Mathematik im Tafeltempo
BLOG: Heidelberg Laureate Forum
Als Klaus Tschira in seiner Eröffnungsrede seine Erfahrungen mit einem besonders schnellen Mathematikdozenten erzählte, fühlte ich mich sofort an einige der Mathematikvorlesungen aus meiner Studentenzeit erinnert. In Tschiras Fall ging es um einen Hochschullehrer, der Gleichungen offenbar beidhändig von links und rechts gleichzeitig an die Tafel schreiben konnte, mit dem Gleichheitszeichen als letztem (man ist geneigt zu vermuten: triumphierenden) Abschluss.
In meinen eigenen Erfahrungen spielt etwas veraltete Technologie eine Rolle: Ein Overheadprojektor, der mit einer Rolle transparenter Folie ausgestattet war, die per Elektromotor vorgespult werden konnte. Die meisten Vorlesenden nutzten den Vorlauf, um eine komplett vollgeschriebene Seite durch eine neue zu ersetzen. Der Professor, den ich meine, stellte den Vorlauf an und schrieb dann in hoher Geschwindigkeit auf die stetig durchlaufende Folie.
Wie man einen großartigen Vortrag hält, ist vermutlich keine Fähigkeit, die man direkt lernen kann. Wie man einen guten, soliden Vortrag hält dagegen schon – dabei dürften angeborenes Talent und Handwerk in einem für die Erlernbarkeit deutlich günstigeren Verhältnis zueinander stehen. Tschiras Ermahnung zu angemessenem Tempo ist ein wichtiger Teil des Vortragshandwerks. Und sein Lob der Tafel als Präsentationsmittel, die zu einem mitverfolgbaren Tempo zwingt, wird jeder unterschreiben, der schon einmal einem Powerpointvortrag mit zu hoher Folienfrequenz ausgesetzt war.
Was das für die HLF-Vorträge bedeutet? Wir dürfen gespannt sein: Komplexe Themen einerseits, erfahrene Vortragende andererseits. Und – auch bei den Plenarvorträgen – eine Tafel, die darauf wartet, benutzt zu werden: