Ein gewisser Reifegrad: Eröffnung des Heidelberg Laureate Forum 2019

Ist es wirklich schon sieben Jahre her, seit das erste Heidelberg Laureate Forum stattfand? Es gibt keinen Grund, an der offiziellen Zählung zu zweifeln, und ich habe auch während der diesjährigen Eröffnungsfeier des Heidelberg Laureate Forum 2019 Hinweise darauf gefunden, dass die Veranstaltung einen gewissen Reifegrad erreicht hat, der sich deutlich von dem des ersten HLF im Jahr 2013 unterscheidet.

Gründungsdokumente

Passend dazu zeigte uns der wissenschaftliche Vorsitzende des HLF, Andreas Reuter, in seiner Eröffnungsansprache dokumentarische Zeugnisse aus der Vorgeschichte des Forums: Auszüge aus seiner E-Mail an Klaus Tschira, in welcher er ein Treffen ähnlich dem Lindauer Nobelpreisträgertreffen vorschlägt, jedoch für Informatiker (Turing Award Winners). Tschiras Antwort: Das erfordere aber sicher einiges an Organisation, im ersten Schritt sollte man sich bei den Lindauer Kollegen Informationen holen (pardon: “Honig saugen bei den Lindauern”).

Wen sie danach immer noch Lust auf die Organisation einer solchen Veranstaltung hätten, sollten sie überlegen, ob sie nicht auch noch die Mathematiker dazunähmen.

Das und der Rest sind Geschichte. Der HLF wurde gegründet, erhielt einen einprägsamen Namen und ein elegantes Logo (Reuter zeigte einige der, sagen wir mal: weniger eleganten ersten Entwürfe) und, was viel wichtiger ist, es erhielt auch Struktur und Finanzierung und wurde von seinen willigen Teilnehmern, den Preisträgern und den jungen Forschern, als regelmäßiges Ereignis akzeptiert.

Reifegradnachweis

Die HLF-Vorsitzende Beate Spiegel griff das Thema auf und verwies auf das erste HLF – dessen Struktur bereits weitgehend dieselbe war wie heute – und auf die anfängliche Unsicherheit der Veranstalter, die sich seither längst verflüchtigt hat. Reifung, größere Sicherheit – das entspricht auch meinen Beobachtungen in der Eröffnungsveranstaltung. Die HLF-Eröffnung verlief in diesem Jahr entspannter und weniger formell. Statt älterer Wissenschaftler führten uns zwei ehemalige Young Researchers des HLF, Moumita Bhattacharya und Felix Günther, durch das Programm.

Neben den Worten der Honoratioren (Michael Meister vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, Theresia Bauer als baden-württembergische Wissenschaftsministerin, Hausherr Bernhard Eitel von der Universität Heidelberg) gab es eben auch Waschmaschinen und komplexe Funktionen, sowie ein Zwischenspiel über musikalische Algebra.

Lese ich zuviel in die Situation hinein, wenn ich auch die Bereitschaft, sich mit Problemen zu befassen, als Zeichen der Reife betrachte? Der Klimawandel wurde mehrfach angesprochen und wird am Dienstag das “Hot Topic” sein. Man könnte einwenden (und ja, selbstverständlich sind wir hier mit einiger Sicherheit jenseits des sinnvollen Anwendungsbereichs der Analogie zum menschlichen Verhalten) dass Reden über allgemeine Probleme ja viel einfacher ist als das Reden über eigene Probleme. Aber andererseits wurde ein zentrales Problem sowohl des HLF als auch der ihm zugrunde liegenden Preise, nämlich das Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen, durchaus auch bei der Eröffnung diskutiert und wird am Freitag Gegenstand einer Podiumsdiskussion sein. Mal sehen, ob das HLF jenseits davon dann auch den nächsten Reifegrad erreichen kann – und sich als Reaktion auf eine solche Herausforderung verändern wird.

 

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Markus Pössel hatte bereits während des Physikstudiums an der Universität Hamburg gemerkt: Die Herausforderung, physikalische Themen so aufzuarbeiten und darzustellen, dass sie auch für Nichtphysiker verständlich werden, war für ihn mindestens ebenso interessant wie die eigentliche Forschungsarbeit. Nach seiner Promotion am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) in Potsdam blieb er dem Institut als "Outreach scientist" erhalten, war während des Einsteinjahres 2005 an verschiedenen Ausstellungsprojekten beteiligt und schuf das Webportal Einstein Online. Ende 2007 wechselte er für ein Jahr zum World Science Festival in New York. Seit Anfang 2009 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, wo er das Haus der Astronomie leitet, ein Zentrum für astronomische Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit, seit 2010 zudem Leiter der Öffentlichkeitsarbeit am Max-Planck-Institut für Astronomie und seit 2019 Direktor des am Haus der Astronomie ansässigen Office of Astronomy for Education der Internationalen Astronomischen Union. Jenseits seines "Day jobs" ist Pössel als Wissenschaftsautor sowie wissenschaftsjournalistisch unterwegs: hier auf den SciLogs, als Autor/Koautor mehrerer Bücher und vereinzelter Zeitungsartikel (zuletzt FAZ, Tagesspiegel) sowie mit Beiträgen für die Zeitschrift Sterne und Weltraum.

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