computersicherheit und Big Data bilden einen Schwerpunkt, der auch speziell durch den Hot Topic des diesjährigen Forums Brave New Data World abgebildet wird. Weitere Kernthemen welche die Nachwuchswissenschaftler interessieren, sind aus meiner Sicht die Entwicklung bildanalytischer Verfahren und mathematischer Modelle, zum Beispiel für Medizin und die biomedizinische Forschung. Künstliche Intelligenz und Machine Learning kristallisiert sich als einen weiteren Forschungsschwerpunkt der Nachwuchswissenschaftler für mich heraus, genauso wie die Entwicklung ressourcenschonender Algorithmen, um Computer der Zukunft – ob Supercomputer oder tragbares Endgerät – effizienter zu machen.

Ich bin besonders auf die Vorträge der Laureaten und vielfältige Diskussionen mit handverlesenen NachwuchsforscherInnen gespannt. Es wird ein Treffen der Generationen werden, aus dem sich einmal mehr zeigen wird, welchen Wert die Grundlagenforschung in Mathematik und Informatik haben und welche Diversität an potenziellen Anwendungen unseren Alltag prägen.

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Tobias Maier ist promovierter Molekularbiologe mit über zehn Jahren Forschungserfahrung an internationalen Instituten. Er ist Wissenschaftlicher Leiter am Nationalen Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWik) in Karlsruhe. Seit 2008 schreibt Tobias das Blog WeiterGen auf den deutschen ScienceBlogs und twittert unter @WeiterGen. --- Tobias Maier is a science communication professional with a ten year track record in biomedical research. He’s the scientific head at the National Institute for Science Communication in Germany (NaWik). Tobias writes a blog on the German ScienceBlogs network and he’s on Twitter as @WeiterGen

4 comments

  1. Alfred Nobels Nobelpreis sollte die Träger des wissenschaftlichen und humanen Fortschritts belohnen:

    In seinem Testament legte er fest, dass mit seinem Vermögen eine Stiftung gegründet werden sollte, deren Zinsen „als Preis denen zugeteilt werden, die im verflossenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen geleistet haben“. Das Geld sollte zu fünf gleichen Teilen auf die Gebiete Physik, Chemie, Physiologie oder Medizin, Literatur und für Friedensbemühungen verteilt werden.

    Mathematik und (theoretische) Informatik gehören auch heute für die meisten Menschen nicht zu den Fackelträgern des Fortschritts, weil zu theoretisch und alltagsfern und Biologie war wohl für Alfred Nobel eine zuwenig exakte Wissenschaft. Auch bekannte Physiker sahen/sehen in Biologen oft nicht viel mehr als “Schmetterlingssammler”.
    Das spiegelt sich auch in Wissenschaftsportalen, wo Physik, Materialforschung, Raum- und Erdsystemforschung überwiegen, Mathematik ein Stiefmütterchendasein fristet und in Informatik
    vorwiegend Buzzwords weitergegeben werden.

    Es ist erstaunlich, dass sich die Publikumseinschätzung von wissenschaftlichen Fachgebieten über lange Zeiträume kaum geändert hat. Eine Ausnahme bildet vielleicht die Informatik, deren praktische Auswirkungen nun zunehmend unseren Alltag bestimmen.

  2. Sogenannte Formalwissenschaften wurden halt nicht zur Bepreisung vom werten Herrn Nobel vorgesehen, es gibt auch keinen derartigen Preis für die Philosophie, die nach sukzessiven Herauslösung der Naturwissenschaften eine Art Formalwissenschaft geworden scheint; der John W. Kluge Preis steht u.a. hierfür bereit.

  3. À Propos, es müsste natürlich auch hier, also in diesem Inhalte-Verbund, eine dementsprechende Logik vorliegen und implementiert sein, die dem mehrfachen Versand oder zumindest der Annahme von derartiger kommentarischer Nachricht entgegenwirkt, bspw. über Prüfsummen und geeignete Indices.

    WordPress ist eigentlich gar nicht so-o schlecht, der Schreiber dieser Zeilen erinnert sich auch nicht daran seinerzeit auf Schaltfächen “herumgehämmert” zu haben, um mehrfachen Versand von Nachricht anzustoßen.

    MFG + GN
    Dr. W

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