Zimt: Zimtsterne gegen Alzheimer?

Na, wie viele Zimtsterne oder Lebkuchen hast Du schon in den Weihnachtsfeiertagen gegessen? Für viele ist die Weihnachtszeit fast unweigerlich mit dem Geruch und Geschmack von Zimt verbunden. Doch Zimt wurde im Laufe der Geschichte nicht nur für die feinen Aromen verwendet, sondern auch als Heilmittel gegen eine Vielzahl an Krankheiten. Ist da etwas Wahres dran? Kann vielleicht sogar gegen neurologische Erkrankungen eingesetzt werden?

Zimt als Gewürz

Das, was im Volksmund unter dem Gewürz Zimt verstanden wird, ist die getrocknete Rinde von jungen Bäumen aus der Gattung der Cinnamomum (Zimtbäume). Vor allem zwei Arten sind besonders relevant. Zum einen der echte Ceylon-Zimt und zum anderen die Zimtkassie. Kauft man beim Standard-Bäcker eine Zimtschnecke, wird diese normalerweise mit Zimt von der Zimtkassie gewürzt sein. Diese Sorte wird fast ausschließlich von den Industrie-Bäckern verwendet und stellt insgesamt auch den größten Anteil der gesamten Zimtproduktion dar.

Ist Zimt gleich Zimt?

Aber Zimt ist nicht gleich Zimt, oder besser gesagt, Ceylon-Zimt ist nicht gleich Zimtkassie. Die beiden Arten unterscheiden sich in den Zusammensetzungen der Aromastoffe und sind daher auch geschmacklich verschieden. Das Geheimrezept dieser einen kleinen Bäckerei in Hamburg, in der es die besten – das schwört, die gute Bekannte – Zimtschnecken Deutschlands gibt, könnte also in der Verwendung einer ganz besonderen Zimtsorte liegen.

Kann man zu viel Zimt essen?

Das man ab und an Warnungen ließt, nicht zu viel Zimt zu essen, liegt vor allem an einem Inhaltsstoff: dem Cumarin. Dieses kann beim Verzehr von zu großen Mengen Leberschäden hervorrufen. Ceylon-Zimt und Zimtkassie unterscheiden sich unter anderem auch an ihrem Gehalt an Cumarin. Die Zimtkassie enthält circa zehn Mal so viel Cumarin wie der Ceylon-Zimt. Andere (meist billigere) Zimtsorten weisen sogar den bis zu 50-fachen Cumaringehalt der Zimtkassie auf. Aber keine Sorge – wir sprechen hier von sehr kleinen Anteilen und die Normwerte der Cumarin-Gehalte sind europaweit recht streng geregelt. Laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung müsste eine erwachsene Person mindestens 24 Zimtsterne täglich essen, um in den Bereich einer gesundheitsgefährdenden Menge zu kommen … Das kann ja jeder mal mit seinem eigenen Konsum abgleichen!
Und alle Risiken beiseite: Ein Teil des Zimt-Aromas lässt sich auf Cumarin zurückführen, da Cumarin selbst ein Gewürz mit starkem Geschmack ist.

Welche gesundheitlichen Wirkungen soll Zimt besitzen?

In der Vergangenheit wurde Zimt gegen viele Krankheiten angewandt, insbesondere in der fernöstlichen Naturheilkunde. Aktuell ist Zimt in der Medizin vor allem aufgrund antibakterieller und antientzündlicher Eigenschaften interessant. Darüber hinaus wurde über positive Effekte bei Typ-II-Diabetes sowie Schädel-Hirn-Traumata und Alzheimer berichtet.
Doch in der Regel muss man bei diesen “Zimt gegen XY”-Studien immer sehr genau hinschauen. Häufig werden einzelne Bestandteile oder Extrakte des Zimts verwendet, sodass die Ergebnisse nicht direkt auf die Einnahme von Gewürz-Zimt übertragen werden können. Auch muss man immer darauf achten, mit welcher Zimtsorte die Studien durchgeführt wurden. Des Weiteren können die positiven Ergebnisse aus den Zellkultur- oder Tierversuchen nicht immer in menschlichen Studien bestätigt werden. Und selbst wenn Studien an Menschen durchgeführt wurden, so haben diese meist nur eine kleine Anzahl an Teilnehmern und somit eine geringe Aussagekraft.
Aktuell wird daher in keiner klinischen Leitlinie die Einnahme von Zimt empfohlen! Auch nicht bei Typ-II-Diabetes, obwohl es Vielzahl an Zimtpräparaten im Internet gibt …
Im Folgenden soll auf zwei neurologische Krankheitsbilder genauer eingegangen werden, da für diese qualitativ-vernünftige, explorative Studien vorliegen.

Schädel-Hirn-Traumata

Beim Schädel-Hirn-Trauma (SHT) hat man häufig das Bild vor Augen, wie das Gehirn vorne und hinten gegen den Schädel prallt. Mittlerweile weiß man jedoch, dass viele der Schäden beim SHT durch Scherkräfte im Inneren des Gehirns entstehen und nicht nur durch das oberflächliche Aufprallen des Gehirns an die Schädelinnenseiten. Die Scherkräfte führen zu Mikroeinblutungen und zum Zerreißen von Nervenfortsätzen, wodurch es zum Tod von Nervenzellen, zu Schwellungen und Entzündungsreaktionen kommen kann. Diese können sowohl kurz- als auch langfristige emotionale und kognitive Beeinträchtigungen zur Konsequenz haben. An diesen Krankheitsmechanismen sollen die Bestandteile des Zimts ansetzen, zum Beispiel indem sie die Entzündungsprozesse hemmen oder den Zelltod verhindern. Im Tierexperiment wurden Ratten mit Schädel-Hirn-Traumata mit Zimtextrakt gefüttert und anschließend deren kognitiven, motorischen und emotionalen (Ängstlichkeit) Funktionen verglichen. Tatsächlich schnitten die Tiere in den überprüften Aufgaben besser ab und wiesen einen geringen Verlust von Nervenzellen auf. Der Zimt-Extrakt scheint also möglichen negativen Folgen entgegenzuwirken. Man muss jedoch anmerken, dass die Tiere auch schon vor dem Trauma Zimt-Extrakt bekamen, was bedeuten würde, dass man die ganze Zeit über Zimt prophylaktisch einnehmen müsste …

Zimt und neurodegenerative Erkrankungen

Schädel-Hirn-Traumata gelten als Risikofaktor für neurodegenerative Erkrankungen wie Demenz oder Parkinson. Dies liegt unter anderem daran, dass gewisse Überschneidungen in ihren Krankheitsmechanismen vermutet werden. Würde Zimt auf die gemeinsamen Anteile wirken, ist es per se nicht verwunderlich, dass man eventuell auch bei der Alzheimer-Erkrankung positive Effekte findet.
Doch auch hier ist einmal mehr Vorsicht geboten! Unsere aktuellen Tiermodelle für neurodegenerative Erkrankungen bilden in der Regel nur einzelne Aspekte dieser Krankheiten ab. Häufig sind daher vielversprechende Ergebnisse aus den Tierversuchen nicht auf den Menschen übertragbar. Es gibt jedoch gute theoretische Arbeiten, die untersuchen, wie die Inhaltsstoffe des Zimts sich in unser aktuelles Krankheitsverständnis einfügen. Vielleicht lassen sich so in Zukunft darauf basierende neue Behandlungsstrategien entwickeln.

Fazit

Bis man tatsächlich Zimt oder dessen Inhaltsstoffe im klinischen Alltag verwenden wird (falls überhaupt), wird noch ein bisschen Zeit vergehen. Und bis dahin kann man sich die Zimtsterne auch einfach so schmecken lassen. Worauf man aber lieber verzichten sollte, sind E-Zigaretten mit Zimt-Aroma. (Ganz egal, wie weihnachtlich dies vielleicht sein mag.) Laut einem gerade veröffentlichten Pre-Print (noch kein Peer Review) gehört der Zimtzusatz zu den Geschmacksrichtungen, welche besonders schädlich sein könnten!
Ob mit oder ohne Zimt, wünsche ich frohe Feiertage!

Eine Liste der im Artikel verwendeten Literatur ist hier zu finden.

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Veröffentlicht von

Friedrich Schwarz studiert Humanmedizin und Angewandte Informatik mit Schwerpunkt Neuroinformatik. Aktuell fasziniert ihn die Theorie, dass Humor und Kreativität als Positivfaktoren in der sexuellen Selektion dazu beigetragen haben könnten, dass die menschliche Gehirngröße evolutionär zunahm. Mit dem Schreiben hier probiert er, seine Begeisterung über das Gehirn mit der Welt zu teilen – ob sie möchte oder nicht.

3 Kommentare

  1. Bei meinen Elisenlebkuchen steht Zimt in der Rezeptur. Manchmal esse ich zum Mittag eine 300g Packung. Das könnte ja richtig gesund sein. Bei einer Zimtstudie, mittels Elisenlebkuchen, wäre ich als Teilnehmer sofort dabei.

  2. Die Zahl der Veröffentlichungen des Inhalts “essen Sie dies oder jenes, das ist hält gesund und Sie leben länger” sind Legion und jeden Tag kommen neue hinzu.
    Dabei fällt auf, dass viele dieser Nahrungsmittel oder Gewürze einem normalen Mitteleuropäer nicht ohne die heutige globale Vernetzung zugänglich wären.

  3. Gewürze beeinflussen unser Wohlbefinden. Wer das nicht glaubt, der braucht nur eine grüne Chilischote zu essen.
    Zimt in Maßen schmeckt gut und er verbreitet gute Laune.
    Und dass der Tod im Darm steckt, behaupten ja viele Ärzte.
    Folglich, alles was gut ist für die Verdauung ist auch gut gegen Parkinson und Alzheimer.

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